
Chrysipp
Themenstarter
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- 07.04.2016
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Oje, das wird (mal wieder) ein längerer Beitrag, aber wie immer gilt: Wem's helfen soll, der sei gewarnt, wer's nicht lesen will, der les' was andres. Zum Beispiel diese hochamüsante und mal etwas andere Speedy-Vorstellung.
Tief durchatmen und los geht's!
Die Speedmaster-Familie von Omega ist ein bunter Haufen. Speedmasters gibt es in allen möglichen Farbkombinationen, Größen, mit verschiedenen Funktionen und aus unterschiedlichen Materialien. Manch einen regt das auf, andere empfinden gerade die Qual der Wahl als spannende Herausforderung beim Uhrenkauf.
Ich möchte heute einen Vergleich dreier “Standard-Modelle” anstellen, die für viele Enthusiasten und Neulinge einen Scheideweg darstellen: Denn einerseits sind sich die Uhren recht ähnlich, andererseits trennen sie fundamentale Unterschiede. Manchem, der vor dem Kauf seiner ersten und/oder einzigen Speedmaster steht, mag die Entscheidung zwischen diesen Modellen das größte Kopfzerbrechen bereiten, vielleicht bringt also dieser Vergleich ein wenig Licht ins Dunkel.
Die von mir gewählten Modelle sind die klassische Moonwatch in ihrer klassischsten Ausführung (mit Hesalitglas und ohne Sichtboden), die First Omega in Space sowie die Speedmaster ‘57. Letztere in der Version mit schwarzem Ziffernblatt, den beigen Indizes und dem Stundenzeiger in “Broad Arrow”-Form. Diese drei Uhren repräsentieren ganz gut den Variantenreichtum der Speedmaster in ihren “Basisauführungen” und es ergeben sich einige interessante Oppositionen, an denen sich der zweifelnde Uhrenkäufer immer wieder die Zähne ausbeißt.
Speedmaster Professional (“Moonwatch”)
Der Klassiker unter den Klassikern. Die Monduhr, die Speedmaster schlechthin. Die Speedmaster Professional leidet, so kommt es mir manchmal vor, fast ein bisschen unter dem ganzen Moonwatch-Gedöns. Das will ich den Lesern hier aber auch ersparen, darüber gibt’s bei Omega selbst und überall sonst im Netz ja genügend Information zu finden. Von meiner Seite dazu nur so viel: Bei dem Gedanken, mit einer Rakete ins Weltall fliegen zu müssen, auf dem Mond zu landen, dort rumzuhopsen und wieder heil zurückzukommen, wird mir so schummrig, dass ich nie im Leben daran denken würde, im Ernstfall mein Leben in die Hände einer mechanischen Handaufzugsuhr legen zu wollen. Meine Befindlichkeit darüber tut aber nichts zur Sache: es geschah so und Omegas Marketing kann die Sache mit Fug und Recht bis zur Vergasung ausschlachten.
Marketinggetünchte Variante: Natürlich ist die Moonwatch für ihre Träger auch gerade deshalb so interessant: Sie erinnert an eine noch nicht so lang vergangene Zeit, in der man mit Computern, deren Leistungsfähigkeit nicht mal ansatzweise an jene moderner Smartphones heranreichte, ein ganzes Raumfahrtprogramm absolvierte. Man betrat fast täglich technologisches Neuland und tausende Menschen arbeiteten an der Erfüllung eines uralten Menschheitstraums - dem Besuch auf dem Erdtrabanten. Und mittendrin ein mechanischer Chronograph einer Schweizer Uhrenmarke, der den Astronauten anzeigte, wie spät es gerade in Houston war, und bei Bedarf dazu verwendet werden konnte, um die Zeit zu messen, die nötig war, um das Raumschiff per Raketenzündung so zu manövrieren, dass die armen Geschöpfe in ihrer Blechdose auch irgendwann wieder sicher zurück zur Erde kamen und nicht in der Atmosphäre verglühten oder in die Weiten des Weltalls getrieben wurden.
(Jetzt hat mich doch wieder das Moonwatch-Gedöns eingeholt, oje!)
Abgesehen davon: Die Speedmaster hat Designgeschichte geschrieben. Sie gilt neben der Rolex Submariner als Archetyp der modernen Armbanduhr, zumal als prototypischer Chronograph, und sie ist ein Schulbeispiel für zweckmäßiges Uhrendesign, das hohe Ablesbarkeit mit Funktionalität paart. Im Vergleich zu anderen Uhren ist das Auffällige an der Speedmaster Professional (der Name verrät es schon), dass nichts auffällt. Es gibt hier fast keinen “Schmuck”, kein Ornat, keinen Zierrat. Alles ist auf Funktion getrimmt, die schwarz-weiße Farbgebung bestimmt hier wesentlich den Charakter der gesamten Uhr.
Gehäuse und Ziffernblatt
Umso auffälliger sind die “gedrehten Hörner”, die charakteristisch für die Moonwatch sind. Wir wissen, dass die Vorgängerversionen gerade Hörner hatten, die gedrehten aber geben der Uhr ein schlankeres Profil und ein bisschen mehr Eleganz. Auch hier aber handelt es sich um “funktionale Eleganz”, denn die Hörner sind ganz wesentlich für den hohen Tragekomfort der Speedmaster verantwortlich. Trotz eines Gehäusedurchmessers von 42 mm, trägt sich die Professional bei einer Höhe von knapp über 14 mm besser als Uhren mit vergleichbaren Abmessungen. Der Grund liegt wie so oft in der “Länge”, die viel beschworene “Lug-to-Lug-Distance” von nur 48 mm. Jeder, der glaubt, die Professional seit ihm zu groß, sei gut beraten, sich die Uhr einmal umzulegen. Vor allem im Vergleich mit der FOiS, die einen kleineren Durchmesser hat, ergeben sich interessante Einsichten (s.u.)!
Das Gehäuse der Speedmaster ist ein eigenwilliges Stück Handgelenksarchitektur. Teils technisch-futuristisch inspiriert (die Gestaltung der Flanken), gibt sie sich nach oben zur Lünette hin verspielt - als ob da noch die Sixties durchscheinen wollten. Entsprechend wechseln sich satinierte und polierte Flächen ab - ein Look, der nur bei näherer Betrachtung seltsam aufregend wirkt. Sieht man auf die Uhr drauf, bemerkt man davon fast gar nichts. Man könnte dem Gehäuse noch am ehesten unterstellen, künstlerisch gestaltet zu sein, wenn man nicht das Gefühl hätte, dass die Form doch irgendwie eine Funktion hat - und sei es nur die Verbesserung des Tragekomforts. Denn mit dem Rest der Uhr - dem Gesicht, das sich nur bei Draufsicht (und zur Draufsicht sind die Uhren ja gemacht) zeigt - hat das Gehäuse gar nichts zu tun.
Am Ziffernblatt herrscht nämlich Ordnung: Weiße, deutlich von einander abgestufte Markierungen zeigen an, wo Stunden, Minuten, Sekunden und deren Bruchteile zu Hause sind. Nüchterne weiße Stab-Zeiger weisen bei Bedarf darauf hin. Die einfachen Hilfsziffernblätter wirken fast schon wuselig, wären sie nicht ebenso einfach und geradlinig gestaltet. Sie geben dem Ziffernblatt aber Werkzeugcharakter, verleihen ihm Sportlichkeit und der Umgang mit Raum und den Verhältnissen zwischen den Elementen, die diesen einnehmen, ist bemerkenswert, ja fast idealtypisch. Einen besser designten Chronographen findet man schwerlich - zumindest, was die Ablesbarkeit betrifft! Die abgesenkten Hilfsziffernblätter erzeugen dezente Plastizität, das sieht cool aus, hat aber trotzdem wieder nur den einfachen Nutzen, dass man sie vom Rest abhebt, ohne sie einrahmen zu müssen. Das Ziffernblatt der Omega Speedmaster Professional macht Spaß - aber nur, wenn man Sinn für sehr zurückhaltenden Humor hat. Die Freude stellt sich vor allem dann ein, wenn man immer wieder bemerkt, wie sinnvoll das alles ist, wie zweckgebunden. Ist das vielleicht etwas Schweizerisches, diese nüchterne Freude am Banalen? Ich weiß es nicht, jedenfalls muss ich immer ein bisschen schmunzeln, wenn ich diese Uhr genauer betrachte. Und das ist ja schon etwas Schönes…
Armband und Schließe:
Das fünfgliedrige Armband der Moonwatch ist eine gelungene Kombination aus Sportlichkeit und Eleganz. Zum Vergleich ist mir das der Seamaster etwas zu zappelig, feingliedrig oder auch zu schmuckhaft. Das dreigliedrige der Speedmaster ‘57 hingegen wirkt fast zu nüchtern. Das Armband macht einen hochwertigen Eindruck, da klappert und klimpert nichts, da zwickt nichts. Die Schließe hingegen - auch das ist ja immer wieder Thema - kann da nicht mithalten. Zu grob maschiniert kommt mir die daher. Funktional, ja, aber Freude kommt da nicht auf. Die Kanten sind rauh, der Schließmechanismus einfach, aber fast schon gefährlich banal. Manche mögen das, ich hingegen bin jemand, der viel Freude an einer gut gemachten oder zumindest angenehmen Schließe hat. Das fehlt mir bei der Moonwatch ein wenig.
Gleichzeitig macht es aber gerade bei der Moonwatch wenig aus, denn die ist bekanntlich eine sehr wandelbare Uhr, die an fast jedem Band gut aussieht. Persönlich bin ich zwar eher ein Fan der Metallarmbänder, aber diese Qualität möchte ich gerade der Moonwatch nicht absprechen, weil sie eben gerade auf diesem Gebiet brilliert.
Fazit
Die Moonwatch ist eine Uhr wie ein guter Witz - zugegeben, das ist ein etwas steiler Vergleich, aber vielleicht versteht man, was gemeint ist: Ein guter Witz ist einer, den jeder versteht und über den jeder lachen kann, der aber auch eine versteckte Ebene bereithält, die dem Witz eine tiefere Dimension verleiht, die nicht gleich zugänglich ist, den Witz aber an der Oberfläche nicht unverständlich macht. So ist auch die Speedmaster in dem Sinn eine gute Uhr, da sie tadellose Technik, Ablesbarkeit und Tragekomfort bietet, und trotz ihrer scheinbaren Schlichtheit eine wahre Fülle an großartigen Details bereithält, die dazu beitragen, dass sie praktisch gar nie langweilig werden kann. Eine Uhr für Astronauten und Uhrenaficionados gleichermaßen - das muss man erst einmal unter einem Hut bringen!
Facts
Ref.Nr.: 311.30.42.30.01.005
Abmessungen: 42 mm Durchmesser, 20 mm Bandanstöße, 48 mm Länge, 14 mm Höhe
Omega Kaliber 1861, Handaufzug, 42 Stunden
Hesalitglas
Wasserdichtigkeit: 5 Bar (50 Meter / 167 Fuß)
Speedmaster Moonwatch “First Omega in Space”
Die FOiS ist eine Speedmaster, die sich ihre Historie selbst gegeben hat: Als Wiederauflage einer CK2998, die Astronaut Walter Schirra einst privat erstanden und auf seine Ausflüge ins Weltall mitgenommen hat, spielt sie zwei Themen, die Omega wichtig sind: Die Sache mit dem All und die Sache mit dem “Früher” (Retro-chich, Neovintage, usw.). So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe, und auch wenn man das “Erste Omega im All”-Dings als marketingtechnische Dehnübung abtun wollte: Ganz unwesentlich dürfte Schirras Wahl für die spätere Entwicklung der Moonwatch nicht gewesen sein. Für uns ist aber wichtiger, was die FOiS heute darstellt: Nämlich eine Alternative zur klassischen Speedmaster bzw. eine konservativere Variante der Moonwatch. Vor allem aufgrund ihrer geringeren Größe wird sie oft von potenziellen Käufern ins Auge gefasst, denen die 42 mm der Moonwatch “Angst” einflößen.
Gehäuse und Ziffernblatt
Gerade das aber ist gerne ein erster Fallstrick, denn die FOiS mag zwar einen geringeren Gehäusedurchmesser als die Moonwatch aufweisen, am Arm jedoch relativiert sich dieser wieder. Die Länge von Horn zu Horn beträgt nämlich auch hier 48 mm. Das in Kombination mit einem kleineren Gehäuse und einer Höhe von 14,5 mm erzeugt folgendes Tragegefühl: Die Uhr wirkt am Arm kompakter, aber nicht wirklich kleiner, da das Verhältnis von Durchmesser und Höhe in meinen Augen ungünstiger ist als bei der klassischen Moonwatch. Zudem ergibt sich eine gewisse Kopflastigkeit, da bei der FOiS der Schwerpunkt höher sitzt als bei der Moonwatch. Man bekommt hier also nur eine scheinbar kleinere Uhr - und in diesem Schein liegt auch ihre “Größe”: Sie wirkt einfach dezenter.
Das liegt nicht nur am geringeren Gehäusedurchmesser, sondern auch am fehlenden Kronenschutz und vor allem an den Zeigern: Diese sind erstens eleganter geformt (Alpha) und zweitens aus Metall. Sieht dezenter aus, geht aber zu Ungunsten der Ablesbarkeit. Dies freilich nur im Vergleich mit der Moonwatch Professional, deren Zeiger für mich lange Zeit der Grund waren, die FOiS vorzuziehen. Mir war das schlicht zu wenig edel. Bei der FOiS hingegen stören manche die unterschiedlichen Zeigerdesigns für die Chronographen- und die Normalzeitfunktion. Eigentlich ist es logisch: Alles was zum Chrono gehört, hat weiße Zeiger, alles, was die normale Zeit anzeigt, metallene. Trotzdem, der Zeiger-Mischmasch hinterlässt einen fahlen Geschmack auf der Zunge manches puristischen Uhrenconnoisseurs, ebenso wie der Umstand, dass es ja bei der ursprünglichen CK2998 gerade nicht so war!
Trotzdem meine ich, dass mit der First Omega in Space eine sehr alltagstaugliche, vielleicht etwas coolere Variante der Speedmaster vorliegt. Das Saphirglas passt ihr gut, der Gehäuseboden ist wunderschön, der fehlende Kronenschutz gibt ihr einen zusätzlichen Vintage-Hauch. Highlight ist das applizierte Omega auf dem Ziffernblatt - ein kleines Detail, das man aber niemals zu schätzen aufhört, und das, wohlgemerkt, bei den von mir gewählten Vergleichsmodellen fehlt!
Armband und Schließe
Hier kommen wir zum vielleicht größten “Manko” der FOiS: Sie wird nur am Lederband mit Dornschließe ausgeliefert. Viele mögen diese schlichtere Variante oder sind sowieso mit einem eigenen Band versorgt. Ich finde es schade, dass es kein Metall-Armband gibt. Auch ist mir das gelieferte Lederband immer etwas zu schmal, ich finde die Proportionen hier nicht ganz optimal. Aber wie gesagt, da kann ja jeder selber mit machen, was er will. Andererseits unterstreicht das schmale Lederband mit Dornschließe wieder den Vintage-Charakter der Uhr, auch wenn es keinen historischen Grund für diese Reduktion gibt.
