
El Primero_TS
Themenstarter
Der Anfang der Zeit …
Reyna schrieb einmal: „Es ist diese erstaunliche Wahrheit, dass die Zeit sich in Unwirklichkeit verflüchtigt und Zeitlosigkeit als das Wirkliche gesehen werden kann.“
Nur, wenn die Zeitlosigkeit das Wirkliche ist, wozu benötige ich dann Uhren?
Vielleicht liegt die Crux ja darin, dass die Zeit eben nicht vergeht, sondern mit jedem Augenblick neu entsteht.
Wir besitzen zwar Hör- und Sehorgane, aber ein Zeitorgan besitzen wir nicht, zumindest hat man noch keines gefunden. Was wir aber besitzen, ist ein Zeitgefühl was uns intuitiv ein Gefühl des Zeitvergehens gibt. Um diesem Vergehen, was uns mit jeder Sekunde dem der Natur inhärenten energetischen Gleichgewicht näher bringt, einen temporären Sinn zu geben, haben ein paar geniale Tüftler in der Geschichte des Homo Sapiens die Zeitmessung in Mechanik gefasst.
Mit dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts beschleunigten sich diese Innovationen: Fliegeruhren, Chronographen, Uhren mit GMT-Funktion, Taucheruhren.
Letztere entwickelten sich dabei zu einem sehr erfolgreichen Segment innerhalb des Uhrenmarkt.
Reduziert auf das Wesentliche …
Braucht es mehr für einen perfekten Zeitmesser am Arm?
Nachdem ich Ende Dezember des letzten Jahres meine Vorstellung … Heuer Autavia Heuer 02… hier im Forum veröffentlicht hatte, wollte ich das Thema Uhren erst einmal ad acta legen.
Es gab neue und für mich sehr viel spannendere Herausforderungen.
Doch wie das so ist, dem Teufel sind alle Menschen gleich. Die Verführung ist Teil der Sünde. Im Nachhinein kann ich aber sagen, selbst der Teufel hat etwas Göttliches.
Zufällig stolperte ich beim Stöbern hier im Forum über den Thread zur Seascoper 600 und dem damit verbundenen Kaliber T10 der Marke Titoni.

Wie @T-Freak etwas ironisch anmerkte, klingt das nach einem italienischen Nudelgericht, zumal es phonetisch dem Pastahersteller Buitoni sehr nahekommt.
Doch Ironie beiseite.
Der Name Titoni ist, nach Aussage von Herr Schluepp, eine eigene Kreation, ein Fantasiename.
Irgendwo hatte ich diesen Begriff aber schon einmal gelesen. Nur wo? Es brauchte ein paar Wochen bis meine grauen Zellen das Licht der Erinnerung hervorbrachten.
Wenn man sich mit der Kulturgeschichte Ägyptens tiefer befasst, so findet man im Entstehungsmythos, dessen Ursprung in den sich bekämpfenden Stämmen der Vor-Pharaonenzeit am Nil zu finden ist, das Wort Titon, mit denen die Kämpfer des neuen Menschengeschlechts der Pharaonen bezeichnet wurden. Sie schufen durch ihre Kriege das Ägyptische Reich. In der Mehrzahl bezeichnete man sie als Titoni. Im Glauben dieser Urstämme wurden die bei den Kriegen gefallenen Titoni von den Göttern als Fixsterne am Himmel verewigt.
Heute kennen wir nur noch die griechische Mythologie, die wohl den Name Titon aus dem Altägyptischen der Pharaonen übernahm und daraus für sich Titan ableitete.
In Anbetracht dieser Etymologie ist Titoni durchaus ein kreativer Name mit Bezug zu einer sehr alten Mythologie.
Im Februar stattete ich Titoni einen Besuch ab und konnte dabei die drei Varianten der Seascoper 600 begutachten und anprobieren.
Eine im Design und der Technik funktional ausgelegte, sehr solide Uhr, die sich am Arm robust anfühlte und mir ein zeitloses und schlichtes Feeling vermittelte.
Man muss diese Seascoper wirklich live sehen, um das Gesamtdesign beurteilen zu können. So zeigt sich durchaus eigenständige DNA und das nicht nur auf Grund des T10.

Ganz rational betrachtet, wird sie auf dem weiten Feld der Taucheruhren kein neues Kapitel aufschlagen, denn dafür steht sie mit einem klassisch bewährten Diver-Design in der langen Reihe vieler anderer Hersteller.
Und wie von @roger Rueger in seiner Kurzvorstellung bereits geschrieben, fehlt bei Titoni zu dieser Uhr die Historie. In den Sechzigern des letzten Jahrhunderts hat Titoni mit der ersten Seascoper der damals stark steigenden Nachfrage an Taucheruhren mehr oder weniger Rechnung getragen. Man wollte, wie viele andere Marken auch, daran partizipieren, was unter rein ökonomischen Gesichtspunkten eine gerechtfertigte Entscheidung war, jedoch hätte man dann konsequent an dem Modell dranbleiben sollen, um ein nachhaltigeres Markenimage aufzubauen.
Titoni ist im asiatischen Markt stark verankert und dort entsprechend beliebt und so entwickelte sich in Taiwan und Hongkong eine Nachfrage nach einer Taucheruhr seitens Titoni.
Schaut man hinter die Firmenphilosophie von Titoni und bezieht die Kriterien der Herstellung, Beschaffung, Montage und des Verkaufs mit ein, so ist der Schritt zur Seascoper 600 mit dem T10 durchaus nachvollziehbar. Inwieweit man damit auch auf dem europäischen Markt Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Aktuell übertrifft die Nachfrage (in erster Linie aus Asien) die Produktionskapazitäten, wobei unklar ist, wieviel davon dem europäischen Markt geschuldet ist. Das auch hier ein erhöhtes Interesse seit Erscheinen der Seascoper 600 vorhanden ist, spiegelt sich bei Titoni in den Online-Bestellungen wider.
Im Oktober 2020 stellt Oris ihr erstes Automatik Werk, das Kaliber 400 vor, also ungefähr vier Wochen vor dem T10 von Titoni. Das man damit die Aquis als erste Uhr aus der Modellpalette ausstattete, hat sicher seinen Grund, schliesslich ist es das erfolgreichste Modell von Oris. Somit kann man testen, wie das Kaliber 400 ankommt und ob der Markt bereit ist, den Mehrpreis von 1'000 Sfr. gegenüber dem Basismodell mit dem modifizierten Sellita SW 200 zu zahlen.
Der Tenor von einigen Kritikern ging ja in die Richtung, dass man den Vorwurf als Frage in den Raum stellte, warum Oris die Aquis mit diesem Kaliber nicht auch in ein neues Design verpackte.
Hatte Oris nicht den Mut zu mehr Innovation?

Ich finde aber das genau dieses Design die Aquis zu einem erfolgreichen Modell gemacht hat und eine zu gewagte Transformation die Tradition dieser Linie verwässert und ihr den markanten Wiedererkennungswert nimmt und somit viele Liebhaber der Aquis vor den Kopf stösst, weil diese eine kognitive Verknüpfung zu diesem Modell entwickelt haben.
Wenn etwas sehr erfolgreich ist, so sollte man behutsam modifizieren und Designänderungen in homöopathischen Dosen vornehmen. Der Mensch ist mit extremen Veränderungen überfordert, was die Geschichte immer wieder beweist.
Abgesehen davon finde ich das Design der Aquis ähnlich zeitlos wie das der Submariner. Sie wirkt modern und funktional und strahlt eine zeitlose Eleganz aus.

Bevor ich nun die beiden im direkten Vergleich näher begutachte ... natürlich besitze ich beide Uhren.

Oris und Titoni, zwei traditionelle, immer noch eigenständige und unabhängige Uhrenhersteller in der Schweiz, die beide den Mut haben, ihren eigenständigen Weg mit der Entwicklung eines eigenen Automatik-Kalibers zu unterstreichen. Transformation von Tradition und Moderne in die Zukunft.
Sowohl das T10 als auch das C 400 sind keine reinen Manufakturkaliber.

Kaliber 400 von Oris (Foto von HP Oris)

T10 von Titoni
Titoni als auch Oris haben diese Werke unter externer Mithilfe, Titoni mehr, Oris weniger, entwickelt. Entscheidend ist aber die Idee und der Mut es umzusetzen. Das zollt beiden Firmen meinen Respekt, denn die Entwicklung eines eigenen Kalibers kostet Ressourcen und bedeutet unternehmerisches Risiko.
Während Titoni die Produktion aller Teile des T10 an Zulieferer in der Schweiz ausgelagert hat, fertigt Oris einige der wichtigen Komponenten im eigenen Haus. Die Montage und die Qualitätskontrolle der Kaliber erfolgt aber bei beiden komplett In-house.
Natürlich stellt sich auch die Frage nach den Vorteilen eines eigenen Kalibers.
Nun, da wäre zum einen die Unabhängigkeit der Marke und zum anderen, was ich als wichtiger beurteile, der Hersteller hat einen viel weiträumigeren Spielraum was die Konstruktion seiner Uhren betrifft.
Ein eingekauftes Kaliber gibt auch immer Einschränkungen bei den Möglichkeiten der Gestaltung der Uhr vor. Mit einem eigenen Kaliber kann ich als Hersteller meine Wünsche und Möglichkeiten priorisieren und mit der ständigen Weiterentwicklung des Kalibers mir die Tür zu verschiedenen Optionen öffnen.
Seit August habe ich mit ganz wenigen Ausnahmen nur diese beiden Uhren getragen.
Anfang November kam dann die Idee, meine persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen in einem Vergleich der beiden Uhren dem Forum zu präsentieren.

Bereits auf den ersten Blick erkennt man einen markanten Unterschied zwischen der Seascoper und der Aquis. Zum einen wäre da das Gehäuse. Beide gehen hier einen unterschiedlichen Weg im Design. Das runde Gehäuse der Aquis wirkt markant aber gut proportioniert und weist bei 30 bar Druckresistenz eine sehr akzeptable Bauhöhe von 13.5 mm auf. Im Gegensatz zur Seascoper strahlt sie eine nonchalante Eleganz aus, was zum heute gelebten Lifestyle hervorragend passt. Im Gegensatz dazu das Gehäuse der Seascoper mit dem klassischen Oysterdesign, welches durch Robustheit und einsatzgebundene Funktionalität glänzt. So wirkt die Seascoper auch als Ganzes, eine dem reinen Einsatzzweck unterworfene Uhr, nüchtern im Auftreten, reduziert in ihrer Ausstrahlung, ohne elegante Züge. Die knapp 14.5mm Bauhöhe ist für ein Gehäuse mit einer Druckresistenz von 60 bar, finde ich, gut dimensioniert. Auch wenn die Seascoper so gut wie keinen Charme versprüht, so wäre es kein Stilbruch, wenn ich diese zu einem Dinner bei Andreas Caminada auf Schloss Schauenstein zu einem legeren sportlichen Anzug anlegen würde.
Aber klar … die Oris würde ich bevorzugen.
Mit einem L2L-Mass von 52 mm gegenüber den 49.5 mm ist das Gehäuse der Seascoper um eine ganze Länge markanter. Während das Gehäuse der Seascoper aus einem Stück gefrässt ist, hat die Aquis ein mehrteilig verschraubtes Gehäuse.
Die Verarbeitung beider Gehäuse lässt aus meiner Sicht keine Kritik zu. Die Seascoper überzeugt mit sauber polierten Flächen an den Aussenseiten, gebürsteten Flächen auf den anglierten Hörnern und den sehr sauber gearbeiteten Kanten. Bei der Aquis sind dagegen die Seitenflächen sehr schön mattgebürstet, während die Hörner poliert sind. Die verschraubten Elemente (Kronenschutz, Bandanschluss) geben dem Gehäuse eine deutlich höhere Wertigkeit.
Betrachte ich das Gesamtbild der beiden Uhren, so überzeugt die Aquis mich mit einer nahe der Perfektion liegenden, zeitlosen Ästhetik und dem insgesamt strukturierteren Design.
Bei der Seascoper bin ich mittlerweile zu der Überzeugung gekommen, dass diese ohne Datum und dafür mit der Ziffer 3 das harmonischere Zifferblattdesign abgegeben hätte. Eine andere Variante wäre gewesen, die 6 und die 9 durch rechteckige Balken-Indizes zu ersetzen und somit nur die 12 als Ziffer zu belassen.
Beim Ablesen in der Nacht mit der leuchtenden Super-LumiNova wirkt das Zifferblatt der Seascoper als ob es leichte Schlagseite Richtung 9 hat. Noch wesentlich ausgeprägter ist dies, wenn die Zeiger sich auch noch beide auf dieser Seite des Zifferblattes befinden. Da macht sich doch deutlich die nicht leuchtende Position der 3 bemerkbar.
Unabhängig davon sind beide Uhren in der Dunkelheit perfekt ablesbar. Bei beiden hält das Leuchten bei entsprechender Aufladung gut fünf Stunden. In der sechsten Stunde lässt dann das Leuchten allmählich nach, wobei die Zeit aber immer noch bis zur Vollendung der sechsten Stunde ablesbar ist.

Bei den Reflexionen im Licht bzw. in der Sonne hat die Seascoper auf Grund ihres schwarzen Zifferblattes einen leichten Vorteil. Die Lichtspiegelungen der Aquis sind prägnanter, aber nicht störend. Die Ablesbarkeit der Aquis ist auch unter Einwirkung dieser Reflexe hervorragend.
Beim Datum überzeugt die Aquis mich mit der Platzierung bei der 6. Es ist perfekt integriert und ausreichend gross um es abzulesen. Vom klassischen Datum auf der 3 bin ich kein wirklicher Freund, hier hat die Seascoper wohl auch konstruktionsbedingt nur diese Option.
Und wie ich weiter oben bereits geschrieben habe, wäre ohne Datum das Gesamtbild stimmiger gewesen.
Qualitativ top verarbeitet sind bei beiden Uhren die Lünetten mit dem Inlay aus Keramik. Dabei sticht bei der Aquis das spezielle Blau-Anthrazit mir besonders ins Auge. Toll gemacht.
Lassen wir zunächst die Typologie aussen vor, so sind die Vertiefungen für die Ziffern und Idizies sauber gearbeitet und genauso sauber mit weissem Lack ausgefüllt. Die Übergänge zum Saphirglas und nach Aussen zur Riffelung sind tadellos. Die Haptik der Lünette der Aquis ist zum einen auf Grund der gröberen Riffelung etwas besser und durch die runde Gehäuseform lässt sie sich auch besser bedienen.
Bei der Seascoper stört mich der aufgesetzte Punkt im Dreieck, der sich ziemlich grob anfühlt, wobei ich damit nicht implizit sagen will, dass dies ein Mangel ist. Möglich, dass das so gewollt ist, falls doch bei schlechten Sichtverhältnissen unter Wasser man diesen fühlen kann. Inwiefern das beim Tauchen Sinn ergibt, kann ich nicht beurteilen.
Sowohl die Lünette der Aquis als auch die der Seascoper funktionieren beim Drehen mit einem kaum spürbarem Spiel und rasten sauber, wobei der Rastton der Aquis etwas satter klingt.
Beide sind natürlich einseitig linksdrehend, wie das bei einem Diver sein muss. Die Inlays weisen eine Breite von 4mm auf, die Höhe der Lünetten betragen bei der Aquis 4 mm und bei der Seascoper 3.5 mm.
Zur Typologie der Lünetten.
Bei der Aquis muss ich keine Worte verlieren … perfekt.
Dagegen wirkt die Typologie der Ziffern der Seascoper disharmonisch.
Was hätte hier gegen die Reduzierung auf die drei Ziffern 15, 30 und 45 gesprochen? Dann wäre bei der gewählten Typo die Dissonanz mit den Zahlen auf dem Zifferblatt nicht so extrem ausgefallen und ich hätte dem Entwickler ein gewolltes Spannungsverhältnis, im Sinne einer interpretativen disharmonischen Komplexität, durchaus zugesprochen.
Hier haben die Entwickler dem Gesamtbild eine Ambivalenz mitgegeben, die bereit sein muss, sich einer entsprechenden Kritik zu stellen.
Andererseits, je länger man die Uhr hat, um so mehr gewöhnt man sich an diese Dissonanz und nimmt diese immer weniger als störend wahr.
Wie fühlen sich die Uhren nun am Arm an.


Bei der Seascoper ist die physische Präsenz des Gehäuses spürbar stärker. Dagegen fühlt sich das Stahlarmband der Aquis einen Hauch präsenter an. Der Tragekomfort der Aquis kommt der Perfektion (aus meinen Erfahrungen) sehr nah. Metaphorisch formuliere ich es mal so: Das Stahlband der Aquis umfliesst meinen Arm, wie als wenn dieses speziell für meinen Arm gefertigt wäre. Dagegen fühlt sich das Stahlband der Seascoper legerer und luftiger an. Es ist angenehm zu tragen, aber es erzeugt nicht die Wirkung wie das der Aquis.
Während das Armband der Aquis eine sehr schöne, funktionale Ästhetik ausstrahlt, wirkt das Stahlband der Seascoper funktional reduziert, dem reinen Einsatzzweck unterworfen.
Aber das passt zur Uhr. Die Seascoper ist eben eine reine Funktionsuhr, wo man Eleganz vergeblich sucht. Das zeigen auch die Abstände zwischen den Gliedern, die man als unästhetisches Spaltmass sehen kann, aber auch als gewolltes Funktionsdesign. Die Glieder des Stahlbandes sind jedoch präzise gestiftet.
Dagegen bietet die Aquis verschraubte Bandglieder, was selbst bei wesentlich teureren Uhren nicht immer zu finden ist.
Ästhetisch ergänzen sich die dezent matt gebürsteten mittleren Bandglieder und die polierten äusseren Glieder hervorragend. Und da ist natürlich das von Oris entwickelte Quick Strap Change System für den Bandwechsel.
Zu empfehlen ist als Wechsel das Kautschukband mit der tollen Schliesse. Leider gibt es dies nur in einer Grösse. Mit einem Handgelenksumfang von weniger als 19 cm ist man gezwungen es mit Messer oder Schere zu kürzen, was ich schade finde, da es für mich bei dem Preis immer den Geschmack der Improvisation trägt.
Auch die Bandanschlüsse ans Gehäuse sind bei beiden Uhren gut durchdacht und umgesetzt.
Eine der wichtigsten Komponenten eines jeden Armbandes ist die Schliesse.

Und hier überzeugt die Seascoper 600 mit einer wirklich innovativen Lösung zur Feinverstellung.
Per integriertem Druckknopf kann eine dreistufige Feinverstellung vorgenommen werden. Auch das Design mit dem Firmenlogo und dem Schriftzug ‚Seascoper‘ auf dem Druckknopf finde ich ästhetisch sehr gelungen. Hier hat die Aquis bei ihrer Schliesse und der Drei-Stufen-Feinverstellung per Metallstift, welche sich mit einem Holzzahnstocher und etwas Übung auch relativ einfach verstellen lässt, auf
(Alt-)Bewährtes gesetzt.
Dafür ist der Druckstift des Öffnungsmechanismus bei der Aquis wieder das ästhetisch schönere Element. Verarbeitungstechnisch sind beide Schliessen auf einem guten Niveau.
Positiv hervorheben muss ich noch die sehr geringe Kratzanfälligkeit der Schliesse der Seascoper, was natürlich auch dem überstehenden Druckknopf geschuldet ist.
Ein weiteres Element am Gehäuse, was zum einen rein funktional seine Aufgabe hat, aber auch vom Design und Aussehen seine Wirkung auf das Gesamtbild der Uhr entfaltet, ist der Kronenschutz.

Geschraubt als Einzelelement, was der Aquis eine weitere optische Raffinesse verleiht, zeigt der sich aber in seiner Funktion mit leichten Schwächen. Zum einen umschliesst er die verschraubte Krone nur zu knapp einem Drittel und zum anderen hakt die Krone beim Auf- bzw. Zudrehen immer mal wieder am Kronenschutz. Auch bleibt ein Abstand zwischen Gehäuse und Krone von etwa einem Millimeter im verschraubten Zustand. Dieser hat aber keinen Einfluss auf die Wasserdichtigkeit. Da ist alles top.
Im Gegensatz zur Aquis ist der Kronenschutz bei der Seascoper fix mit dem Gehäuse im Ganzen. Seine Aufgabe, die Krone zu schützen, erfüllt er tadellos, da diese im verschraubten Zustand zur Hälfte in diesem verschwindet. Die Krone lässt sich sauber öffnen und verschliessen.
Im verschraubten Status hat die Seascoper 600 übrigens eine Breite inkl. Krone von 45 mm und die Aquis von 46.5 mm.
Beim Blick durch den bei beiden Uhren mit Saphirglas ausgestatteten Boden, zeigt die Aquis das spannendere Bild. Auch die Gestaltung des Gehäusebodens ist gelungener als der der Seascoper. Hier wirkt der aufgesetzte Fassungsring für das Saphirglas etwas ‚billig‘ und dazu ist er nicht exakt ausgerichtet. Den Bullaugeneffekt an sich finde ich bei der Seascoper nicht unbedingt fehl am Platz, da er das sehr nüchterne Design zusätzlich unterstreicht.

Damit wäre ich nun bei den beiden Werken, dem Kaliber 400 und dem T10.
Das Finish ist bei beiden etwas roh aber trotzdem sauber gearbeitet. Ich mag diesen Industriedesign-Stil, der eben sehr direkt und ohne gekünstelte Elemente daherkommt und einzig die Funktion zum Ausdruck bringt. Titoni hat mit dem vergoldeten Rotor dem reinen Zweck etwas Glanz verliehen, ohne dem Werk jedoch seine robuste und funktionale Ausstrahlung zu nehmen.
Beide Kaliber wurden unter dem Aspekt klarer und einfacher technischer Strukturen entwickelt. Dazu sollten auch die Fertigungsprozesse einfach und übersichtlich, sowie wirtschaftlich gestaltet sein und Wartung und Reparatur im Interesse des Kunden finanziell attraktiv sein.
Sowohl das Kaliber 400 als auch das T10 sind technisch unkompliziert. Oris ihr Kaliber 400 besteht aus 150 Teilen, wovon 30 Komponenten amagnetische sind. Es ist mit zwei Federhäusern ausgestattet und erreicht eine Gangautonomie von 120 Stunden.
Titoni ihr T10 besteht aus 168 Teilen, wovon keines amagnetisch ist und weist eine Gangreserve von 72 Stunden auf. Es hat ein Federhaus.
Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Lagerung des Rotors. Im Kaliber 400 ist er gleitgelagert, im T10 kugelgelagert. Beide ziehen einseitig auf.
Beim Tragen spürt und hört man den Rotor des T10, der sehr leichtläufig ist. Die Aquis mit dem Kaliber 400 muss ich am Arm schon ziemlich bewegen, bis der Rotor sich endlich ausreichend dreht, um die beiden Federhäuser mit Spannung zu versorgen. Dies könnte ein Grund sein, warum ich die 120 Stunden Gangreserve noch nie erreicht habe. Dazu aber später.
Zu den Kosten einer Werkrevision habe ich von Oris leider keine Angaben erhalten. Das T10 von Titoni kostet inkl. zu ersetzende Teile 150 Sfr.
Wie gut funktionieren nun die beiden Uhrwerke.
Oris schreibt auf ihrer Website zu ihrem Werk: ‚… ein Unruhestopp für sekundengenaues Stellen …‘
Das ist natürlich eine feine Sache, wenn er denn funktioniert, wie er sollte.
Über den Zeigersprung beim Stellen der Uhrzeit ist genug geschrieben wurden.
Wie in Videos auf YouTube und auch in Reviews beschrieben, kann man diesem Manko, was nach Aussage von Oris kein Gewährleistungsgrund ist, entgehen, indem man mit der Krone nach dem Aufschrauben die Zeiger auf die aktuelle Zeit stellt, dann noch einmal den Minutenzeiger 5 bis 7 Minuten zurückdreht und dann wieder auf die einzustellende Zeit. Vorsichtig die Krone rein drücken und der Zeiger springt nicht mehr, wobei ich ab und an auch schon zwei Anläufe brauchte.
Ärgerlich, definitiv, aber es liegt natürlich keine Beeinträchtigung der eigentlichen Funktion der Aquis vor.
Im Gegensatz dazu die Seascoper. Perfektes und wirklich sekundengenaues Stellen sind hier gegeben. Kein Sprung, kein Haken … perfekt.
Einzig das Stellen auf 29/31, 44/46 und 59/01 ist wegen der fehlenden Striche und dem breiten Minutenzeiger etwas diffizil.

Und nun zum Gangverhalten in der Praxis.
Ich habe über zehn Tage beide Uhren gleichzeitig, aber abwechseln am linken und rechten Arm, über 8 bis 12 Stunden am Tag getragen. In den Nächten habe ich sie in unterschiedlichen Positionen abgelegt.
Vor dem ersten Anlegen habe ich die Aquis mit 110 Drehungen und die Seascoper mit 50 Drehungen der Krone aufgezogen. Während der 10 Tage habe ich beide auch für je 30 Minuten beim Joggen getragen und einmal für eine Stunde im Fitnessstudio, was sogar bei anderen Besuchern Interesse auslöste. Die Seascoper wurde als Submariner wahrgenommen.
(war für mich aber nicht überraschend)
Somit war der Grossteil der Bewegung klassische Büroarbeit und normaler Bewegungsalltag.
Nach den 10 Tagen habe ich beide mit dem Zifferblatt nach oben abgelegt.
Das Resultat:
Über die 10 Tage habe ich alle 12 Stunden die Gangabweichung festgehalten. Als Referenz habe ich mein Galaxy S20 genommen.
Hier die gemessenen Werte:

Wie kommt es zu diesen doch grossen Abweichungen im Gangverhalten der Oris Aquis 400?
Der Aufzug für zwei Federhäuser erfordert mehr Energie und diese liefert, nach dem erstmaligem Start mit Handaufzug, nun mal der Rotor. Hier könnte die Crux begraben sein. Der Rotor ist zum einen gleitgelagert, was mehr Reibungsenergie erzeugt und damit grundsätzlich zu einem höheren Verlust an Bewegungsenergie führt, welche die Spannung in den Federhäusern erzeugt. Dazu kommt das geringere Losbrechmoment des Gleitlagers gegenüber einem Kugellager.
Da auf Grund der veranschlagten Bauhöhe des Kaliber 400 der Rotor von Oris in der Materialstärke minimiert wurde, scheint mir dieser, bei normalen Alltagsbewegungen, gewichtsmässig zu schwach um diese Energie zu liefern. Die Idee mit dem Gleitlager ist vom Aspekt der Langlebigkeit und damit dem Wartungsintervall sicher gut, verfehlt aber in diesem Fall (Doppelfederhaus) seine effektive Wirkung.
Nehme ich als Basiswert die 120 h Gangreserve, so liegt die Aquis mit -10 Sekunden nach Ablauf dieser Zeit in einem akzeptablen, doch eben nicht in dem von mir erwarteten Bereich.
Dagegen überzeugte die Seascoper mit ihrem Gangverhalten und der Abweichung absolut positiv.
Mein persönliches Fazit zu den beiden Uhren:
Die Aquis überzeugt mich in ihrem Gesamtbild, dem eigenständigen Design, der ausgezeichneten Verarbeitungsqualität, einem aus meiner Sicht perfekten Tragekomfort, der hohen Qualität der verwendeten Materialien, ihrer Robustheit und Eleganz und ihrem zeitlosen Charisma. Dazu hat Oris ihr mit dem Kaliber 400 eine zukunftsweisende DNA verpasst.
Rein technisch bietet das Kaliber 400 viele Optionen für die Zukunft, doch gibt es hier von Seiten Oris noch einige Details zu optimieren. Nicht überzeugen konnte sie mich im Gangverhalten.
Dafür bietet Oris für die Aquis mit einer Garantie von 10 Jahren, nach Registrierung, eine interessanten Mehrwert.
Im Erscheinungsbild der Seascoper finde ich ein (markt-)gefälliges Design, jedoch mit durchaus interessanten und eigenständigen Details. Titoni hat das Rad nicht neu erfunden, sondern Bewährtes vom Markt der Taucheruhren adaptiert. Die Seascoper 600 hat eine zeitlose Erscheinung, ist extrem robust - für mich die perfekte Toolwatch - und überzeugt ebenso in der Verarbeitung und den verwendeten Materialien.
Der Tragekomfort ist angenehm, erreicht aber nicht den der Aquis.
Dem Anspruch einer robusten, dem Einsatzzweck angepassten Uhr, wird sie auf jeden Fall gerecht.
Technisch überzeugt hat mich das T10 in meinen Erwartungen. Sehr gute Gangwerte mit einer hohen Konstanz und die Gangreserve von 72 Stunden wurde sogar um eine Stunde übertroffen.
Ein Fragezeichen bleibt definitiv hinter der Typologie der Lünette.

Zum Abschluss noch die Technischen Daten der beiden Uhren.

Oris Aquis Date 400:
Referenz: 01 400 7763 4135-07 8 24 09PEB
Gehäuse: Edelstahl 316 L / mehrteilig
Durchmesser: 43.5 mm
Bauhöhe: 13.5 mm
L2L: 49.5 mm
Hornabstand: 24 mm
Zifferblatt: Blau
Armband: Edelstahl-Gliederband mit Quick Strap Change System
Schliesse: Sicherheitsfaltschliesse mit Feinverstellung dreifach durch Stift
Lünette: Anthrazit-Blau / einseitig linksdrehend / Keramik-Inlay
Leuchtmasse: SuperLumiNova weiss (BG W9)
Sichtglas: Saphirglas Innenseite entspiegelt / beidseitig gewölbt
Boden: Saphirglas
Druckresistenz: 30 Bar (300m wasserdicht)
Heliumventil: nein
Kaliber 400

Titoni Seascoper 600
Referenz: 83600 S-BK-256
Gehäuse: Edelstahl 316 L / einteilig
Durchmesser: 42 mm
Bauhöhe: 14.45 mm
L2L: 52 mm
Hornabstand: 20 mm
Zifferblatt: Schwarz
Armband: Edelstahl
Schliesse: Feinverstellung dreifach durch Druckknopf auf der Schliesse
Lünette: Schwarz / einseitig linksdrehend / Keramik-Inlay
Leuchtmasse: SuperLumiNova weiss
Sichtglas: Saphirglas beidseitig entspiegelt
Boden: Saphirglas
Druckresistenz: 60 Bar (600m wasserdicht)
Heliumventil: ja / integriert im Gehäuse
Kaliber T10
Vielen Dank für Euer Interesse.
Es folgen noch ein paar Fotos.
Thomas
Reyna schrieb einmal: „Es ist diese erstaunliche Wahrheit, dass die Zeit sich in Unwirklichkeit verflüchtigt und Zeitlosigkeit als das Wirkliche gesehen werden kann.“
Nur, wenn die Zeitlosigkeit das Wirkliche ist, wozu benötige ich dann Uhren?
Vielleicht liegt die Crux ja darin, dass die Zeit eben nicht vergeht, sondern mit jedem Augenblick neu entsteht.
Wir besitzen zwar Hör- und Sehorgane, aber ein Zeitorgan besitzen wir nicht, zumindest hat man noch keines gefunden. Was wir aber besitzen, ist ein Zeitgefühl was uns intuitiv ein Gefühl des Zeitvergehens gibt. Um diesem Vergehen, was uns mit jeder Sekunde dem der Natur inhärenten energetischen Gleichgewicht näher bringt, einen temporären Sinn zu geben, haben ein paar geniale Tüftler in der Geschichte des Homo Sapiens die Zeitmessung in Mechanik gefasst.
Mit dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts beschleunigten sich diese Innovationen: Fliegeruhren, Chronographen, Uhren mit GMT-Funktion, Taucheruhren.
Letztere entwickelten sich dabei zu einem sehr erfolgreichen Segment innerhalb des Uhrenmarkt.
Reduziert auf das Wesentliche …
Braucht es mehr für einen perfekten Zeitmesser am Arm?
Nachdem ich Ende Dezember des letzten Jahres meine Vorstellung … Heuer Autavia Heuer 02… hier im Forum veröffentlicht hatte, wollte ich das Thema Uhren erst einmal ad acta legen.
Es gab neue und für mich sehr viel spannendere Herausforderungen.
Doch wie das so ist, dem Teufel sind alle Menschen gleich. Die Verführung ist Teil der Sünde. Im Nachhinein kann ich aber sagen, selbst der Teufel hat etwas Göttliches.
Zufällig stolperte ich beim Stöbern hier im Forum über den Thread zur Seascoper 600 und dem damit verbundenen Kaliber T10 der Marke Titoni.

Wie @T-Freak etwas ironisch anmerkte, klingt das nach einem italienischen Nudelgericht, zumal es phonetisch dem Pastahersteller Buitoni sehr nahekommt.
Doch Ironie beiseite.
Der Name Titoni ist, nach Aussage von Herr Schluepp, eine eigene Kreation, ein Fantasiename.
Irgendwo hatte ich diesen Begriff aber schon einmal gelesen. Nur wo? Es brauchte ein paar Wochen bis meine grauen Zellen das Licht der Erinnerung hervorbrachten.
Wenn man sich mit der Kulturgeschichte Ägyptens tiefer befasst, so findet man im Entstehungsmythos, dessen Ursprung in den sich bekämpfenden Stämmen der Vor-Pharaonenzeit am Nil zu finden ist, das Wort Titon, mit denen die Kämpfer des neuen Menschengeschlechts der Pharaonen bezeichnet wurden. Sie schufen durch ihre Kriege das Ägyptische Reich. In der Mehrzahl bezeichnete man sie als Titoni. Im Glauben dieser Urstämme wurden die bei den Kriegen gefallenen Titoni von den Göttern als Fixsterne am Himmel verewigt.
Heute kennen wir nur noch die griechische Mythologie, die wohl den Name Titon aus dem Altägyptischen der Pharaonen übernahm und daraus für sich Titan ableitete.
In Anbetracht dieser Etymologie ist Titoni durchaus ein kreativer Name mit Bezug zu einer sehr alten Mythologie.
Im Februar stattete ich Titoni einen Besuch ab und konnte dabei die drei Varianten der Seascoper 600 begutachten und anprobieren.
Eine im Design und der Technik funktional ausgelegte, sehr solide Uhr, die sich am Arm robust anfühlte und mir ein zeitloses und schlichtes Feeling vermittelte.
Man muss diese Seascoper wirklich live sehen, um das Gesamtdesign beurteilen zu können. So zeigt sich durchaus eigenständige DNA und das nicht nur auf Grund des T10.

Ganz rational betrachtet, wird sie auf dem weiten Feld der Taucheruhren kein neues Kapitel aufschlagen, denn dafür steht sie mit einem klassisch bewährten Diver-Design in der langen Reihe vieler anderer Hersteller.
Und wie von @roger Rueger in seiner Kurzvorstellung bereits geschrieben, fehlt bei Titoni zu dieser Uhr die Historie. In den Sechzigern des letzten Jahrhunderts hat Titoni mit der ersten Seascoper der damals stark steigenden Nachfrage an Taucheruhren mehr oder weniger Rechnung getragen. Man wollte, wie viele andere Marken auch, daran partizipieren, was unter rein ökonomischen Gesichtspunkten eine gerechtfertigte Entscheidung war, jedoch hätte man dann konsequent an dem Modell dranbleiben sollen, um ein nachhaltigeres Markenimage aufzubauen.
Titoni ist im asiatischen Markt stark verankert und dort entsprechend beliebt und so entwickelte sich in Taiwan und Hongkong eine Nachfrage nach einer Taucheruhr seitens Titoni.
Schaut man hinter die Firmenphilosophie von Titoni und bezieht die Kriterien der Herstellung, Beschaffung, Montage und des Verkaufs mit ein, so ist der Schritt zur Seascoper 600 mit dem T10 durchaus nachvollziehbar. Inwieweit man damit auch auf dem europäischen Markt Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Aktuell übertrifft die Nachfrage (in erster Linie aus Asien) die Produktionskapazitäten, wobei unklar ist, wieviel davon dem europäischen Markt geschuldet ist. Das auch hier ein erhöhtes Interesse seit Erscheinen der Seascoper 600 vorhanden ist, spiegelt sich bei Titoni in den Online-Bestellungen wider.
Im Oktober 2020 stellt Oris ihr erstes Automatik Werk, das Kaliber 400 vor, also ungefähr vier Wochen vor dem T10 von Titoni. Das man damit die Aquis als erste Uhr aus der Modellpalette ausstattete, hat sicher seinen Grund, schliesslich ist es das erfolgreichste Modell von Oris. Somit kann man testen, wie das Kaliber 400 ankommt und ob der Markt bereit ist, den Mehrpreis von 1'000 Sfr. gegenüber dem Basismodell mit dem modifizierten Sellita SW 200 zu zahlen.
Der Tenor von einigen Kritikern ging ja in die Richtung, dass man den Vorwurf als Frage in den Raum stellte, warum Oris die Aquis mit diesem Kaliber nicht auch in ein neues Design verpackte.
Hatte Oris nicht den Mut zu mehr Innovation?

Ich finde aber das genau dieses Design die Aquis zu einem erfolgreichen Modell gemacht hat und eine zu gewagte Transformation die Tradition dieser Linie verwässert und ihr den markanten Wiedererkennungswert nimmt und somit viele Liebhaber der Aquis vor den Kopf stösst, weil diese eine kognitive Verknüpfung zu diesem Modell entwickelt haben.
Wenn etwas sehr erfolgreich ist, so sollte man behutsam modifizieren und Designänderungen in homöopathischen Dosen vornehmen. Der Mensch ist mit extremen Veränderungen überfordert, was die Geschichte immer wieder beweist.
Abgesehen davon finde ich das Design der Aquis ähnlich zeitlos wie das der Submariner. Sie wirkt modern und funktional und strahlt eine zeitlose Eleganz aus.

Bevor ich nun die beiden im direkten Vergleich näher begutachte ... natürlich besitze ich beide Uhren.

Oris und Titoni, zwei traditionelle, immer noch eigenständige und unabhängige Uhrenhersteller in der Schweiz, die beide den Mut haben, ihren eigenständigen Weg mit der Entwicklung eines eigenen Automatik-Kalibers zu unterstreichen. Transformation von Tradition und Moderne in die Zukunft.
Sowohl das T10 als auch das C 400 sind keine reinen Manufakturkaliber.

Kaliber 400 von Oris (Foto von HP Oris)

T10 von Titoni
Titoni als auch Oris haben diese Werke unter externer Mithilfe, Titoni mehr, Oris weniger, entwickelt. Entscheidend ist aber die Idee und der Mut es umzusetzen. Das zollt beiden Firmen meinen Respekt, denn die Entwicklung eines eigenen Kalibers kostet Ressourcen und bedeutet unternehmerisches Risiko.
Während Titoni die Produktion aller Teile des T10 an Zulieferer in der Schweiz ausgelagert hat, fertigt Oris einige der wichtigen Komponenten im eigenen Haus. Die Montage und die Qualitätskontrolle der Kaliber erfolgt aber bei beiden komplett In-house.
Natürlich stellt sich auch die Frage nach den Vorteilen eines eigenen Kalibers.
Nun, da wäre zum einen die Unabhängigkeit der Marke und zum anderen, was ich als wichtiger beurteile, der Hersteller hat einen viel weiträumigeren Spielraum was die Konstruktion seiner Uhren betrifft.
Ein eingekauftes Kaliber gibt auch immer Einschränkungen bei den Möglichkeiten der Gestaltung der Uhr vor. Mit einem eigenen Kaliber kann ich als Hersteller meine Wünsche und Möglichkeiten priorisieren und mit der ständigen Weiterentwicklung des Kalibers mir die Tür zu verschiedenen Optionen öffnen.
Seit August habe ich mit ganz wenigen Ausnahmen nur diese beiden Uhren getragen.
Anfang November kam dann die Idee, meine persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen in einem Vergleich der beiden Uhren dem Forum zu präsentieren.

