
F.Antl
Themenstarter
Werte Freunde der gepflegten Armbanduhr,
nachdem bereits die Vorstellung meines ersten liebsten Vintage-Chronographen sich in diesem Jahr zu einer Dreier-Runde ausgewachsen hat, habe ich mir diesmal gleich von Beginn an eine Kombo als Gegenstand der Vorstellung meines zweiten liebsten Vintage-Chronographen ausgesucht.
Disclaimer: Achtung, es handelt sich hierbei um eine Uhrenvorstellung mit gewisser (Über-)Länge
, die Uhrenbilder befinden sich unterhalb der nachfolgenden Absätze!
Zum Einstieg
Als Sammler von Vintage-Uhren mit einem Fokus auf Stahl-Chronographen hat man es ja nicht immer leicht. Der andauernde preisliche Höhenflug dieser Uhrenkategorie mitsamt z.T. wahrhaftig atemberaubenden Auktionsergebnissen an der vermeintlich qualitativen Speerspitze verleitet allerlei professionelle genauso wie private Verkäufer allzu sehr für jedes noch so abgenutzte und/oder verbastelte Vintage-Exemplar aberwitzige Preise aufzurufen – und zwar eben nicht nur für die einschlägigen Top-Modelle, sondern gemäß einer eigentümlichen Trickle-down-Logik in zunehmendem Maße auch für ehemalige Brot-und-Butter-Uhren. Dieser bereits an anderen Stellen konstatierte und tiefergehend analysierte Vintage-Boom führt denn auch dazu, dass ein Aspekt wie etwa die "Preiswürdigkeit" bei Vintage-Chronos angesichts diverser Hypes bisweilen weit in den Hintergrund rückt. Erst eine nüchterne Betrachtung – nicht selten im Zuge des Vergleichs von Preisrelationen zu gänzlich anderen Gütern – lässt den geneigten Sammler erkennen (und oftmals mit Erschrecken staunen) mit welcher Kategorie ausgesprochener Luxusartikel wir es zu tun haben, wiewohl die meisten dieser wunderbaren Zeitmesser ja ursprünglich als praktische Gebrauchsgegenstände konzipiert worden sind.
Angesichts dieser Ausgangssituation, die ich auch gar nicht weiter bejammern möchte, mag es dem einen oder anderen besonders attraktiv erscheinen, nach jenen "hidden gems" zu schürfen, nach Uhren also, die dank Ihrer Vorzüge – seien diese nun mechanischer, designtechnischer oder verarbeitungsqualitativer Natur – tatsächlich oder vermeintlich eine höhere Wertschätzung genießen sollten, als sie dies gemeinhin aktuell tun (oder anders gesprochen: die im Vergleich mit dem Gebotenen eben noch nicht völlig preislich ver- und entrückt sind). Um es gleich vorweg zu nehmen: Nein, ich stelle hier bestimmt keinen in Sammlerkreisen bisher unbekannten Geheimtipp vor! Aber ev. doch Exemplare aus zwei Modellreihen, die in meinen Augen (und insbesondere im direkten Vergleich mit vielen zeitgenössischen Konkurrentinnen) tatsächlich noch sehr viel Uhr für’s Geld bieten.
Des Pudels Kern... und sein schicker Look
Was die hier vorgestellte(n) Modellreihe(n) in meinen Augen so besonders attraktiv macht, ist einerseits ihre eckigere Form. Ich schreibe bewusst eckigere, weil es sich bestimmt nicht um die extremste Form eckigen Designs handelt. So könnte man etwa argumentieren, dass die drei Komponenten Gehäuse, Glas und Indexanordnung jeweils in kreisförmig oder rechteckig in unterschiedlichen Kombinationen die verschiedenen Ausformungsstufen der Evolution vom Runden zum Eckigen bestimmen. Die hier gezeigten 7016er weisen zwar eine rechteckige Gehäusegrundform und auch ein rechteckiges Glas (je nach Gehäusemodell als Mineral- bzw. Plexiglas ausgeführt) auf, die Indices sind jedoch klassisch kreisförmig angeordnet. Darüber hinaus – und für das gesamte Erscheinungsbild vermutlich noch viel entscheidender – sind die Übergänge zwischen den Kanten der Kontur abgerundet gestaltet. Sie nehmen den gezeigten Modellen somit, freilich in unterschiedlichem Ausmaß, die kantige Härte, welche z.B. die Designikone Heuer Monaco (notabene auch mit einer eigentlich runden Indexanordnung, insbes. bei den Modellen mit Cal. 15) auszeichnet. Trotz dieser designmäßig nicht unwichtigen Unterscheidung haben die von mir vorgestellten Uhren übrigens ihren (in meinen Augen etwas unglücklichen, weil nicht eigenständigen) Spitznamen "Monaco" erhalten, der wohl dafür sorgen sollte, dass ein Teil des hochgepriesenen Heuer-Images auf die vermeintlich einfachen Seikos abstrahlt.
