
Mr.Pink
Themenstarter
Liebe ForumskollegINNen,
heute möchte ich Euch meine erste Uhrenvorstellung vorlegen und hoffe auf Euer Wohlgefallen. Da es sich hierbei um etwas, für mich jedenfalls, ganz besonderes handelt, schreibe ich hier “ein bisschen” ausführlicher. Wer darauf keine Lust hat, springt einfach direkt zu den Bildern. Den anderen wünsche ich Durchhaltevermögen und rate zu einer angenehmen Sitzposition sowie einem Entspannungsgetränk nach Wahl.
Prolog
Was bewegt jemanden heutzutage sich ein völlig überflüssiges Gadget, das nicht mehr vermag als die schnöde Zeit anzuzeigen, ums Handgelenk zu schnallen? Nebenbei auch noch für mehrere tausend Euro? Ist es der Sinn für Ästhetik? Eine Selbstbelohnung für ein erreichtes Ziel? Ist man Opfer von ausgeklügeltem Marketing geworden *augenzwinker*? Das Verlangen etwas dauerhaft beständiges, im Zeitgeist des aktuellen Sprachgebrauchs „nachhaltiges“, zu besitzen? Oder die Begeisterung für mechanische Präzision auf engstem Raum? Diese Liste würde sich vermutlich endlos weiterführen lassen und ich kann Euch in meinem Fall nicht die eine Antwort liefern. Mit Sicherheit ist es das Zusammentreffen vieler dieser Gründe.
Aber nochmal einen Schritt zurück. Ich bin Ende 20 und damit gemessen am Altersdurchschnitt des Forums wohl unter den eher Jüngeren. Der Auffassung Leute meines Alters trägen entweder Smartwatch, Diesel-Tellerminen oder gar keine Uhr begegnet man hier immer wieder. Stimmt oftmals auch, so meine Beobachtung.
Als Kind der 90iger und damit nachhaltig von James Bond in Form von Pierce Brosnan (Mensch ist der alt geworden) geprägt, war zumindest mein Interesse für Armbanduhren früh geweckt. Nichtsdestotrotz habe ich erst während der Ausbildung wirklich begonnen eine Armbanduhr zu tragen und dort keineswegs mechanische, sondern eine herkömmliche G-Shock. Das war für mich einfach eine gute Kombination aus Sportlichkeit, Widerstandsfähigkeit und Optik. Als Chemielaborant dauernd das Handy unter dem Kittel hervorzukramen ging einfach nicht und wurde vor allem nicht gern gesehen.
Nach der Ausbildung bin ich nie wieder im Labor gestanden, jedenfalls nicht um zu arbeiten, und trug in meinem Job seitdem eher Hemd und Hose, manchmal Anzug. Daher habe ich mir einen, nach (damals) ästhetischen Gesichtspunkten ausgewählten, Quarz-Dresser von Festina zugelegt. Angefangen mich für mechanische Uhren zu interessieren habe ich dann erst während des Studiums, das ich neben meinem Job angefangen hatte. Zum einen lief mittlerweile Daniel Craig mit Seamaster 300 am Natoband über die Leinwände und zum andern hatte ich einen Dozenten (mindestens genauso cooler Tüpp wie DC) der eine typisch „breitlingest“ glänzende Superocean II trug.
Nichtsdestotrotz, mir lag nichts ferner als tausende Euros für eine Uhr auszugeben. Durch Lektüre hier im Forum und eifriger Suche bin ich dann aber auf die Seiko Glossy in der schwarzen Version gekommen, die ich mir inkl. Nato im Bond-Style gekauft habe. Gut im Prinzip könnt Ihr Euch den Rest nun denken. Einmal angefangen gibt´s kein Ende. Das Thema mechanische Uhren begleitet mich seitdem. Immer wieder lande ich hier im Forum, schmachte Bilder grossartiger Uhren an oder lese wahlweise spannende, kontroverse oder völlig sinnbefreite Diskussionen mit. Derweil kam natürlich die ein oder andere Uhr dazu und/oder hat mich auch schon wieder verlassen.
Der Kauf
Schon ganz schön viel getratscht! Nun aber zum Kauf, um den es hier gehen soll. Nachdem ich letztes Jahr mein Studium beendet habe, danach den Job gewechselt und im Zuge dessen meiner Heimat 400km ferner wurde, war es mir ein grosses Verlangen endlich etwas zu erwerben, was all die eingangs erwähnten Beweggründe in sich vereint.