Fazit
Die First Omega in Space ist einerseits ein etwas seltsamer Zwitter aus Moonwatch und Vintage-Reissue. Man könnte sagen: Sie ist nicht Fisch und nicht Fleisch. Andererseits liegt genau darin ihr Reiz, und ich weiß noch, dass ich sie einst der Moonwatch vorgezogen habe, weil sie eben die dezenteren (ich meine: schöneren) Zeiger hatte, ansonsten aber der Moonwatch sehr ähnlich ist. Wer sie allein aufgrund der kleineren Größe anzuschaffen gedenkt, wird möglicherweise enttäuscht sein, weil sie sich nicht viel kleiner trägt als die Speedmaster Professional, auch wenn sie kleiner aussieht. Die Uhr ist ein Paradoxon im Moonwatch-Universum und deshalb scheiden sich an ihr die Geister. Man sollte sie jedenfalls nicht anschaffen, um der Moonwatch auszuweichen, sie ist aber jedenfalls eine gute Ergänzung in jeder Omega-Sammlung, auch wenn - oder gerade wenn - man die herkömmliche Professional schon hat.
Facts
Ref.-Nr.: 311.32.40.30.01.001
Abmessungen: 39,7 mm Durchmesser, 19 mm Bandanstöße, 48 mm Länge, 14,5 mm Höhe
Omega Kaliber 1861, Handaufzug, 42 Stunden
Innen anti‑reflektierendes Saphirglas
Wasserdichtigkeit: 5 Bar (50 Meter / 167 Fuß)
Speedmaster ‘57
Mit der Modelllinie der Speedmaster ‘57 wurde 2013 eine moderne Speedmaster-Variante mit Co-Axial-Werk aus der Taufe gehoben. Die einzelnen Versionen wissen mit konsequentem Speedmaster-Design, sehr hochwertiger Verarbeitung und schicken Farbvarianten zu überzeugen. Sie sind eine tolle Alternative für alle, denen die monochrome Farbgebung der Moonwatch und der FOiS zu langweilig ist, die aber den Charme der Speedmaster trotzdem schätzen. Darüber hinaus gibt es bei der ‘57 das Co-Axial-Kaliber 9300 mit Datum, 60 Stunden Gangreserve und automatischem Aufzug. Somit wäre ein potenzieller Träger auch technisch auf der Höhe der Zeit und die Uhr noch etwas alltagstauglicher. Aber sehen wir uns einmal an, was sie denn wirklich kann:
Gehäuse und Ziffernblatt
Die Speedmaster ‘57 war die erste Uhr, die mich wirklich fasziniert hat. Sie bietet auch einiges, woran sich Einsteiger wie auch erfahrene Uhrenliebhaber erfreuen können. Das Gehäuse mit Glasboden etwa gibt den Blick auf das Kaliber 9300 frei, das, mit einer ordentlichen Finissage versehen, etwas für den Techniker als auch für den Ästheten bietet. Ganz ehrlich muss man aber auch sagen, dass man nicht gar so viel von dem Automatik-Chronographenwerk sieht, weil doch der größte Teil des Werks von der Platine bzw dem Rotor verdeckt wird. Omega hat aber zumindest die beiden Federhäuser und das Schaltrad beschriftet, damit man sich vorstellen kann, wo was zu finden ist. Die Co-Axial-Hemmung ist nur aus einem ganz bestimmten Winkel bei guten Lichtverhältnissen auszumachen. Das Ganze macht einen technisch-abstrakten Eindruck, ist aber ob der sehr ansehnlichen Finissierung trotzdem hübsch. Für Uhrwerk-Geeks bietet wohl das Handaufzugskaliber der Moonwatch bei einem Saphirglasboden mehr zu entdecken. Bei der 57er gilt zumindest: Besser als gar nix. Das Co-Axial-Werk hat allerdings auch einen kleinen ästhetischen Nachteil: Die Uhr wird mit zwei Saphirgläsern insgesamt eher hoch: 16,5 mm misst sie von Glas zu Glas, was ein bisschen zu Lasten der Proportionen geht. Damit teilt sie dieses Schicksal mit der FOiS: Am Arm gibt’s Schmeichelhafteres.
Das tut aber dem optischen Gesamteindruck gar keinen Abbruch, denn wenn die Eleganz der 57er auch unter ihren Proportionen leiden mag: Mit dem Ziffernblatt macht sie einiges wett! Aber der Reihe nach, denn zuerst begrüßt uns am Rand des Gehäuses noch eine gebürstete Lünette mit Tachymeterskala - ein Rückgriff auf die allererste Speedmaster CK 2915, eben jene, die 1957 das Licht der Welt erblickte. Das gibt der Uhr erstmal ordentlich Retrocharme, gleichzeitig aber auch einen technischen Touch - jene funktionale Komponente, die bei der Speedy so wichtig ist. Gleichzeitig lenkt die Lünette nicht vom Ziffernblatt ab, und das wäre auch schade, denn hier liegt der wahre Glanz der Speedmaster ‘57:
Der augenfälligste Unterschied zu der Ur-Speedy und auch den Moonwatches ist das Fehlen des dritten Totalisators. Die Totis gibt es nur auf den Positionen 3 und 9, während, ganz Co-Axial-Speedy, auf der 6-Uhr-Position ein Datumsfenster liegt. Das wirklich, wirklich Gute daran ist: Die Scheibe bricht die Farbkombination von Ziffernblatt und Indizes nicht, sondern verschwindet ganz dezent im Hintergrund, ohne unanblesbar zu werden. Was mir ausgesprochen gut gefällt ist der Totalisator für die Chronographenstunden und -minuten auf der 3-Uhr-Position. Für mich ist ein 30-Minuten-Zähler, wie man ihn bei vielen anderen Chronographen und auch bei der Moonwatch findet, immer ein wenig mühsam abzulesen. Man muss ich dauernd am Stundentotalisator orientieren, um herauszufinden, ob jetzt schon eineinhalb oder erst eine Stunde vergangen ist, dann muss man die verstrichenen Minuten dazuaddieren - für die meisten Stoppaktionen, die ich mit der Armbanduhr mache, ist das schlichtweg umständlich. Vor allem auch, da ich selten Stoppvorgänge über mehrere Stunden mache, für deren Zählen aber ein extra Totalisator auf dem Ziffernblatt vorgesehen ist. Reine Platzverschwendung! So zeigt die Speedmaster ‘57 Stunden und Minuten in gewohntem Uhrezeit-Format auf dem kleinen 3er-Totalisator an. Das ist intuitiv abzulesen und erlaubt ebenso Stoppvorgänge bis zu 12 Stunden. Die Minuten sind freilich schwieriger abzulesen als mit einem reinen Minuten-Toti, aber man bemüht sich dann halt ein bisschen mehr. Alles in allem finde ich diese Chronographenanzeige eine super Lösung.
Die Indizes sind speedmastergemäß einfach gestaltet und gut abzulesen. Bei der 57er sind die größeren Indizes in den Stundenschritten sogar sandwichartig ins Ziffernblatt eingelassen. Ein echtes Sandwichdial ist es aber keines, die Indizes sind nur “wannenartig” ausgehölt und mit SuperLuminova befüllt. Die Farbe ist ein beige, für das man häufig den Begriff “Faux Patina” hört. Ich habe daran nie gedacht, sondern fand einfach die Farbe schön, weil sie sich elegant von dem matten Ziffernblatt (ist es schwarz, ist es anthrazit?) abhebt und einen warmen Charakter versprüht. Ich liebe gerade dieses Ziffernblatt sehr, kann aber auch jene verstehen, die bei dem Modell die sportlichere blaue oder die weiße Variante (mit blauen Zeigern!) vorziehen. Ein Highlight sind sicherlich auch die Zeiger und bei dem von mir gewählten Modell natürlich über alle Maße der “Broad-Arrow”-Stundenzeiger. Hier zeigt sich der Rückgriff auf die Ur-Speedmaster am deutlichsten und wenn manche das Design etwas comichaft oder kindisch finden mögen: Für mich gibt’s keinen cooleren Zeiger als den Stundenzeiger meiner Speedmaster ‘57! Der Minutenzeiger in Schwertform ergänzt das perfekt und ist auch sehr schön verarbeitet. Der zentrale Sekundenzeiger des Chronographen ist entsprechend zurückhaltend und einfach gestaltet, erlaubt aber dennoch tadellose Ablesbarkeit. Was fehlt diesem Ziffernblatt? Nun, wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich es gerne einmal mit einem applizierten Omega-Logo sehen (so wie bei der originalen Speedy); es kann aber auch sein, dass es dann “too much” ist und man bei Omega deswegen darauf verzichtet hat. (Oder man wollte eben keine perfekte Speedmaster bauen ...)