Bereits auf den ersten Blick erkennt man einen markanten Unterschied zwischen der Seascoper und der Aquis. Zum einen wäre da das Gehäuse. Beide gehen hier einen unterschiedlichen Weg im Design. Das runde Gehäuse der Aquis wirkt markant aber gut proportioniert und weist bei 30 bar Druckresistenz eine sehr akzeptable Bauhöhe von 13.5 mm auf. Im Gegensatz zur Seascoper strahlt sie eine nonchalante Eleganz aus, was zum heute gelebten Lifestyle hervorragend passt. Im Gegensatz dazu das Gehäuse der Seascoper mit dem klassischen Oysterdesign, welches durch Robustheit und einsatzgebundene Funktionalität glänzt. So wirkt die Seascoper auch als Ganzes, eine dem reinen Einsatzzweck unterworfene Uhr, nüchtern im Auftreten, reduziert in ihrer Ausstrahlung, ohne elegante Züge. Die knapp 14.5mm Bauhöhe ist für ein Gehäuse mit einer Druckresistenz von 60 bar, finde ich, gut dimensioniert. Auch wenn die Seascoper so gut wie keinen Charme versprüht, so wäre es kein Stilbruch, wenn ich diese zu einem Dinner bei Andreas Caminada auf Schloss Schauenstein zu einem legeren sportlichen Anzug anlegen würde.
Aber klar … die Oris würde ich bevorzugen.
Mit einem L2L-Mass von 52 mm gegenüber den 49.5 mm ist das Gehäuse der Seascoper um eine ganze Länge markanter. Während das Gehäuse der Seascoper aus einem Stück gefrässt ist, hat die Aquis ein mehrteilig verschraubtes Gehäuse.
Die Verarbeitung beider Gehäuse lässt aus meiner Sicht keine Kritik zu. Die Seascoper überzeugt mit sauber polierten Flächen an den Aussenseiten, gebürsteten Flächen auf den anglierten Hörnern und den sehr sauber gearbeiteten Kanten. Bei der Aquis sind dagegen die Seitenflächen sehr schön mattgebürstet, während die Hörner poliert sind. Die verschraubten Elemente (Kronenschutz, Bandanschluss) geben dem Gehäuse eine deutlich höhere Wertigkeit.
Betrachte ich das Gesamtbild der beiden Uhren, so überzeugt die Aquis mich mit einer nahe der Perfektion liegenden, zeitlosen Ästhetik und dem insgesamt strukturierteren Design.
Bei der Seascoper bin ich mittlerweile zu der Überzeugung gekommen, dass diese ohne Datum und dafür mit der Ziffer 3 das harmonischere Zifferblattdesign abgegeben hätte. Eine andere Variante wäre gewesen, die 6 und die 9 durch rechteckige Balken-Indizes zu ersetzen und somit nur die 12 als Ziffer zu belassen.
Beim Ablesen in der Nacht mit der leuchtenden Super-LumiNova wirkt das Zifferblatt der Seascoper als ob es leichte Schlagseite Richtung 9 hat. Noch wesentlich ausgeprägter ist dies, wenn die Zeiger sich auch noch beide auf dieser Seite des Zifferblattes befinden. Da macht sich doch deutlich die nicht leuchtende Position der 3 bemerkbar.
Unabhängig davon sind beide Uhren in der Dunkelheit perfekt ablesbar. Bei beiden hält das Leuchten bei entsprechender Aufladung gut fünf Stunden. In der sechsten Stunde lässt dann das Leuchten allmählich nach, wobei die Zeit aber immer noch bis zur Vollendung der sechsten Stunde ablesbar ist.

Bei den Reflexionen im Licht bzw. in der Sonne hat die Seascoper auf Grund ihres schwarzen Zifferblattes einen leichten Vorteil. Die Lichtspiegelungen der Aquis sind prägnanter, aber nicht störend. Die Ablesbarkeit der Aquis ist auch unter Einwirkung dieser Reflexe hervorragend.
Beim Datum überzeugt die Aquis mich mit der Platzierung bei der 6. Es ist perfekt integriert und ausreichend gross um es abzulesen. Vom klassischen Datum auf der 3 bin ich kein wirklicher Freund, hier hat die Seascoper wohl auch konstruktionsbedingt nur diese Option.
Und wie ich weiter oben bereits geschrieben habe, wäre ohne Datum das Gesamtbild stimmiger gewesen.
Qualitativ top verarbeitet sind bei beiden Uhren die Lünetten mit dem Inlay aus Keramik. Dabei sticht bei der Aquis das spezielle Blau-Anthrazit mir besonders ins Auge. Toll gemacht.
Lassen wir zunächst die Typologie aussen vor, so sind die Vertiefungen für die Ziffern und Idizies sauber gearbeitet und genauso sauber mit weissem Lack ausgefüllt. Die Übergänge zum Saphirglas und nach Aussen zur Riffelung sind tadellos. Die Haptik der Lünette der Aquis ist zum einen auf Grund der gröberen Riffelung etwas besser und durch die runde Gehäuseform lässt sie sich auch besser bedienen.
Bei der Seascoper stört mich der aufgesetzte Punkt im Dreieck, der sich ziemlich grob anfühlt, wobei ich damit nicht implizit sagen will, dass dies ein Mangel ist. Möglich, dass das so gewollt ist, falls doch bei schlechten Sichtverhältnissen unter Wasser man diesen fühlen kann. Inwiefern das beim Tauchen Sinn ergibt, kann ich nicht beurteilen.
Sowohl die Lünette der Aquis als auch die der Seascoper funktionieren beim Drehen mit einem kaum spürbarem Spiel und rasten sauber, wobei der Rastton der Aquis etwas satter klingt.
Beide sind natürlich einseitig linksdrehend, wie das bei einem Diver sein muss. Die Inlays weisen eine Breite von 4mm auf, die Höhe der Lünetten betragen bei der Aquis 4 mm und bei der Seascoper 3.5 mm.
Zur Typologie der Lünetten.
Bei der Aquis muss ich keine Worte verlieren … perfekt.
Dagegen wirkt die Typologie der Ziffern der Seascoper disharmonisch.
Was hätte hier gegen die Reduzierung auf die drei Ziffern 15, 30 und 45 gesprochen? Dann wäre bei der gewählten Typo die Dissonanz mit den Zahlen auf dem Zifferblatt nicht so extrem ausgefallen und ich hätte dem Entwickler ein gewolltes Spannungsverhältnis, im Sinne einer interpretativen disharmonischen Komplexität, durchaus zugesprochen.
Hier haben die Entwickler dem Gesamtbild eine Ambivalenz mitgegeben, die bereit sein muss, sich einer entsprechenden Kritik zu stellen.
Andererseits, je länger man die Uhr hat, um so mehr gewöhnt man sich an diese Dissonanz und nimmt diese immer weniger als störend wahr.
Wie fühlen sich die Uhren nun am Arm an.