Nach monatelanger Recherche, aufkommenden und wieder abflauenden Begeisterungsstürmen, Anprobiererei, nach einigem Hin und Her, war mein Ziel auf eine Modellreihe eingegrenzt. Hurra! Blöd nur, wenn Du dann feststellst, dass die Schwätzer aus dem Forum gar keine so realitätsfernen Nerds sind, sondern schlicht und ergreifend Recht haben und nüchterne Realos sind. Wartelisten wohin man schaut und Lieferzeiten, die über das Geburtsjahr potenzieller Enkelkinder hinausreichen. Da ich noch nicht einmal Kinder habe und schon gar keine Enkelkinder, war mir dieses Wagnis zu heiss. Was, wenn meine Enkelkinder total unsympathische Nullnummern würden und eine solche Uhr gar nicht zu schätzen wüssten, wenn sie sie dann im Jahr 2071 in Empfang nehmen dürften? Nein, für dieses undankbare Volk geh ich beim Konzi nicht auf die Knie! Ok, ich geb´s zu. Habe mich dann doch aufschreiben lassen. Aber nur, weil ich Q1/19 versprochen bekommen hab. Schwör!
Nun also abwarten, Tee trinken und weiter die grossen Jungs im Forum um ihre Traumwecker beneiden. Oben drauf natürlich noch meine Freundin: “Bist du schon wieder in diesem Forum? Du hast doch schon zig Uhren. Alle schwarz/silber. Würdest du wenigstens mal was mit Farbe kaufen. Und überhaupt, was sind das für Leute die in sonem Forum rumhängen?“ Meine mittlerweile einzige Reaktion auf solche Kommentare: *Zähneknirschen*. Hat ja Recht das Mädchen…
Wie dem auch sei, das neue Jahr hatte frisch begonnen, ich befand mich noch im „Heimaturlaub“ und war mit meiner Liebsten auf Shopping-Tour. Nein, nicht für VOX unterwegs und „HALLO wir sind von Shopping Queen und möchten gern den ganzen Laden kaufen“-kreischend. Einfach ganz gemächliches Bummeln im beschaulichen Aschaffenburg. Schliesslich finden wir uns in den Räumen des ortsansässigen Zeiteisen-Dealers wieder. Gedächtnisprotokoll: „Guten Tag, ich suche nach einer sportlichen Uhr. Was mit 40-42mm Durchmesser wäre nice. Und ne drehbare Lünette wäre fancy. Ganz grob sowas wie die hier, nur etwas hochwertiger.“ Ich halte der etwas reserviert dreinschauenden Empfangsdame meine Seiko Glossy vor die Nase. „Ähm ja, setzen Sie sich doch, darf es ein Kaffee oder ein Wasser sein? Ich gebe meinem Kollegen Bescheid.“ Wir setzen uns, bekommen Getränke gereicht und der Kollege erscheint.
Auf Anfrage nach meinem Interesse rezitiere ich mein Sprüchlein. Jetzt wo ich es lese, vielleicht hab ich es doch etwas seröser formuliert. Er zieht also los und holt allerlei Modelle herbei. Tag Heuer Link, Breitling Superocean Heritage, Tudor Black Bay in verschiedenen Ausführungen, LHC und weitere mehr. Blick meiner Freundin inkl. nonverbaler Botschaft mit dem Wortlaut: „Du willst die jetzt nicht wirklich alle umschnallen, oder? Von denen interessiert dich doch keine einzige. Ich weiss doch, nach was du in letzter Zeit schaust.“ Ich zurück telepatisiert: „Ahoi Holde, verstanden! Ich konkretisiere mein Begehr.“ Ich würdige den zur Schau gestellten Objekten keines Blickes und komme erstmal mit dem freundlichen Herrn ins Gespräch. Aktuell viel los in der Uhrenbranche… Kern & Breitling… Uhrforum & Seemannsgarn… Stahlmodelle & Kontingente… Rolex & Wartelisten… Stelle fest: Total sympathischer Dude, der hier im Forum auch mal reinschaut.
Da wir dem Thema sowieso schon ganz nah sind, bereits ne halbe Stunde quatschen und imernoch keine Uhr anprobiert haben, hau ich´s einfach mal raus: „Was haben Sie denn an Rolexstahlmodellen da?“ „Nichts...“ Autsch! „… aber eine Yachtmaster in Bicolor können Sie anprobieren, eine Weissgold-Sub haben wir auch da und lassen Sie mich mal schauen, ich glaube wir haben die neue GMT Master II in Rose-Bicolor da. Die ist zwar reserviert, aber anlegen können Sie sie ja mal. Ich merke schon, mit was anderem bekomme ich Sie nicht. Da möchte ich Ihnen auch nichts aufschwatzen.“ Gesagt, getan. Yachtmaster, wow ein Traum. Grösse fühlt sich super an, der Durchmesser passt perfekt. Dazu ein fataler Erkenntnisgewinn: Die Kombi aus Stahl und Rosegold ist Zucker! Steht mir. Gut sogar. Kritik: Gehäuse zu feminin durch die gewölbten Flanken und das braune Dial ist too much.
Zur Sub: Tolles Modell, weil so selten als Smurf anzutreffen, aber weder im für mich vertretbaren Preisbereich, noch sprechen mich die erschwinglichen Modellvarianten 100%ig an. Weiter zur GMT, für deren Modell in Uni-Schwarz ich mich bereits andernorts habe vormerken lassen, siehe erwähnten Kniefall oben. Lege sie ganz behutsam an, gehört ja quasi schon jemand anderem, und bin schlicht begeistert. Meine Freundin wird später sagen mich lange nicht so eine pure Freude ausstrahlend gesehen zu haben. Randnotiz in einem ohnehin schon alle Rahmen sprengenden Text: Mit ihr bin ich mindestens genauso glücklich, nur kann ich nicht ständig so grenzdebil grinsen. Eigentlich schon weit über der preislichen Schmerzgrenze, aber für mich war soweit alles klar. Super Gespräch gehabt, das Gefühl “trotz” Alter ernst genommen worden zu sein (habe ich schon anders erlebt) und unaufdringlich beraten worden.
“Wenn die in absehbarer Zukunft verfügbar ist, würde ich sie gerne käuflich erwerben.” “Wenn das so ist. Haben Sie noch eine Sekunde? Ich würde gerne prüfen wie verbindlich die Uhr reserviert ist.” Ich bejahe ganz baff. Klar hab ich eine Sekunde. Sitze immerhin schon eine Stunde hier. Aber wie das so ist und weil das wohl zu viel des Guten gewesen wäre war die Reservierung dann leider doch in Stein gemeisselt. Trotzdem eine nicht alltägliche Geste und eine Bestätigung meines Gefühls in guten Händen gelandet zu sein. “Tut mir leid, ich hätte sie Ihnen gerne gegeben. Wir beschaffen Ihnen aber schnellstmöglich eine! So in 4 bis 6 Wochen müsste das machbar sein.” Immernoch viel schneller als ich erwartet hätte. Deal! Auch hier wieder null Druck. “Wenn Sie es sich dann doch anders überlegen, gar kein Ding. Machen Sie sich da keinen Kopf.” Darauf meine Freundin: “Um Himmels Willen jetzt machen Sie es ihm doch nicht so einfach. Wissen Sie wie lange er schon schaut?” Er schaut etwas irritiert, schaltet dann aber blitzschnell: “Achso ja, ok. In dem Fall müssen Sie die Uhr natürlich nehmen.”
Und weil wir ihm wohl zwischenzeitlich ans Herz gewachsen waren und meine Freundin einmal mehr nicht verheimlichen konnte eine Affinität für alles was glitzert zu haben (die kleine Elster): “Sagen Sie, wollen Sie nochmal etwas ganz Besonderes sehen? Ich hab hier eine Uhr, die gibt es 2 Mal in Deutschland. Kostet 77k und die sehen Sie live vermutlich nie wieder.” “Nur her damit.” Zurück kam er mit folgendem Prachtstück, das uns stolz präsentiert wurde und meine Freundin heute noch schwärmen lässt.
