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zeitgeist23
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Moin an alle Uhrenliebhaber/innen
Heute möchte ich Euch über die Reparatur einer sogenannten Dollar-Watch Taschenuhr der US-Marke „Ingraham“ Baujahr 1951 berichten.
Vorweg aber ein kleiner Hinweis in eigener Sache: Meine Berichte sind nicht für die Profis bestimmt, sondern für Laien wie mich. Somit könnten meine Vorgehensweisen bei den Fachleuten teilweise Kopfschütteln hervorrufen. Aber trotzdem versuche ich, soweit es meine Fähigkeiten und mein Equipment zulassen, mich nach den Profis zu richten. Das ist nicht immer einfach, denn schon allein die richtigen Fachbegriffe zu verwenden, in diesem Fall gepaart mit den Übersetzungen aus dem Amerikanischen, ist eine Herausforderung für sich. Erschwerend kommt hinzu, dass zwischen dem ersten Tag des Zerlegens und der Fertigstellung, manchmal zwei bis drei Monate liegen können; ist halt Hobby.
Von daher sind für mich auch meine handschriftlichen Notizen, Zeichnungen sowie meine Fotos bei jeder Reparatur quasi „überlebenswichtig“.
Nun aber zu meiner Pocket Watch „Ingraham“.

Zunächst recherchiere ich, um was für ein Model und um welches Kaliber es sich bei der Taschenuhr handelt.
Selbst für Laien lassen sich normalerweise aus meiner Sicht amerikanische Uhrwerke eigentlich relativ einfach anhand der eingestanzten Werk-Nr. identifizieren.
Bei sogenannten “Dollar-Watches“ ist Das nicht ganz so einfach. Sie haben keine eingestanzte Werk-Nr., denn auch damals war wie heute jeder zusätzliche Arbeitsgang mit Kosten verbunden.
Wie der Name schon sagt, kosteten diese Taschenuhren damals ungefähr zwischen einem und sieben Dollar. Obwohl die Firma Ingraham seit ihrer Gründung im Jahr 1835 bis zu ihrer Schließung im Jahr 1958 fast 65.000.000 Uhren herstellte, sind Daten zu den verbauten Werken kaum zu bekommen. In der Datenbank www.pocketwatchdatabase.com. wird diese Marke erst gar nicht aufgeführt.
Recherchemöglichkeiten, sei es im www. oder in den Printmedien sind allerdings einige vorhanden. Um die technischen Feinheiten des betreffenden Kalibers heraus zu bekommen, benutze ich zusätzlich ein Nachschlagewerk von Roy Ehrhardt „American Pocket Watches, Identification and Price Guide“.
Mittlerweile habe ich mir sogar ein weiteres Nachschlagewerk zugelegt: „Complete Price Guide to Watches“ von Cooksey Shugart; was in dem Einen nicht steht, steht in dem Anderen. Anhand der dort festgelegten Nummern- und Buchstabenfolgen (ähnlich einer Fahrgestellnummer bei Autos) kann man selbst über diese amerikanischen Dollar-Watch Werke Informationen heraus bekommen.
Schon allein diese Recherchearbeiten bereiten mir richtig Freude.
Bei meiner „Ingraham“, welche ich mit dem Hinweis „For Parts or Repair“ über eBay in Chile gekauft hatte, ermittelte ich anhand der zuvor genannten Möglichkeiten folgenden Code: „16s-0j-OG5P-U-Dollar“. Die Bedeutungen lassen sich wie folgt ableiten:
16s = Size, eine amerikanische Größenangabe des Werkes (43,18 mm)
0j = Jewels (keine Steine)
O = Open face (Gehäusebauart, Aufzug bei 12.00 Uhr)
G = Vergoldet bzw. Messing (Glänzende Beschichtung des Werkes)
5 = Model-Nr. des Herstellers
P = Pendant Set (Zeigerverstellung über die Krone)
U = Unadjusted (Werk nicht feinjustiert)
Dollar = Kalibername des Herstellers
Um zunächst zumindest halbwegs Planungssicherheit zu haben, erfolgt jetzt die Erstkontrolle oder besser gesagt die Bestandsaufnahme. Dabei konnte ich dann folgendes feststellen:
1. Gehäuse: Glashaltering mit Glas und hinterer Deckel sind aufgepresst. Scheinen ok zu sein.
2. Aufzug/Zeigerstellung: Zeigerverstellung ist ok. Die Umschaltung auf den Aufzugmechanismus funktioniert. Aufzugfeder ist voll gespannt.
3. Werk: Das Werk läuft nicht, aber die Unruh bewegt sich bei Schütteln zeitweise leicht hin und her.
Meine Diagnose lautete daher: Beim Aufzugsystem (2.) ist anscheinend nichts defekt. Da ich nichts über den Zustand der Kraftübertragung im Räderwerk (3.) sagen kann, werde ich das Werk versuchen zu zerlegen, zu reinigen und zu ölen.
Auf eines bin ich gespannt: Wie weit lässt sich die „Ingraham“ überhaupt zerlegen? Man ist nämlich früher bei „Dollar-Watches“ teilweise davon ausgegangen, dass sich Reparaturen aufgrund des niedrigen Anschaffungspreises nicht lohnten, sondern außerhalb der Garantiezeit gleich entsorgt werden konnten. Ich bin gespannt.
Um bei meiner Reparatur eine besser Nachvollziehbarkeit der angestammten Position einzelner Bauteile zu haben, versuche ich soweit es möglich ist, alle Fotos mit „Krone auf 12 Uhr Position“ darzustellen.
Zunächst wird der hintere aufgepresste Deckel mit einem kleinen Taschenmesser gelöst; vorgesehene Öffnungen oder Abflachungen zur leichteren Demontage gibt es nicht.
Damit das Werk schließlich zur Zifferblattseite heraus genommen werden kann, muss das kleine Halteplättchen für den Kupplungstriebhebel entfernt werden (Blauer Pfeil); der Stift wird nach oben angehoben (Rot/gelber Pfeil) und somit kann die Aufzugwelle samt Krone aus dem Gehäuse gezogen werden.. Auch ein wesentlicher Unterschied zu den etwas besseren amerikanischen Uhren, denn da gehört die Aufzugwelle mit zum Gehäuse und bleibt somit beim Ausbau des Werkes im Gehäuse stecken.

Jetzt kann im nächsten Schritt der Glashaltering mit dem Glas vorsichtig entfernt werden.
Auch Das geschieht wiederum mit meinem kleinen Taschenmesser; Stück für Stück ein wenig anheben, bis der Haltering abspringt. Auch wenn es sich bei diesem Gehäuse nicht um Edelmetall handelt, ist trotzdem Vorsicht geboten. Zum einen können hässliche Kratzer entstehen und zum anderen bricht das Kunststoffglas sehr schnell (leidliche Erfahrung).
Das Vollplatinenwerk ist nicht, wie bei den amerikanischen Taschenuhren sonst üblich, mit dem Gehäuse verschraubt, sondern es wird durch eine leichte Linksdrehung des gesamten Werkes aus seiner Haltevorrichtung gelöst (Bajonettverschluss) und kann dann von der Rückseite her in Richtung Zifferblatt (ZB) aus dem Gehäuse entnommen.
Das Werk wird demzufolge nur durch die eingesteckte Aufzugwelle in seiner vorgesehenen Position im Gehäuse fixiert.

Um die Zeiger oder das ZB nicht zu beschädigen, werden diese im nächsten Schritt entfernt.
Dafür werden beide Zeiger übereinander gestellt (ca. 12-Uhr), der Zifferblattschutz aufgelegt und dann werden die Zeiger mit einem Zeigerabheber vorsichtig gelöst. Jeglicher Druck auf ein Zifferblatt kann Risse in der Oberfläche hervorrufen. Da die Klauen meines Zeigerabhebers und selbst meine zwei Zeigerabheber in Hebelform zu dick sind und deshalb nicht unter dem Sekundenzeiger angesetzt werden können, kommt hier wiederum mein kleines Taschenmesser zum Einsatz. Damit der Zeiger beim Abhebeln nicht wegfliegen kann, befestige ich ihn mit einem kleinen Streifen "Rodico" (Reinigungsmasse) auf dem ZB.
Die vier Befestigungslaschen am ZB sind nur leicht um die Platine geklemmt; ZB lässt sich daher problemlos abnehmen.

Nachdem das ZB und die kleine Spreizfeder aus Kupfer, welche das locker aufliegende Stundenrad ein wenig in seine Position drückt, entfernt sind, würde ich jetzt eigentlich die Zahnräder der Zeigerverstellung entfernen und das Minutenrohr von der Minutenradwelle abziehen.
Aber, es sind einige Zahnräder vernietet, sodass für mich eine Demontage nicht möglich ist. Beim Umdrehen des Werkes fiel dann dieser dicke Staubklumpen aus dem Werk (roter Pfeil).

Bevor es an das Zerlegen des Werkes geht, musste die voll aufgezogene Aufzugfeder entspannt werden.
Dazu konnte ich mit der Original-Krone die Aufzugfeder ein kleinwenig auf Spannung bringen, den kleinen Hebel der Sperrklinke (Click) betätigen, damit ich dann die Feder langsam über die festgehaltene Krone ablaufen lassen konnte.
Jetzt kann das Räderwerk freigelegt werden. Dazu werden zunächst die drei verbleibenden Befestigungsschrauben auf der unteren Platine entfernt.
(hier ist das Werk noch eingebaut)
Für alle Schrauben gilt: Egal wo sie sitzen, man sollte sie immer auf unterschiedliche Längen kontrollieren. Da ich keine Möglichkeit sah die Unruh von der Platine zu trennen, wurde nun die Platine samt Unruh vorsichtig angehoben und abgenommen, sodass die Unruh praktisch an der Spiralfeder baumelt.

Das vor mir offen liegende Werk sieht noch recht sauber aus. Ich stelle fest, es gibt mehrere Dinge die ich vorher in dieser Form noch nicht gesehen habe. Da ist die sehr stabil aussehende Unruhwelle samt ihrer Körnerlagerungen, die nur eingesteckte Halterung für das genietete Aufzugtrieb, die ebenfalls sehr robuste wirkende Winkelhebelraste und letztendlich die vielen genieteten Zahnräder.
Laut Wikipedia bedeutet Nieten = nicht lösbar, nur durch Zerstören trennbar. Da weis man wo die Grenzen sind.

Bis auf das Minutenrad lassen sich die restlichen Zahnräder und der Anker entnehmen.
Das Minutenrohr (1/4 –Rohr) lässt sich auch mit gutem Zureden nicht vom Minutenrad abziehen. Also bleibt es drin.
Das Sperrrad ist auf die Federhauswelle genietet und lässt sich somit auch nicht entfernen. Aber man kann die Aufzugfeder sehen. Der Federhausdeckel wurde übrigens eingespart, diese Funktion übernimmt die Platine.

