
theAzzi
Themenstarter
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(Bild von meiner Uhr, aber durch einen Profi abgelichtet)
Hallo liebe Foristi,
ich bin ja ein wenig ein Vorstellungsmuffel, diese möchte ich aber doch präsentieren im Zusammenhang mit einer kleinen Leidenskarriere. Streng genommen handelt es sich nicht um meine Uhr, sondern um die meines Sohnes. Der kleine Räuber freut sich schon, dass er seinen Papa unter vorgehaltenem Messer zu dem Kauf zwingen konnte (Tatwaffe liegt links auf dem Boden).

Aber von vorne...
Meine Uhrenleidenschaft geht bereits zurück in die Kindheit. Meine Eltern hatten ein Faible für allerlei mechanische Wand- Schrank- und Standuhren. Von der Handgeschnitzten Holzvariante über filigrane Ausführungen zur 1,8m hohen Variante im Flur. In Flur und Wohn+ Esszimmer waren es sicherlich um die 15 Stück. Am Wochenende durfte ich manchmal alle aufziehen sowie stellen und erfreute mich am Ticken und Tacken im Raume.
Ich war als Kind mit meinen Eltern öfters in asiatischen Gefilden unterwegs. So kamen in den Urlauben dann diverse „Hommage“ *hust* an das Handgelenk und ich hatte mit ~12 schon meine erste Uhrensammlung an diversen Rolexkopien. Zum Glück hielten die sich nie lange (vor 20-25 Jahren waren die Fakes noch schlechter als Heute) und landeten schnell im Müll. Trotzdem waren damals die „Desinganleihen“ der Explorer I und Datejust meine liebsten Spielzeuge.
In der Uni erwachte die Lust dann wieder, aus finanziellen Gründen zunächst auf dem Vintage Markt. Tissot, Omega, Sowjets, Ruhla, GUB, … es sammelte sich wieder etwas an. Dann kamen mehrere Orients und Seikos sowie eine unfassbar teure Certina DS1 Limited Edition.
Mit dem Einstieg in das Berufsleben kam auch der positive Nebeneffekt des selbigen und plötzlich war mehr Spielraum vorhanden. Auch entdeckte ich ein wenig das Flippern, so dass diverse Modelle von Omega, Longines, Breitling und eine Grand Seiko mein Handgelenk schmückten.
Nun hat so eine Flipper Karriere etwas schönes und macht auch viel Spaß. Trotzdem hat sich vor längerer Zeit ein Gedanke bei mir festgesetzt. Mein Vater ist noch während meines Studiums von uns gegangen und ich hätte wirklich gerne einen viel getragenen Gegenstand von Ihm, den ich auch heute noch gelegentlich verwenden und nicht nur in die Vitrine legen könnte (was die Frau stört, habe es probiert…

Ich könnte jetzt ewig lange ausführen, warum ich ausgerechnet zu dieser Explorer als „Erbstück“ (oder einfach so als Übergabe) gekommen bin. Die Kurzfassung: Begeisterung für die Historie dieses Modells (war vor dem Vatertum sehr sehr gerne mit dem Backpack unterwegs, gerne in entlegeneren Regionen, gerne in den Bergen oder anders sportlich ambitioniert), sehr robustes Werk, sehr robustes Gehäuse, langfristig verfügbare Ersatzteile, Größe die vermutlich nie zu groß oder zu klein sein wird, Design das nie als „2010er“ erkennbar sein wird. Auch spreche ich Rolex als Hersteller in 30 Jahren am ehesten noch einen Wert zu – ist natürlich Glaskugel, aber vom heutigen Standpunkt aus. Diver sind heute modern, wer weiß was in Zukunft ist. Da ist eine zwischen sportlich und elegant schwebende Explorer I, welche mir persönlich auch noch exorbitant gut gefällt, die beste Lösung für mich gewesen.
Die aktuelle Version gehört zudem in meinen Augen zu den hübschesten, das Problem mit den Zeigern wurde gelöst. Easylink, blaue Lume und allen Schnickschnack gibt es auch sowie ein bewährtes Werk.
Die wichtigsten Punkte zum Schluss: Das Modell gefällt mir schlicht und ergreifend extrem gut und der Tragekomfort ist großartig. Zudem noch eine ungeschlagene Ablesbarkeit. Wenn eine Uhr für die nächsten Jahrzehnte die nicht geflippert werden soll, so fällt die Wahl bei mir ganz klar auf diese.
Und das schönste: Es gibt sie aus dem Geburtsjahr meines Sohnes. Für mich ein Win-Win – ich habe eine aktuelle Uhr an der ich mich erfreuen kann und sie ist zeitgleich so alt wie derjenige, der sie irgendwann mal erhalten soll. Natürlich mit Tragespuren, so etwas muss so eine Uhr aushalten und ein Erinnerungsstück auch irgendwann haben.
Leider mussten mich hierfür viele tolle Uhren verlassen, aber das war es mir (mit manchem Tränchen) Wert .
Am meisten schmerzt mich offen gestanden der Verlust der GS SBGM 001. Ebenfalls die perfekte Uhr, nur auf eine andere Art und Weise. Darum schließe ich einfach noch einen kurzen Vergleich der beiden Uhren an – einfach weil ich es möchte und kann, nicht weil es irgendeinen Sinn ergibt…
Die Fotos sind keines Vergleiches Wert, wie er von manch begabtem User hier betrieben wird. Es sind wie alle Bilder Handy Fotos, es geht nur um Lust an der Freude, der Rest muss meiner subjektiven Wahrnehmung entnommen werden. Auch besitze ich keine Uhrmacher Lupe.
Aber zum x-ten Mal einfach die technischen Daten runter schreiben ist ja auch irgendwie lahm. Ich halte mich kurz.

Da sind sie also die beiden Schönheiten! Jede auf Ihre Art und Weise eine eine Klasse für sich.
Starten wir mit dem Belanglosestem: Die Verpackung. Klarer Punkt an Rolex, deutlich schöner gestaltet, deutlich hochwertiger – aber für mich gänzlich nebensächlich


Das Ziffernblatt… Hier wird es interessant.
Die Grand Seiko ist eine Perfektion an Facetten und Details. Das Ziffernblatt ist glänzend und „saftig“ schwarz. Aus jedem Winkel funkelt eine der Phasen an den Indizes oder auch mal 2-3 wie bei einem gut geschliffenem Diamanten, ohne dass jemals alles gleichzeitig funkelt.
Die Zeiger sehen aus wie rasiermesserscharf geschliffene Klingen, der GMT Zeiger bietet einen knackigen Kontrast. Der Vollständigkeit halber gibt es ein knackig eingefasstes Datum, ebenfalls mit handpolierten Facetten. In einem Satz würde ich die Uhr insgesamt als sportliches Schmuckstück mit einem Hauch „Aggressivität“ bezeichnen.
Die Explorer kommt gänzlich anders daher. Schlicht. Ruhig. Simpel. Understated.
Aber das alles ebenfalls in einer Perfektion, bei der es ggf. ein wenig dauert sie zu verstehen. Das Ziffernblatt ist in meinen Augen extrem ausgewogen. Die mit Lumen gefüllten Indizes sind in Weißgold gefasst, was nur dem Träger bekannt ist. Nichts schreit „Hey, ich trage eine teure Uhr“, es sieht auf den ersten Blick eher nach einer sehr hübschen Toolwatch aus. Muss man mögen, vielen ist es zu „langweilig“. Ich persönlich finde es klasse, es ist kein Design an dem man sich satt sieht, trotzdem fängt diese Schönheit mit der Zeit immer mehr an Ihre Wirkung zu erzielen. Nicht zu Unrecht wird die Explorer I als die Uhr gesehen, die wirklich zu allem passt – von der Badehose bis zum Anzug.

An der Flanke setzt sich die Geschichte fort. Die Ex ist schlicht, in Ihrer Schlichtheit aber perfekt ausgeführt. Eine wunderschöne auf den hundertstel Millimeter perfekt durchdachte und ausgeführte Linie.
Die GS ist ein gutes Stück aufwändiger gearbeitet und bleibt damit der sportlich / schmuckigen Linie Treu. Es gibt mehr Kanten und Winkel, so dass das Licht in jedem Winkel irgendwie / irgendwo spiegelt um dem Betrachter zu zu Zwinkern.
Beide haben eine sauber verschraubte Krone.
Die Grand Seiko baut höher. Ein nicht unwesentlicher Faktor. Sie ist nah an der Grenze zu mopsig. Die neueren Modelle der Linie bauen noch höher, was mir persönlich zu viel wäre.
Die Explorer hat einfach eine unglaublich angenehme Höhe und schmiegt sich extrem gut an das Handgelenk.


