
DRGM
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Liebhaber bestimmter Uhrenmarken haben es schwer, das überbürdende Angebot an Uhren ihrer Lieblingsmarke zu überblicken. Interessiert man sich beispielsweise für Zeitmesser aus dem Hause Omega, sieht man sich bei ebay mit ca. 3000 Uhren jener Marke konfrontiert – und das nur in Deutschland! Erweitert man die Suche auf eine weltweite, dann müsste man sich durch bummelig 32.000 Angebote quälen. Ich weiß so halbwegs wovon ich rede, denn täglich suche ich nach Hamiltons - und da sind es „nur“ ca. 9000 weltweit.
Vor einer derartigen Reizüberflutung ist man gefeit, sollte man sich für Uhren aus dem Hause German Sickinger interessieren.

Nicht nur, dass es nur dürftige Informationen zu jener Pforzheimer Firma gibt, nein, auch das Angebot an konkreten Uhren erschöpft sich bei ebay derzeit auf ganze zwei Stück. Zwei. Weltweit. In Deutschland wird in der Bucht derzeit nur eine einzige angeboten.
Zunächst ein wenig Informationen zu der kaum bekannten Firma. Watch-Wiki
Uhrenfabrik German Sickinger – Watch-Wiki
weiß fast nur zu vermelden, dass die Firma 1887 gegründet wurde und wohl bis in die 1960er Jahre bestand. Nun, was die Nachkriegszeit betrifft, konnte ich auch nicht mehr herausfinden, aber zu der Zeit vor 1945 gibt es durchaus ein paar mehr Informationen, was vor allem der Tatsache geschuldet ist, dass die Fa. German Sickinger im Jahre 1937 ihr 50jähriges Firmenjubiläum feiern konnte. Ein Anlass, der in der Fachpresse entsprechend gewürdigt wurde, beispielsweise in der „Uhrmacher-Zeitung“ Jahrgang 1937, Seiten 405/06:

Zusammenfassung: Gründung am 1. August 1887 als „Schönthaler & Sickinger“, ab 1892 als „German Sickinger“. Anfang 1922 Beginn der Gehäusefertigung für Armbanduhren; 1923 Aufgabe der bisherigen Schmuckfertigung und Konzentration auf Uhren. Zahl der Beschäftigten im Jahre 1937: 100.
Also zwar eine nicht große, aber dann doch auch keine ganz kleine Firma, so dass es erstaunt, dass so wenige Uhren aus dem Hause Sickinger überlebt zu haben scheinen. Und immerhin war die Firma so solvent, dass sie sich Ausgaben für Werbeannoncen leisten konnte, worüber ich natürlich sehr dankbar bin:


Eine kleine Auswahl an Sickinger-Uhren ist dann – ziemlich zusammenhanglos - in der „Uhrmacher-Zeitung“ 1934 abgebildet:

Hierdurch erfährt man bereits, dass es Qualitätsabstufungen gab: Werke mit Zylinder- oder Ankerhemmung, Anzahl der Lagersteine zwischen 6 und 15. Noch mehr über die Produktpalette von Sickinger erfährt man aber durch eine äußerst erhellende Anzeige von 1935:

Dankeswerterweise ist hier recht gut erklärt, wofür die drei Marken „Gersi“, „GS“ und „SiPA“ von Sickinger eingesetzt wurden:
1. GS: die „gute Zylinder-Armbanduhr“
2. Gersi: die „massive ganggenaue Garantie-Ankeruhr“
3. SiPA: die „Pfeiler-Ankeruhr gehobener Qualität“
Eine heutzutage recht modern wirkende Marketingstrategie: je nach Qualitätsniveau wurden die Uhren unter einer eigenen Marke veräußert. Seinerzeit ein ungewöhnlicher Ansatz – Junghans beispielsweise vertrieb sämtliche, qualitativ höchst unterschiedlichen Armbanduhren unter der einzigen Marke Junghans, so das man nie so recht weiß, was denn da wohl drin stecken könnte (besonders krasses Beispiel: die Modelle 60/88RZ und 85/97RZ sehen in den Abbildungen des 1938er Kataloges absolut identisch aus – aber einmal ist ein sieben-steiniges J59 und einmal ein 15-steiniges J80 in Meisterausführung drin). Was Sickinger allerding bzgl. „SiPA“ mit „Pfeiler-Ankeruhr“ meinte, ist mir unklar und es will mir scheinen, als hätte Sickinger diesen Ausdruck exklusiv gebraucht – ich finde ihn jedenfalls sonst nirgends; möglicherweise eine recht eigenwillige Bezeichnung für Paletten-Anker? Immerhin kann man aber durch die Annonce schlussfolgern, wofür „SiPA“ steht: Sickinger Pfeiler-Ankeruhr.
Die drei Marken Gersi – GS – SiPA der Annonce sind auch die drei Marken, welche die Firma Sickinger zur Eintragung als Warenzeichen gebracht hat – mehr als diese drei Warenzeicheneintragungen gab es bis 1945 nicht:

Man beachte bei der 1923 angemeldeten Marke „Gersi“ als Geschäftsbetrieb der Firma: „Bijouterie- und Uhrenfabrik“, während der Geschäftsbetrieb bei den 1934 und 1935 angemeldeten Zeichen „GS“ und „SiPA“ bereits auf „Uhrenfabrik“ reduziert ist.
Bevor wir zu was Konkretem kommen noch ein paar Bemerkungen zu den erfinderischen Tätigkeiten der Firma German Sickinger. Denn erfinderisch war man dort durchaus, was sich in sechs Gebrauchsmustern in der Zeit 1935 bis 1940 wiederspiegelt. Es sind dies die Gebrauchsmuster Nummern 1339133, 1366143 („Blockuhrgehäuse“), 1366672 („Uhrgehäuse für Formwerke“ – ebenfalls eine Blockuhr betreffend), 1392825 („Wasserdichtes Uhrgehäuse“), 1392826 und 1523476. Nach 1945 gab es noch ein weiteres Gebrauchsmuster Nr. 1614180 „Wasserdichtes Uhrgehäuse“ welches Ende Juli 1950 angemeldet wurde. Danach gibt es keine erfinderischen Tätigkeiten zu vermelden.
Sickinger beschränkte sich beim Schutz seiner Erfindungen ausschließlich auf deutsche Gebrauchsmuster – mit einer Ausnahme: der Gegenstand des 1940 angemeldeten Gebrauchsmusters Nr. 1523476 wurde tatsächlich parallel in den USA im März 1941 zum Patent angemeldet – Pech, denn die Erwartungen, die man wohl an dieses Patent in den USA geknüpft hatte, wurden durch den Kriegseintritt der USA in den 2. Weltkrieg zunichte gemacht. Zwar wurde das Patent im März 1944 erteilt, jedoch sogleich als Feindvermögen vom „Alien Property Custodian“ beschlagnahmt. Doppeltes Pech, denn gemäß Watch-Wiki wurde das Betriebsgelände von Sickinger in der Karolingerstraße 23 in Pforzheim ebenfalls von der Besatzungsmacht beschlagnahmt, um dessen Rückgabe Sickinger jahrelang kämpfen musste. Eine Adresse übrigens, die Sickinger erst am 8. Mai 1939 bezogen hatte.
Nun, der Verlust des US-Patentes dürfte verschmerzbar gewesen sein. Denn die geschützte Konstruktion des Uhrengehäuses war vielleicht dann doch zu ausgefallen: die Gehäusehälften (1, 2) werden hier durch aufgeschobene Klammern (5, 6) zusammengehalten, wobei die Klammern auch der Bandbefestigung dienen:

Was die deutschen Gebrauchsmuster betrifft, so hat Sickinger leider größtenteils von der seinerzeit bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, reale Muster einzureichen (daher auch Gebrauchsmuster), d. h., es wurden Musterstücke nebst einer recht kargen Beschreibung eingereicht, wobei die Musterstücke 10 Jahre nach Ablauf des DRGM vernichtet wurden, also verloren sind. Die Beschreibung reicht in solchen Fällen oftmals nicht aus, um sich Vorstellungen über die Erfindung zu machen. Immerhin erfährt man, dass man sich größtenteils um die Verbesserung wasserdichter Blockuhren bemüht hat. Nur in zwei Fällen hat Sickinger statt Muster Zeichnungen eingereicht. Glücklicherweise, denn diese Gebrauchsmuster scheinen mir bei meiner noch zu beschreibenden Gersi verwirklicht zu sein.
Gebrauchsmuster Nr. 1339133, Anmeldung vom 27. 4. 1935: Dieses DRGM betrifft ein wasserdichtes Uhrgehäuse, welches aus einem vollen Block hergestellt ist und durch einen Deckel verschraubbar ist. Kern der Erfindung ist ein Dichtungsring (d) aus Blei oder einer Bleilegierung, wobei der Dichtungsring einen viereckigen Querschnitt aufweisen kann:

Das zweite bebilderte Gebrauchsmuster ist die Nummer 1392826 (Anmeldung 9. November 1936) und betrifft eine abgedichtete Krone:

So, nun aber zu was Handfestem, also Uhren. Ich muss gestehen, dass ich vor zwei Wochen den bei ebay zur Verfügung stehenden Weltbestand an Uhren aus dem Hause Sickinger um die Hälfte reduziert habe. Denn ich konnte zwei Sickinger-Uhren ergattern: eine Gersi und eine GS. Eine SiPA konnte ich bislang noch nicht erwerben. Überhaupt: bei meinen Recherchen habe ich eine einzige SiPA gefunden, nämlich diese hier:
Sipa, Germany – wristwatch – Circa 1930. Sipa, Germany – wristwatch – Circa 1930. - Catawiki
Hier bitte ich einmal die Uhrwerkskenner, sich das Werk anzusehen. Sieht für mich wie ein gutes Ankerwerk aus, dass mich ein wenig an das Bifora 2025 oder 2030 erinnert.
Ach, was SiPA betrifft: es scheint eine französische Marke SIPA (mit großem „i“) gegeben zu haben, denn die eine oder andere SIPA aus den 60ern kann man schon mal finden. Wie gesagt: kommt mir französisch vor.
So, nun endlich zu den Realstücken:
Gersi Ideal
Es handelt sich hier um eine Blockuhr im zeittypischen Design, wie man es von der Alpina Tresor, ZentRa Granit, Laco Sport, Para Prominent und anderen Vertretern der seinerzeit äußerst beliebten Sportuhr mit Gehäuse aus einem Block kennt. Mit einer Gehäuselänge von 33 mm und einer Gehäusebreite von 24,5 mm gehört sie zu den eher kleinen Uhren. Das Band macht sich mit 16 mm dazu geradezu breit aus.


Neben der Markenbezeichnung „Gersi Ideal“ befinden sich noch die Begriffe „wasserdicht“ und „bruchsicher“ auf dem ZB. Das ist insofern erwähnenswert, als dass es auch „Gersi Ideal“ gibt, bei denen die Angabe „bruchsicher“ nicht vorhanden ist. Jene kommen (alle?) mit kleiner Sekunde daher, während die wasserdichten UND bruchsicheren Exemplare mit Zentralsekunde ausgestattet sind, was ja bei Uhren aus der Zeit alles andere als selbstverständlich ist.
Die Rückseite offenbart den verschraubten Boden – für eine wasserdichte Uhr aus der Epoche ebenfalls nicht trivial.

Der Boden ist völlig unmarkiert, wobei ich davon ausgehe, dass er (wie das Gehäuse auch) aus Edelstahl besteht (der „messingfarbene Streifen“ der Vorderansicht ist nur eine Reflexion, keine Gehäuseabnutzung). Innen ist er – so will es mir scheinen – aus dem Vollen gefräst:


Nach dem Abnehmen wird der Blick auf das Werk frei….. na, Pustekuchen! Da ist doch noch ein Schutzdeckel drauf:

Möglicherweise ist dieser Schutzdeckel mit dafür verantwortlich, dass die Uhr völlig lautlos ist. Wirklich! Mit verschraubtem Deckel sieht man den Sekundenzeiger munter seine Runden drehen, hört aber absolut nichts, selbst wenn man die Uhr ans Ohr hält. Erst mit abgenommenen Deckeln ist ein sehr leises Ticken vernehmbar.
So, jetzt aber runter mit dem Schutzdeckel:


Innen ist ein mir unbekanntes 8 ¾“‘-Kaliber verbaut, dass mich an ein ETA 790 erinnert, allerdings mit indirekter Zentralsekunde:
bidfun-db Archiv: Uhrwerke: ETA 790
Ein ETA 804 hätte eine Zentralsekunde, allerdings eine direkte. Scheint mir irgendwas zwischen 790 und 804 zu sein. Oder?
Wie ich schon oben schrieb, so erscheint es mir, als seinen die „bebilderten“ Gebrauchsmuster bei der Gersi-Ideal verwirklicht. Die Bleidichtung konnte ich zwar nicht direkt ausmachen, aber auffällig ist der dicke Kronen-Tubus. Schein mir eine abgedichtete Krone zu sein:

Zu guter Letzt noch ein Vergleich mit der Alpina Tresor. Die Formensprache ist die Gleiche, jedenfalls im Wesentlichen:

Vor einer derartigen Reizüberflutung ist man gefeit, sollte man sich für Uhren aus dem Hause German Sickinger interessieren.