Gott sei Dank war das uhrgewordene Geldbündel schon vergeben, sonst würde meine Elster wohl die nächsten Jahre einen Uhrenkredit abbezahlen müssen und in Lumpen umherrennen, nur um das funkelndste Ding dieses Planeten am Handgelenk zu tragen. Aber zurück zu meiner Schönheit. Nach Wochen und mittlerweile Monaten war leider nichts zu hören. Gut Zeitdruck hatte ich keinen, meine zu erwartbare Lebenszeit hatte noch etwas Reserve. Nachdem Basel nun aber durch war und ich doch etwas nervös wurde, hab ich mich dann einfach mal beim Konzi gemeldet. Wie der Zufall es wollte, war ihm gerade die Lieferung eines Modells angezeigt worden. Freitags nachmittags bekomme ich die Nachricht, die Uhr sei da. Mist, das WE war eigentlich nicht geplant in die Heimat zu fahren. Egal, Samstagvormittag stehe ich mit der Liebsten im Laden. Service wieder top. Super Gespräch geführt. Alles tutti. Bis auf ein winziges Detail. Die Erhöhung meines Tageslimits über´s Onlinebanking hat natürlich nicht geklappt. Fu**!
Hin und her probiert, aber alles nicht gefruchtet. Hotline der Bank war natürlich am Samstag auch nicht besetzt. Vorsichtshalber hatte ich die Uhr inzwischen schonmal wieder abgelegt und mich seelisch mit der Vertagung der Mitnahme abgefunden. Aber wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Der nette Herr beim Konzi hat sich dann nach einer Lösung bemüht und so konnte ich mein Prachtstück doch mitnehmen. Also genau genommen beide, Uhr und Freundin.
Die Uhr
Ein wenig Raum für die Einordnung dieser Uhr im horologischen Universum muss auch noch sein. Die GMT-Master (ohne röm. 2) wurde erstmals 1954 vorgestellt und wurde für den professionellen Einsatz von Piloten entworfen. Zu diesem Zwecke wurde, in Form von einem vierten Zeiger und einer 24h Lünette, die Möglichkeit mehrere Zeitzonen anzuzeigen realisiert. Mittlerweile heisst die Modellreihe GMT-Master II und hat eine Vielzahl an Modelvariationen hervorgebracht.
Die wohl prominenteste Vertreterin, die “Pepsi” mit ihrer blau-roten Lünette zur Unterteilung von Tag und Nacht, wurde zur Baselworld 2018 neu aufgelegt. Im Windschatten der kontrovers diskutierten und heiss begehrten Pepsi ist ebenfalls meine 126711CHNR und ihre vollrosegoldene Schwester erschienen. Sehr viel leiser und, wenn man so will, mit der gelassenen Ruhe eines 70jährigen, an dessen Handgelenk man Bicolor-Uhren verorten würde. Apropos 70, in ihrem Inneren werkelt das neue Kaliber 3285 mit 70 Stunden Gangreserve, was sie mindestens zum marathonlaufenden Bestager in den 40igern verjüngt.
Neu ist im Übrigen auch die gesamte farbliche Gestaltung. Zwar wird das Modell in Anlehnung an seine Vorfahren gerne als “Rootbeer” bezeichnet. Das referenzierte Modell unterscheidet sich jedoch in vielen Punkten. Bislang gab es lediglich vollständig braune Alulünetten oder braun-golden unterteilte. Die Kombination aus schwarz-braun ist damit meines Kenntnisstandes eine nie dagewesene. Insbesondere mit einem schwarzen statt braunen Ziffernblatt. Ein weiteres Unikum ist der Einsatz von Rosegold (Rolexsprech “Everose”). Bislang gab es lediglich Modelle in Stahl, Gelbgold und Weissgold. Mithin plädiere ich für einen eigenständigen Spitznamen und würde mich freuen, wenn Ihr in den Kommentaren den ein oder anderen Vorschlag hinterlasst oder jedenfalls Eure Meinung zu dieser im höchsten Masse unsäglichen Undifferenziertheit teilt.
Ich hoffe Euch nicht zu sehr gelangweilt zu haben und zolle meinen Respekt an diejenigen, welche bis hier hin durchgehalten haben. *Hut ab Geste* Weil es hier guter Brauch ist, noch ein paar gesammelte Daten, bevor weitere Bilder folgen (leider alles nur Handyqualität):
Material - Kombination aus Edelstahl Oystersteel und 18 Karat Everose-Gold
Durchmesser - 40mm
Lünette - 24h-Einteilung, zweifarbig in schwarz-brauner Keramik
Werk - Kaliber 3285, GMT-Funktion, 70h Gangreserve
Wasserdichtheit - 100m
Band - Oyster dreireihig mit polierten Mittelgliedern und Oysterlock-Schliesse mit Easylink-Verlängerung
heute möchte ich Euch meine erste Uhrenvorstellung vorlegen und hoffe auf Euer Wohlgefallen. Da es sich hierbei um etwas, für mich jedenfalls, ganz besonderes handelt, schreibe ich hier “ein bisschen” ausführlicher. Wer darauf keine Lust hat, springt einfach direkt zu den Bildern. Den anderen wünsche ich Durchhaltevermögen und rate zu einer angenehmen Sitzposition sowie einem Entspannungsgetränk nach Wahl.
