
mabel
Themenstarter
- Dabei seit
- 27.05.2022
- Beiträge
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Hallo zusammen,
schon als Kind trieb ich mich, wann immer sich die Gelegenheit bot, auf kleinen Flugplätzen herum und schielte dabei auf die Handgelenke der Piloten, in der Hoffnung, erkennen zu können, was für eine Uhr sie trugen.
Besonders auffallend und faszinierend fand ich schon damals die markanten Fliegerchronographen von Sinn und Fortis.
Nun, Jahrzehnte später, bin ich selbst aktiver Privatpilot und Besitzer zweier Sinn- und eines Fortis-Fliegerchronographen. Da drängt sich förmlich ein direkter Vergleich.
Konkret geht es um:
Fortis B-42 Official Cosmonauts Chronograph (zwei Jahre alt)
Sinn 757 UTC (vier Jahre alt)
Sinn 157 St Ty (23 Jahre alt)
Ich möchte euch heute gerne diese drei Modelle vorstellen – natürlich ganz subjektiv – mit viel Text und einigen selbstgemachten Fotos. Los geht’s...
Design:
Wenn ich einen möglichst perfekten Fliegerchronographen designen sollte, dann würde er so aussehen, wie die Fortis. Die Krönung wäre zwar ein Stoppminutenzeiger aus der Mitte, wie bei meiner alten Sinn 157, aber ansonsten finde ich die Fortis optisch unglaublich stimmig – ich kann gar nicht oft genug draufschauen.
Die alte Sinn 157 ist in der Machart des Zifferblatts der Fortis ähnlich, wenn auch ohne Zahlen, das Gehäuse sieht aber durch die fehlende Lünette und ohne Bandanstoßhörner sehr eigenständig aus.
Die Sinn 757 UTC ist in dieser Hinsicht grobschlächtiger und konsequent auf perfekte Ablesbarkeit der Uhrzeit ausgelegt. Alles andere ist dem untergeordnet.
Die markanten Bandanschlusshörner der Fortis, mit den Schlitzschrauben, gefallen mir gut.
Dass Sinn an der 757 die Hörner komplett durchbohrt finde ich optisch doof und technisch unsinnig (ist halt einfacher zu fertigen).
Die Form der Armbandglieder finde ich bei den beiden Sinn etwas schöner, als bei der Fortis.
Insgesamt ist aber beim Design die Fortis klar persönlicher Favorit.
Funktion:
Die UTC-Variante der Sinn 757 punktet natürlich mit genau diesem Plus, eben dass man die UTC-Zeit direkt ablesen kann. Für Piloten ganz klasse. Allein schon wegen dieses Zeigers nutze ich sie vorwiegend beim Fliegen.
Das bietet die alte Sinn 157 ebenso wenig wie die Fortis. Dafür haben beide den Sekundenzeiger, den ich bei der Sinn 757 UTC echt vermisse, den Wochentag (die Fortis leider nicht auf Deutsch) und eine Tachymeterskala. Prima.
Einen Drehring mit Minuterie haben die Fortis und die Sinn 757 UTC.
Die alte Sinn 157 hat keine Drehlünette. Die ist (nicht nur) in der Fliegerei aber recht hilfreich, um Zeitabschnitte zu ermitteln. Davon abgesehen bietet sie den gleichen Funktionsumfang wie die Fortis und zusätzlich die kleine 24-Stunden-Anzeige.
Sinn 157 und Fortis sind hier also gleichauf, während die Sinn 757 weniger Funktionen bietet, mit ihrem UTC-Zeiger aber ein – zumindest beim Fliegen und für mich - funktional wertvolles Alleinstellungsmerkmal in diesem Trio hat.
Ablesbarkeit:
Bei allen drei Uhren lässt sich die Uhrzeit sehr gut ablesen. Die Sinn 757 UTC ist, was die Uhrzeit betrifft, schon fast was für Blinde. Auch ihre Stoppzeit-Totalisatoren sind größer als bei der Fortis und der Sinn 157, bieten dadurch aber keinen Vorteil, denn die dicken weißen Zahlen „12“ und „6“ bilden, je nach Zeigerstellung, teilweise den Hintergrund für die ebenfalls weißen Zeiger. Nicht wirklich optimal.
Mit Chronographenzeigern in Orange hätte die Sinn 757 UTC diesen Stoppzeit-Ablesenachteil nicht. Aber dieser „Form follows funktion“-Philosophie wollte man bei Sinn wohl zugunsten einer homogeneren Gesamterscheinung nicht folgen.
Die orangen Stoppzeiger der Fortis und besonders der der Sinn 157 hingegen sind vor ihrem schwarzen Hintergrund in jeder Stellung gleichermaßen gut zu erkennen.
Was die Stoppfunktion betrifft, bietet in diesem Trio aber die alte Sinn 157 mit ihrem zentralen, großen Stoppminutenzeiger wiederum ein Alleinstellungsmerkmal, mit der am besten und schnellsten zweifelsfrei abzulesenden Stoppzeit.