Jetzt konnte ich zur Reinigung aller Teile übergehen. Da ich nur ein kleines Hobby-Ultraschallgerät besitze und ich alles in Etappen bearbeiten muss, dauert die Prozedur natürlich ein wenig länger. Zuerst jede Etappe 9 Minuten in „Sambol Platina Uhrenreiniger“ im Mischungsverhältnis 1:20 und danach 3 Minuten in „Sambol Platina Wf2 Uhrenspülung“ im Mischungsverhältnis 1:1. Sollten sich dann noch irgendwo Schmutzreste befinden, kommt eine Zahnbürste zum Einsatz. Zum Trocknen lege ich dann alle Teile einfach auf einem „ZEWA-Tuch“ ab. Zusätzlich kommt mein kleiner Staubbläser zum Einsatz; vor allen Dingen bei der Spiralfeder, damit sie nicht verklebt.
Der Zusammenbau des Werkes geschieht jetzt eigentlich genau umgekehrt wie beim Zerlegen.
Aber aus zeitlichen Gründen ist hier erstmal Schluss, Fortsetzung folgt. Ich hoffe bis hier war es interessant.
Bis dahin eine schöne Zeit.
zeitgeist23
Heute möchte ich Euch über die Reparatur einer sogenannten Dollar-Watch Taschenuhr der US-Marke „Ingraham“ Baujahr 1951 berichten.
Vorweg aber ein kleiner Hinweis in eigener Sache: Meine Berichte sind nicht für die Profis bestimmt, sondern für Laien wie mich. Somit könnten meine Vorgehensweisen bei den Fachleuten teilweise Kopfschütteln hervorrufen. Aber trotzdem versuche ich, soweit es meine Fähigkeiten und mein Equipment zulassen, mich nach den Profis zu richten. Das ist nicht immer einfach, denn schon allein die richtigen Fachbegriffe zu verwenden, in diesem Fall gepaart mit den Übersetzungen aus dem Amerikanischen, ist eine Herausforderung für sich. Erschwerend kommt hinzu, dass zwischen dem ersten Tag des Zerlegens und der Fertigstellung, manchmal zwei bis drei Monate liegen können; ist halt Hobby.
Von daher sind für mich auch meine handschriftlichen Notizen, Zeichnungen sowie meine Fotos bei jeder Reparatur quasi „überlebenswichtig“.
Nun aber zu meiner Pocket Watch „Ingraham“.

Zunächst recherchiere ich, um was für ein Model und um welches Kaliber es sich bei der Taschenuhr handelt.
Selbst für Laien lassen sich normalerweise aus meiner Sicht amerikanische Uhrwerke eigentlich relativ einfach anhand der eingestanzten Werk-Nr. identifizieren.
Bei sogenannten “Dollar-Watches“ ist Das nicht ganz so einfach. Sie haben keine eingestanzte Werk-Nr., denn auch damals war wie heute jeder zusätzliche Arbeitsgang mit Kosten verbunden.
Wie der Name schon sagt, kosteten diese Taschenuhren damals ungefähr zwischen einem und sieben Dollar. Obwohl die Firma Ingraham seit ihrer Gründung im Jahr 1835 bis zu ihrer Schließung im Jahr 1958 fast 65.000.000 Uhren herstellte, sind Daten zu den verbauten Werken kaum zu bekommen. In der Datenbank www.pocketwatchdatabase.com. wird diese Marke erst gar nicht aufgeführt.
Recherchemöglichkeiten, sei es im www. oder in den Printmedien sind allerdings einige vorhanden. Um die technischen Feinheiten des betreffenden Kalibers heraus zu bekommen, benutze ich zusätzlich ein Nachschlagewerk von Roy Ehrhardt „American Pocket Watches, Identification and Price Guide“.
Mittlerweile habe ich mir sogar ein weiteres Nachschlagewerk zugelegt: „Complete Price Guide to Watches“ von Cooksey Shugart; was in dem Einen nicht steht, steht in dem Anderen. Anhand der dort festgelegten Nummern- und Buchstabenfolgen (ähnlich einer Fahrgestellnummer bei Autos) kann man selbst über diese amerikanischen Dollar-Watch Werke Informationen heraus bekommen.
Schon allein diese Recherchearbeiten bereiten mir richtig Freude.
Bei meiner „Ingraham“, welche ich mit dem Hinweis „For Parts or Repair“ über eBay in Chile gekauft hatte, ermittelte ich anhand der zuvor genannten Möglichkeiten folgenden Code: „16s-0j-OG5P-U-Dollar“. Die Bedeutungen lassen sich wie folgt ableiten:
16s = Size, eine amerikanische Größenangabe des Werkes (43,18 mm)
0j = Jewels (keine Steine)
O = Open face (Gehäusebauart, Aufzug bei 12.00 Uhr)
G = Vergoldet bzw. Messing (Glänzende Beschichtung des Werkes)
5 = Model-Nr. des Herstellers
P = Pendant Set (Zeigerverstellung über die Krone)
U = Unadjusted (Werk nicht feinjustiert)
Dollar = Kalibername des Herstellers
Um zunächst zumindest halbwegs Planungssicherheit zu haben, erfolgt jetzt die Erstkontrolle oder besser gesagt die Bestandsaufnahme. Dabei konnte ich dann folgendes feststellen:
1. Gehäuse: Glashaltering mit Glas und hinterer Deckel sind aufgepresst. Scheinen ok zu sein.
2. Aufzug/Zeigerstellung: Zeigerverstellung ist ok. Die Umschaltung auf den Aufzugmechanismus funktioniert. Aufzugfeder ist voll gespannt.
3. Werk: Das Werk läuft nicht, aber die Unruh bewegt sich bei Schütteln zeitweise leicht hin und her.
Meine Diagnose lautete daher: Beim Aufzugsystem (2.) ist anscheinend nichts defekt. Da ich nichts über den Zustand der Kraftübertragung im Räderwerk (3.) sagen kann, werde ich das Werk versuchen zu zerlegen, zu reinigen und zu ölen.
Auf eines bin ich gespannt: Wie weit lässt sich die „Ingraham“ überhaupt zerlegen? Man ist nämlich früher bei „Dollar-Watches“ teilweise davon ausgegangen, dass sich Reparaturen aufgrund des niedrigen Anschaffungspreises nicht lohnten, sondern außerhalb der Garantiezeit gleich entsorgt werden konnten. Ich bin gespannt.
Um bei meiner Reparatur eine besser Nachvollziehbarkeit der angestammten Position einzelner Bauteile zu haben, versuche ich soweit es möglich ist, alle Fotos mit „Krone auf 12 Uhr Position“ darzustellen.
Zunächst wird der hintere aufgepresste Deckel mit einem kleinen Taschenmesser gelöst; vorgesehene Öffnungen oder Abflachungen zur leichteren Demontage gibt es nicht.
Damit das Werk schließlich zur Zifferblattseite heraus genommen werden kann, muss das kleine Halteplättchen für den Kupplungstriebhebel entfernt werden (Blauer Pfeil); der Stift wird nach oben angehoben (Rot/gelber Pfeil) und somit kann die Aufzugwelle samt Krone aus dem Gehäuse gezogen werden.. Auch ein wesentlicher Unterschied zu den etwas besseren amerikanischen Uhren, denn da gehört die Aufzugwelle mit zum Gehäuse und bleibt somit beim Ausbau des Werkes im Gehäuse stecken.