Nicht nur, dass es nur dürftige Informationen zu jener Pforzheimer Firma gibt, nein, auch das Angebot an konkreten Uhren erschöpft sich bei ebay derzeit auf ganze zwei Stück. Zwei. Weltweit. In Deutschland wird in der Bucht derzeit nur eine einzige angeboten.
Zunächst ein wenig Informationen zu der kaum bekannten Firma. Watch-Wiki
Uhrenfabrik German Sickinger – Watch-Wiki
weiß fast nur zu vermelden, dass die Firma 1887 gegründet wurde und wohl bis in die 1960er Jahre bestand. Nun, was die Nachkriegszeit betrifft, konnte ich auch nicht mehr herausfinden, aber zu der Zeit vor 1945 gibt es durchaus ein paar mehr Informationen, was vor allem der Tatsache geschuldet ist, dass die Fa. German Sickinger im Jahre 1937 ihr 50jähriges Firmenjubiläum feiern konnte. Ein Anlass, der in der Fachpresse entsprechend gewürdigt wurde, beispielsweise in der „Uhrmacher-Zeitung“ Jahrgang 1937, Seiten 405/06:

Zusammenfassung: Gründung am 1. August 1887 als „Schönthaler & Sickinger“, ab 1892 als „German Sickinger“. Anfang 1922 Beginn der Gehäusefertigung für Armbanduhren; 1923 Aufgabe der bisherigen Schmuckfertigung und Konzentration auf Uhren. Zahl der Beschäftigten im Jahre 1937: 100.
Also zwar eine nicht große, aber dann doch auch keine ganz kleine Firma, so dass es erstaunt, dass so wenige Uhren aus dem Hause Sickinger überlebt zu haben scheinen. Und immerhin war die Firma so solvent, dass sie sich Ausgaben für Werbeannoncen leisten konnte, worüber ich natürlich sehr dankbar bin:


Eine kleine Auswahl an Sickinger-Uhren ist dann – ziemlich zusammenhanglos - in der „Uhrmacher-Zeitung“ 1934 abgebildet:

Hierdurch erfährt man bereits, dass es Qualitätsabstufungen gab: Werke mit Zylinder- oder Ankerhemmung, Anzahl der Lagersteine zwischen 6 und 15. Noch mehr über die Produktpalette von Sickinger erfährt man aber durch eine äußerst erhellende Anzeige von 1935:

Dankeswerterweise ist hier recht gut erklärt, wofür die drei Marken „Gersi“, „GS“ und „SiPA“ von Sickinger eingesetzt wurden:
1. GS: die „gute Zylinder-Armbanduhr“
2. Gersi: die „massive ganggenaue Garantie-Ankeruhr“
3. SiPA: die „Pfeiler-Ankeruhr gehobener Qualität“
Eine heutzutage recht modern wirkende Marketingstrategie: je nach Qualitätsniveau wurden die Uhren unter einer eigenen Marke veräußert. Seinerzeit ein ungewöhnlicher Ansatz – Junghans beispielsweise vertrieb sämtliche, qualitativ höchst unterschiedlichen Armbanduhren unter der einzigen Marke Junghans, so das man nie so recht weiß, was denn da wohl drin stecken könnte (besonders krasses Beispiel: die Modelle 60/88RZ und 85/97RZ sehen in den Abbildungen des 1938er Kataloges absolut identisch aus – aber einmal ist ein sieben-steiniges J59 und einmal ein 15-steiniges J80 in Meisterausführung drin). Was Sickinger allerding bzgl. „SiPA“ mit „Pfeiler-Ankeruhr“ meinte, ist mir unklar und es will mir scheinen, als hätte Sickinger diesen Ausdruck exklusiv gebraucht – ich finde ihn jedenfalls sonst nirgends; möglicherweise eine recht eigenwillige Bezeichnung für Paletten-Anker? Immerhin kann man aber durch die Annonce schlussfolgern, wofür „SiPA“ steht: Sickinger Pfeiler-Ankeruhr.
Die drei Marken Gersi – GS – SiPA der Annonce sind auch die drei Marken, welche die Firma Sickinger zur Eintragung als Warenzeichen gebracht hat – mehr als diese drei Warenzeicheneintragungen gab es bis 1945 nicht:

Man beachte bei der 1923 angemeldeten Marke „Gersi“ als Geschäftsbetrieb der Firma: „Bijouterie- und Uhrenfabrik“, während der Geschäftsbetrieb bei den 1934 und 1935 angemeldeten Zeichen „GS“ und „SiPA“ bereits auf „Uhrenfabrik“ reduziert ist.
Bevor wir zu was Konkretem kommen noch ein paar Bemerkungen zu den erfinderischen Tätigkeiten der Firma German Sickinger. Denn erfinderisch war man dort durchaus, was sich in sechs Gebrauchsmustern in der Zeit 1935 bis 1940 wiederspiegelt. Es sind dies die Gebrauchsmuster Nummern 1339133, 1366143 („Blockuhrgehäuse“), 1366672 („Uhrgehäuse für Formwerke“ – ebenfalls eine Blockuhr betreffend), 1392825 („Wasserdichtes Uhrgehäuse“), 1392826 und 1523476. Nach 1945 gab es noch ein weiteres Gebrauchsmuster Nr. 1614180 „Wasserdichtes Uhrgehäuse“ welches Ende Juli 1950 angemeldet wurde. Danach gibt es keine erfinderischen Tätigkeiten zu vermelden.
Sickinger beschränkte sich beim Schutz seiner Erfindungen ausschließlich auf deutsche Gebrauchsmuster – mit einer Ausnahme: der Gegenstand des 1940 angemeldeten Gebrauchsmusters Nr. 1523476 wurde tatsächlich parallel in den USA im März 1941 zum Patent angemeldet – Pech, denn die Erwartungen, die man wohl an dieses Patent in den USA geknüpft hatte, wurden durch den Kriegseintritt der USA in den 2. Weltkrieg zunichte gemacht. Zwar wurde das Patent im März 1944 erteilt, jedoch sogleich als Feindvermögen vom „Alien Property Custodian“ beschlagnahmt. Doppeltes Pech, denn gemäß Watch-Wiki wurde das Betriebsgelände von Sickinger in der Karolingerstraße 23 in Pforzheim ebenfalls von der Besatzungsmacht beschlagnahmt, um dessen Rückgabe Sickinger jahrelang kämpfen musste. Eine Adresse übrigens, die Sickinger erst am 8. Mai 1939 bezogen hatte.
Nun, der Verlust des US-Patentes dürfte verschmerzbar gewesen sein. Denn die geschützte Konstruktion des Uhrengehäuses war vielleicht dann doch zu ausgefallen: die Gehäusehälften (1, 2) werden hier durch aufgeschobene Klammern (5, 6) zusammengehalten, wobei die Klammern auch der Bandbefestigung dienen:

Was die deutschen Gebrauchsmuster betrifft, so hat Sickinger leider größtenteils von der seinerzeit bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, reale Muster einzureichen (daher auch Gebrauchsmuster), d. h., es wurden Musterstücke nebst einer recht kargen Beschreibung eingereicht, wobei die Musterstücke 10 Jahre nach Ablauf des DRGM vernichtet wurden, also verloren sind. Die Beschreibung reicht in solchen Fällen oftmals nicht aus, um sich Vorstellungen über die Erfindung zu machen. Immerhin erfährt man, dass man sich größtenteils um die Verbesserung wasserdichter Blockuhren bemüht hat. Nur in zwei Fällen hat Sickinger statt Muster Zeichnungen eingereicht. Glücklicherweise, denn diese Gebrauchsmuster scheinen mir bei meiner noch zu beschreibenden Gersi verwirklicht zu sein.
Gebrauchsmuster Nr. 1339133, Anmeldung vom 27. 4. 1935: Dieses DRGM betrifft ein wasserdichtes Uhrgehäuse, welches aus einem vollen Block hergestellt ist und durch einen Deckel verschraubbar ist. Kern der Erfindung ist ein Dichtungsring (d) aus Blei oder einer Bleilegierung, wobei der Dichtungsring einen viereckigen Querschnitt aufweisen kann:

Das zweite bebilderte Gebrauchsmuster ist die Nummer 1392826 (Anmeldung 9. November 1936) und betrifft eine abgedichtete Krone:

So, nun aber zu was Handfestem, also Uhren. Ich muss gestehen, dass ich vor zwei Wochen den bei ebay zur Verfügung stehenden Weltbestand an Uhren aus dem Hause Sickinger um die Hälfte reduziert habe. Denn ich konnte zwei Sickinger-Uhren ergattern: eine Gersi und eine GS. Eine SiPA konnte ich bislang noch nicht erwerben. Überhaupt: bei meinen Recherchen habe ich eine einzige SiPA gefunden, nämlich diese hier:
Sipa, Germany – wristwatch – Circa 1930. Sipa, Germany – wristwatch – Circa 1930. - Catawiki
Hier bitte ich einmal die Uhrwerkskenner, sich das Werk anzusehen. Sieht für mich wie ein gutes Ankerwerk aus, dass mich ein wenig an das Bifora 2025 oder 2030 erinnert.
Ach, was SiPA betrifft: es scheint eine französische Marke SIPA (mit großem „i“) gegeben zu haben, denn die eine oder andere SIPA aus den 60ern kann man schon mal finden. Wie gesagt: kommt mir französisch vor.
So, nun endlich zu den Realstücken:
Gersi Ideal
Es handelt sich hier um eine Blockuhr im zeittypischen Design, wie man es von der Alpina Tresor, ZentRa Granit, Laco Sport, Para Prominent und anderen Vertretern der seinerzeit äußerst beliebten Sportuhr mit Gehäuse aus einem Block kennt. Mit einer Gehäuselänge von 33 mm und einer Gehäusebreite von 24,5 mm gehört sie zu den eher kleinen Uhren. Das Band macht sich mit 16 mm dazu geradezu breit aus.


Neben der Markenbezeichnung „Gersi Ideal“ befinden sich noch die Begriffe „wasserdicht“ und „bruchsicher“ auf dem ZB. Das ist insofern erwähnenswert, als dass es auch „Gersi Ideal“ gibt, bei denen die Angabe „bruchsicher“ nicht vorhanden ist. Jene kommen (alle?) mit kleiner Sekunde daher, während die wasserdichten UND bruchsicheren Exemplare mit Zentralsekunde ausgestattet sind, was ja bei Uhren aus der Zeit alles andere als selbstverständlich ist.
Die Rückseite offenbart den verschraubten Boden – für eine wasserdichte Uhr aus der Epoche ebenfalls nicht trivial.

Der Boden ist völlig unmarkiert, wobei ich davon ausgehe, dass er (wie das Gehäuse auch) aus Edelstahl besteht (der „messingfarbene Streifen“ der Vorderansicht ist nur eine Reflexion, keine Gehäuseabnutzung). Innen ist er – so will es mir scheinen – aus dem Vollen gefräst:


Nach dem Abnehmen wird der Blick auf das Werk frei….. na, Pustekuchen! Da ist doch noch ein Schutzdeckel drauf:

Möglicherweise ist dieser Schutzdeckel mit dafür verantwortlich, dass die Uhr völlig lautlos ist. Wirklich! Mit verschraubtem Deckel sieht man den Sekundenzeiger munter seine Runden drehen, hört aber absolut nichts, selbst wenn man die Uhr ans Ohr hält. Erst mit abgenommenen Deckeln ist ein sehr leises Ticken vernehmbar.
So, jetzt aber runter mit dem Schutzdeckel:


Innen ist ein mir unbekanntes 8 ¾“‘-Kaliber verbaut, dass mich an ein ETA 790 erinnert, allerdings mit indirekter Zentralsekunde:
bidfun-db Archiv: Uhrwerke: ETA 790
Ein ETA 804 hätte eine Zentralsekunde, allerdings eine direkte. Scheint mir irgendwas zwischen 790 und 804 zu sein. Oder?
Wie ich schon oben schrieb, so erscheint es mir, als seinen die „bebilderten“ Gebrauchsmuster bei der Gersi-Ideal verwirklicht. Die Bleidichtung konnte ich zwar nicht direkt ausmachen, aber auffällig ist der dicke Kronen-Tubus. Schein mir eine abgedichtete Krone zu sein:

Zu guter Letzt noch ein Vergleich mit der Alpina Tresor. Die Formensprache ist die Gleiche, jedenfalls im Wesentlichen:
