Um Uhren unter dem Aspekt einer Kapitalanlage anzuschaffen, muss man ein absoluter Crack und Marktexperte sein und selbst das ist keine Garantie, genau wie bei Aktien. EINE Uhr zu kaufen ist sowieso vollkommener Quark, es sollte schon ein "Uhren-Portfolio" sein, damit unterschiedliche Wertentwicklungen sich auf ein gemeinsames Niveau einpendeln und evtl. Wertverluste einzelner Modelle aufgefangen werden können. Limitierte Nobel-Modelle zu kaufen ist der einfache Part (soweit genug Kapital zum Spekulieren vorhanden ist), komplizierter ist es bei Nischenmodellen, denen man eine Wertsteigerung zunächst nicht ansieht, denn gerade diese Modelle erfahren den höchsten Wertzuwachs, nur es weiss kaum jemand, wenn sie neu im Markt erscheinen. Soviel zu den Uhren an sich.
Aber was ist mit den Marktbedingungen, also Einflüsse auf den Wert, die nicht durch das Produkt bedingt sind? Soziale und wirtschafliche Veränderungen können den Wert einer Kapitalanlage erheblich beeinflussen. Nehmen wir die allgemeine Volkswirtschaft: wie ist die Kaufkraft der Bevölkerung in 10 Jahren und wie hoch wird die Inflation bis dahin sein? Wie lange kann und möchte ich mein Kapital binden?
Was ist mit besonderen "Vorkommnissen", die Einfluss auf einzelne Uhrenmodelle, oder individuelle Sammlungen haben können? Wer wäre 1969 auf die Idee gekommen, schnell mal 1.000 Omega Speedmaster zu kaufen, weil jemand (angeblich) eine auf dem Mond an hatte? Welchen Wert hätte eine tolle Sammlung am 12.09.2001 in N.Y. gehabt? Was ist, wenn der wichtigste Hersteller Deiner Sammlung plötzlich auffliegt, weil er seine Gewinne an Al Quaida gespendet hat und Osama Bimmelladen im Aufsichtsrat sitzt? Wann stirbt Michael Schumacher, dass eine Omega der "The Legend" Collection mal mehr wert ist, als der Neupreis? Wer ahnte vor 10 Jahren, dass eine "popelige" Rolex Daytona Stahl mal so begehrt sein würde? Warum wurden Uhrenmodelle, die mal von Steve McQueen und Paul Newman getragen wurden, Kult und teuer, während Uhrenmodelle, die am Arm von Robert Redford und Cary Grant weitestgehend uniteressant sind? Soll ich die Panerai-Modelle kaufen, die Sylvester Stallone trägt, oder mal besser darauf achten, was Johnny Depp am dürren Ärmchen baumelt?
KapitalAnlage kommt von Kapital und anlegen, will heissen: erstmal musst Du einen Haufen Kohle reinstecken, um irgendwann mal was raus zu bekommen und das volle Risiko liegt beim Anleger alleine! Die Nischenmodelle werden meist erst dann erkannt, wenn die Wertsteigerung bereits eingetreten ist und dann ist es meist zu spät, auch dann hilft oft nur enormer Kapitaleinsatz, um durch Aufkauf das Angebot zu verknappen.
Ich habe Anfang der Neunziger den Boom bei Vintage Cars miterlebt, da gingen alte Autos bei Auktionen zu utopischen Mondpreisen weg und es wurde alles gekauft und restauriert, was alt war und vier Räder hatte. Dann war der Markt übersättigt, die Kaufkraft der Zielgruppe futsch und die ganze Sache irgendwie nicht mehr "hip". Der Markt brach komplett zusammen, ganze Autokollektionen standen wie einzementiert und wurden dann aus der Not heraus zu Privatmuseen umgewandelt, die eh kaum jemand sehen wollte.
Und so geht es auch in anderen Bereichen, wie Schmuck, Kunst, Immobilien: ist mal irgendwo die Luft raus, weil des Käuferinteresse futsch ist, dann ist die Super-Duper-Uhren-Sammlung schnell weniger wert, als die vollständige Jahrgänge aller Fix & Foxi Hefte. Und je höher man in den nutzlosen Luxus-Bereich vordringt, umso risikoreicher wird es, denn der Geschmack, das Gusto und die Kaufkraft des Jet-Sets ändern sich schneller, als man das Wort "Uhr" ausspricht!
Fazit: Uhren kaufen, hinsetzen und warten, ist Blödsinn, dann lieber die Kohle ins Casino und Rotlichtviertel schleppen, oder gleich versaufen und verfressen.