Die Edelstahlgehäuse der hier gezeigten Uhren (die beiden Exemplare mit der kantigeren Form tragen die Gehäusereferenz 5010 oder 5011, die etwas rundere Variante die Ref. 5000, sie gibt es aber auch als 5001) sind darüber hinaus als Container mit einer Wasserdichtigkeit bis 30m konzipiert, jedoch nicht einfach nur zusammengehalten durch Druck und eine nach Jahrzehnten geschmolzene Dichtung (ein Horror für jeden, der solche Vintage-Teile wieder zu trennen versucht!), sondern durch einen praktischen Federmechanismus, versteckt zwischen den Bandanstößen. Diese Federn machen es einem Hobbyisten möglich, lediglich mit einem Zahnstocher ausgestattet die beiden Gehäuseteile voneinander zu trennen und z.B. einer gründlichen Reinigung zu unterziehen oder ein verkratztes Glas (bei den 501X-Gehäusen ein einzelnes Ersatzteil samt dem umlaufenden Metallring aka "Minilünette") zu tauschen. Und sie (respektive der von ihnen ausgeübte nicht immer gleichmäßige Druck) sind auch dafür verantwortlich, dass die Krone bei diesen Modellen selten horizontal ganz mittig innerhalb des oberen Containerteils positioniert ist, ergo merke: it’s not a bug, it’s a feature!
Das Zusammenspiel von satinierten und polierten Flächen (bei den kantigeren Modellen des 501Xer-Gehäuses; beim 500Xer ist’s etwas schlichter) verleiht dem Containerdeckel ein hochwertiges Erscheinungsbild. Und seine Ausmaße von ca. 37mm Breite ohne Drücker (die Krone ist ohnehin im Gehäuse versenkt), einer lug-to-lug-Distanz von ca. 40mm sowie der Bandanstoßbreite von 19mm (Angaben jeweils ident für beide Gehäusevarianten) bieten ein breites Einsatzgebiet für unterschiedlichste Handgelenke. Lederbänder mit 20mm-Anstößen können bei diesen Uhren verwendet werden, sofern das Leder weich und v.a. nicht zu wulstig am Anstoß ist. Letzteres gilt aber ohnehin für sämtliche Bandgrößen, denn die Bohrungen der Hörner lassen nicht viel Platz zur scharfkantigen unteren Gehäusekante.
Das andere hervorstechende Merkmal der hier vorgestellten Uhren ist ihr Werk, das Seiko-Kaliber 7016A. Es ist dies ein wirkliches Qualitätsprodukt: Über viele Jahre hinweg galt es mit seinen 6,4mm Bauhöhe als das flachste gebaute automatische Chronographenwerk (zumindest mit Minuten- und Stundenzähler), es wurde erst 1987 (oder 1988, dazu gibt es unterschiedliche Quellen) vom 5,55mm hohen Kaliber 1185 von Frédéric Piguet abgelöst (dieses wurde anfänglich exklusiv für Modelle von Blancpain verwendet und stellt die Basis für zahlreiche hochwertige Chronographenwerke von Breguet, Omega, Vacheron Constantin, Audemars Piguet u.a. dar). Die flache Bauweise, welche gleichsam vom Gehäuse aufgenommen wird (Gesamthöhe bei beiden Gehäusevarianten ca. 12,5mm), erlaubt es, die Uhr als idealen sportlichen Dresser auch unter der Hemdmanschette zu nutzen – etwas, was definitiv nicht jeder 70er-Vintage-Chrono gestattet.
Doch damit nicht genug, das Werk bietet 21.600bpH, 17 Lagersteine (als 7018A ohne Stoppstunde sogar 23 Steine), Seikos beidseitigen Aufzug (dank des sog. "magic lever") und verfügt neben der eigentlichen Chronofunktion auch über einen Flyback-Mechanismus sowie eine Tages- und zweisprachige Wochentagsanzeige, welche zudem schnellverstellt werden kann (der Tag mittels Drehen der Krone in erster herausgezogener Position, der Wochentag durch Hereindrücken der Krone aus der Normalstellung). Die Chronographenfunktion umfasst nicht nur den offensichtlichen Minutenzähler auf dem Hilfszifferblatt auf 6 Uhr, sondern auch einen darunter befindlichen Stundenzähler. Beide Zeiger rücken schleichend (und nicht etwa minütlich bzw. halbstündlich springend) vor und sind in dieser Kombination eigentlich eine Sensation, wenn man sich vor Augen hält, aus welcher Zeit dieses Werk stammt. Hat doch diese Kombination aus zwei Chronographenzeigern auf einem Hilfszifferblatt ("monocounter") kein geringerer Hersteller als Patek Philippe und das erst deutlich später Mitte der 2000er-Jahre im Uhrenbau wirklich bekannt und dort zu einem Markenzeichen der Manufaktur gemacht! (Nebenbei bemerkt: die 7016er sind nicht Seikos erste Uhren mit zwei Zeigern auf einem Hilfszifferblatt, denn bereits 1964 gab es mit der Ref. 5718-8000 einen Chronographen mit kleinem Sekundenzeiger und Stoppminutenzähler montiert auf einer gemeinsamen Achse eines Subtotis auf 6 Uhr – wer aktuelle Preise dieser Uhr recherchieren möchte, sollte vorsichtshalber zuvor einen sicheren Sitzplatz auf einem standfesten Stuhl einnehmen
.)
Der Flyback-Mechanismus ist übrigens in doppeltem Sinne praktisch: Einerseits natürlich als Komplikation, die unmittelbar aufeinanderfolgende Stoppungen erleichtert. Andererseits auch, da der Stoppsekundenzeiger vor einer gezielten Stoppung nun immer mitlaufen kann, was nicht wenige an ihrem Handgelenk als angenehm empfinden (und somit das direkte Feedback erhalten, dass das Uhrwerk läuft). Mitlaufen sollte der Sekundenzeiger übrigens auch aus Verschleißgründen zur Schonung der verbauten vertikalen Kupplung, das hat das Seiko 7016A z.B. mit dem Citizen-Kaliber 8100/8110A gemein (siehe dazu hier eine ausführliche Beschreibung eines Forumsmitglieds).
Ein paar Explosionszeichnungen des Werks sowie das allgemeine Bedienschema der zahlreichen Funktionen:




Bildquelle und Copyright: Seiko
Die Zifferblätter der vorgestellte Modelle sind nicht nur farbenfroh – eben typische Vertreter der 1970er –, sie lassen es auch nicht an einigen wertigen Details mangeln. So ist z.B. das Datumsfenster schön in einen aufgesetzten Rahmen eingefasst und die Minutenstriche setzen sich etwas abgesetzt auch rund um das Hilfszifferblatt bzw. bei einzelnen Modellvarianten sogar um das Datumsfenster fort. Die Struktur des Blattes ist ebenfalls interessant: Beim blau-grau-schwarzen Modell ist der schwarze Bereich nicht einfach glatt, sondern weist eine körnige Struktur auf, die Sonnenschliffe verleihen den Blättern bei entsprechendem Lichteinfall das besondere Etwas.
Die Stunden- und Minutenzeiger weisen ebenso Leuchtmasse auf wie die aufgesetzten Indices an deren äußerem Ende. Die Stoppminuten- und -stundenzeiger tragen jeweils eine modellspezifische Farbkombination und der zentrale Stoppsekundenzeiger ist mit einer farblich abgesetzten Spitze ausgestattet.
Und dann wären da schließlich noch die Logos. Der Herstellerschriftzug ist nicht etwa aufgedruckt, sondern aufgesetzt ausgeführt und neben den Hinweisen auf einen automatischen Chronographen findet sich auf dem Zifferblatt (wie auch am Boden) in Form eines kleinen stilisierten Blitzes auf 9 Uhr noch ein Anhaltspunkt bezüglich der Herkunft dieser Seikos: Daini Seikosha.
Noch ein kleiner Info-Sidekick
Zifferblatt-Detail mit dem Daini-Blitz unterhalb des Automatic-Schriftzugs und der im Ansatz erkennbaren rauen Struktur im schwarzen Bereich:

Was es damit auf sich hat? Nun, ab 1959 entwickelten die beiden Seiko-Tochtergesellschaften Suwa Seikosha und Daini Seikosha (heute: Seiko Instruments Inc.) als vollständig voneinander getrennte Produktionseinheiten Werke und Uhrenmodelle. Dadurch sollte der konzerneigene Wettbewerb mitsamt entsprechender Innovationen vorangetrieben werden in dem Bestreben, die Produktqualität weiter auszureizen. Im Ergebnis machte diese strenge interne Rivalität, bei der weder einzelne Uhrwerk(-steil-)e noch Designs miteinander geteilt wurden und in deren Rahmen völlig unabhängige Lösungen für anstehende uhrmacherische Herausforderungen entwickelt wurden, Seiko zu einem innovativen Vorreiter in der Uhrenherstellung, der sich nicht vor den besten Errungenschaften des Schweizer Uhrenbaus zu verstecken brauchte.
Heute genießen die Vintage-Modelle aus der Suwa-Fertigung (mit einem stilisierten Strudel oder Zyklon als Erkennungsmerkmal auf dem Zifferblatt) i.d.R. den weitaus höheren Stellenwert innerhalb der Vintagesammler-Gemeinde – genannt seien an dieser Stelle etwa allgemein die Chronographenkaliber 6139 und 6138 oder etwa die mit inzwischen legendären Spitznamen versehenen Modelle "Willard", "Turtle", "Bullhead", "Helmet", "Jumbo", "Kakume", "Panda", "Pogue", "Ufo" sowie die frühen Grand Seikos.
Das 7016er aus der Daini-Fertigung, aus der übrigens als Gegenstück zu den Grand Seikos die King-Seiko-Modelle stammen, kam lediglich zwei Jahre nach dem weltweit ersten automatischen Chronographenkaliber (ob dies nun das Seiko 6139 oder das Cal. 11 von Breitling/Hamilton-Buren/Heuer/Dubois Dépraz oder doch Zenith’s El Primero waren, lasse ich an dieser Stelle dahingestellt – dieser Wettlauf wurde ja bereits an anderen Stellen, etwa hier und hier ausführlich behandelt) auf den Markt und wurde insgesamt von 1971 bis 1978 (bzw. alternativen Quellen zufolge von 1972 bis 1977) gebaut. Wie das 6139 verfügt es über nur ein Hilfszifferblatt, kann auf diesem jedoch, wie oben schon beschrieben, neben den verstrichenen Stoppminuten auch die gestoppten Stunden anzeigen. Auch den zusätzlichen Flyback-Mechanismus habe ich ja bereits erwähnt. Und einige 7016er-Seikos, die sog. "Time-Sonar"-Modelle, waren sogar die ersten automatischen Chronographen mit Sichtboden, zu der damaligen Zeit eine wahre Rarität.
Seiko-üblich ist bei diesem Werk übrigens eine generell geringere Amplitude als bei Schweizer Wettbewerbern zu erwarten, von daher sollte diese nicht als alleiniges Entscheidungskriterium für einen Servicebedarf herangezogen werden. Und man darf sich auch nicht über die fehlende Möglichkeit zum Handaufzug (genauso wie den fehlenden Sekundenstopp) wundern, sondern muss die Uhr mittels "Anschütteln" zum Laufen bringen.
Fazit, Farben und Finale
Betrachtet man die bloßen technischen Eigenschaften und verbauten Komplikationen des Kalibers 7016A und stellt diese in den entsprechenden zeitlichen Kontext, so wird rasch offensichtlich, dass es sich um eines der am weitesten entwickelten Werke seiner Zeit handelt. Rechnet man dann noch die – natürlich subjektive – Schönheit der eckigeren Gehäuse, gepaart mit dem farbenfrohen 70s-Look und der wertigen Verarbeitung hinzu, ergibt dies eine in meinen Augen höchst sammelwürdige Kombination, welche bisher – zumindest im Vergleich ihrer unmittelbaren Zeit- und Markengenossinnen – nicht den Zuspruch erfahren hat, den sie verdienen sollte. Nun denn, zumindest ist das ja für den geneigten Sammler der Gegenwart kein Nachteil.
Ach ja, wer zwar Interesse am Seiko-Kaliber 7016A gefunden hat, mit der Marke oder deren japanischer Herkunft allerdings nicht so richtig warm werden kann, für den gibt es auch eine interessante Alternative eines sammelwürdigen Schweizer Herstellers (bzw. in diesem Fall bloß Einschalers): Das Enicar-Modell "Mantagraph" ist ebenfalls mit dem beschriebenen Werk ausgestattet, welches so wie das Gehäuse von Seiko bereitgestellt worden ist.
Die hier vorgestellten Seiko 7016er gab es in unterschiedlichen Farbkombinationen, ich zeige hier zwei der nach meiner Erfahrung geläufigsten Varianten (die klassischste "Monaco"-Version mit grau-schwarz-blauem Zifferblatt und ihre rundlichere Schwester mit silber-grauem Blatt) sowie eine exotischere "Monaco" in der schon kitschig-typischen 70er-Farbkombination Gold/Braun/Orange. Von den Modellen mit dem 501Xer-Gehäuse (seitliche Fasen, völlig integrierte Anstöße) gab es noch zwei weitere Blattdesigns: eine sehr funkige blau-gelbe Uhr und eine ultraseltene Silber-Blaue. Während die blau-gelbe 7016-501X immer wieder mal auf den einschlägigen Portalen auftaucht (noch öfter als die goldige Version), ist die Letztgenannte praktisch ein Gralsuhr-Phantom. Sie wurde zwar in einem zeitgenössischen Katalog abgebildet (s.u.), in freier Wildbahn wurden aber dem Vernehmen nach bisher noch keine fünf Exemplare davon gesichtet, was bei Seiko wiederum ein richtiges Kuriosum darstellt. (Ich habe von einem einschlägigen Sammler, der eines dieser Exemplare bis vor Kurzem besessen hat, seinen Einstandspreis erfahren und darf berichten, dass er deutlich im vierstelligen EUR-Bereich gelegen ist.)
Zum Einstand eine der heute raren Abbildungen dieser mit Robustheit beworbenen "instrument machine for your wrist" in Seiko-Katalogen aus den 70ern, neben der auch von mir gezeigten silber-grauen Variante im 500X-Gehäuse ist die kühle "Grals-7016er" zu sehen:

Bildquelle und Copyright: Seiko
Und hier nun einige Impressionen aus meiner Sammlung:
Anhang anzeigen 07_Seiko_7016-50XX_Combo_01_small.jpg
Die individuellen Ansichten beginnen mit der vermutlich dressigsten Variante, einer Seiko 7016-5011 mit dem wie ich es gerne nenne "Understatement-Blatt" am Racing-Leder:



Es folgt eine 7016-5000 in silber-grau am Lederband in Vintage-Optik:



Anders als die 501Xer ist diese Gehäusevariante (500X) mit einem Plexiglas anstatt des Mineralglases ausgestattet, was es gemeinsam mit dem polierfreundlicheren Gehäuse leichter macht, gebrauchte Exemplare wieder in einen tadellosen Zustand zu bringen.


Der Zustand der Ecken am Boden ist ein guter Indikator für ev. vorangegangene Gehäusepolituren, dieses Exemplar stammt aus Oktober 1972.
Und schließlich die ultimative funky-70ies-watch (wiederum eine 7016-5011):


Die Bandanstöße sind nicht massiv gebaut, jedoch der Gehäuseform gut angepasst und zumindest massiv schwer zu beschaffen...

Eines der verbauten Original-Bänder, in dem Fall mit Stelux-Signatur, was i.A. als eine etwas höherwertigere Version angesehen wird, welche auch an der Logogestaltung (Seiko-Schriftzug innerhalb eines geriffelten Bereichs) zu erkennen ist.

Zum Abschluss noch ein besonderes Schmankerl: Ein Gruppenbild, auf dem sämtliche authentische Blattvarianten der eckigeren 7016er-Seikos zu sehen sind (obere Reihe v.l.n.r. 4x die 501Xer-Gehäuse, darunter v.l.n.r. 3x die 500Xer-Gehäuse sowie rechts an den Tropic-Bändern zwei Seikos mit 7018er-Werk ohne Stoppstunden). Das Bild stammt von Jack Wong aus Singapur (aka jackwongyf auf Instagram), es sind darauf übrigens auch einige Varianten der Original-Stahlbänder zu sehen. (Jack nun anzuschreiben und zu versuchen ihm die schönen Uhren abzuquatschen ist übrigens zwecklos (einer hat es schon probiert
) – die Sammlung hat mittlerweile den Besitzer gewechselt.)

Bildquelle und Copyright: Jack Wong
Ich hoffe, es hat Euch soweit gefallen und freue mich über Eure Kommentare und Ergänzungen!
Grüße,
F.Antl
P.S.: Wer sich nun noch intensiver für das Seiko-Kaliber 7016A interessiert, dem seien auch die runden Gehäusevarianten mit diesem Werk ans Herz gelegt. Diese haben den Vorteil, dass sie regelmäßig zu einem nochmals günstigeren Kurs erworben werden können, als Ihre eckigeren Geschwister, was mich wieder zu den Anfängen meiner Vorstellung zurückführt…
Ausgewählte Quellen mit weiterführenden Infos:
Askham, Richard: The Seiko Calibre 7016A…
Brunner, Gisbert: Seiko: A Chronograph Chronology
Chow, Mr.: The Other Seiko Vintage Chronograph 7016
Dannemann, Christian: Unsung heroes – the Seiko 7016-8001 calibre 7016A
Lorentzen, Sean: Daini Seikosha: The other Seiko Factory
User G99 aka Graham: The elusive Seiko 7016 Monaco. Years ahead of its time
User zapferl aka Danny: Seiko 7016-5011 "Monaco" Automatic Chronograph
nachdem bereits die Vorstellung meines ersten liebsten Vintage-Chronographen sich in diesem Jahr zu einer Dreier-Runde ausgewachsen hat, habe ich mir diesmal gleich von Beginn an eine Kombo als Gegenstand der Vorstellung meines zweiten liebsten Vintage-Chronographen ausgesucht.
Disclaimer: Achtung, es handelt sich hierbei um eine Uhrenvorstellung mit gewisser (Über-)Länge