Prolog
Was bewegt jemanden heutzutage sich ein völlig überflüssiges Gadget, das nicht mehr vermag als die schnöde Zeit anzuzeigen, ums Handgelenk zu schnallen? Nebenbei auch noch für mehrere tausend Euro? Ist es der Sinn für Ästhetik? Eine Selbstbelohnung für ein erreichtes Ziel? Ist man Opfer von ausgeklügeltem Marketing geworden *augenzwinker*? Das Verlangen etwas dauerhaft beständiges, im Zeitgeist des aktuellen Sprachgebrauchs „nachhaltiges“, zu besitzen? Oder die Begeisterung für mechanische Präzision auf engstem Raum? Diese Liste würde sich vermutlich endlos weiterführen lassen und ich kann Euch in meinem Fall nicht die eine Antwort liefern. Mit Sicherheit ist es das Zusammentreffen vieler dieser Gründe.
Aber nochmal einen Schritt zurück. Ich bin Ende 20 und damit gemessen am Altersdurchschnitt des Forums wohl unter den eher Jüngeren. Der Auffassung Leute meines Alters trägen entweder Smartwatch, Diesel-Tellerminen oder gar keine Uhr begegnet man hier immer wieder. Stimmt oftmals auch, so meine Beobachtung.
Als Kind der 90iger und damit nachhaltig von James Bond in Form von Pierce Brosnan (Mensch ist der alt geworden) geprägt, war zumindest mein Interesse für Armbanduhren früh geweckt. Nichtsdestotrotz habe ich erst während der Ausbildung wirklich begonnen eine Armbanduhr zu tragen und dort keineswegs mechanische, sondern eine herkömmliche G-Shock. Das war für mich einfach eine gute Kombination aus Sportlichkeit, Widerstandsfähigkeit und Optik. Als Chemielaborant dauernd das Handy unter dem Kittel hervorzukramen ging einfach nicht und wurde vor allem nicht gern gesehen.
Nach der Ausbildung bin ich nie wieder im Labor gestanden, jedenfalls nicht um zu arbeiten, und trug in meinem Job seitdem eher Hemd und Hose, manchmal Anzug. Daher habe ich mir einen, nach (damals) ästhetischen Gesichtspunkten ausgewählten, Quarz-Dresser von Festina zugelegt. Angefangen mich für mechanische Uhren zu interessieren habe ich dann erst während des Studiums, das ich neben meinem Job angefangen hatte. Zum einen lief mittlerweile Daniel Craig mit Seamaster 300 am Natoband über die Leinwände und zum andern hatte ich einen Dozenten (mindestens genauso cooler Tüpp wie DC) der eine typisch „breitlingest“ glänzende Superocean II trug.
Nichtsdestotrotz, mir lag nichts ferner als tausende Euros für eine Uhr auszugeben. Durch Lektüre hier im Forum und eifriger Suche bin ich dann aber auf die Seiko Glossy in der schwarzen Version gekommen, die ich mir inkl. Nato im Bond-Style gekauft habe. Gut im Prinzip könnt Ihr Euch den Rest nun denken. Einmal angefangen gibt´s kein Ende. Das Thema mechanische Uhren begleitet mich seitdem. Immer wieder lande ich hier im Forum, schmachte Bilder grossartiger Uhren an oder lese wahlweise spannende, kontroverse oder völlig sinnbefreite Diskussionen mit. Derweil kam natürlich die ein oder andere Uhr dazu und/oder hat mich auch schon wieder verlassen.
Der Kauf
Schon ganz schön viel getratscht! Nun aber zum Kauf, um den es hier gehen soll. Nachdem ich letztes Jahr mein Studium beendet habe, danach den Job gewechselt und im Zuge dessen meiner Heimat 400km ferner wurde, war es mir ein grosses Verlangen endlich etwas zu erwerben, was all die eingangs erwähnten Beweggründe in sich vereint.
Nach monatelanger Recherche, aufkommenden und wieder abflauenden Begeisterungsstürmen, Anprobiererei, nach einigem Hin und Her, war mein Ziel auf eine Modellreihe eingegrenzt. Hurra! Blöd nur, wenn Du dann feststellst, dass die Schwätzer aus dem Forum gar keine so realitätsfernen Nerds sind, sondern schlicht und ergreifend Recht haben und nüchterne Realos sind. Wartelisten wohin man schaut und Lieferzeiten, die über das Geburtsjahr potenzieller Enkelkinder hinausreichen. Da ich noch nicht einmal Kinder habe und schon gar keine Enkelkinder, war mir dieses Wagnis zu heiss. Was, wenn meine Enkelkinder total unsympathische Nullnummern würden und eine solche Uhr gar nicht zu schätzen wüssten, wenn sie sie dann im Jahr 2071 in Empfang nehmen dürften? Nein, für dieses undankbare Volk geh ich beim Konzi nicht auf die Knie! Ok, ich geb´s zu. Habe mich dann doch aufschreiben lassen. Aber nur, weil ich Q1/19 versprochen bekommen hab. Schwör!
Nun also abwarten, Tee trinken und weiter die grossen Jungs im Forum um ihre Traumwecker beneiden. Oben drauf natürlich noch meine Freundin: “Bist du schon wieder in diesem Forum? Du hast doch schon zig Uhren. Alle schwarz/silber. Würdest du wenigstens mal was mit Farbe kaufen. Und überhaupt, was sind das für Leute die in sonem Forum rumhängen?“ Meine mittlerweile einzige Reaktion auf solche Kommentare: *Zähneknirschen*. Hat ja Recht das Mädchen…
Wie dem auch sei, das neue Jahr hatte frisch begonnen, ich befand mich noch im „Heimaturlaub“ und war mit meiner Liebsten auf Shopping-Tour. Nein, nicht für VOX unterwegs und „HALLO wir sind von Shopping Queen und möchten gern den ganzen Laden kaufen“-kreischend. Einfach ganz gemächliches Bummeln im beschaulichen Aschaffenburg. Schliesslich finden wir uns in den Räumen des ortsansässigen Zeiteisen-Dealers wieder. Gedächtnisprotokoll: „Guten Tag, ich suche nach einer sportlichen Uhr. Was mit 40-42mm Durchmesser wäre nice. Und ne drehbare Lünette wäre fancy. Ganz grob sowas wie die hier, nur etwas hochwertiger.“ Ich halte der etwas reserviert dreinschauenden Empfangsdame meine Seiko Glossy vor die Nase. „Ähm ja, setzen Sie sich doch, darf es ein Kaffee oder ein Wasser sein? Ich gebe meinem Kollegen Bescheid.“ Wir setzen uns, bekommen Getränke gereicht und der Kollege erscheint.
Auf Anfrage nach meinem Interesse rezitiere ich mein Sprüchlein. Jetzt wo ich es lese, vielleicht hab ich es doch etwas seröser formuliert. Er zieht also los und holt allerlei Modelle herbei. Tag Heuer Link, Breitling Superocean Heritage, Tudor Black Bay in verschiedenen Ausführungen, LHC und weitere mehr. Blick meiner Freundin inkl. nonverbaler Botschaft mit dem Wortlaut: „Du willst die jetzt nicht wirklich alle umschnallen, oder? Von denen interessiert dich doch keine einzige. Ich weiss doch, nach was du in letzter Zeit schaust.“ Ich zurück telepatisiert: „Ahoi Holde, verstanden! Ich konkretisiere mein Begehr.“ Ich würdige den zur Schau gestellten Objekten keines Blickes und komme erstmal mit dem freundlichen Herrn ins Gespräch. Aktuell viel los in der Uhrenbranche… Kern & Breitling… Uhrforum & Seemannsgarn… Stahlmodelle & Kontingente… Rolex & Wartelisten… Stelle fest: Total sympathischer Dude, der hier im Forum auch mal reinschaut.