Armband und Schließe
Das Stahlarmband der ‘57 ist ein dreigliedriges mit satinierten Mittelgliedern und polierten Außengliedern. Das mögen wieder viele nicht, ich finde den nutzlosen Schmuck ganz spannend und irgendwo auch konsequent, da sich auch am Gehäuse polierte und satinierte Flächen abwechseln. Die Schließe ist eine Doppelfaltschließe mit Omega-Logo, die sicher schließt und leicht zu öffnen ist. Das Armband hat einen hohen Tragekomfort und gehört wahrscheinlich zum Besten, was Omega in Sachen Armband derzeit bietet. Ich habe auch ein original Omega-Lederarmband nachgekauft (mit ebenfalls sehr hübscher Faltschließe), das der Uhr schlagartig einen ganz anderen Charakter verleiht. Mit den beigen Indizes und Schrift auf dem Ziffernblatt ist man zwar weniger wandlungsfähig als bei den schwarz-weißen Speedys, dafür ist der Unterschied zwischen Stahl-Armband und Lederband oder Nato umso deutlicher: Der Charakter der Uhr verändert sich komplett von toolig-luxuriös zu lässig-casual. Die Wandlungsfähigkeit der Speedy ist fast schon ihr Markenzeichen und bei diesem Modell ist das nicht anders. Auch wenn wegen der Farbgebung die Gestaltungsmöglichkeiten bei diesem Modell etwas eingeschränkter sind als bei der Moonwatch.
Fazit
Die Speedmaster ‘57 ist eine äußerst gelungene moderne Speedmaster und gehört meines Erachtens zum Besten, was der sehr umfangreiche Omega-Katalog derzeit bietet. Das Design besonders dieser Variante mit den Broad-Arrow-Zeigern ist - wie soll ich es ausdrücken - ein Uhr gewordener Storck-Schokoladenriese: Lecker, saftig, was zum Drauf-Rumkauen aber durchaus mit der Gefahr, dass man sich daran verschluckt, denn die Größe sollte man keinesfalls unterschätzen! Auf dem Papier sieht die 57er nämlich gütig aus: Nur 41,5 mm Durchmesser - das sind weniger als bei der Moonwatch! Aber die Dicke macht es aus. Daher trage ich diese Uhr am liebsten im Sommer mit Kurzarm oder im Winter mit einer dicken Jacke, weil die Gefahr nicht besteht, dass sie im Ärmel verschwindet. Größesensiblen Uhrenkäufern sei daher eine Anprobe unbedingt empfohlen. Ich habe sie an vielen Tagen nicht getragen, weil sie aufgrund der Bauhöhe bei mir eben kein “geht immer”-Schildchen umgehängt hat. Das Ziffernblatt aber haut mich immer wieder von neuem um und macht sie zu einer gern getragenen Speedmaster, die mich nachhaltig begeistert!
Facts
Ref.-Nr.:331.10.42.51.01.002
Abmessungen: 41,5 mm Durchmesser, 20 mm Bandanstöße, 50 mm Länge, 16,5 mm Höhe
Co-Axial Kaliber 9300, Automatik, 60 Stunden
Beidseitig anti‑reflektierendes Saphirglas
Wasserdichtigkeit: 10 Bar (100 Meter / 330 Fuß)
Vergleich: Ja welche denn nun?
Gehen wir gleich ans Eingemachte: Auf die Größe kommt es an! Eine Uhr ohne Tragekomfort macht keinen Spaß - egal, wie gut sie aussieht. Dabei kommt es natürlich ganz auf die Handgelenksgröße und Form des Trägers an, eventuell auch auf die tägliche Kleidung. Wer dauernd Anzug und Hemd trägt, dem würde ich spontan von der Speedmaster ‘57 abraten, sie ist dafür einfach zu hoch. Wer mit der Größe der Professional Moonwatch ein Problem hat, braucht die 57er gar nicht erst probieren, weil auch hier Bauhöhe und Länge ganz sicher zum Ärgernis werden. Die First Omega in Space könnte (!) Abhilfe schaffen, wahrscheinlich werden sich besonders Dünnarmige aber anderswo umschauen müssen, z.B. bei der Speedmaster Reduced. Den größten Tragekomfort erziele ich persönlich tatsächlich mit der Moonwatch Professional, da hier die Proportionen für meine “Armlandschaft” perfekt sind und ein guter Allround-Charakter gegeben ist (auch unabhängig von der Kleidung).
Technisch gesehen muss man sich bei den Moonwatches mit dem Handaufzug anfreunden können und eine geringere Wasserdichtigkeit in Kauf nehmen. Schwimmen gehen würde ich mit der 57er wahrscheinlich auch nicht, aber im Alltag ist man einfach mit den 50 Metern mehr Wasserdichtigkeit unbesorgt unterwegs. Auch die höhere Gangreserve, der automatische Aufzug sowie die höhere Ganggenauigkeit des Co-Axial-Werkes sprechen hier für die Speedmaster ‘57. Das Werk soll natürlich wartungsärmer sein, nur relativiert sich das wohl wieder bei den Wartungskosten; hier sehe ich sogar eher einen Nachteil des CoAx. Die Nachtablesbarkeit ist bei der Moonwatch und der 57er sehr gut, bei der FOiS gut (weniger Lume auf den Zeigern geben hier den leichten Abzug).
In puncto Style tu ich mir am schwersten: Die schönste von den dreien ist wahrscheinlich die 57er, auch die Verarbeitung wirkt hier noch einen Tick hochwertiger als bei den anderen beiden. Die Moonwatch ist und bleibt die Moonwatch und weiter oben habe ich erklärt, warum das Simple bei ihr so bestechend aufregend ist. Die First Omega in Space ist der Insider-Joke, die weniger offensichtliche, aber dennoch gut informierte Wahl. Wer eine FOiS trägt, so würde ich spontan behaupten, weiß eher, was er am Handgelenk hat, als ein Moonwatch-Träger oder jemand, der eine Uhr trägt, für die auch George Clooney Werbung macht. Solche Diskussionen sind immer müßig, aber man macht sich freilich seine Gedanken, und der Reiz der FOiS liegt eben in ihrem Nischendasein zwischen den im Marketing präsenteren Geschwistern.
Alle Umstände weggedacht, die eine solche Entscheidung wesentlich beeinflussen (Größe, Technik, Preis, Stil), bleibt mir der folgende Schluss: Es kommt ein bisschen darauf an, ob man nur eine haben will oder eventuell zwei oder gar drei. Bei mehreren würde ich sagen: Zumindest eine Moonwatch sollte man schon haben - die 57er ist eine geradezu ideale Ergänzung, die FOiS hingegen wäre mir da zu ähnlich. Alle drei sind möglich? Perfekt, dann hat man die ganze Bandbreite: Mit bzw ohne Sichtboden, Automatik und Manuell, mit und ohne Datum etc. etc.
Was aber, wenn es nur eine sein darf? Dann würde ich zu einer Uhr raten, die ich hier gar nicht erwähnt habe: Zur Moonwatch mit Saphirglas unten und oben. Damit hat man einen absoluten Klassiker zeitgemäß für den Alltag ausgestattet und kann sich noch an dem wunderschönen Handaufzugswerk sowohl optisch als auch haptisch erfreuen.
Was, wenn man die Moonwatch gar nicht mag? Dann wundere ich mich, warum man mit dem Lesen überhaupt bis hierher gekommen ist, und sage: Speedmasters gibt es wie Sand am Meer - und wenn es nur eine sein darf, aber keine Moonwatch, dann müsste es die 57er sein. Egal, in welcher Farbkombination!
Was meint ihr? Ist die Speedmaster ‘57 die moderne Speedmaster? Darf man eine Moonwatch mit Saphirglas und Sichtboden überhaupt tragen? Sind die nicht alle viel zu sehr vintage? Viele Speedmasters - noch mehr Meinungen!
Tief durchatmen und los geht's!
Die Speedmaster-Familie von Omega ist ein bunter Haufen. Speedmasters gibt es in allen möglichen Farbkombinationen, Größen, mit verschiedenen Funktionen und aus unterschiedlichen Materialien. Manch einen regt das auf, andere empfinden gerade die Qual der Wahl als spannende Herausforderung beim Uhrenkauf.
Ich möchte heute einen Vergleich dreier “Standard-Modelle” anstellen, die für viele Enthusiasten und Neulinge einen Scheideweg darstellen: Denn einerseits sind sich die Uhren recht ähnlich, andererseits trennen sie fundamentale Unterschiede. Manchem, der vor dem Kauf seiner ersten und/oder einzigen Speedmaster steht, mag die Entscheidung zwischen diesen Modellen das größte Kopfzerbrechen bereiten, vielleicht bringt also dieser Vergleich ein wenig Licht ins Dunkel.
Die von mir gewählten Modelle sind die klassische Moonwatch in ihrer klassischsten Ausführung (mit Hesalitglas und ohne Sichtboden), die First Omega in Space sowie die Speedmaster ‘57. Letztere in der Version mit schwarzem Ziffernblatt, den beigen Indizes und dem Stundenzeiger in “Broad Arrow”-Form. Diese drei Uhren repräsentieren ganz gut den Variantenreichtum der Speedmaster in ihren “Basisauführungen” und es ergeben sich einige interessante Oppositionen, an denen sich der zweifelnde Uhrenkäufer immer wieder die Zähne ausbeißt.
Speedmaster Professional (“Moonwatch”)
Der Klassiker unter den Klassikern. Die Monduhr, die Speedmaster schlechthin. Die Speedmaster Professional leidet, so kommt es mir manchmal vor, fast ein bisschen unter dem ganzen Moonwatch-Gedöns. Das will ich den Lesern hier aber auch ersparen, darüber gibt’s bei Omega selbst und überall sonst im Netz ja genügend Information zu finden. Von meiner Seite dazu nur so viel: Bei dem Gedanken, mit einer Rakete ins Weltall fliegen zu müssen, auf dem Mond zu landen, dort rumzuhopsen und wieder heil zurückzukommen, wird mir so schummrig, dass ich nie im Leben daran denken würde, im Ernstfall mein Leben in die Hände einer mechanischen Handaufzugsuhr legen zu wollen. Meine Befindlichkeit darüber tut aber nichts zur Sache: es geschah so und Omegas Marketing kann die Sache mit Fug und Recht bis zur Vergasung ausschlachten.
Marketinggetünchte Variante: Natürlich ist die Moonwatch für ihre Träger auch gerade deshalb so interessant: Sie erinnert an eine noch nicht so lang vergangene Zeit, in der man mit Computern, deren Leistungsfähigkeit nicht mal ansatzweise an jene moderner Smartphones heranreichte, ein ganzes Raumfahrtprogramm absolvierte. Man betrat fast täglich technologisches Neuland und tausende Menschen arbeiteten an der Erfüllung eines uralten Menschheitstraums - dem Besuch auf dem Erdtrabanten. Und mittendrin ein mechanischer Chronograph einer Schweizer Uhrenmarke, der den Astronauten anzeigte, wie spät es gerade in Houston war, und bei Bedarf dazu verwendet werden konnte, um die Zeit zu messen, die nötig war, um das Raumschiff per Raketenzündung so zu manövrieren, dass die armen Geschöpfe in ihrer Blechdose auch irgendwann wieder sicher zurück zur Erde kamen und nicht in der Atmosphäre verglühten oder in die Weiten des Weltalls getrieben wurden.
(Jetzt hat mich doch wieder das Moonwatch-Gedöns eingeholt, oje!)
Abgesehen davon: Die Speedmaster hat Designgeschichte geschrieben. Sie gilt neben der Rolex Submariner als Archetyp der modernen Armbanduhr, zumal als prototypischer Chronograph, und sie ist ein Schulbeispiel für zweckmäßiges Uhrendesign, das hohe Ablesbarkeit mit Funktionalität paart. Im Vergleich zu anderen Uhren ist das Auffällige an der Speedmaster Professional (der Name verrät es schon), dass nichts auffällt. Es gibt hier fast keinen “Schmuck”, kein Ornat, keinen Zierrat. Alles ist auf Funktion getrimmt, die schwarz-weiße Farbgebung bestimmt hier wesentlich den Charakter der gesamten Uhr.
Gehäuse und Ziffernblatt
Umso auffälliger sind die “gedrehten Hörner”, die charakteristisch für die Moonwatch sind. Wir wissen, dass die Vorgängerversionen gerade Hörner hatten, die gedrehten aber geben der Uhr ein schlankeres Profil und ein bisschen mehr Eleganz. Auch hier aber handelt es sich um “funktionale Eleganz”, denn die Hörner sind ganz wesentlich für den hohen Tragekomfort der Speedmaster verantwortlich. Trotz eines Gehäusedurchmessers von 42 mm, trägt sich die Professional bei einer Höhe von knapp über 14 mm besser als Uhren mit vergleichbaren Abmessungen. Der Grund liegt wie so oft in der “Länge”, die viel beschworene “Lug-to-Lug-Distance” von nur 48 mm. Jeder, der glaubt, die Professional seit ihm zu groß, sei gut beraten, sich die Uhr einmal umzulegen. Vor allem im Vergleich mit der FOiS, die einen kleineren Durchmesser hat, ergeben sich interessante Einsichten (s.u.)!
Das Gehäuse der Speedmaster ist ein eigenwilliges Stück Handgelenksarchitektur. Teils technisch-futuristisch inspiriert (die Gestaltung der Flanken), gibt sie sich nach oben zur Lünette hin verspielt - als ob da noch die Sixties durchscheinen wollten. Entsprechend wechseln sich satinierte und polierte Flächen ab - ein Look, der nur bei näherer Betrachtung seltsam aufregend wirkt. Sieht man auf die Uhr drauf, bemerkt man davon fast gar nichts. Man könnte dem Gehäuse noch am ehesten unterstellen, künstlerisch gestaltet zu sein, wenn man nicht das Gefühl hätte, dass die Form doch irgendwie eine Funktion hat - und sei es nur die Verbesserung des Tragekomforts. Denn mit dem Rest der Uhr - dem Gesicht, das sich nur bei Draufsicht (und zur Draufsicht sind die Uhren ja gemacht) zeigt - hat das Gehäuse gar nichts zu tun.
Am Ziffernblatt herrscht nämlich Ordnung: Weiße, deutlich von einander abgestufte Markierungen zeigen an, wo Stunden, Minuten, Sekunden und deren Bruchteile zu Hause sind. Nüchterne weiße Stab-Zeiger weisen bei Bedarf darauf hin. Die einfachen Hilfsziffernblätter wirken fast schon wuselig, wären sie nicht ebenso einfach und geradlinig gestaltet. Sie geben dem Ziffernblatt aber Werkzeugcharakter, verleihen ihm Sportlichkeit und der Umgang mit Raum und den Verhältnissen zwischen den Elementen, die diesen einnehmen, ist bemerkenswert, ja fast idealtypisch. Einen besser designten Chronographen findet man schwerlich - zumindest, was die Ablesbarkeit betrifft! Die abgesenkten Hilfsziffernblätter erzeugen dezente Plastizität, das sieht cool aus, hat aber trotzdem wieder nur den einfachen Nutzen, dass man sie vom Rest abhebt, ohne sie einrahmen zu müssen. Das Ziffernblatt der Omega Speedmaster Professional macht Spaß - aber nur, wenn man Sinn für sehr zurückhaltenden Humor hat. Die Freude stellt sich vor allem dann ein, wenn man immer wieder bemerkt, wie sinnvoll das alles ist, wie zweckgebunden. Ist das vielleicht etwas Schweizerisches, diese nüchterne Freude am Banalen? Ich weiß es nicht, jedenfalls muss ich immer ein bisschen schmunzeln, wenn ich diese Uhr genauer betrachte. Und das ist ja schon etwas Schönes…
Armband und Schließe:
Das fünfgliedrige Armband der Moonwatch ist eine gelungene Kombination aus Sportlichkeit und Eleganz. Zum Vergleich ist mir das der Seamaster etwas zu zappelig, feingliedrig oder auch zu schmuckhaft. Das dreigliedrige der Speedmaster ‘57 hingegen wirkt fast zu nüchtern. Das Armband macht einen hochwertigen Eindruck, da klappert und klimpert nichts, da zwickt nichts. Die Schließe hingegen - auch das ist ja immer wieder Thema - kann da nicht mithalten. Zu grob maschiniert kommt mir die daher. Funktional, ja, aber Freude kommt da nicht auf. Die Kanten sind rauh, der Schließmechanismus einfach, aber fast schon gefährlich banal. Manche mögen das, ich hingegen bin jemand, der viel Freude an einer gut gemachten oder zumindest angenehmen Schließe hat. Das fehlt mir bei der Moonwatch ein wenig.