Jetzt kann im nächsten Schritt der Glashaltering mit dem Glas vorsichtig entfernt werden.
Auch Das geschieht wiederum mit meinem kleinen Taschenmesser; Stück für Stück ein wenig anheben, bis der Haltering abspringt. Auch wenn es sich bei diesem Gehäuse nicht um Edelmetall handelt, ist trotzdem Vorsicht geboten. Zum einen können hässliche Kratzer entstehen und zum anderen bricht das Kunststoffglas sehr schnell (leidliche Erfahrung).
Das Vollplatinenwerk ist nicht, wie bei den amerikanischen Taschenuhren sonst üblich, mit dem Gehäuse verschraubt, sondern es wird durch eine leichte Linksdrehung des gesamten Werkes aus seiner Haltevorrichtung gelöst (Bajonettverschluss) und kann dann von der Rückseite her in Richtung Zifferblatt (ZB) aus dem Gehäuse entnommen.
Das Werk wird demzufolge nur durch die eingesteckte Aufzugwelle in seiner vorgesehenen Position im Gehäuse fixiert.

Um die Zeiger oder das ZB nicht zu beschädigen, werden diese im nächsten Schritt entfernt.
Dafür werden beide Zeiger übereinander gestellt (ca. 12-Uhr), der Zifferblattschutz aufgelegt und dann werden die Zeiger mit einem Zeigerabheber vorsichtig gelöst. Jeglicher Druck auf ein Zifferblatt kann Risse in der Oberfläche hervorrufen. Da die Klauen meines Zeigerabhebers und selbst meine zwei Zeigerabheber in Hebelform zu dick sind und deshalb nicht unter dem Sekundenzeiger angesetzt werden können, kommt hier wiederum mein kleines Taschenmesser zum Einsatz. Damit der Zeiger beim Abhebeln nicht wegfliegen kann, befestige ich ihn mit einem kleinen Streifen "Rodico" (Reinigungsmasse) auf dem ZB.
Die vier Befestigungslaschen am ZB sind nur leicht um die Platine geklemmt; ZB lässt sich daher problemlos abnehmen.