Da wir dem Thema sowieso schon ganz nah sind, bereits ne halbe Stunde quatschen und imernoch keine Uhr anprobiert haben, hau ich´s einfach mal raus: „Was haben Sie denn an Rolexstahlmodellen da?“ „Nichts...“ Autsch! „… aber eine Yachtmaster in Bicolor können Sie anprobieren, eine Weissgold-Sub haben wir auch da und lassen Sie mich mal schauen, ich glaube wir haben die neue GMT Master II in Rose-Bicolor da. Die ist zwar reserviert, aber anlegen können Sie sie ja mal. Ich merke schon, mit was anderem bekomme ich Sie nicht. Da möchte ich Ihnen auch nichts aufschwatzen.“ Gesagt, getan. Yachtmaster, wow ein Traum. Grösse fühlt sich super an, der Durchmesser passt perfekt. Dazu ein fataler Erkenntnisgewinn: Die Kombi aus Stahl und Rosegold ist Zucker! Steht mir. Gut sogar. Kritik: Gehäuse zu feminin durch die gewölbten Flanken und das braune Dial ist too much.
Zur Sub: Tolles Modell, weil so selten als Smurf anzutreffen, aber weder im für mich vertretbaren Preisbereich, noch sprechen mich die erschwinglichen Modellvarianten 100%ig an. Weiter zur GMT, für deren Modell in Uni-Schwarz ich mich bereits andernorts habe vormerken lassen, siehe erwähnten Kniefall oben. Lege sie ganz behutsam an, gehört ja quasi schon jemand anderem, und bin schlicht begeistert. Meine Freundin wird später sagen mich lange nicht so eine pure Freude ausstrahlend gesehen zu haben. Randnotiz in einem ohnehin schon alle Rahmen sprengenden Text: Mit ihr bin ich mindestens genauso glücklich, nur kann ich nicht ständig so grenzdebil grinsen. Eigentlich schon weit über der preislichen Schmerzgrenze, aber für mich war soweit alles klar. Super Gespräch gehabt, das Gefühl “trotz” Alter ernst genommen worden zu sein (habe ich schon anders erlebt) und unaufdringlich beraten worden.
“Wenn die in absehbarer Zukunft verfügbar ist, würde ich sie gerne käuflich erwerben.” “Wenn das so ist. Haben Sie noch eine Sekunde? Ich würde gerne prüfen wie verbindlich die Uhr reserviert ist.” Ich bejahe ganz baff. Klar hab ich eine Sekunde. Sitze immerhin schon eine Stunde hier. Aber wie das so ist und weil das wohl zu viel des Guten gewesen wäre war die Reservierung dann leider doch in Stein gemeisselt. Trotzdem eine nicht alltägliche Geste und eine Bestätigung meines Gefühls in guten Händen gelandet zu sein. “Tut mir leid, ich hätte sie Ihnen gerne gegeben. Wir beschaffen Ihnen aber schnellstmöglich eine! So in 4 bis 6 Wochen müsste das machbar sein.” Immernoch viel schneller als ich erwartet hätte. Deal! Auch hier wieder null Druck. “Wenn Sie es sich dann doch anders überlegen, gar kein Ding. Machen Sie sich da keinen Kopf.” Darauf meine Freundin: “Um Himmels Willen jetzt machen Sie es ihm doch nicht so einfach. Wissen Sie wie lange er schon schaut?” Er schaut etwas irritiert, schaltet dann aber blitzschnell: “Achso ja, ok. In dem Fall müssen Sie die Uhr natürlich nehmen.”
Und weil wir ihm wohl zwischenzeitlich ans Herz gewachsen waren und meine Freundin einmal mehr nicht verheimlichen konnte eine Affinität für alles was glitzert zu haben (die kleine Elster): “Sagen Sie, wollen Sie nochmal etwas ganz Besonderes sehen? Ich hab hier eine Uhr, die gibt es 2 Mal in Deutschland. Kostet 77k und die sehen Sie live vermutlich nie wieder.” “Nur her damit.” Zurück kam er mit folgendem Prachtstück, das uns stolz präsentiert wurde und meine Freundin heute noch schwärmen lässt.