Gleichzeitig macht es aber gerade bei der Moonwatch wenig aus, denn die ist bekanntlich eine sehr wandelbare Uhr, die an fast jedem Band gut aussieht. Persönlich bin ich zwar eher ein Fan der Metallarmbänder, aber diese Qualität möchte ich gerade der Moonwatch nicht absprechen, weil sie eben gerade auf diesem Gebiet brilliert.
Fazit
Die Moonwatch ist eine Uhr wie ein guter Witz - zugegeben, das ist ein etwas steiler Vergleich, aber vielleicht versteht man, was gemeint ist: Ein guter Witz ist einer, den jeder versteht und über den jeder lachen kann, der aber auch eine versteckte Ebene bereithält, die dem Witz eine tiefere Dimension verleiht, die nicht gleich zugänglich ist, den Witz aber an der Oberfläche nicht unverständlich macht. So ist auch die Speedmaster in dem Sinn eine gute Uhr, da sie tadellose Technik, Ablesbarkeit und Tragekomfort bietet, und trotz ihrer scheinbaren Schlichtheit eine wahre Fülle an großartigen Details bereithält, die dazu beitragen, dass sie praktisch gar nie langweilig werden kann. Eine Uhr für Astronauten und Uhrenaficionados gleichermaßen - das muss man erst einmal unter einem Hut bringen!
Facts
Ref.Nr.: 311.30.42.30.01.005
Abmessungen: 42 mm Durchmesser, 20 mm Bandanstöße, 48 mm Länge, 14 mm Höhe
Omega Kaliber 1861, Handaufzug, 42 Stunden
Hesalitglas
Wasserdichtigkeit: 5 Bar (50 Meter / 167 Fuß)
Speedmaster Moonwatch “First Omega in Space”
Die FOiS ist eine Speedmaster, die sich ihre Historie selbst gegeben hat: Als Wiederauflage einer CK2998, die Astronaut Walter Schirra einst privat erstanden und auf seine Ausflüge ins Weltall mitgenommen hat, spielt sie zwei Themen, die Omega wichtig sind: Die Sache mit dem All und die Sache mit dem “Früher” (Retro-chich, Neovintage, usw.). So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe, und auch wenn man das “Erste Omega im All”-Dings als marketingtechnische Dehnübung abtun wollte: Ganz unwesentlich dürfte Schirras Wahl für die spätere Entwicklung der Moonwatch nicht gewesen sein. Für uns ist aber wichtiger, was die FOiS heute darstellt: Nämlich eine Alternative zur klassischen Speedmaster bzw. eine konservativere Variante der Moonwatch. Vor allem aufgrund ihrer geringeren Größe wird sie oft von potenziellen Käufern ins Auge gefasst, denen die 42 mm der Moonwatch “Angst” einflößen.
Gehäuse und Ziffernblatt
Gerade das aber ist gerne ein erster Fallstrick, denn die FOiS mag zwar einen geringeren Gehäusedurchmesser als die Moonwatch aufweisen, am Arm jedoch relativiert sich dieser wieder. Die Länge von Horn zu Horn beträgt nämlich auch hier 48 mm. Das in Kombination mit einem kleineren Gehäuse und einer Höhe von 14,5 mm erzeugt folgendes Tragegefühl: Die Uhr wirkt am Arm kompakter, aber nicht wirklich kleiner, da das Verhältnis von Durchmesser und Höhe in meinen Augen ungünstiger ist als bei der klassischen Moonwatch. Zudem ergibt sich eine gewisse Kopflastigkeit, da bei der FOiS der Schwerpunkt höher sitzt als bei der Moonwatch. Man bekommt hier also nur eine scheinbar kleinere Uhr - und in diesem Schein liegt auch ihre “Größe”: Sie wirkt einfach dezenter.
Das liegt nicht nur am geringeren Gehäusedurchmesser, sondern auch am fehlenden Kronenschutz und vor allem an den Zeigern: Diese sind erstens eleganter geformt (Alpha) und zweitens aus Metall. Sieht dezenter aus, geht aber zu Ungunsten der Ablesbarkeit. Dies freilich nur im Vergleich mit der Moonwatch Professional, deren Zeiger für mich lange Zeit der Grund waren, die FOiS vorzuziehen. Mir war das schlicht zu wenig edel. Bei der FOiS hingegen stören manche die unterschiedlichen Zeigerdesigns für die Chronographen- und die Normalzeitfunktion. Eigentlich ist es logisch: Alles was zum Chrono gehört, hat weiße Zeiger, alles, was die normale Zeit anzeigt, metallene. Trotzdem, der Zeiger-Mischmasch hinterlässt einen fahlen Geschmack auf der Zunge manches puristischen Uhrenconnoisseurs, ebenso wie der Umstand, dass es ja bei der ursprünglichen CK2998 gerade nicht so war!
Trotzdem meine ich, dass mit der First Omega in Space eine sehr alltagstaugliche, vielleicht etwas coolere Variante der Speedmaster vorliegt. Das Saphirglas passt ihr gut, der Gehäuseboden ist wunderschön, der fehlende Kronenschutz gibt ihr einen zusätzlichen Vintage-Hauch. Highlight ist das applizierte Omega auf dem Ziffernblatt - ein kleines Detail, das man aber niemals zu schätzen aufhört, und das, wohlgemerkt, bei den von mir gewählten Vergleichsmodellen fehlt!
Armband und Schließe
Hier kommen wir zum vielleicht größten “Manko” der FOiS: Sie wird nur am Lederband mit Dornschließe ausgeliefert. Viele mögen diese schlichtere Variante oder sind sowieso mit einem eigenen Band versorgt. Ich finde es schade, dass es kein Metall-Armband gibt. Auch ist mir das gelieferte Lederband immer etwas zu schmal, ich finde die Proportionen hier nicht ganz optimal. Aber wie gesagt, da kann ja jeder selber mit machen, was er will. Andererseits unterstreicht das schmale Lederband mit Dornschließe wieder den Vintage-Charakter der Uhr, auch wenn es keinen historischen Grund für diese Reduktion gibt.
Fazit
Die First Omega in Space ist einerseits ein etwas seltsamer Zwitter aus Moonwatch und Vintage-Reissue. Man könnte sagen: Sie ist nicht Fisch und nicht Fleisch. Andererseits liegt genau darin ihr Reiz, und ich weiß noch, dass ich sie einst der Moonwatch vorgezogen habe, weil sie eben die dezenteren (ich meine: schöneren) Zeiger hatte, ansonsten aber der Moonwatch sehr ähnlich ist. Wer sie allein aufgrund der kleineren Größe anzuschaffen gedenkt, wird möglicherweise enttäuscht sein, weil sie sich nicht viel kleiner trägt als die Speedmaster Professional, auch wenn sie kleiner aussieht. Die Uhr ist ein Paradoxon im Moonwatch-Universum und deshalb scheiden sich an ihr die Geister. Man sollte sie jedenfalls nicht anschaffen, um der Moonwatch auszuweichen, sie ist aber jedenfalls eine gute Ergänzung in jeder Omega-Sammlung, auch wenn - oder gerade wenn - man die herkömmliche Professional schon hat.