Bei der Seascoper ist die physische Präsenz des Gehäuses spürbar stärker. Dagegen fühlt sich das Stahlarmband der Aquis einen Hauch präsenter an. Der Tragekomfort der Aquis kommt der Perfektion (aus meinen Erfahrungen) sehr nah. Metaphorisch formuliere ich es mal so: Das Stahlband der Aquis umfliesst meinen Arm, wie als wenn dieses speziell für meinen Arm gefertigt wäre. Dagegen fühlt sich das Stahlband der Seascoper legerer und luftiger an. Es ist angenehm zu tragen, aber es erzeugt nicht die Wirkung wie das der Aquis.
Während das Armband der Aquis eine sehr schöne, funktionale Ästhetik ausstrahlt, wirkt das Stahlband der Seascoper funktional reduziert, dem reinen Einsatzzweck unterworfen.
Aber das passt zur Uhr. Die Seascoper ist eben eine reine Funktionsuhr, wo man Eleganz vergeblich sucht. Das zeigen auch die Abstände zwischen den Gliedern, die man als unästhetisches Spaltmass sehen kann, aber auch als gewolltes Funktionsdesign. Die Glieder des Stahlbandes sind jedoch präzise gestiftet.
Dagegen bietet die Aquis verschraubte Bandglieder, was selbst bei wesentlich teureren Uhren nicht immer zu finden ist.
Ästhetisch ergänzen sich die dezent matt gebürsteten mittleren Bandglieder und die polierten äusseren Glieder hervorragend. Und da ist natürlich das von Oris entwickelte Quick Strap Change System für den Bandwechsel.
Zu empfehlen ist als Wechsel das Kautschukband mit der tollen Schliesse. Leider gibt es dies nur in einer Grösse. Mit einem Handgelenksumfang von weniger als 19 cm ist man gezwungen es mit Messer oder Schere zu kürzen, was ich schade finde, da es für mich bei dem Preis immer den Geschmack der Improvisation trägt.
Auch die Bandanschlüsse ans Gehäuse sind bei beiden Uhren gut durchdacht und umgesetzt.
Eine der wichtigsten Komponenten eines jeden Armbandes ist die Schliesse.

Und hier überzeugt die Seascoper 600 mit einer wirklich innovativen Lösung zur Feinverstellung.
Per integriertem Druckknopf kann eine dreistufige Feinverstellung vorgenommen werden. Auch das Design mit dem Firmenlogo und dem Schriftzug ‚Seascoper‘ auf dem Druckknopf finde ich ästhetisch sehr gelungen. Hier hat die Aquis bei ihrer Schliesse und der Drei-Stufen-Feinverstellung per Metallstift, welche sich mit einem Holzzahnstocher und etwas Übung auch relativ einfach verstellen lässt, auf
(Alt-)Bewährtes gesetzt.
Dafür ist der Druckstift des Öffnungsmechanismus bei der Aquis wieder das ästhetisch schönere Element. Verarbeitungstechnisch sind beide Schliessen auf einem guten Niveau.
Positiv hervorheben muss ich noch die sehr geringe Kratzanfälligkeit der Schliesse der Seascoper, was natürlich auch dem überstehenden Druckknopf geschuldet ist.
Ein weiteres Element am Gehäuse, was zum einen rein funktional seine Aufgabe hat, aber auch vom Design und Aussehen seine Wirkung auf das Gesamtbild der Uhr entfaltet, ist der Kronenschutz.

Geschraubt als Einzelelement, was der Aquis eine weitere optische Raffinesse verleiht, zeigt der sich aber in seiner Funktion mit leichten Schwächen. Zum einen umschliesst er die verschraubte Krone nur zu knapp einem Drittel und zum anderen hakt die Krone beim Auf- bzw. Zudrehen immer mal wieder am Kronenschutz. Auch bleibt ein Abstand zwischen Gehäuse und Krone von etwa einem Millimeter im verschraubten Zustand. Dieser hat aber keinen Einfluss auf die Wasserdichtigkeit. Da ist alles top.
Im Gegensatz zur Aquis ist der Kronenschutz bei der Seascoper fix mit dem Gehäuse im Ganzen. Seine Aufgabe, die Krone zu schützen, erfüllt er tadellos, da diese im verschraubten Zustand zur Hälfte in diesem verschwindet. Die Krone lässt sich sauber öffnen und verschliessen.
Im verschraubten Status hat die Seascoper 600 übrigens eine Breite inkl. Krone von 45 mm und die Aquis von 46.5 mm.
Beim Blick durch den bei beiden Uhren mit Saphirglas ausgestatteten Boden, zeigt die Aquis das spannendere Bild. Auch die Gestaltung des Gehäusebodens ist gelungener als der der Seascoper. Hier wirkt der aufgesetzte Fassungsring für das Saphirglas etwas ‚billig‘ und dazu ist er nicht exakt ausgerichtet. Den Bullaugeneffekt an sich finde ich bei der Seascoper nicht unbedingt fehl am Platz, da er das sehr nüchterne Design zusätzlich unterstreicht.

Damit wäre ich nun bei den beiden Werken, dem Kaliber 400 und dem T10.
Das Finish ist bei beiden etwas roh aber trotzdem sauber gearbeitet. Ich mag diesen Industriedesign-Stil, der eben sehr direkt und ohne gekünstelte Elemente daherkommt und einzig die Funktion zum Ausdruck bringt. Titoni hat mit dem vergoldeten Rotor dem reinen Zweck etwas Glanz verliehen, ohne dem Werk jedoch seine robuste und funktionale Ausstrahlung zu nehmen.
Beide Kaliber wurden unter dem Aspekt klarer und einfacher technischer Strukturen entwickelt. Dazu sollten auch die Fertigungsprozesse einfach und übersichtlich, sowie wirtschaftlich gestaltet sein und Wartung und Reparatur im Interesse des Kunden finanziell attraktiv sein.
Sowohl das Kaliber 400 als auch das T10 sind technisch unkompliziert. Oris ihr Kaliber 400 besteht aus 150 Teilen, wovon 30 Komponenten amagnetische sind. Es ist mit zwei Federhäusern ausgestattet und erreicht eine Gangautonomie von 120 Stunden.
Titoni ihr T10 besteht aus 168 Teilen, wovon keines amagnetisch ist und weist eine Gangreserve von 72 Stunden auf. Es hat ein Federhaus.
Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Lagerung des Rotors. Im Kaliber 400 ist er gleitgelagert, im T10 kugelgelagert. Beide ziehen einseitig auf.
Beim Tragen spürt und hört man den Rotor des T10, der sehr leichtläufig ist. Die Aquis mit dem Kaliber 400 muss ich am Arm schon ziemlich bewegen, bis der Rotor sich endlich ausreichend dreht, um die beiden Federhäuser mit Spannung zu versorgen. Dies könnte ein Grund sein, warum ich die 120 Stunden Gangreserve noch nie erreicht habe. Dazu aber später.
Zu den Kosten einer Werkrevision habe ich von Oris leider keine Angaben erhalten. Das T10 von Titoni kostet inkl. zu ersetzende Teile 150 Sfr.
Wie gut funktionieren nun die beiden Uhrwerke.
Oris schreibt auf ihrer Website zu ihrem Werk: ‚… ein Unruhestopp für sekundengenaues Stellen …‘
Das ist natürlich eine feine Sache, wenn er denn funktioniert, wie er sollte.
Über den Zeigersprung beim Stellen der Uhrzeit ist genug geschrieben wurden.
Wie in Videos auf YouTube und auch in Reviews beschrieben, kann man diesem Manko, was nach Aussage von Oris kein Gewährleistungsgrund ist, entgehen, indem man mit der Krone nach dem Aufschrauben die Zeiger auf die aktuelle Zeit stellt, dann noch einmal den Minutenzeiger 5 bis 7 Minuten zurückdreht und dann wieder auf die einzustellende Zeit. Vorsichtig die Krone rein drücken und der Zeiger springt nicht mehr, wobei ich ab und an auch schon zwei Anläufe brauchte.
Ärgerlich, definitiv, aber es liegt natürlich keine Beeinträchtigung der eigentlichen Funktion der Aquis vor.
Im Gegensatz dazu die Seascoper. Perfektes und wirklich sekundengenaues Stellen sind hier gegeben. Kein Sprung, kein Haken … perfekt.
Einzig das Stellen auf 29/31, 44/46 und 59/01 ist wegen der fehlenden Striche und dem breiten Minutenzeiger etwas diffizil.

