
collector
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Ich möchte Euch hier eine weitere seltene Uhr bzw. ein „Tammeter“ vorstellen, ein Gerät mit dem in den 60er Jahren zum ersten Mal die Einschaltquoten
der deutschen TV Zuschauer mittels einer modifizierten, mechanischen Uhr ermittelt wurden. Auch wenn im Uhrforum evtl. nicht 100% richtig, denke ich
aber doch sinnvoll das Gerät hier zu beschreiben, da es sich primär um eine „Buffet“ Uhr handelt.

Bild 1: Tammeter von vorn
Einleitung
Vor 1960 gab es einige Versuche, z.B. per „Telemeter“ (von Infratest), das Fernsehverhalten zu erforschen, aber erst ab1963 geschah dies professionell.
Entwickelt wurde dazu das gezeigte Gerät und zwar von der englischen Firma „Television Audience Measurement“ (kurz: TAM).
TAM und Infratest gründeten dann das Unternehmen „Infratam“ um die Quotenmessung in der BRD durchzuführen.
Die von den Geräten erzeugten, speziellen (Loch-) streifen wurden wöchentlich von den Infratam Mitarbeitern aus den Geräten der Testhaushalte entnommen,
die Uhr aufgezogen, ein neuer Messtreifen eingelegt und die Uhr wieder verschlossen (abgeschlossen). Danach erfolgte die Auswertung der eingesammelten Streifen.
Das Tammeter wurde 1963 zuerst in 625 Haushalten, später in ca. 800 Haushalten bis Mitte der 70er Jahre eingesetzt, danach wurden die Geräte durch immer
neuere Gerätevarianten bis in die heutige Zeit (seit den 80ern durch die GfK) ersetzt. Die Geräte wurden 1974 eingesammelt und bis auf wenige Geräte
(verm. die, die in Haushalten blieben wenn keine weitere Teilnahme erfolgte) vernichtet. Folge: die Geräte sind kaum noch zu finden und gerieten völlig in Vergessenheit. Auch im Internet sind, bis auf eine Handvoll Abbildungen, davon eine aus dem „Museum für Kommunikation“ Frankfurt/Main, keine weiteren Fotos zu veröffentlicht, ebenso sind keinerlei technischen Informationen zum Gerät , Angaben zum Anschluss oder der Art der Messstreifen vorhanden.
Also beste Voraussetzungen um meine Sammlung von Uhrenexoten mit so einem Gerät zu erweitern
Beschreibung:
Es handelt sich um eine mechanische Uhr mit 14-Tagewerk die um eine elektrische und eine mechanische, durch das Uhrwerk gesteuerte, Einheit erweitert wurde.
Aufgrund der fehlenden Informationen musste ich durch Messen und Versuche die Arbeitsweise also selbst herausfinden nachdem ich das Tameter hatte.
Nicht sichere Angaben oder Vermutungen z.B. über den Anschluss an das Fernsehgerät oder die Sendereinstellung habe ich deshalb kursiv geschrieben.
Daten:
Größe: 19/19/19cm (Uhr), die der Anschluss-/Bedieneinheit ist unbekannt
Gewicht: 3KG
Ausführung: Holzgehäuse im 50er/60er Jahre „Buffetuhr“ Stil, abschließbar, 12 Stunden Zifferblatt mit Messing Teilen, Glasdurchmesser 15cm
Werk: Mechanisches 14-Tagewerk mit Federaufzug und Echappement
Gangabweichung: < +/- 10 Sek./Tag
Hersteller: unbekannt, vermutlich englisch
Stromversorgung: 110/220V~ Netzspannung (nur Aufzeichnungseinheit)