Facts
Ref.-Nr.: 311.32.40.30.01.001
Abmessungen: 39,7 mm Durchmesser, 19 mm Bandanstöße, 48 mm Länge, 14,5 mm Höhe
Omega Kaliber 1861, Handaufzug, 42 Stunden
Innen anti‑reflektierendes Saphirglas
Wasserdichtigkeit: 5 Bar (50 Meter / 167 Fuß)
Speedmaster ‘57
Mit der Modelllinie der Speedmaster ‘57 wurde 2013 eine moderne Speedmaster-Variante mit Co-Axial-Werk aus der Taufe gehoben. Die einzelnen Versionen wissen mit konsequentem Speedmaster-Design, sehr hochwertiger Verarbeitung und schicken Farbvarianten zu überzeugen. Sie sind eine tolle Alternative für alle, denen die monochrome Farbgebung der Moonwatch und der FOiS zu langweilig ist, die aber den Charme der Speedmaster trotzdem schätzen. Darüber hinaus gibt es bei der ‘57 das Co-Axial-Kaliber 9300 mit Datum, 60 Stunden Gangreserve und automatischem Aufzug. Somit wäre ein potenzieller Träger auch technisch auf der Höhe der Zeit und die Uhr noch etwas alltagstauglicher. Aber sehen wir uns einmal an, was sie denn wirklich kann:
Gehäuse und Ziffernblatt
Die Speedmaster ‘57 war die erste Uhr, die mich wirklich fasziniert hat. Sie bietet auch einiges, woran sich Einsteiger wie auch erfahrene Uhrenliebhaber erfreuen können. Das Gehäuse mit Glasboden etwa gibt den Blick auf das Kaliber 9300 frei, das, mit einer ordentlichen Finissage versehen, etwas für den Techniker als auch für den Ästheten bietet. Ganz ehrlich muss man aber auch sagen, dass man nicht gar so viel von dem Automatik-Chronographenwerk sieht, weil doch der größte Teil des Werks von der Platine bzw dem Rotor verdeckt wird. Omega hat aber zumindest die beiden Federhäuser und das Schaltrad beschriftet, damit man sich vorstellen kann, wo was zu finden ist. Die Co-Axial-Hemmung ist nur aus einem ganz bestimmten Winkel bei guten Lichtverhältnissen auszumachen. Das Ganze macht einen technisch-abstrakten Eindruck, ist aber ob der sehr ansehnlichen Finissierung trotzdem hübsch. Für Uhrwerk-Geeks bietet wohl das Handaufzugskaliber der Moonwatch bei einem Saphirglasboden mehr zu entdecken. Bei der 57er gilt zumindest: Besser als gar nix. Das Co-Axial-Werk hat allerdings auch einen kleinen ästhetischen Nachteil: Die Uhr wird mit zwei Saphirgläsern insgesamt eher hoch: 16,5 mm misst sie von Glas zu Glas, was ein bisschen zu Lasten der Proportionen geht. Damit teilt sie dieses Schicksal mit der FOiS: Am Arm gibt’s Schmeichelhafteres.
Das tut aber dem optischen Gesamteindruck gar keinen Abbruch, denn wenn die Eleganz der 57er auch unter ihren Proportionen leiden mag: Mit dem Ziffernblatt macht sie einiges wett! Aber der Reihe nach, denn zuerst begrüßt uns am Rand des Gehäuses noch eine gebürstete Lünette mit Tachymeterskala - ein Rückgriff auf die allererste Speedmaster CK 2915, eben jene, die 1957 das Licht der Welt erblickte. Das gibt der Uhr erstmal ordentlich Retrocharme, gleichzeitig aber auch einen technischen Touch - jene funktionale Komponente, die bei der Speedy so wichtig ist. Gleichzeitig lenkt die Lünette nicht vom Ziffernblatt ab, und das wäre auch schade, denn hier liegt der wahre Glanz der Speedmaster ‘57:
Der augenfälligste Unterschied zu der Ur-Speedy und auch den Moonwatches ist das Fehlen des dritten Totalisators. Die Totis gibt es nur auf den Positionen 3 und 9, während, ganz Co-Axial-Speedy, auf der 6-Uhr-Position ein Datumsfenster liegt. Das wirklich, wirklich Gute daran ist: Die Scheibe bricht die Farbkombination von Ziffernblatt und Indizes nicht, sondern verschwindet ganz dezent im Hintergrund, ohne unanblesbar zu werden. Was mir ausgesprochen gut gefällt ist der Totalisator für die Chronographenstunden und -minuten auf der 3-Uhr-Position. Für mich ist ein 30-Minuten-Zähler, wie man ihn bei vielen anderen Chronographen und auch bei der Moonwatch findet, immer ein wenig mühsam abzulesen. Man muss ich dauernd am Stundentotalisator orientieren, um herauszufinden, ob jetzt schon eineinhalb oder erst eine Stunde vergangen ist, dann muss man die verstrichenen Minuten dazuaddieren - für die meisten Stoppaktionen, die ich mit der Armbanduhr mache, ist das schlichtweg umständlich. Vor allem auch, da ich selten Stoppvorgänge über mehrere Stunden mache, für deren Zählen aber ein extra Totalisator auf dem Ziffernblatt vorgesehen ist. Reine Platzverschwendung! So zeigt die Speedmaster ‘57 Stunden und Minuten in gewohntem Uhrezeit-Format auf dem kleinen 3er-Totalisator an. Das ist intuitiv abzulesen und erlaubt ebenso Stoppvorgänge bis zu 12 Stunden. Die Minuten sind freilich schwieriger abzulesen als mit einem reinen Minuten-Toti, aber man bemüht sich dann halt ein bisschen mehr. Alles in allem finde ich diese Chronographenanzeige eine super Lösung.
Die Indizes sind speedmastergemäß einfach gestaltet und gut abzulesen. Bei der 57er sind die größeren Indizes in den Stundenschritten sogar sandwichartig ins Ziffernblatt eingelassen. Ein echtes Sandwichdial ist es aber keines, die Indizes sind nur “wannenartig” ausgehölt und mit SuperLuminova befüllt. Die Farbe ist ein beige, für das man häufig den Begriff “Faux Patina” hört. Ich habe daran nie gedacht, sondern fand einfach die Farbe schön, weil sie sich elegant von dem matten Ziffernblatt (ist es schwarz, ist es anthrazit?) abhebt und einen warmen Charakter versprüht. Ich liebe gerade dieses Ziffernblatt sehr, kann aber auch jene verstehen, die bei dem Modell die sportlichere blaue oder die weiße Variante (mit blauen Zeigern!) vorziehen. Ein Highlight sind sicherlich auch die Zeiger und bei dem von mir gewählten Modell natürlich über alle Maße der “Broad-Arrow”-Stundenzeiger. Hier zeigt sich der Rückgriff auf die Ur-Speedmaster am deutlichsten und wenn manche das Design etwas comichaft oder kindisch finden mögen: Für mich gibt’s keinen cooleren Zeiger als den Stundenzeiger meiner Speedmaster ‘57! Der Minutenzeiger in Schwertform ergänzt das perfekt und ist auch sehr schön verarbeitet. Der zentrale Sekundenzeiger des Chronographen ist entsprechend zurückhaltend und einfach gestaltet, erlaubt aber dennoch tadellose Ablesbarkeit. Was fehlt diesem Ziffernblatt? Nun, wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich es gerne einmal mit einem applizierten Omega-Logo sehen (so wie bei der originalen Speedy); es kann aber auch sein, dass es dann “too much” ist und man bei Omega deswegen darauf verzichtet hat. (Oder man wollte eben keine perfekte Speedmaster bauen ...)