Gott sei Dank war das uhrgewordene Geldbündel schon vergeben, sonst würde meine Elster wohl die nächsten Jahre einen Uhrenkredit abbezahlen müssen und in Lumpen umherrennen, nur um das funkelndste Ding dieses Planeten am Handgelenk zu tragen. Aber zurück zu meiner Schönheit. Nach Wochen und mittlerweile Monaten war leider nichts zu hören. Gut Zeitdruck hatte ich keinen, meine zu erwartbare Lebenszeit hatte noch etwas Reserve. Nachdem Basel nun aber durch war und ich doch etwas nervös wurde, hab ich mich dann einfach mal beim Konzi gemeldet. Wie der Zufall es wollte, war ihm gerade die Lieferung eines Modells angezeigt worden. Freitags nachmittags bekomme ich die Nachricht, die Uhr sei da. Mist, das WE war eigentlich nicht geplant in die Heimat zu fahren. Egal, Samstagvormittag stehe ich mit der Liebsten im Laden. Service wieder top. Super Gespräch geführt. Alles tutti. Bis auf ein winziges Detail. Die Erhöhung meines Tageslimits über´s Onlinebanking hat natürlich nicht geklappt. Fu**!
Hin und her probiert, aber alles nicht gefruchtet. Hotline der Bank war natürlich am Samstag auch nicht besetzt. Vorsichtshalber hatte ich die Uhr inzwischen schonmal wieder abgelegt und mich seelisch mit der Vertagung der Mitnahme abgefunden. Aber wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Der nette Herr beim Konzi hat sich dann nach einer Lösung bemüht und so konnte ich mein Prachtstück doch mitnehmen. Also genau genommen beide, Uhr und Freundin.
Die Uhr
Ein wenig Raum für die Einordnung dieser Uhr im horologischen Universum muss auch noch sein. Die GMT-Master (ohne röm. 2) wurde erstmals 1954 vorgestellt und wurde für den professionellen Einsatz von Piloten entworfen. Zu diesem Zwecke wurde, in Form von einem vierten Zeiger und einer 24h Lünette, die Möglichkeit mehrere Zeitzonen anzuzeigen realisiert. Mittlerweile heisst die Modellreihe GMT-Master II und hat eine Vielzahl an Modelvariationen hervorgebracht.
Die wohl prominenteste Vertreterin, die “Pepsi” mit ihrer blau-roten Lünette zur Unterteilung von Tag und Nacht, wurde zur Baselworld 2018 neu aufgelegt. Im Windschatten der kontrovers diskutierten und heiss begehrten Pepsi ist ebenfalls meine 126711CHNR und ihre vollrosegoldene Schwester erschienen. Sehr viel leiser und, wenn man so will, mit der gelassenen Ruhe eines 70jährigen, an dessen Handgelenk man Bicolor-Uhren verorten würde. Apropos 70, in ihrem Inneren werkelt das neue Kaliber 3285 mit 70 Stunden Gangreserve, was sie mindestens zum marathonlaufenden Bestager in den 40igern verjüngt.
Neu ist im Übrigen auch die gesamte farbliche Gestaltung. Zwar wird das Modell in Anlehnung an seine Vorfahren gerne als “Rootbeer” bezeichnet. Das referenzierte Modell unterscheidet sich jedoch in vielen Punkten. Bislang gab es lediglich vollständig braune Alulünetten oder braun-golden unterteilte. Die Kombination aus schwarz-braun ist damit meines Kenntnisstandes eine nie dagewesene. Insbesondere mit einem schwarzen statt braunen Ziffernblatt. Ein weiteres Unikum ist der Einsatz von Rosegold (Rolexsprech “Everose”). Bislang gab es lediglich Modelle in Stahl, Gelbgold und Weissgold. Mithin plädiere ich für einen eigenständigen Spitznamen und würde mich freuen, wenn Ihr in den Kommentaren den ein oder anderen Vorschlag hinterlasst oder jedenfalls Eure Meinung zu dieser im höchsten Masse unsäglichen Undifferenziertheit teilt.

Ich hoffe Euch nicht zu sehr gelangweilt zu haben und zolle meinen Respekt an diejenigen, welche bis hier hin durchgehalten haben. *Hut ab Geste* Weil es hier guter Brauch ist, noch ein paar gesammelte Daten, bevor weitere Bilder folgen (leider alles nur Handyqualität):
Material - Kombination aus Edelstahl Oystersteel und 18 Karat Everose-Gold
Durchmesser - 40mm
Lünette - 24h-Einteilung, zweifarbig in schwarz-brauner Keramik
Werk - Kaliber 3285, GMT-Funktion, 70h Gangreserve
Wasserdichtheit - 100m
Band - Oyster dreireihig mit polierten Mittelgliedern und Oysterlock-Schliesse mit Easylink-Verlängerung