Bild 2: Außenansichten
Von außen ist zu sehen, dass die Uhr kein Schlüsselloch zum Aufziehen der Uhr vorn im Zifferblatt, wie sonst immer bei dieser Art Uhren, hat.
Zusätzlich fällt die unübliche Form des Gehäuse (ugs. wurde das Tammeter daher auch oft als „Quotenwürfel“ bezeichnet) auf.
Das zweiteilige, diagonal geteilte, Gehäuse ist hinten mit einen Schloss verriegelt und konnte nur durch Infratam zum Streifentausch und Aufziehen geöffnet werden.
Auch die Feinregulierung der Ganggenauigkeit geht nur auf diesem Weg. Zusätzlich war es nicht möglich das Uhrglas öffnen um die Zeit ein (zu)verstellen.
Der „Schnapper“ vom Glasrahmen ist innen in der Uhr festgeschraubt, sodass ein Stellen nur bei offener Uhr, innen an der geriffelten „Zahnrolle“ erfolgen kann.
Dadurch sollte damals offensichtlich ein Zugriff der Testhaushalte auf das Gerät und eine Manipulation der Aufzeichnungszeiten verhindert werden.
Gleiches betrifft m.E. auch die Anschluss-/Umschaltbox für das TV bei der der Netzstecker vermutlich innerhalb eines ebenfalls verschlossenen Gehäuses eingesteckt war
um diesen nicht woanders einstecken zu können und das Gerät somit zu umgehen. Unten mehr dazu.

Bild 3: und von innen
Der Aufzugschlüssel hat Überlänge da sonst die Zahnräder und Spulen für den Papierstreifen beim Aufziehen im Weg wären.
Im Deckel liegt auf dem Bild auch der Schlüssel zum Verschließen des Gehäuses. Außerdem ist innen ein Kontrollzettel
der letzten Wartung und Einstellung eingeklebt (Bild 10).
Funktionsweise und Zerlegung:
Das Uhrwerk bedarf keiner weiteren Erklärung da es recht einfach aber dennoch mechanisch hochwertig und „stabil“ aufgebaut ist und eine gute
Ganggenauigkeit besitzt. Die Feinregulierung (F) des gekapselten Echappements ist herausgeführt und kann mit einer griffigen Schraube
(s -> slow und f -> fast) gut und sehr präzise von der Rückseite oben am Werk vorgenommen werden.

Bild 4 und 5: Echappement und Feinregulierung
Das die Uhr eine Laufzeit von (getestet) 14 Tagen hat, obwohl eigentlich ein 8 Tage Werk völlig ausreichend gewesen wäre, dürfte daran liegen dass
dadurch die Uhr im Messzeitraum von 7 Tagen eine bessere Genauigkeit hat, da zu Ende dieser Zeit noch mehr als genug (Rest-)Federspannung vorhanden ist.

Bild 6: Das Werk von hinten
Unten im Sockel des Werks befinden sich auf der Rückseite zwei Kupferstifte an denen Netzspannung angeschlossen wird (x).
Der passende Stecker hierfür ist unbekannt. Daneben ist ein Loch (B) das für Netzsicherungen vorgesehen war, die aber nicht eingebaut wurden.
C ist der Umschalter für die Netzspannung. Dazwischen das (hier abgeschnittene) 7 polige Kabel das zur Bedieneinheit /zum Fernseher ging.
Zu sehen ist auch die Vorrichtung für den Lochstreifen (D), rechts der Zapfen für die Vorratsspule, oben die Transportrolle mit Zähnen,
darüber die vier Schreibklinken (E) und links die Welle mit einer Rutschkupplung wo der Streifen aufgewickelt wird.
A ist die Stelle wo der Rahmen des Uhrglases von innen festgeschraubt ist. Zum Auseinanderbauen der Uhr zuerst die Mutter dort entfernen
da sonst die Zeiger nicht abgenommen werden können weil das Glas dafür sonst nicht zu öffenen ist.
Nach dem Abnehmen der Zeiger die Uhr auf die Oberseite legen, die vier Holzschrauben im Fuß (Bild 2 rechts) entfernen und den Fuß abnehmen.