Und nun zum Gangverhalten in der Praxis.
Ich habe über zehn Tage beide Uhren gleichzeitig, aber abwechseln am linken und rechten Arm, über 8 bis 12 Stunden am Tag getragen. In den Nächten habe ich sie in unterschiedlichen Positionen abgelegt.
Vor dem ersten Anlegen habe ich die Aquis mit 110 Drehungen und die Seascoper mit 50 Drehungen der Krone aufgezogen. Während der 10 Tage habe ich beide auch für je 30 Minuten beim Joggen getragen und einmal für eine Stunde im Fitnessstudio, was sogar bei anderen Besuchern Interesse auslöste. Die Seascoper wurde als Submariner wahrgenommen.


Somit war der Grossteil der Bewegung klassische Büroarbeit und normaler Bewegungsalltag.
Nach den 10 Tagen habe ich beide mit dem Zifferblatt nach oben abgelegt.
Das Resultat:
- Seascoper 600 blieb nach 73h und 3 min stehen.
- Aquis 400 blieb nach 89 h und 20 min stehen.
Über die 10 Tage habe ich alle 12 Stunden die Gangabweichung festgehalten. Als Referenz habe ich mein Galaxy S20 genommen.
Hier die gemessenen Werte:
Zeit | Oris Aquis K 400 | Titoni Seascoper 600 |
Nach 12 h | 0 | 1 |
Nach 24 h | 1 | 2 |
Nach 36 h | 1 | 4 |
Nach 48 h | -2 | 4 |
Nach 60 h | -4 | 5 |
Nach 72 h | -4 | 5 |
Nach 84 h | -5 | 6 |
Nach 96 h | -6 | 6 |
Nach 108 h | -8 | 7 |
Nach 120 h | -10 | 7 |
Nach 132 h | -11 | 7 |
Nach 144 h | -14 | 7 |
Nach 160 h | -15 | 7 |
Nach 172 h | -19 | 7 |
Nach 184 h | -21 | 8 |
Nach 196 h | -24 | 7 |
Nach 210 h | -27 | 7 |
Nach 225 h | -29 | 7 |
Nach 240 h | -33 | 8 |

Wie kommt es zu diesen doch grossen Abweichungen im Gangverhalten der Oris Aquis 400?
Der Aufzug für zwei Federhäuser erfordert mehr Energie und diese liefert, nach dem erstmaligem Start mit Handaufzug, nun mal der Rotor. Hier könnte die Crux begraben sein. Der Rotor ist zum einen gleitgelagert, was mehr Reibungsenergie erzeugt und damit grundsätzlich zu einem höheren Verlust an Bewegungsenergie führt, welche die Spannung in den Federhäusern erzeugt. Dazu kommt das geringere Losbrechmoment des Gleitlagers gegenüber einem Kugellager.
Da auf Grund der veranschlagten Bauhöhe des Kaliber 400 der Rotor von Oris in der Materialstärke minimiert wurde, scheint mir dieser, bei normalen Alltagsbewegungen, gewichtsmässig zu schwach um diese Energie zu liefern. Die Idee mit dem Gleitlager ist vom Aspekt der Langlebigkeit und damit dem Wartungsintervall sicher gut, verfehlt aber in diesem Fall (Doppelfederhaus) seine effektive Wirkung.
Nehme ich als Basiswert die 120 h Gangreserve, so liegt die Aquis mit -10 Sekunden nach Ablauf dieser Zeit in einem akzeptablen, doch eben nicht in dem von mir erwarteten Bereich.
Dagegen überzeugte die Seascoper mit ihrem Gangverhalten und der Abweichung absolut positiv.
Mein persönliches Fazit zu den beiden Uhren:
Die Aquis überzeugt mich in ihrem Gesamtbild, dem eigenständigen Design, der ausgezeichneten Verarbeitungsqualität, einem aus meiner Sicht perfekten Tragekomfort, der hohen Qualität der verwendeten Materialien, ihrer Robustheit und Eleganz und ihrem zeitlosen Charisma. Dazu hat Oris ihr mit dem Kaliber 400 eine zukunftsweisende DNA verpasst.
Rein technisch bietet das Kaliber 400 viele Optionen für die Zukunft, doch gibt es hier von Seiten Oris noch einige Details zu optimieren. Nicht überzeugen konnte sie mich im Gangverhalten.
Dafür bietet Oris für die Aquis mit einer Garantie von 10 Jahren, nach Registrierung, eine interessanten Mehrwert.
Im Erscheinungsbild der Seascoper finde ich ein (markt-)gefälliges Design, jedoch mit durchaus interessanten und eigenständigen Details. Titoni hat das Rad nicht neu erfunden, sondern Bewährtes vom Markt der Taucheruhren adaptiert. Die Seascoper 600 hat eine zeitlose Erscheinung, ist extrem robust - für mich die perfekte Toolwatch - und überzeugt ebenso in der Verarbeitung und den verwendeten Materialien.
Der Tragekomfort ist angenehm, erreicht aber nicht den der Aquis.
Dem Anspruch einer robusten, dem Einsatzzweck angepassten Uhr, wird sie auf jeden Fall gerecht.
Technisch überzeugt hat mich das T10 in meinen Erwartungen. Sehr gute Gangwerte mit einer hohen Konstanz und die Gangreserve von 72 Stunden wurde sogar um eine Stunde übertroffen.
Ein Fragezeichen bleibt definitiv hinter der Typologie der Lünette.

Zum Abschluss noch die Technischen Daten der beiden Uhren.

Oris Aquis Date 400:
Referenz: 01 400 7763 4135-07 8 24 09PEB
Gehäuse: Edelstahl 316 L / mehrteilig
Durchmesser: 43.5 mm
Bauhöhe: 13.5 mm
L2L: 49.5 mm
Hornabstand: 24 mm
Zifferblatt: Blau
Armband: Edelstahl-Gliederband mit Quick Strap Change System
Schliesse: Sicherheitsfaltschliesse mit Feinverstellung dreifach durch Stift
Lünette: Anthrazit-Blau / einseitig linksdrehend / Keramik-Inlay
Leuchtmasse: SuperLumiNova weiss (BG W9)
Sichtglas: Saphirglas Innenseite entspiegelt / beidseitig gewölbt
Boden: Saphirglas
Druckresistenz: 30 Bar (300m wasserdicht)
Heliumventil: nein
Kaliber 400
- Automatischer Aufzug
- 150 Bauteile (30 antimagnetisch)
- 28’800 A/h (4Hz)
- Zwei Federhäuser
- Durchmesser 30 mm
- Bauhöhe 4.75 mm
- Gangreserve 120 Stunden
- Einseitiger dynamischer Aufzug
- Rotor gleitgelagert
- Datumsschnellverstellung
- Stunden-/Minuten-/Sekundenzeiger
- Datum bei der 6
- Lagersteine 21

Titoni Seascoper 600
Referenz: 83600 S-BK-256
Gehäuse: Edelstahl 316 L / einteilig
Durchmesser: 42 mm
Bauhöhe: 14.45 mm
L2L: 52 mm
Hornabstand: 20 mm
Zifferblatt: Schwarz
Armband: Edelstahl
Schliesse: Feinverstellung dreifach durch Druckknopf auf der Schliesse
Lünette: Schwarz / einseitig linksdrehend / Keramik-Inlay
Leuchtmasse: SuperLumiNova weiss
Sichtglas: Saphirglas beidseitig entspiegelt
Boden: Saphirglas
Druckresistenz: 60 Bar (600m wasserdicht)
Heliumventil: ja / integriert im Gehäuse
Kaliber T10
- Automatischer Aufzug
- 168 Bauteile
- 28’800 A/h (4Hz)
- Durchmesser: 29.3 mm
- Bauhöhe: 4.1 mm
- Gangreserve 72 Stunden
- Einseitiger dynamischer Aufzug
- Rotor kugelgelagert
- Datumsschnellverstellung
- Stunden- / Minuten-/Sekundenzeiger
- Datum bei der 3
- Lagersteine 32
Vielen Dank für Euer Interesse.
Es folgen noch ein paar Fotos.
Thomas