Nachdem das ZB und die kleine Spreizfeder aus Kupfer, welche das locker aufliegende Stundenrad ein wenig in seine Position drückt, entfernt sind, würde ich jetzt eigentlich die Zahnräder der Zeigerverstellung entfernen und das Minutenrohr von der Minutenradwelle abziehen.
Aber, es sind einige Zahnräder vernietet, sodass für mich eine Demontage nicht möglich ist. Beim Umdrehen des Werkes fiel dann dieser dicke Staubklumpen aus dem Werk (roter Pfeil).

Bevor es an das Zerlegen des Werkes geht, musste die voll aufgezogene Aufzugfeder entspannt werden.
Dazu konnte ich mit der Original-Krone die Aufzugfeder ein kleinwenig auf Spannung bringen, den kleinen Hebel der Sperrklinke (Click) betätigen, damit ich dann die Feder langsam über die festgehaltene Krone ablaufen lassen konnte.
Jetzt kann das Räderwerk freigelegt werden. Dazu werden zunächst die drei verbleibenden Befestigungsschrauben auf der unteren Platine entfernt.

Für alle Schrauben gilt: Egal wo sie sitzen, man sollte sie immer auf unterschiedliche Längen kontrollieren. Da ich keine Möglichkeit sah die Unruh von der Platine zu trennen, wurde nun die Platine samt Unruh vorsichtig angehoben und abgenommen, sodass die Unruh praktisch an der Spiralfeder baumelt.

Das vor mir offen liegende Werk sieht noch recht sauber aus. Ich stelle fest, es gibt mehrere Dinge die ich vorher in dieser Form noch nicht gesehen habe. Da ist die sehr stabil aussehende Unruhwelle samt ihrer Körnerlagerungen, die nur eingesteckte Halterung für das genietete Aufzugtrieb, die ebenfalls sehr robuste wirkende Winkelhebelraste und letztendlich die vielen genieteten Zahnräder.
Laut Wikipedia bedeutet Nieten = nicht lösbar, nur durch Zerstören trennbar. Da weis man wo die Grenzen sind.

Bis auf das Minutenrad lassen sich die restlichen Zahnräder und der Anker entnehmen.
Das Minutenrohr (1/4 –Rohr) lässt sich auch mit gutem Zureden nicht vom Minutenrad abziehen. Also bleibt es drin.
Das Sperrrad ist auf die Federhauswelle genietet und lässt sich somit auch nicht entfernen. Aber man kann die Aufzugfeder sehen. Der Federhausdeckel wurde übrigens eingespart, diese Funktion übernimmt die Platine.

Jetzt konnte ich zur Reinigung aller Teile übergehen. Da ich nur ein kleines Hobby-Ultraschallgerät besitze und ich alles in Etappen bearbeiten muss, dauert die Prozedur natürlich ein wenig länger. Zuerst jede Etappe 9 Minuten in „Sambol Platina Uhrenreiniger“ im Mischungsverhältnis 1:20 und danach 3 Minuten in „Sambol Platina Wf2 Uhrenspülung“ im Mischungsverhältnis 1:1. Sollten sich dann noch irgendwo Schmutzreste befinden, kommt eine Zahnbürste zum Einsatz. Zum Trocknen lege ich dann alle Teile einfach auf einem „ZEWA-Tuch“ ab. Zusätzlich kommt mein kleiner Staubbläser zum Einsatz; vor allen Dingen bei der Spiralfeder, damit sie nicht verklebt.
Der Zusammenbau des Werkes geschieht jetzt eigentlich genau umgekehrt wie beim Zerlegen.
Aber aus zeitlichen Gründen ist hier erstmal Schluss, Fortsetzung folgt. Ich hoffe bis hier war es interessant.
Bis dahin eine schöne Zeit.
zeitgeist23