Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy"

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zeitgeist23

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Moin an alle Uhrenliebhaber/innen

Heute möchte ich Euch über die Reparatur einer sogenannten Dollar-Watch Taschenuhr der US-Marke „Ingraham“ Baujahr 1951 berichten.

Vorweg aber ein kleiner Hinweis in eigener Sache: Meine Berichte sind nicht für die Profis bestimmt, sondern für Laien wie mich. Somit könnten meine Vorgehensweisen bei den Fachleuten teilweise Kopfschütteln hervorrufen. Aber trotzdem versuche ich, soweit es meine Fähigkeiten und mein Equipment zulassen, mich nach den Profis zu richten. Das ist nicht immer einfach, denn schon allein die richtigen Fachbegriffe zu verwenden, in diesem Fall gepaart mit den Übersetzungen aus dem Amerikanischen, ist eine Herausforderung für sich. Erschwerend kommt hinzu, dass zwischen dem ersten Tag des Zerlegens und der Fertigstellung, manchmal zwei bis drei Monate liegen können; ist halt Hobby.

Von daher sind für mich auch meine handschriftlichen Notizen, Zeichnungen sowie meine Fotos bei jeder Reparatur quasi „überlebenswichtig“.
Nun aber zu meiner Pocket Watch „Ingraham“.

1.jpg

Zunächst recherchiere ich, um was für ein Model und um welches Kaliber es sich bei der Taschenuhr handelt.
Selbst für Laien lassen sich normalerweise aus meiner Sicht amerikanische Uhrwerke eigentlich relativ einfach anhand der eingestanzten Werk-Nr. identifizieren.
Bei sogenannten “Dollar-Watches“ ist Das nicht ganz so einfach. Sie haben keine eingestanzte Werk-Nr., denn auch damals war wie heute jeder zusätzliche Arbeitsgang mit Kosten verbunden.

Wie der Name schon sagt, kosteten diese Taschenuhren damals ungefähr zwischen einem und sieben Dollar. Obwohl die Firma Ingraham seit ihrer Gründung im Jahr 1835 bis zu ihrer Schließung im Jahr 1958 fast 65.000.000 Uhren herstellte, sind Daten zu den verbauten Werken kaum zu bekommen. In der Datenbank www.pocketwatchdatabase.com. wird diese Marke erst gar nicht aufgeführt.

Recherchemöglichkeiten, sei es im www. oder in den Printmedien sind allerdings einige vorhanden. Um die technischen Feinheiten des betreffenden Kalibers heraus zu bekommen, benutze ich zusätzlich ein Nachschlagewerk von Roy Ehrhardt „American Pocket Watches, Identification and Price Guide“.
Mittlerweile habe ich mir sogar ein weiteres Nachschlagewerk zugelegt: „Complete Price Guide to Watches“ von Cooksey Shugart; was in dem Einen nicht steht, steht in dem Anderen. Anhand der dort festgelegten Nummern- und Buchstabenfolgen (ähnlich einer Fahrgestellnummer bei Autos) kann man selbst über diese amerikanischen Dollar-Watch Werke Informationen heraus bekommen.

Schon allein diese Recherchearbeiten bereiten mir richtig Freude.

Bei meiner „Ingraham“, welche ich mit dem Hinweis „For Parts or Repair“ über eBay in Chile gekauft hatte, ermittelte ich anhand der zuvor genannten Möglichkeiten folgenden Code: „16s-0j-OG5P-U-Dollar“. Die Bedeutungen lassen sich wie folgt ableiten:

16s = Size, eine amerikanische Größenangabe des Werkes (43,18 mm)
0j = Jewels (keine Steine)
O = Open face (Gehäusebauart, Aufzug bei 12.00 Uhr)
G = Vergoldet bzw. Messing (Glänzende Beschichtung des Werkes)
5 = Model-Nr. des Herstellers
P = Pendant Set (Zeigerverstellung über die Krone)
U = Unadjusted (Werk nicht feinjustiert)
Dollar = Kalibername des Herstellers

Um zunächst zumindest halbwegs Planungssicherheit zu haben, erfolgt jetzt die Erstkontrolle oder besser gesagt die Bestandsaufnahme. Dabei konnte ich dann folgendes feststellen:

1. Gehäuse: Glashaltering mit Glas und hinterer Deckel sind aufgepresst. Scheinen ok zu sein.
2. Aufzug/Zeigerstellung: Zeigerverstellung ist ok. Die Umschaltung auf den Aufzugmechanismus funktioniert. Aufzugfeder ist voll gespannt.
3. Werk: Das Werk läuft nicht, aber die Unruh bewegt sich bei Schütteln zeitweise leicht hin und her.

Meine Diagnose lautete daher: Beim Aufzugsystem (2.) ist anscheinend nichts defekt. Da ich nichts über den Zustand der Kraftübertragung im Räderwerk (3.) sagen kann, werde ich das Werk versuchen zu zerlegen, zu reinigen und zu ölen.

Auf eines bin ich gespannt: Wie weit lässt sich die „Ingraham“ überhaupt zerlegen? Man ist nämlich früher bei „Dollar-Watches“ teilweise davon ausgegangen, dass sich Reparaturen aufgrund des niedrigen Anschaffungspreises nicht lohnten, sondern außerhalb der Garantiezeit gleich entsorgt werden konnten. Ich bin gespannt.

Um bei meiner Reparatur eine besser Nachvollziehbarkeit der angestammten Position einzelner Bauteile zu haben, versuche ich soweit es möglich ist, alle Fotos mit „Krone auf 12 Uhr Position“ darzustellen.

Zunächst wird der hintere aufgepresste Deckel mit einem kleinen Taschenmesser gelöst; vorgesehene Öffnungen oder Abflachungen zur leichteren Demontage gibt es nicht.
Damit das Werk schließlich zur Zifferblattseite heraus genommen werden kann, muss das kleine Halteplättchen für den Kupplungstriebhebel entfernt werden (Blauer Pfeil); der Stift wird nach oben angehoben (Rot/gelber Pfeil) und somit kann die Aufzugwelle samt Krone aus dem Gehäuse gezogen werden.. Auch ein wesentlicher Unterschied zu den etwas besseren amerikanischen Uhren, denn da gehört die Aufzugwelle mit zum Gehäuse und bleibt somit beim Ausbau des Werkes im Gehäuse stecken.

7e.jpg

Jetzt kann im nächsten Schritt der Glashaltering mit dem Glas vorsichtig entfernt werden.
Auch Das geschieht wiederum mit meinem kleinen Taschenmesser; Stück für Stück ein wenig anheben, bis der Haltering abspringt. Auch wenn es sich bei diesem Gehäuse nicht um Edelmetall handelt, ist trotzdem Vorsicht geboten. Zum einen können hässliche Kratzer entstehen und zum anderen bricht das Kunststoffglas sehr schnell (leidliche Erfahrung).

Das Vollplatinenwerk ist nicht, wie bei den amerikanischen Taschenuhren sonst üblich, mit dem Gehäuse verschraubt, sondern es wird durch eine leichte Linksdrehung des gesamten Werkes aus seiner Haltevorrichtung gelöst (Bajonettverschluss) und kann dann von der Rückseite her in Richtung Zifferblatt (ZB) aus dem Gehäuse entnommen.
Das Werk wird demzufolge nur durch die eingesteckte Aufzugwelle in seiner vorgesehenen Position im Gehäuse fixiert.

6b.jpg

Um die Zeiger oder das ZB nicht zu beschädigen, werden diese im nächsten Schritt entfernt.
Dafür werden beide Zeiger übereinander gestellt (ca. 12-Uhr), der Zifferblattschutz aufgelegt und dann werden die Zeiger mit einem Zeigerabheber vorsichtig gelöst. Jeglicher Druck auf ein Zifferblatt kann Risse in der Oberfläche hervorrufen. Da die Klauen meines Zeigerabhebers und selbst meine zwei Zeigerabheber in Hebelform zu dick sind und deshalb nicht unter dem Sekundenzeiger angesetzt werden können, kommt hier wiederum mein kleines Taschenmesser zum Einsatz. Damit der Zeiger beim Abhebeln nicht wegfliegen kann, befestige ich ihn mit einem kleinen Streifen "Rodico" (Reinigungsmasse) auf dem ZB.

Die vier Befestigungslaschen am ZB sind nur leicht um die Platine geklemmt; ZB lässt sich daher problemlos abnehmen.

8.jpg

Nachdem das ZB und die kleine Spreizfeder aus Kupfer, welche das locker aufliegende Stundenrad ein wenig in seine Position drückt, entfernt sind, würde ich jetzt eigentlich die Zahnräder der Zeigerverstellung entfernen und das Minutenrohr von der Minutenradwelle abziehen.
Aber, es sind einige Zahnräder vernietet, sodass für mich eine Demontage nicht möglich ist. Beim Umdrehen des Werkes fiel dann dieser dicke Staubklumpen aus dem Werk (roter Pfeil).

9a.jpg

Bevor es an das Zerlegen des Werkes geht, musste die voll aufgezogene Aufzugfeder entspannt werden.
Dazu konnte ich mit der Original-Krone die Aufzugfeder ein kleinwenig auf Spannung bringen, den kleinen Hebel der Sperrklinke (Click) betätigen, damit ich dann die Feder langsam über die festgehaltene Krone ablaufen lassen konnte.
Jetzt kann das Räderwerk freigelegt werden. Dazu werden zunächst die drei verbleibenden Befestigungsschrauben auf der unteren Platine entfernt.

5a.jpg (hier ist das Werk noch eingebaut)

Für alle Schrauben gilt: Egal wo sie sitzen, man sollte sie immer auf unterschiedliche Längen kontrollieren. Da ich keine Möglichkeit sah die Unruh von der Platine zu trennen, wurde nun die Platine samt Unruh vorsichtig angehoben und abgenommen, sodass die Unruh praktisch an der Spiralfeder baumelt.

11a.jpg

Das vor mir offen liegende Werk sieht noch recht sauber aus. Ich stelle fest, es gibt mehrere Dinge die ich vorher in dieser Form noch nicht gesehen habe. Da ist die sehr stabil aussehende Unruhwelle samt ihrer Körnerlagerungen, die nur eingesteckte Halterung für das genietete Aufzugtrieb, die ebenfalls sehr robuste wirkende Winkelhebelraste und letztendlich die vielen genieteten Zahnräder.
Laut Wikipedia bedeutet Nieten = nicht lösbar, nur durch Zerstören trennbar. Da weis man wo die Grenzen sind.

13.jpg

Bis auf das Minutenrad lassen sich die restlichen Zahnräder und der Anker entnehmen.
Das Minutenrohr (1/4 –Rohr) lässt sich auch mit gutem Zureden nicht vom Minutenrad abziehen. Also bleibt es drin.
Das Sperrrad ist auf die Federhauswelle genietet und lässt sich somit auch nicht entfernen. Aber man kann die Aufzugfeder sehen. Der Federhausdeckel wurde übrigens eingespart, diese Funktion übernimmt die Platine.

14.jpg

Jetzt konnte ich zur Reinigung aller Teile übergehen. Da ich nur ein kleines Hobby-Ultraschallgerät besitze und ich alles in Etappen bearbeiten muss, dauert die Prozedur natürlich ein wenig länger. Zuerst jede Etappe 9 Minuten in „Sambol Platina Uhrenreiniger“ im Mischungsverhältnis 1:20 und danach 3 Minuten in „Sambol Platina Wf2 Uhrenspülung“ im Mischungsverhältnis 1:1. Sollten sich dann noch irgendwo Schmutzreste befinden, kommt eine Zahnbürste zum Einsatz. Zum Trocknen lege ich dann alle Teile einfach auf einem „ZEWA-Tuch“ ab. Zusätzlich kommt mein kleiner Staubbläser zum Einsatz; vor allen Dingen bei der Spiralfeder, damit sie nicht verklebt.
Der Zusammenbau des Werkes geschieht jetzt eigentlich genau umgekehrt wie beim Zerlegen.

Aber aus zeitlichen Gründen ist hier erstmal Schluss, Fortsetzung folgt. Ich hoffe bis hier war es interessant.
Bis dahin eine schöne Zeit.
zeitgeist23
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #2
Meil

Meil

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Hallo zeitgeist23,
vielen Dank für diesen schönen Bericht. Besonders die guten Bilder haben mir sehr gefallen. Ich finde es toll mal von solch einfach gebauten Uhren zu lesen. Interessant fand ich auch, dass diese Marke so eine riesige Anzahl an Uhren hergestellt hat.

LG Meil
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #3
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zeitgeist23

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Auf dem nachfolgenden Foto kann man einige genietete Mechanismen sehen. (rote Pfeile)

16.jpg

Was ich bisher nicht herausgefunden habe: was für ein Funktion die dicke Feder unter dem Trieb hat? Ist Das so eine Art Stoßsicherung?

15b.jpg

Obwohl das Federhaus für mich nicht zerlegbar war, konnte ich es doch ein klein wenig anheben und die Aufzugfeder zumindest so weit wie möglich mit ein wenig „Präzisionsfett B-52" von "Dr. Tillwich" fetten; mehr lag nicht drin.

14.jpg

Da ich die Unruhspirale im Vorfeld nicht vom Unruhkloben trennen konnte, ist jetzt erst einmal äußerste Konzentration beim Ölen des unteren Körnerlagers der Spiralfeder angesagt. Man muss nämlich mit dem Ölgeber zwischen den Windungen der Spiralfeder hindurch an das Lager kommen und darf dabei nicht die Spirale berühren. Die Konsequenz wäre eine verklebte Spirale, verbunden mit einem nicht gewünschten Lauf des Werkes.
Schmiermittel: vollsynthetisches „Moebius-Öl 9010".

17a.jpg

Das Einsetzen der Zahnräder, incl. der an der Platine hängenden Unruh, gestaltete sich wesentlich diffiziler als ich angenommen hatte. Die Zahnräder blieben zwar nach dem Einsetzen alle in ihrer Position stehen, aber sobald ich mit der Unruh in die Nähe der Ankergabel kam, fiel diese aus ihrer Position und alles war vorbei. Nach etlichen Versuchen und den dazu ausgesprochenen Sprüchen, beschloss ich meine Strategie zu ändern. Ob die Strategie sich als umsetzbar herausstellt, wird sich zeigen. Wichtig hierbei ist, nur nicht nervös werden wenn es nicht auf Anhieb klappt.

Nur noch einmal zur Verdeutlichung: Insgesamt zwölf (12) Wellen bzw. Mechanismen müssen beim Zusammenbauen in ihre vorbestimmten Positionen gebracht werden.

Das ist schon eine „Herausforderung“. Da sind unter anderem:
• 4x Platinenpfeiler
• 1x Winkelhebelraste
• 1x Unruhe
• 1x Ankerrad
• 1x Sekundenrad
• 1x Zwischenrad
• 1x Minutenrad
• 1x Federhausführung
• 1x Halter für Aufzugtrieb (mit drei Nasen)

Zunächst wurden nur die Zahnräder, die Ankergabel und die Winkelhebelraste wieder eingesetzt. Die Unruh platzierte ich bei meiner neuen Strategie vorübergehend beim Aufsetzen der unteren Platine, bewusst neben die Körnerlagerung; Das Einsetzen erfolgt später. Vorab wurden aber die Ankerflächen des Stiftankerrades und ganz wichtig bei Stiftankerwerken: die beiden Ankerstifte, mit vollsynthetischen „Moebius-Öl 9010“ benetzt.

13.jpg

Nachdem alles mit den Zahnrädern, der Ankergabel und den Platinenpfeilern soweit passte, wurden die beiden Platinen zur Sicherung vorübergehend mit den vier Platinenhalteschrauben befestigt. Bis hierher klappte alles recht gut.
Um die Unruh anschließend in ihre Körnerlager einführen zu können, löste ich zunächst ein klein wenig die beiden Platinenhalteschrauben links und rechts neben der Unruh. Ja nicht zu weit lösen, damit die Zahnräder und der Anker nicht wieder aus ihren Lagerungen springen. Gleichzeitig hielt ich mit einem Schraubendreher die beiden Platinen unter Spannung, bis sich die Unruhwelle in ihre Lagerungen einsetzen ließ. Da die Ellipse dabei in das Gabelhorn greifen muss, war es notwendig, sich vorher Gedanken zu machen, in welche Richtung ich den Kloben bei Einsetzen drehe. Der Anker muss dementsprechend vorher auf der richtigen Seite liegen, ansonsten hilft das Einschwenken nichts. Dabei immer wieder das Werk leicht hin und her bewegen, um zu testen, ob die Unruh sich noch frei bewegt.

Geschafft! Die Zahnräder drehen sich und die Unruh schwingt locker hin und her.
Und Vorsicht: die Sekundenradwelle, auf welcher später der Sekundenzeiger sitzt, ragt aus der Platine heraus und kann leicht beschädigt werden.

9c.jpg

Bevor ich zum Testen des Werkes das Federhaus per Hand unter Spannung setzte, wurden alle Lagerzapfen mit vollsynthetischen „Moebius-Öl D5“ geölt. Der anschließende Test fiel zu meiner vollsten Zufriedenheit aus. Das Werk tickerte erst langsam und dann immer schneller vor sich hin; die Frage ist halt, wie man schnell bei ein Werk mit 14.400 U/min definiert.
Nach mehreren Tagen Testphase (ich habe ja Zeit) ging es nun an das Einsetzen der Halterung mit dem genieteten Aufzugtrieb. Das gleiche Prozedere wie beim Einsetzen der Unruh: die beiden Befestigungsschrauben ein Stückchen lösen (blaue Pfeile), Platinen auf Spannung halten, bis sich der Aufzugsmechanismus mit seinen drei Führungsnasen (rote Pfeile) einlegen ließ.

12b.jpg

Geschafft, schnell die Schrauben wieder festziehen, damit ja nichts verrutscht.
Alle nicht demontierbaren Zahnräder wurden anschließend mit ein wenig „D5" auf ihren Auflageflächen an der Platine geölt.
Um die Funktion des Aufzuges testen zu können, setzte ich erstmal das Werk in das Gehäuse ein, alles funktioniert. Also das Werk wieder raus und das Minutenrad und den Flitter aufgesetzt. Schmierung erfolgte mit „D5“.

9.jpg

Das Zifferblatt wurde anschließend mit seinen vier Laschen nur wieder auf geklemmt, sehr simpel, aber hält.

8.jpg

Stundenzeiger, Minutenzeiger und Sekundenzeiger befestigen; keine besonderen Vorkommnisse.
Auf dem nächsten Foto sind wunderbar die Verwischungen auf dem Zifferblatt zu sehen.
Ich vermute, dass damals bei den Dollar-Watches aus Kostengründen mit unsauber geschnittenen Schablonen gearbeitet wurde.

4a.jpg

Dann kommt der große Moment!
Mit meiner "Behelfskrone" wird das Werk aufgezogen und siehe da, nach ein paar Sekunden fängt die Unruh an zu schwingen.
Schön kraftvoll, so wie es sein muss.
So lasse ich das Werk in einem Werkhalter erstmal einige Tage im Testbetrieb laufen. Dabei verändere ich ab und an die Lagenposition (in sechs Lagen beobachtet . Bisher läuft alles wunderbar.
Nochmal ein Probelauf: Gangreserve ca. 35 Stunden und Gangabweichung ca. +10 Sekunden.
Und hier das Ergebnis mit geschlossenem Gehäuse:

1.jpg

3a.jpg

2.jpg

Ich hoffe dass mein Bericht nicht zu lang oder zu detailliert war und somit dem einen oder anderen zugesagt hat. Wer selbst noch keine Hand an ein Uhrwerk angelegt hat, aber Spaß an solchen filigranen Arbeiten hat, auch wenn er kein Uhrmacher ist, dem kann ich nur empfehlen, es einmal selbst auszuprobieren.
Für mich als Laien bedeutet so ein Uhrwerk zu zerlegen: höchste Konzentration, die Aufmerksamkeit komplett auf diese Arbeit fokussiert und die Welt um mich herum nicht mehr so richtig zu registrieren.

Bis zum nächsten Bericht.

Eine schöne Zeit wünscht Euch
zeitgeist23
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #4
derTeichfloh

derTeichfloh

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Hallo,

als Besitzer einer solchen Uhr bedanke ich mich herzlich für den ausführlichen Rev.-Bericht.

Ich habe mir erlaubt, das alles in meinen Speicher "Uhrenwerkstatt" abzulegen.

Vielen Grüße,
derTeichfloh
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #5
detlef

detlef

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Hallo zeitgeist23!
Ein sehr schöner Bericht mit tollen Bildern.Ich weiß aus eigenen Erfahrungen das es mit den Billigtickern oft gar nicht so einfach ist mit der Reparatur von daher ein ganz besonderes Lob von mir.
Gruß Detlef!
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #7
nobrett

nobrett

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Glück gehabt. Nämlich dass Lager noch ok waren und vor allem die Körnerlager der Unruh noch ihren Zweck erfüllen. Wenn die erst mal so eingeschliffen sind, dass die Uhr nicht mehr gescheit zum Laufen zu bringen ist, dann gehen die Probleme los. Effizient ist dann nur Ersatz. Unruhzapfen schleifen, Körnerschrauben nacharbeiten,... Das ist der Grund warum ich mittlerweile um solche Uhren einen großen Bogen mache.

Gruß
Norbert
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #8
tgrassner

tgrassner

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Was ich bisher nicht herausgefunden habe: was für ein Funktion die dicke Feder unter dem Trieb hat? Ist Das so eine Art Stoßsicherung?

Evtl. ein Mechanismus für die Zeigerreibung?
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #9
derTeichfloh

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Hallo,

Zitat: Was ich bisher nicht herausgefunden habe: was für ein Funktion die dicke Feder unter dem Trieb hat? Ist Das so eine Art Stoßsicherung?

- das sieht wie eine Art Rutschkupplung aus. Die Welle kann sich nur in eine Richtung drehen. In die andere Richtung zieht sich die vorgespannte Feder fest. Bei größeren Uhren hab ich das schon oft gesehen. Aber es kann auch "nur" ein Abstandshalter sein...

müßte man sich im Betrieb ansehen.

Gruß,
derTeichfloh
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #10
Tom-Wien

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Respekt für die Arbeit an der Uhr und für den tollen Bericht.
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #11
Rainer Nienaber

Rainer Nienaber

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Evtl. ein Mechanismus für die Zeigerreibung?

Würde ich auch so sehen.
Die Achse ist ein einfacher Stab, das Minutenradtrieb ist durchbohrt und dann schwer drehbar mit zwei Hülsen und der Feder aufgenietet.
Sieht man bei Großuhren häuftig.

Respekt vor der Arbeit, schönes Ergebnis.
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #12
pearl.harbour

pearl.harbour

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Ich liebe diese Revisionsberichte im Werkstatsforum und ganz besonders so detailierte und interessante wie deiner! Tolles Ergebnis bei einer interessanten Uhr!

Viele Grüße

Markus
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #13
Zimtstern

Zimtstern

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Ich habe eine Ingraham click. Beim Ausbauen des Werkes ist mir aufgefallen das die Aufzugsfeder in tausend Einzelteile Im Federhaus lag. Durch schütteln habe ich die ganzen Teile aus dem Haus bekommen und ich konnte das Federhaus entfernen. Nun stellt sich mir die Frage, wenn ich eine neue Feder einsetzen möchte bekomme ich ja das Haus nicht mehr eingebaut:|. Ist das ein Hoffnungsloser Fall????????
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #14
andi2

andi2

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Ich habe mehrere Ingrahams, aber noch nie das Federhaus ausgebaut. Ich gebe nur Öl von der Seite, damit eine Feder nicht trocken wird und korrodiert. Das Sperrrad ist vorn auf das Werk genietet und von vorn bekommt man das Federhaus nicht heraus. Aber es sieht so aus, als ob von hinten über die Achse des Federkerns eine Art Manschette geschoben ist, die sich wohl abziehen lässt, ähnlich wie ein Minutenrohr. Um da aber dranzukommen, muss man die Deckplatine abheben, an der die Unruh hängt. Der spätere Zusammenbau ist die HÖLLE, weil man alle Achsen wieder richtig einfädeln muss.

Vielleicht kann man ohne Demontage das Federhaus so weit herunterziehen, dass man von der Seite eine Feder am Kern einfädeln und die Feder z,B. mit 2 Pinzetten einwinden kann, oben im Thread sieht man die Richtung: von hinten gesehen gegen den Uhrzeigersinn. Federanfang und -Ende sollte man so in Form schneiden und biegen, wie bei der Originalfeder. Hab ich nie probiert, aber es ist sicher schwierig, oder unmöglich.