Die Schließe ist bei der Grand Seiko in meinen Augen optisch schöner da kürzer gehalten und wunderschön in das Band integriert. Aber hier kommt einer der echten Nachteile der GS: Keine Feinverstellung. Gespielt wird über halbe Bandglieder. Kein Sicherheitsbügel.
Die Ex hingegen hat 3 Feinjustierungen sowie Easylink. Ebenfalls perfekt verarbeitet, alles fest und trotzdem leicht zu öffnen / schließen. Easylink hielt ich zunächst für Spielkram, wenn ich ehrlich bin. Jetzt muss ich aber doch gestehen, dass ich sie aktiv nutze. Position 1 ist relativ eng. So eng, dass sie auch in normalen Zustand nicht verrutscht – würde ich mich ohne Easy Link nicht trauen. Kennt bestimmt jeder: Morgens im Büro, insbesondere im Winter schlackert es. Bei Wärme oder körperlicher Betätigung passt es dann (oder ist dann zu eng…). In Position 2 passt es wunderbar, wenn ich mich körperlich betätige oder es warm ist – ebenfalls ohne zu schlackern.
Die Bänder… beide sind sehr bequem und sind schön gearbeitet. Das entfernen von Gliedern ist bei der Rolex deutlich einfacher (bei der GS 2 Schrauben und 2 Stifte je Glied). Ich hatte schon einige der „Benchmark“ Bänder (Omega SMP, Breitling) – alle sind bequem. Lediglich die Feinverstellungsmöglichkeiten der Ex machen das Band noch bequemer.

There isn’t any watch repair shop on top of the playground!

Meine allgemeine Betrachtung der beiden: Zwei sportlich elegante Uhren in Perfektion, die beide understated sind. Understatement kommt hier aber durch unterschiedliche Faktoren.
Bei Grand Seiko klar durch die Marke. Die Uhr ist auffällig. Sehr auffällig, auch wenn es auf den Bildern nicht so wirkt. Ich habe selten erlebt, dass eine Uhr so viele Blicke auf sich gezogen hat. Bei meiner Frau war die erste Reaktion „Uih, die funkelt aber!“. Der Effekt ist ähnlich einer Datejust mit Riffel und Jubi in sportlicher. Das Understatement kommt einzig durch den „SEIKO“ Schriftzug.
Die Explorer hingegen wirkt wie gesagt sehr ruhig und ausgewogen. Eine Uhr die definitiv überzeugt, aber eher auf dem zweiten Blick. Wer nicht möchte, dass der Blick auf die Uhr gezogen wird, der wird mit der Ex etwas glücklicher werden.
Die Ablesbarkeit ist bei beiden Uhren sehr gut, aber die Explorer ist hier quasi unschlagbar. Egal ob Tag, Nacht, hell, dunkel, Winkel, … Ein Blick genügt.
Die Werke sind beide super. (PUNKT) Ich magnetisiere extrem gerne Uhren, ein Eta ist bei mir meist nach 2 Wochen magnetisiert. Mit beiden keine Probleme diesbezüglich. Die Grand Seiko hatte bei mir ~2 Sekunden Abweichung pro Tag, die Ex ~1 Sekunde. In den Details wie Shock Absorber und Co kenne ich mich zu wenig aus, das müssten Experten beurteilen.
Da das Rolex 3132 weiter verbreitet ist, weniger Komplikationen hat und extrem gut zu warten sein soll, spreche ich dem Rolex Werk einfach mal eine höhere Langlebigkeit zu. Gerade dieses Werk ist ja bekannt für seine Robustheit (z.B. erster Service nach 10 Jahren laut Hersteller).
Letztendlich ist und bleibt es Geschmackssache. Die ruhig- elegante Toolwatch gegen das sportliche Schmuckstück.
Die Explorer ist etwas angenehmer zu tragen (Bauhöhe + Feinverstellung), super ablesbar, extrem vielseitig, robust und sehr ganggenau. Was will man mehr?
Ich für meinen Teil bin sehr zufrieden mit meiner Wahl, auch wenn die GS mich hierfür verlassen musste.

Vielen Dank an alle, die soweit gelesen haben!
Liebe Grüße
Michael
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