Bild 7: Unterseite
Nun sind drei Schrauben (SW13) zu sehen mit denen das Werk an Gehäuse befestigt ist. Warum dies so ist erschließt sich beim Ansehen des Schaltplans.
Das gesamte Werk (und die Zeiger!) könnten nämlich unter Spannung stehen. (-> Vorsicht falls am Werk gearbeitet wird wenn Netzspannung anliegt!)
Dadurch, dass die Schauben verdeckt und die Zeiger nicht zugänglich sind, da das Glas nicht zu öffnen, sowie das Gehäuse verschlossen ist bestand für den
Benutzer damals so keine Gefahr sich „unter Strom“ zu setzen.
Der Streifentausch, das Aufziehen, Justieren… erfolgte nur durch die Inftratam MA und dann wohl im vom Netz getrennten Zustand.
Auf wurde eine Erdung des Gerätes völlig verzichtet.
Jeder VDE’ler würde sich bei so einer Bauweise heutzutage die Haare raufen.
Die Uhr auf die Seite legen und die drei Schrauben entfernen, das Werk dabei dann mit der anderen Hand festhalten.
Wieder auf die Unterseite stellen und das Werk kann nach hinten herausgezogen werden.

Bild 8: Werkansichten
Im Fuß des Uhrwerks befindet sich die Elektrik für die Kanalumschaltung bzw. um die Spannung zum Erzeugen der Markierungen auf dem Messtreifen zur Verfügung zu stellen.

Bild 9: Die "Elektrik" im Werkfuß

Wie in dem von mir erstelltem Schaltplan zu sehen wird das Gerät an das Stromnetz und daran der Fernseher angeschlossen. (Ob so oder anders ist
mangels Box unbekannt.) Sobald der TV eingeschaltet wird, wird mittels Induktion im „Trafo“ sekundärseitig eine Spannung erzeugt/abgegriffen.
Diese liegt bei ca. 120W Leistung des (Röhren) TV bei etwa 80V ~. Ohne laufenden Fernseher/bzw. Last wird in der Uhr keine Spannung erzeugt.
Diese Spannung wird mittels Schalter (vermutlich nicht im Fernseher, da sonst die Notierung des Kanals auf dem Kntrollzettel in Bild 10 auch unnötig wäre)
und über einen Vorwiderstand an die „Schreibklinken“ geleitet, sodass die jeweilige Klinke des Programms dann unter Spannung steht.
Die Klinken liegen nur durch deren Eigenwicht auf dem Messtreifen auf, der 4,7k Widerstand dient m.E. dazu einen Kurzschluss zu vermeiden wenn eine Klinke
direkt mit dem Metall der Rolle in Verbindung kommen sollte oder der Streifen reißt.
(Den direkten Anschluss der Uhr im TV möchte ich ausschließen da hierzu umfangreiche Eingriffe im Gerät notwendig gewesen wären.
Auch wäre es dann nicht notwendig in der Uhr eine Spannung zu erzeugen da man diese auch im TV hätte abgreifen können.)
Insofern scheint die gezeigte Skizze des Aufbaus mit Anschluss-/Schaltbox die logischste zu sein.
Durch diese Anschlussvariante ist es auch so, dass das Gerät nur Aufzeichnen kann wenn ein Fernseher in der (verschlossen) Box angeschlossen ist und läuft,
da ja nur dann in der Uhr eine Spannung zum Aufzeichnen erzeugt wird und es so auch nicht möglich gewesen war den Fernseher „getrennt“ einzuschalten,
ein „mogeln“ also nicht möglich war. In der Praxis dürfte die Uhr dann wohl auf oder in der Nähe des Fernsehers gestanden haben und die Schaltbox neben dem TV.
Das Uhrwerk dreht die Transportrolle permanent mit ½ Umdrehung pro Stunde weiter. Die Rolle hat Zähne die in die Mittellochung des Lochstreifens eingreifen,
dieser wird danach auf der (von hinten gesehen) linken Spule aufgewickelt. Liegt Spannung auf der Klinke hinterlässt die Spitze auf dem Streifen eine Markierung
oder, je nach Einschaltdauer einen Strich entsprechender Länge. Pro Tag werden rechnerisch dafür etwa 90cm Streifen benötigt,
was bei einem wöchentlichen Wechsel also einen Vorrat von mindesten 6,5m erforderte. Die Streifenbreite betrug, wie bei vielen Fernschreibern üblich, 17,4mm.
Wie dies in der Praxis damals funktioniert haben soll ist unbekannt, da eine Spannung von ca. 80V Wechselstrom (Leerlaufspannung/U0) i.d.R. nicht ausreicht
um auf (Normal-) Papier eine Markierung zu erzeugen.
Auch ist nur eine sehr geringe Stromstärke (wenige mA) aufgrund des Vorwiderstands möglich. Denkbar wäre es so nur wenn die Spannung wesentlich höher wäre,
so wie z.B. bei alten Greiner Röhrenzeitwaagen. Wahrscheinlich wurde deshalb ein spezieller Lochstreifen aus metallisiertem oder getränktem Spezialpapier benutzt.
Tatsache ist jedoch, dass durch die Bauweise ein sichtbares Ergebnis auf dem Streifen zu Stande kam, welcher dann wohl auch gut ausgewertet werden konnte.
Der innen angebrachte Prüf- und Kontrollzettel:

Bild 10: Kontrollzettel
Die erste drei Programmplätze waren fest vorgegeben, die Übrigen (und weil wohl meist nur vier „Kanal“ Geräte eingesetzt wurden) einer für regionale „Fremdsender“.
Bei meinem Gerät aus der Nähe von Hannover war dies „DDR1“. In der Nähe zu Österreich, der Schweiz… natürlich dann der/die jeweils empfangbare(n) Sender,
wobei auch Doppel- oder Mehrfachbelegungen von #4 gemacht wurden wenn mehrere Fremdsender empfangen werden konnten.
(Wichtig für Infratam war ja primär nur wie oft und welches deutsche Programm gesehen wurde.)
Das Ergebnis der eingesammelten und ausgewerteten Streifen wurde dann einige Wochen später veröffentlicht, da damals noch alles händisch passierte und die
Auswertung von gesamt etwa sechs Kilometern Lochstreifen aller Testhaushalte offensichtlich sehr zeitaufwendig war.
Über jegliche, weiteren Informationen oder Abbildungen, speziell der Anschlussboxen, des Werkherstellers
oder der Messstreifen würde ich mich freuen und denke dass diese eventuell auch für andere Leser interessant wären.
der deutschen TV Zuschauer mittels einer modifizierten, mechanischen Uhr ermittelt wurden. Auch wenn im Uhrforum evtl. nicht 100% richtig, denke ich
aber doch sinnvoll das Gerät hier zu beschreiben, da es sich primär um eine „Buffet“ Uhr handelt.

Bild 1: Tammeter von vorn
Einleitung
Vor 1960 gab es einige Versuche, z.B. per „Telemeter“ (von Infratest), das Fernsehverhalten zu erforschen, aber erst ab1963 geschah dies professionell.
Entwickelt wurde dazu das gezeigte Gerät und zwar von der englischen Firma „Television Audience Measurement“ (kurz: TAM).
TAM und Infratest gründeten dann das Unternehmen „Infratam“ um die Quotenmessung in der BRD durchzuführen.
Die von den Geräten erzeugten, speziellen (Loch-) streifen wurden wöchentlich von den Infratam Mitarbeitern aus den Geräten der Testhaushalte entnommen,
die Uhr aufgezogen, ein neuer Messtreifen eingelegt und die Uhr wieder verschlossen (abgeschlossen). Danach erfolgte die Auswertung der eingesammelten Streifen.
Das Tammeter wurde 1963 zuerst in 625 Haushalten, später in ca. 800 Haushalten bis Mitte der 70er Jahre eingesetzt, danach wurden die Geräte durch immer
neuere Gerätevarianten bis in die heutige Zeit (seit den 80ern durch die GfK) ersetzt. Die Geräte wurden 1974 eingesammelt und bis auf wenige Geräte
(verm. die, die in Haushalten blieben wenn keine weitere Teilnahme erfolgte) vernichtet. Folge: die Geräte sind kaum noch zu finden und gerieten völlig in Vergessenheit. Auch im Internet sind, bis auf eine Handvoll Abbildungen, davon eine aus dem „Museum für Kommunikation“ Frankfurt/Main, keine weiteren Fotos zu veröffentlicht, ebenso sind keinerlei technischen Informationen zum Gerät , Angaben zum Anschluss oder der Art der Messstreifen vorhanden.
Also beste Voraussetzungen um meine Sammlung von Uhrenexoten mit so einem Gerät zu erweitern