Zum Einstieg
Als Sammler von Vintage-Uhren mit einem Fokus auf Stahl-Chronographen hat man es ja nicht immer leicht. Der andauernde preisliche Höhenflug dieser Uhrenkategorie mitsamt z.T. wahrhaftig atemberaubenden Auktionsergebnissen an der vermeintlich qualitativen Speerspitze verleitet allerlei professionelle genauso wie private Verkäufer allzu sehr für jedes noch so abgenutzte und/oder verbastelte Vintage-Exemplar aberwitzige Preise aufzurufen – und zwar eben nicht nur für die einschlägigen Top-Modelle, sondern gemäß einer eigentümlichen Trickle-down-Logik in zunehmendem Maße auch für ehemalige Brot-und-Butter-Uhren. Dieser bereits an anderen Stellen konstatierte und tiefergehend analysierte Vintage-Boom führt denn auch dazu, dass ein Aspekt wie etwa die "Preiswürdigkeit" bei Vintage-Chronos angesichts diverser Hypes bisweilen weit in den Hintergrund rückt. Erst eine nüchterne Betrachtung – nicht selten im Zuge des Vergleichs von Preisrelationen zu gänzlich anderen Gütern – lässt den geneigten Sammler erkennen (und oftmals mit Erschrecken staunen) mit welcher Kategorie ausgesprochener Luxusartikel wir es zu tun haben, wiewohl die meisten dieser wunderbaren Zeitmesser ja ursprünglich als praktische Gebrauchsgegenstände konzipiert worden sind.
Angesichts dieser Ausgangssituation, die ich auch gar nicht weiter bejammern möchte, mag es dem einen oder anderen besonders attraktiv erscheinen, nach jenen "hidden gems" zu schürfen, nach Uhren also, die dank Ihrer Vorzüge – seien diese nun mechanischer, designtechnischer oder verarbeitungsqualitativer Natur – tatsächlich oder vermeintlich eine höhere Wertschätzung genießen sollten, als sie dies gemeinhin aktuell tun (oder anders gesprochen: die im Vergleich mit dem Gebotenen eben noch nicht völlig preislich ver- und entrückt sind). Um es gleich vorweg zu nehmen: Nein, ich stelle hier bestimmt keinen in Sammlerkreisen bisher unbekannten Geheimtipp vor! Aber ev. doch Exemplare aus zwei Modellreihen, die in meinen Augen (und insbesondere im direkten Vergleich mit vielen zeitgenössischen Konkurrentinnen) tatsächlich noch sehr viel Uhr für’s Geld bieten.
Des Pudels Kern... und sein schicker Look
Was die hier vorgestellte(n) Modellreihe(n) in meinen Augen so besonders attraktiv macht, ist einerseits ihre eckigere Form. Ich schreibe bewusst eckigere, weil es sich bestimmt nicht um die extremste Form eckigen Designs handelt. So könnte man etwa argumentieren, dass die drei Komponenten Gehäuse, Glas und Indexanordnung jeweils in kreisförmig oder rechteckig in unterschiedlichen Kombinationen die verschiedenen Ausformungsstufen der Evolution vom Runden zum Eckigen bestimmen. Die hier gezeigten 7016er weisen zwar eine rechteckige Gehäusegrundform und auch ein rechteckiges Glas (je nach Gehäusemodell als Mineral- bzw. Plexiglas ausgeführt) auf, die Indices sind jedoch klassisch kreisförmig angeordnet. Darüber hinaus – und für das gesamte Erscheinungsbild vermutlich noch viel entscheidender – sind die Übergänge zwischen den Kanten der Kontur abgerundet gestaltet. Sie nehmen den gezeigten Modellen somit, freilich in unterschiedlichem Ausmaß, die kantige Härte, welche z.B. die Designikone Heuer Monaco (notabene auch mit einer eigentlich runden Indexanordnung, insbes. bei den Modellen mit Cal. 15) auszeichnet. Trotz dieser designmäßig nicht unwichtigen Unterscheidung haben die von mir vorgestellten Uhren übrigens ihren (in meinen Augen etwas unglücklichen, weil nicht eigenständigen) Spitznamen "Monaco" erhalten, der wohl dafür sorgen sollte, dass ein Teil des hochgepriesenen Heuer-Images auf die vermeintlich einfachen Seikos abstrahlt.
Die Edelstahlgehäuse der hier gezeigten Uhren (die beiden Exemplare mit der kantigeren Form tragen die Gehäusereferenz 5010 oder 5011, die etwas rundere Variante die Ref. 5000, sie gibt es aber auch als 5001) sind darüber hinaus als Container mit einer Wasserdichtigkeit bis 30m konzipiert, jedoch nicht einfach nur zusammengehalten durch Druck und eine nach Jahrzehnten geschmolzene Dichtung (ein Horror für jeden, der solche Vintage-Teile wieder zu trennen versucht!), sondern durch einen praktischen Federmechanismus, versteckt zwischen den Bandanstößen. Diese Federn machen es einem Hobbyisten möglich, lediglich mit einem Zahnstocher ausgestattet die beiden Gehäuseteile voneinander zu trennen und z.B. einer gründlichen Reinigung zu unterziehen oder ein verkratztes Glas (bei den 501X-Gehäusen ein einzelnes Ersatzteil samt dem umlaufenden Metallring aka "Minilünette") zu tauschen. Und sie (respektive der von ihnen ausgeübte nicht immer gleichmäßige Druck) sind auch dafür verantwortlich, dass die Krone bei diesen Modellen selten horizontal ganz mittig innerhalb des oberen Containerteils positioniert ist, ergo merke: it’s not a bug, it’s a feature!
Das Zusammenspiel von satinierten und polierten Flächen (bei den kantigeren Modellen des 501Xer-Gehäuses; beim 500Xer ist’s etwas schlichter) verleiht dem Containerdeckel ein hochwertiges Erscheinungsbild. Und seine Ausmaße von ca. 37mm Breite ohne Drücker (die Krone ist ohnehin im Gehäuse versenkt), einer lug-to-lug-Distanz von ca. 40mm sowie der Bandanstoßbreite von 19mm (Angaben jeweils ident für beide Gehäusevarianten) bieten ein breites Einsatzgebiet für unterschiedlichste Handgelenke. Lederbänder mit 20mm-Anstößen können bei diesen Uhren verwendet werden, sofern das Leder weich und v.a. nicht zu wulstig am Anstoß ist. Letzteres gilt aber ohnehin für sämtliche Bandgrößen, denn die Bohrungen der Hörner lassen nicht viel Platz zur scharfkantigen unteren Gehäusekante.
Das andere hervorstechende Merkmal der hier vorgestellten Uhren ist ihr Werk, das Seiko-Kaliber 7016A. Es ist dies ein wirkliches Qualitätsprodukt: Über viele Jahre hinweg galt es mit seinen 6,4mm Bauhöhe als das flachste gebaute automatische Chronographenwerk (zumindest mit Minuten- und Stundenzähler), es wurde erst 1987 (oder 1988, dazu gibt es unterschiedliche Quellen) vom 5,55mm hohen Kaliber 1185 von Frédéric Piguet abgelöst (dieses wurde anfänglich exklusiv für Modelle von Blancpain verwendet und stellt die Basis für zahlreiche hochwertige Chronographenwerke von Breguet, Omega, Vacheron Constantin, Audemars Piguet u.a. dar). Die flache Bauweise, welche gleichsam vom Gehäuse aufgenommen wird (Gesamthöhe bei beiden Gehäusevarianten ca. 12,5mm), erlaubt es, die Uhr als idealen sportlichen Dresser auch unter der Hemdmanschette zu nutzen – etwas, was definitiv nicht jeder 70er-Vintage-Chrono gestattet.
Doch damit nicht genug, das Werk bietet 21.600bpH, 17 Lagersteine (als 7018A ohne Stoppstunde sogar 23 Steine), Seikos beidseitigen Aufzug (dank des sog. "magic lever") und verfügt neben der eigentlichen Chronofunktion auch über einen Flyback-Mechanismus sowie eine Tages- und zweisprachige Wochentagsanzeige, welche zudem schnellverstellt werden kann (der Tag mittels Drehen der Krone in erster herausgezogener Position, der Wochentag durch Hereindrücken der Krone aus der Normalstellung). Die Chronographenfunktion umfasst nicht nur den offensichtlichen Minutenzähler auf dem Hilfszifferblatt auf 6 Uhr, sondern auch einen darunter befindlichen Stundenzähler. Beide Zeiger rücken schleichend (und nicht etwa minütlich bzw. halbstündlich springend) vor und sind in dieser Kombination eigentlich eine Sensation, wenn man sich vor Augen hält, aus welcher Zeit dieses Werk stammt. Hat doch diese Kombination aus zwei Chronographenzeigern auf einem Hilfszifferblatt ("monocounter") kein geringerer Hersteller als Patek Philippe und das erst deutlich später Mitte der 2000er-Jahre im Uhrenbau wirklich bekannt und dort zu einem Markenzeichen der Manufaktur gemacht! (Nebenbei bemerkt: die 7016er sind nicht Seikos erste Uhren mit zwei Zeigern auf einem Hilfszifferblatt, denn bereits 1964 gab es mit der Ref. 5718-8000 einen Chronographen mit kleinem Sekundenzeiger und Stoppminutenzähler montiert auf einer gemeinsamen Achse eines Subtotis auf 6 Uhr – wer aktuelle Preise dieser Uhr recherchieren möchte, sollte vorsichtshalber zuvor einen sicheren Sitzplatz auf einem standfesten Stuhl einnehmen