Wenn ich mich nicht irre, hast du eine Uhr mit Scheibensekunde. Die einfachste Lösung wäre der Kauf irgendeiner Ingraham und die Montage der Sekundenscheibe auf ein Spenderwerk. Ich habe das nicht probiert, aber ich vermute, dass es problemlos geht. Das Zifferblatt hat ein Loch für die Sekundenradwelle. Sie ist also bei der 'Click' nicht kürzer als sonst.

Gruss Andi

Gruss Andi
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #15
Baumeister

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Sehr schöner Bericht. Und dann noch mit happy end...

Meiner Meinung nach sind insbesondere für den Erhalt von Gebrauchsuhren die Amateure extrem wichtig. Weiter so! Ansonsten verschwinden diese schönen Stücke.

Viele Grüße, Philipp
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #16
Zimtstern

Zimtstern

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Ich habe mehrere Ingrahams, aber noch nie das Federhaus ausgebaut. Ich gebe nur Öl von der Seite, damit eine Feder nicht trocken wird und korrodiert. Das Sperrrad ist vorn auf das Werk genietet und von vorn bekommt man das Federhaus nicht heraus. Aber es sieht so aus, als ob von hinten über die Achse des Federkerns eine Art Manschette geschoben ist, die sich wohl abziehen lässt, ähnlich wie ein Minutenrohr. Um da aber dranzukommen, muss man die Deckplatine abheben, an der die Unruh hängt. Der spätere Zusammenbau ist die HÖLLE, weil man alle Achsen wieder richtig einfädeln muss.

Vielleicht kann man ohne Demontage das Federhaus so weit herunterziehen, dass man von der Seite eine Feder am Kern einfädeln und die Feder z,B. mit 2 Pinzetten einwinden kann, oben im Thread sieht man die Richtung: von hinten gesehen gegen den Uhrzeigersinn. Federanfang und -Ende sollte man so in Form schneiden und biegen, wie bei der Originalfeder. Hab ich nie probiert, aber es ist sicher schwierig, oder unmöglich.

Wenn ich mich nicht irre, hast du eine Uhr mit Scheibensekunde. Die einfachste Lösung wäre der Kauf irgendeiner Ingraham und die Montage der Sekundenscheibe auf ein Spenderwerk. Ich habe das nicht probiert, aber ich vermute, dass es problemlos geht. Das Zifferblatt hat ein Loch für die Sekundenradwelle. Sie ist also bei der 'Click' nicht kürzer als sonst.

Gruss Andi

Gruss Andi

Wie gekomme ich die Scheibe runter Andy????
 
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #17
andi2

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Die Scheibe müsste man abheben können wie einen Zeiger. Vorher müssen die beiden grossen Zeiger und das Zifferblatt ab. Wenn man Platz zum Abstützen findet, könnte man es mit zwei gebogenen spitzen Pinzetten (oder auch mit nur einer, die man etwas spreizt) versuchen: Pinzetten mit Spitzen nach oben unter der Scheibe ansetzen (sie stützen sich in der Krümmung irgendwo unten auf der Platine auf. Dann die Scheibe durch Absenken der Griffseite der Pinzette und Anheben der Pinzettenspitze nach oben schieben (oder vorsichtig hebeln).
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wie das bei meiner Sentinel aussah. Ich habe die Scheibe damals nicht abgehoben.

Gruss Andi

Beim nochmal Durchlesen deines ersten Posts habe ich erst kapiert, dass du das Federhaus rausbekommen hast, ohne Demontage des Werks. Dann müsste es doch auch wieder reingehen, falls nichts kaputtgegangen ist...
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Revision einer Dollar-Watch "Ingraham Viceroy" Beitrag #18
Zimtstern

Zimtstern

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Das stimmt Andy, das Federnhaus ist drausen ABER......die defekte Feder hab ich so rausgeschüttelt. Das Federnhaus war quasi leer. Aber mit Feder bekomme ich das nicht wieder drauf, da fehlt der Platz. Im Haus ist auch ein kleiner Bolzen der die Feder hält. Dieser ist auch abgerissen. Ich werd wohl nach einem Spenderwerk schauen müssen
 
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