Armband und Schließe
Das Stahlarmband der ‘57 ist ein dreigliedriges mit satinierten Mittelgliedern und polierten Außengliedern. Das mögen wieder viele nicht, ich finde den nutzlosen Schmuck ganz spannend und irgendwo auch konsequent, da sich auch am Gehäuse polierte und satinierte Flächen abwechseln. Die Schließe ist eine Doppelfaltschließe mit Omega-Logo, die sicher schließt und leicht zu öffnen ist. Das Armband hat einen hohen Tragekomfort und gehört wahrscheinlich zum Besten, was Omega in Sachen Armband derzeit bietet. Ich habe auch ein original Omega-Lederarmband nachgekauft (mit ebenfalls sehr hübscher Faltschließe), das der Uhr schlagartig einen ganz anderen Charakter verleiht. Mit den beigen Indizes und Schrift auf dem Ziffernblatt ist man zwar weniger wandlungsfähig als bei den schwarz-weißen Speedys, dafür ist der Unterschied zwischen Stahl-Armband und Lederband oder Nato umso deutlicher: Der Charakter der Uhr verändert sich komplett von toolig-luxuriös zu lässig-casual. Die Wandlungsfähigkeit der Speedy ist fast schon ihr Markenzeichen und bei diesem Modell ist das nicht anders. Auch wenn wegen der Farbgebung die Gestaltungsmöglichkeiten bei diesem Modell etwas eingeschränkter sind als bei der Moonwatch.
Fazit
Die Speedmaster ‘57 ist eine äußerst gelungene moderne Speedmaster und gehört meines Erachtens zum Besten, was der sehr umfangreiche Omega-Katalog derzeit bietet. Das Design besonders dieser Variante mit den Broad-Arrow-Zeigern ist - wie soll ich es ausdrücken - ein Uhr gewordener Storck-Schokoladenriese: Lecker, saftig, was zum Drauf-Rumkauen aber durchaus mit der Gefahr, dass man sich daran verschluckt, denn die Größe sollte man keinesfalls unterschätzen! Auf dem Papier sieht die 57er nämlich gütig aus: Nur 41,5 mm Durchmesser - das sind weniger als bei der Moonwatch! Aber die Dicke macht es aus. Daher trage ich diese Uhr am liebsten im Sommer mit Kurzarm oder im Winter mit einer dicken Jacke, weil die Gefahr nicht besteht, dass sie im Ärmel verschwindet. Größesensiblen Uhrenkäufern sei daher eine Anprobe unbedingt empfohlen. Ich habe sie an vielen Tagen nicht getragen, weil sie aufgrund der Bauhöhe bei mir eben kein “geht immer”-Schildchen umgehängt hat. Das Ziffernblatt aber haut mich immer wieder von neuem um und macht sie zu einer gern getragenen Speedmaster, die mich nachhaltig begeistert!
Facts
Ref.-Nr.:331.10.42.51.01.002
Abmessungen: 41,5 mm Durchmesser, 20 mm Bandanstöße, 50 mm Länge, 16,5 mm Höhe
Co-Axial Kaliber 9300, Automatik, 60 Stunden
Beidseitig anti‑reflektierendes Saphirglas
Wasserdichtigkeit: 10 Bar (100 Meter / 330 Fuß)
Vergleich: Ja welche denn nun?
Gehen wir gleich ans Eingemachte: Auf die Größe kommt es an! Eine Uhr ohne Tragekomfort macht keinen Spaß - egal, wie gut sie aussieht. Dabei kommt es natürlich ganz auf die Handgelenksgröße und Form des Trägers an, eventuell auch auf die tägliche Kleidung. Wer dauernd Anzug und Hemd trägt, dem würde ich spontan von der Speedmaster ‘57 abraten, sie ist dafür einfach zu hoch. Wer mit der Größe der Professional Moonwatch ein Problem hat, braucht die 57er gar nicht erst probieren, weil auch hier Bauhöhe und Länge ganz sicher zum Ärgernis werden. Die First Omega in Space könnte (!) Abhilfe schaffen, wahrscheinlich werden sich besonders Dünnarmige aber anderswo umschauen müssen, z.B. bei der Speedmaster Reduced. Den größten Tragekomfort erziele ich persönlich tatsächlich mit der Moonwatch Professional, da hier die Proportionen für meine “Armlandschaft” perfekt sind und ein guter Allround-Charakter gegeben ist (auch unabhängig von der Kleidung).
Technisch gesehen muss man sich bei den Moonwatches mit dem Handaufzug anfreunden können und eine geringere Wasserdichtigkeit in Kauf nehmen. Schwimmen gehen würde ich mit der 57er wahrscheinlich auch nicht, aber im Alltag ist man einfach mit den 50 Metern mehr Wasserdichtigkeit unbesorgt unterwegs. Auch die höhere Gangreserve, der automatische Aufzug sowie die höhere Ganggenauigkeit des Co-Axial-Werkes sprechen hier für die Speedmaster ‘57. Das Werk soll natürlich wartungsärmer sein, nur relativiert sich das wohl wieder bei den Wartungskosten; hier sehe ich sogar eher einen Nachteil des CoAx. Die Nachtablesbarkeit ist bei der Moonwatch und der 57er sehr gut, bei der FOiS gut (weniger Lume auf den Zeigern geben hier den leichten Abzug).
In puncto Style tu ich mir am schwersten: Die schönste von den dreien ist wahrscheinlich die 57er, auch die Verarbeitung wirkt hier noch einen Tick hochwertiger als bei den anderen beiden. Die Moonwatch ist und bleibt die Moonwatch und weiter oben habe ich erklärt, warum das Simple bei ihr so bestechend aufregend ist. Die First Omega in Space ist der Insider-Joke, die weniger offensichtliche, aber dennoch gut informierte Wahl. Wer eine FOiS trägt, so würde ich spontan behaupten, weiß eher, was er am Handgelenk hat, als ein Moonwatch-Träger oder jemand, der eine Uhr trägt, für die auch George Clooney Werbung macht. Solche Diskussionen sind immer müßig, aber man macht sich freilich seine Gedanken, und der Reiz der FOiS liegt eben in ihrem Nischendasein zwischen den im Marketing präsenteren Geschwistern.
Alle Umstände weggedacht, die eine solche Entscheidung wesentlich beeinflussen (Größe, Technik, Preis, Stil), bleibt mir der folgende Schluss: Es kommt ein bisschen darauf an, ob man nur eine haben will oder eventuell zwei oder gar drei. Bei mehreren würde ich sagen: Zumindest eine Moonwatch sollte man schon haben - die 57er ist eine geradezu ideale Ergänzung, die FOiS hingegen wäre mir da zu ähnlich. Alle drei sind möglich? Perfekt, dann hat man die ganze Bandbreite: Mit bzw ohne Sichtboden, Automatik und Manuell, mit und ohne Datum etc. etc.
Was aber, wenn es nur eine sein darf? Dann würde ich zu einer Uhr raten, die ich hier gar nicht erwähnt habe: Zur Moonwatch mit Saphirglas unten und oben. Damit hat man einen absoluten Klassiker zeitgemäß für den Alltag ausgestattet und kann sich noch an dem wunderschönen Handaufzugswerk sowohl optisch als auch haptisch erfreuen.
Was, wenn man die Moonwatch gar nicht mag? Dann wundere ich mich, warum man mit dem Lesen überhaupt bis hierher gekommen ist, und sage: Speedmasters gibt es wie Sand am Meer - und wenn es nur eine sein darf, aber keine Moonwatch, dann müsste es die 57er sein. Egal, in welcher Farbkombination!
Was meint ihr? Ist die Speedmaster ‘57 die moderne Speedmaster? Darf man eine Moonwatch mit Saphirglas und Sichtboden überhaupt tragen? Sind die nicht alle viel zu sehr vintage? Viele Speedmasters - noch mehr Meinungen!
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