Beschreibung:
Es handelt sich um eine mechanische Uhr mit 14-Tagewerk die um eine elektrische und eine mechanische, durch das Uhrwerk gesteuerte, Einheit erweitert wurde.
Aufgrund der fehlenden Informationen musste ich durch Messen und Versuche die Arbeitsweise also selbst herausfinden nachdem ich das Tameter hatte.
Nicht sichere Angaben oder Vermutungen z.B. über den Anschluss an das Fernsehgerät oder die Sendereinstellung habe ich deshalb kursiv geschrieben.
Daten:
Größe: 19/19/19cm (Uhr), die der Anschluss-/Bedieneinheit ist unbekannt
Gewicht: 3KG
Ausführung: Holzgehäuse im 50er/60er Jahre „Buffetuhr“ Stil, abschließbar, 12 Stunden Zifferblatt mit Messing Teilen, Glasdurchmesser 15cm
Werk: Mechanisches 14-Tagewerk mit Federaufzug und Echappement
Gangabweichung: < +/- 10 Sek./Tag
Hersteller: unbekannt, vermutlich englisch
Stromversorgung: 110/220V~ Netzspannung (nur Aufzeichnungseinheit)

Bild 2: Außenansichten
Von außen ist zu sehen, dass die Uhr kein Schlüsselloch zum Aufziehen der Uhr vorn im Zifferblatt, wie sonst immer bei dieser Art Uhren, hat.
Zusätzlich fällt die unübliche Form des Gehäuse (ugs. wurde das Tammeter daher auch oft als „Quotenwürfel“ bezeichnet) auf.
Das zweiteilige, diagonal geteilte, Gehäuse ist hinten mit einen Schloss verriegelt und konnte nur durch Infratam zum Streifentausch und Aufziehen geöffnet werden.
Auch die Feinregulierung der Ganggenauigkeit geht nur auf diesem Weg. Zusätzlich war es nicht möglich das Uhrglas öffnen um die Zeit ein (zu)verstellen.
Der „Schnapper“ vom Glasrahmen ist innen in der Uhr festgeschraubt, sodass ein Stellen nur bei offener Uhr, innen an der geriffelten „Zahnrolle“ erfolgen kann.
Dadurch sollte damals offensichtlich ein Zugriff der Testhaushalte auf das Gerät und eine Manipulation der Aufzeichnungszeiten verhindert werden.
Gleiches betrifft m.E. auch die Anschluss-/Umschaltbox für das TV bei der der Netzstecker vermutlich innerhalb eines ebenfalls verschlossenen Gehäuses eingesteckt war
um diesen nicht woanders einstecken zu können und das Gerät somit zu umgehen. Unten mehr dazu.

Bild 3: und von innen
Der Aufzugschlüssel hat Überlänge da sonst die Zahnräder und Spulen für den Papierstreifen beim Aufziehen im Weg wären.
Im Deckel liegt auf dem Bild auch der Schlüssel zum Verschließen des Gehäuses. Außerdem ist innen ein Kontrollzettel
der letzten Wartung und Einstellung eingeklebt (Bild 10).
Funktionsweise und Zerlegung:
Das Uhrwerk bedarf keiner weiteren Erklärung da es recht einfach aber dennoch mechanisch hochwertig und „stabil“ aufgebaut ist und eine gute
Ganggenauigkeit besitzt. Die Feinregulierung (F) des gekapselten Echappements ist herausgeführt und kann mit einer griffigen Schraube
(s -> slow und f -> fast) gut und sehr präzise von der Rückseite oben am Werk vorgenommen werden.