Der Flyback-Mechanismus ist übrigens in doppeltem Sinne praktisch: Einerseits natürlich als Komplikation, die unmittelbar aufeinanderfolgende Stoppungen erleichtert. Andererseits auch, da der Stoppsekundenzeiger vor einer gezielten Stoppung nun immer mitlaufen kann, was nicht wenige an ihrem Handgelenk als angenehm empfinden (und somit das direkte Feedback erhalten, dass das Uhrwerk läuft). Mitlaufen sollte der Sekundenzeiger übrigens auch aus Verschleißgründen zur Schonung der verbauten vertikalen Kupplung, das hat das Seiko 7016A z.B. mit dem Citizen-Kaliber 8100/8110A gemein (siehe dazu hier eine ausführliche Beschreibung eines Forumsmitglieds).
Ein paar Explosionszeichnungen des Werks sowie das allgemeine Bedienschema der zahlreichen Funktionen:




Bildquelle und Copyright: Seiko
Die Zifferblätter der vorgestellte Modelle sind nicht nur farbenfroh – eben typische Vertreter der 1970er –, sie lassen es auch nicht an einigen wertigen Details mangeln. So ist z.B. das Datumsfenster schön in einen aufgesetzten Rahmen eingefasst und die Minutenstriche setzen sich etwas abgesetzt auch rund um das Hilfszifferblatt bzw. bei einzelnen Modellvarianten sogar um das Datumsfenster fort. Die Struktur des Blattes ist ebenfalls interessant: Beim blau-grau-schwarzen Modell ist der schwarze Bereich nicht einfach glatt, sondern weist eine körnige Struktur auf, die Sonnenschliffe verleihen den Blättern bei entsprechendem Lichteinfall das besondere Etwas.
Die Stunden- und Minutenzeiger weisen ebenso Leuchtmasse auf wie die aufgesetzten Indices an deren äußerem Ende. Die Stoppminuten- und -stundenzeiger tragen jeweils eine modellspezifische Farbkombination und der zentrale Stoppsekundenzeiger ist mit einer farblich abgesetzten Spitze ausgestattet.
Und dann wären da schließlich noch die Logos. Der Herstellerschriftzug ist nicht etwa aufgedruckt, sondern aufgesetzt ausgeführt und neben den Hinweisen auf einen automatischen Chronographen findet sich auf dem Zifferblatt (wie auch am Boden) in Form eines kleinen stilisierten Blitzes auf 9 Uhr noch ein Anhaltspunkt bezüglich der Herkunft dieser Seikos: Daini Seikosha.
Noch ein kleiner Info-Sidekick
Zifferblatt-Detail mit dem Daini-Blitz unterhalb des Automatic-Schriftzugs und der im Ansatz erkennbaren rauen Struktur im schwarzen Bereich:

Was es damit auf sich hat? Nun, ab 1959 entwickelten die beiden Seiko-Tochtergesellschaften Suwa Seikosha und Daini Seikosha (heute: Seiko Instruments Inc.) als vollständig voneinander getrennte Produktionseinheiten Werke und Uhrenmodelle. Dadurch sollte der konzerneigene Wettbewerb mitsamt entsprechender Innovationen vorangetrieben werden in dem Bestreben, die Produktqualität weiter auszureizen. Im Ergebnis machte diese strenge interne Rivalität, bei der weder einzelne Uhrwerk(-steil-)e noch Designs miteinander geteilt wurden und in deren Rahmen völlig unabhängige Lösungen für anstehende uhrmacherische Herausforderungen entwickelt wurden, Seiko zu einem innovativen Vorreiter in der Uhrenherstellung, der sich nicht vor den besten Errungenschaften des Schweizer Uhrenbaus zu verstecken brauchte.
Heute genießen die Vintage-Modelle aus der Suwa-Fertigung (mit einem stilisierten Strudel oder Zyklon als Erkennungsmerkmal auf dem Zifferblatt) i.d.R. den weitaus höheren Stellenwert innerhalb der Vintagesammler-Gemeinde – genannt seien an dieser Stelle etwa allgemein die Chronographenkaliber 6139 und 6138 oder etwa die mit inzwischen legendären Spitznamen versehenen Modelle "Willard", "Turtle", "Bullhead", "Helmet", "Jumbo", "Kakume", "Panda", "Pogue", "Ufo" sowie die frühen Grand Seikos.
Das 7016er aus der Daini-Fertigung, aus der übrigens als Gegenstück zu den Grand Seikos die King-Seiko-Modelle stammen, kam lediglich zwei Jahre nach dem weltweit ersten automatischen Chronographenkaliber (ob dies nun das Seiko 6139 oder das Cal. 11 von Breitling/Hamilton-Buren/Heuer/Dubois Dépraz oder doch Zenith’s El Primero waren, lasse ich an dieser Stelle dahingestellt – dieser Wettlauf wurde ja bereits an anderen Stellen, etwa hier und hier ausführlich behandelt) auf den Markt und wurde insgesamt von 1971 bis 1978 (bzw. alternativen Quellen zufolge von 1972 bis 1977) gebaut. Wie das 6139 verfügt es über nur ein Hilfszifferblatt, kann auf diesem jedoch, wie oben schon beschrieben, neben den verstrichenen Stoppminuten auch die gestoppten Stunden anzeigen. Auch den zusätzlichen Flyback-Mechanismus habe ich ja bereits erwähnt. Und einige 7016er-Seikos, die sog. "Time-Sonar"-Modelle, waren sogar die ersten automatischen Chronographen mit Sichtboden, zu der damaligen Zeit eine wahre Rarität.
Seiko-üblich ist bei diesem Werk übrigens eine generell geringere Amplitude als bei Schweizer Wettbewerbern zu erwarten, von daher sollte diese nicht als alleiniges Entscheidungskriterium für einen Servicebedarf herangezogen werden. Und man darf sich auch nicht über die fehlende Möglichkeit zum Handaufzug (genauso wie den fehlenden Sekundenstopp) wundern, sondern muss die Uhr mittels "Anschütteln" zum Laufen bringen.
Fazit, Farben und Finale
Betrachtet man die bloßen technischen Eigenschaften und verbauten Komplikationen des Kalibers 7016A und stellt diese in den entsprechenden zeitlichen Kontext, so wird rasch offensichtlich, dass es sich um eines der am weitesten entwickelten Werke seiner Zeit handelt. Rechnet man dann noch die – natürlich subjektive – Schönheit der eckigeren Gehäuse, gepaart mit dem farbenfrohen 70s-Look und der wertigen Verarbeitung hinzu, ergibt dies eine in meinen Augen höchst sammelwürdige Kombination, welche bisher – zumindest im Vergleich ihrer unmittelbaren Zeit- und Markengenossinnen – nicht den Zuspruch erfahren hat, den sie verdienen sollte. Nun denn, zumindest ist das ja für den geneigten Sammler der Gegenwart kein Nachteil.
Ach ja, wer zwar Interesse am Seiko-Kaliber 7016A gefunden hat, mit der Marke oder deren japanischer Herkunft allerdings nicht so richtig warm werden kann, für den gibt es auch eine interessante Alternative eines sammelwürdigen Schweizer Herstellers (bzw. in diesem Fall bloß Einschalers): Das Enicar-Modell "Mantagraph" ist ebenfalls mit dem beschriebenen Werk ausgestattet, welches so wie das Gehäuse von Seiko bereitgestellt worden ist.
Die hier vorgestellten Seiko 7016er gab es in unterschiedlichen Farbkombinationen, ich zeige hier zwei der nach meiner Erfahrung geläufigsten Varianten (die klassischste "Monaco"-Version mit grau-schwarz-blauem Zifferblatt und ihre rundlichere Schwester mit silber-grauem Blatt) sowie eine exotischere "Monaco" in der schon kitschig-typischen 70er-Farbkombination Gold/Braun/Orange. Von den Modellen mit dem 501Xer-Gehäuse (seitliche Fasen, völlig integrierte Anstöße) gab es noch zwei weitere Blattdesigns: eine sehr funkige blau-gelbe Uhr und eine ultraseltene Silber-Blaue. Während die blau-gelbe 7016-501X immer wieder mal auf den einschlägigen Portalen auftaucht (noch öfter als die goldige Version), ist die Letztgenannte praktisch ein Gralsuhr-Phantom. Sie wurde zwar in einem zeitgenössischen Katalog abgebildet (s.u.), in freier Wildbahn wurden aber dem Vernehmen nach bisher noch keine fünf Exemplare davon gesichtet, was bei Seiko wiederum ein richtiges Kuriosum darstellt. (Ich habe von einem einschlägigen Sammler, der eines dieser Exemplare bis vor Kurzem besessen hat, seinen Einstandspreis erfahren und darf berichten, dass er deutlich im vierstelligen EUR-Bereich gelegen ist.)
Zum Einstand eine der heute raren Abbildungen dieser mit Robustheit beworbenen "instrument machine for your wrist" in Seiko-Katalogen aus den 70ern, neben der auch von mir gezeigten silber-grauen Variante im 500X-Gehäuse ist die kühle "Grals-7016er" zu sehen:

Bildquelle und Copyright: Seiko
Und hier nun einige Impressionen aus meiner Sammlung:
Anhang anzeigen 07_Seiko_7016-50XX_Combo_01_small.jpg
Die individuellen Ansichten beginnen mit der vermutlich dressigsten Variante, einer Seiko 7016-5011 mit dem wie ich es gerne nenne "Understatement-Blatt" am Racing-Leder:



Es folgt eine 7016-5000 in silber-grau am Lederband in Vintage-Optik:



Anders als die 501Xer ist diese Gehäusevariante (500X) mit einem Plexiglas anstatt des Mineralglases ausgestattet, was es gemeinsam mit dem polierfreundlicheren Gehäuse leichter macht, gebrauchte Exemplare wieder in einen tadellosen Zustand zu bringen.


Der Zustand der Ecken am Boden ist ein guter Indikator für ev. vorangegangene Gehäusepolituren, dieses Exemplar stammt aus Oktober 1972.
Und schließlich die ultimative funky-70ies-watch (wiederum eine 7016-5011):


Die Bandanstöße sind nicht massiv gebaut, jedoch der Gehäuseform gut angepasst und zumindest massiv schwer zu beschaffen...

Eines der verbauten Original-Bänder, in dem Fall mit Stelux-Signatur, was i.A. als eine etwas höherwertigere Version angesehen wird, welche auch an der Logogestaltung (Seiko-Schriftzug innerhalb eines geriffelten Bereichs) zu erkennen ist.

Zum Abschluss noch ein besonderes Schmankerl: Ein Gruppenbild, auf dem sämtliche authentische Blattvarianten der eckigeren 7016er-Seikos zu sehen sind (obere Reihe v.l.n.r. 4x die 501Xer-Gehäuse, darunter v.l.n.r. 3x die 500Xer-Gehäuse sowie rechts an den Tropic-Bändern zwei Seikos mit 7018er-Werk ohne Stoppstunden). Das Bild stammt von Jack Wong aus Singapur (aka jackwongyf auf Instagram), es sind darauf übrigens auch einige Varianten der Original-Stahlbänder zu sehen. (Jack nun anzuschreiben und zu versuchen ihm die schönen Uhren abzuquatschen ist übrigens zwecklos (einer hat es schon probiert


Bildquelle und Copyright: Jack Wong
Ich hoffe, es hat Euch soweit gefallen und freue mich über Eure Kommentare und Ergänzungen!
Grüße,
F.Antl
P.S.: Wer sich nun noch intensiver für das Seiko-Kaliber 7016A interessiert, dem seien auch die runden Gehäusevarianten mit diesem Werk ans Herz gelegt. Diese haben den Vorteil, dass sie regelmäßig zu einem nochmals günstigeren Kurs erworben werden können, als Ihre eckigeren Geschwister, was mich wieder zu den Anfängen meiner Vorstellung zurückführt…
Ausgewählte Quellen mit weiterführenden Infos:
Askham, Richard: The Seiko Calibre 7016A…
Brunner, Gisbert: Seiko: A Chronograph Chronology
Chow, Mr.: The Other Seiko Vintage Chronograph 7016
Dannemann, Christian: Unsung heroes – the Seiko 7016-8001 calibre 7016A
Lorentzen, Sean: Daini Seikosha: The other Seiko Factory
User G99 aka Graham: The elusive Seiko 7016 Monaco. Years ahead of its time
User zapferl aka Danny: Seiko 7016-5011 "Monaco" Automatic Chronograph
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