Bild 4 und 5: Echappement und Feinregulierung
Das die Uhr eine Laufzeit von (getestet) 14 Tagen hat, obwohl eigentlich ein 8 Tage Werk völlig ausreichend gewesen wäre, dürfte daran liegen dass
dadurch die Uhr im Messzeitraum von 7 Tagen eine bessere Genauigkeit hat, da zu Ende dieser Zeit noch mehr als genug (Rest-)Federspannung vorhanden ist.

Bild 6: Das Werk von hinten
Unten im Sockel des Werks befinden sich auf der Rückseite zwei Kupferstifte an denen Netzspannung angeschlossen wird (x).
Der passende Stecker hierfür ist unbekannt. Daneben ist ein Loch (B) das für Netzsicherungen vorgesehen war, die aber nicht eingebaut wurden.
C ist der Umschalter für die Netzspannung. Dazwischen das (hier abgeschnittene) 7 polige Kabel das zur Bedieneinheit /zum Fernseher ging.
Zu sehen ist auch die Vorrichtung für den Lochstreifen (D), rechts der Zapfen für die Vorratsspule, oben die Transportrolle mit Zähnen,
darüber die vier Schreibklinken (E) und links die Welle mit einer Rutschkupplung wo der Streifen aufgewickelt wird.
A ist die Stelle wo der Rahmen des Uhrglases von innen festgeschraubt ist. Zum Auseinanderbauen der Uhr zuerst die Mutter dort entfernen
da sonst die Zeiger nicht abgenommen werden können weil das Glas dafür sonst nicht zu öffenen ist.
Nach dem Abnehmen der Zeiger die Uhr auf die Oberseite legen, die vier Holzschrauben im Fuß (Bild 2 rechts) entfernen und den Fuß abnehmen.

Bild 7: Unterseite
Nun sind drei Schrauben (SW13) zu sehen mit denen das Werk an Gehäuse befestigt ist. Warum dies so ist erschließt sich beim Ansehen des Schaltplans.
Das gesamte Werk (und die Zeiger!) könnten nämlich unter Spannung stehen. (-> Vorsicht falls am Werk gearbeitet wird wenn Netzspannung anliegt!)
Dadurch, dass die Schauben verdeckt und die Zeiger nicht zugänglich sind, da das Glas nicht zu öffnen, sowie das Gehäuse verschlossen ist bestand für den
Benutzer damals so keine Gefahr sich „unter Strom“ zu setzen.
Der Streifentausch, das Aufziehen, Justieren… erfolgte nur durch die Inftratam MA und dann wohl im vom Netz getrennten Zustand.
Auf wurde eine Erdung des Gerätes völlig verzichtet.
Jeder VDE’ler würde sich bei so einer Bauweise heutzutage die Haare raufen.
Die Uhr auf die Seite legen und die drei Schrauben entfernen, das Werk dabei dann mit der anderen Hand festhalten.
Wieder auf die Unterseite stellen und das Werk kann nach hinten herausgezogen werden.

Bild 8: Werkansichten
Im Fuß des Uhrwerks befindet sich die Elektrik für die Kanalumschaltung bzw. um die Spannung zum Erzeugen der Markierungen auf dem Messtreifen zur Verfügung zu stellen.

Bild 9: Die "Elektrik" im Werkfuß

Wie in dem von mir erstelltem Schaltplan zu sehen wird das Gerät an das Stromnetz und daran der Fernseher angeschlossen. (Ob so oder anders ist
mangels Box unbekannt.) Sobald der TV eingeschaltet wird, wird mittels Induktion im „Trafo“ sekundärseitig eine Spannung erzeugt/abgegriffen.
Diese liegt bei ca. 120W Leistung des (Röhren) TV bei etwa 80V ~. Ohne laufenden Fernseher/bzw. Last wird in der Uhr keine Spannung erzeugt.
Diese Spannung wird mittels Schalter (vermutlich nicht im Fernseher, da sonst die Notierung des Kanals auf dem Kntrollzettel in Bild 10 auch unnötig wäre)
und über einen Vorwiderstand an die „Schreibklinken“ geleitet, sodass die jeweilige Klinke des Programms dann unter Spannung steht.
Die Klinken liegen nur durch deren Eigenwicht auf dem Messtreifen auf, der 4,7k Widerstand dient m.E. dazu einen Kurzschluss zu vermeiden wenn eine Klinke
direkt mit dem Metall der Rolle in Verbindung kommen sollte oder der Streifen reißt.
(Den direkten Anschluss der Uhr im TV möchte ich ausschließen da hierzu umfangreiche Eingriffe im Gerät notwendig gewesen wären.
Auch wäre es dann nicht notwendig in der Uhr eine Spannung zu erzeugen da man diese auch im TV hätte abgreifen können.)
Insofern scheint die gezeigte Skizze des Aufbaus mit Anschluss-/Schaltbox die logischste zu sein.
Durch diese Anschlussvariante ist es auch so, dass das Gerät nur Aufzeichnen kann wenn ein Fernseher in der (verschlossen) Box angeschlossen ist und läuft,
da ja nur dann in der Uhr eine Spannung zum Aufzeichnen erzeugt wird und es so auch nicht möglich gewesen war den Fernseher „getrennt“ einzuschalten,
ein „mogeln“ also nicht möglich war. In der Praxis dürfte die Uhr dann wohl auf oder in der Nähe des Fernsehers gestanden haben und die Schaltbox neben dem TV.
Das Uhrwerk dreht die Transportrolle permanent mit ½ Umdrehung pro Stunde weiter. Die Rolle hat Zähne die in die Mittellochung des Lochstreifens eingreifen,
dieser wird danach auf der (von hinten gesehen) linken Spule aufgewickelt. Liegt Spannung auf der Klinke hinterlässt die Spitze auf dem Streifen eine Markierung
oder, je nach Einschaltdauer einen Strich entsprechender Länge. Pro Tag werden rechnerisch dafür etwa 90cm Streifen benötigt,
was bei einem wöchentlichen Wechsel also einen Vorrat von mindesten 6,5m erforderte. Die Streifenbreite betrug, wie bei vielen Fernschreibern üblich, 17,4mm.
Wie dies in der Praxis damals funktioniert haben soll ist unbekannt, da eine Spannung von ca. 80V Wechselstrom (Leerlaufspannung/U0) i.d.R. nicht ausreicht
um auf (Normal-) Papier eine Markierung zu erzeugen.
Auch ist nur eine sehr geringe Stromstärke (wenige mA) aufgrund des Vorwiderstands möglich. Denkbar wäre es so nur wenn die Spannung wesentlich höher wäre,
so wie z.B. bei alten Greiner Röhrenzeitwaagen. Wahrscheinlich wurde deshalb ein spezieller Lochstreifen aus metallisiertem oder getränktem Spezialpapier benutzt.
Tatsache ist jedoch, dass durch die Bauweise ein sichtbares Ergebnis auf dem Streifen zu Stande kam, welcher dann wohl auch gut ausgewertet werden konnte.
Der innen angebrachte Prüf- und Kontrollzettel:

Bild 10: Kontrollzettel
Die erste drei Programmplätze waren fest vorgegeben, die Übrigen (und weil wohl meist nur vier „Kanal“ Geräte eingesetzt wurden) einer für regionale „Fremdsender“.
Bei meinem Gerät aus der Nähe von Hannover war dies „DDR1“. In der Nähe zu Österreich, der Schweiz… natürlich dann der/die jeweils empfangbare(n) Sender,
wobei auch Doppel- oder Mehrfachbelegungen von #4 gemacht wurden wenn mehrere Fremdsender empfangen werden konnten.
(Wichtig für Infratam war ja primär nur wie oft und welches deutsche Programm gesehen wurde.)
Das Ergebnis der eingesammelten und ausgewerteten Streifen wurde dann einige Wochen später veröffentlicht, da damals noch alles händisch passierte und die
Auswertung von gesamt etwa sechs Kilometern Lochstreifen aller Testhaushalte offensichtlich sehr zeitaufwendig war.
Über jegliche, weiteren Informationen oder Abbildungen, speziell der Anschlussboxen, des Werkherstellers
oder der Messstreifen würde ich mich freuen und denke dass diese eventuell auch für andere Leser interessant wären.
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