Alle drei Uhren haben entspiegelte Saphirgläser, um eine möglichst reflexfreie Ablesbarkeit zu gewährleisten. Die alte Sinn 157 nur innen, die beiden anderen beidseitig.
Die Wirkung der jeweiligen Entspiegelung ist aber sichtbar unterschiedlich. Hier kann die Fortis, deren Glas, je nach Lichteinfallwinkel, am stärksten reflektiert, nicht mit der alten Sinn 157 mithalten.
Die Entspiegelung der Sinn 757 UTC ist in ihrer Wirkung geradezu grandios.
Qualitätseindruck:
Alle drei Uhren wirken auf den ersten Blick ordentlich verarbeitet. Wer etwas genauer hinschaut entdeckt aber bei der Sinn 757 UTC ebenso wie bei der Fortis „Luft nach oben“. Die klapprige Lünettenrastung und -zentrierung der Sinn 757 überzeugt mich nicht. Hier wirkt die Fortis hochwertiger.
Die Sinn-Lünette rastet je Minute in beide Richtungen. Das macht Sinn und ist praktisch.
Die Fortis-Lünette rastet je halbe Minute. Dass man sie nur in eine Richtung drehen kann, hat beim Tauchen seine Berechtigung und meinetwegen auch im Weltraum, wenn es darauf ankommt, dass man nicht zu lange draußen bleibt. Aber beim Fliegen ist dies ein Nachteil und nervt.
Meine Sinn 757 wurde mit einem inakzeptabel schlecht lackierten UTC-Zeiger und Staub unter dem Glas ausgeliefert.
Bei meiner Fortis befanden sich unzählige Flecken unter dem Glas in der inneren Entspiegelungsschicht.
Was das Nichtfunktionieren der Endkontrolle/Ignorieren von Mängeln vor der Auslieferung betrifft, können sich also beide Hersteller die Hand reichen.
Die Fertigungsqualität von Gehäuse, Drückern, Krone und Boden wirkt bei allen Uhren gleichermaßen überzeugend. Das ist wirklich alles sehr ordentlich gemacht.
Beim Armband hingegen sehe ich die Sinn 757 UTC vorne. Sogar die Taucherverlängerung ist bei ihr als massives, gefrästes Scharnier ausgeführt. Bei beiden Sinn-Armbändern sind die Scharniere inklusive der Rastnasen allseitig bearbeitet.
Bei der Fortis wurden die Innenflächen des Hauptscharniers tatsächlich so unbearbeitet belassen, wie sie aus der Stanze fallen. Das sieht aus, wie es ist: etwas grob abgehackt.
Auch die Rastnasen der Fortis-Schließe wurden hier einfach durch Stanzen gequetscht. Das funktioniert zwar, sieht aber billig aus – auch wenn man es nur bei geöffnetem Armband erkennt.
Dafür hat das Fortis-Armband die feiner abgestufte Schnellverstellung als die beiden Sinn-Armbänder.
Bei der Krone verzichtet Fortis sowohl auf den Flankenschutz wie auch auf die Verschraubung.
Da wirkt mir die Lösung der alten Sinn 157 und insbesondere der 757 UTC auf jeden Fall hochwertiger.
Sinn verwendet bei der 757 UTC das Kaliber ETA Valjoux 7754, als UTC-Ableger des 7750, in der höherwertigen Variante „Top“, gegenüber der Variante „Elbalorè“, die, nach meinen Recherchen, in der Fortis verbaut ist. Auch hier geht der imaginäre Punkt also an Sinn.
Die alte 157 hat ja das Lemania 5100 verbaut. Wahrlich keine Schönheit, aber ein robustes und absolut zuverlässiges „Arbeitstier“.
Was das Gangverhalten betrifft, liegt meine alte 157 bei sagenhaften +0,5 Sekunden am Tag. Ich musste sie ein paar Mal feinjustieren, um auf diesen Wert zu kommen, aber bei der 157 ist das ja kein Problem: Boden aufschrauben, etwas an der Stellschraube drehen, Boden wieder zudrehen, fertig.
Meine 757 hat sich ziemlich schnell nach dem Kauf auf +1,5 Sekunden am Tag eingependelt. Auch ein sehr guter Wert. Aber man kann ihn aufgrund des fehlenden Sekundenzeigers ja ohnehin nur „kontrollieren“, wenn man dauerhaft die Stoppzeit mitlaufen lässt – es sei denn, man hat eine Zeitwaage. Habe ich aber nicht, brauche ich auch nicht. Sollte sich der Gang im Laufe der Jahre verschlechtern, ist ein „do it yourself“-Eingriff natürlich mit dem Verlust der Argonfüllung verbunden.
Die Fortis konnte ich, ebenfalls durch mehrmalige Feinjustierung, so regulieren, dass sie je nach Kronenlage minimal im Plus oder im Minus läuft. So kann ich sie nach Belieben um die Null Sekunden halten. Prima.
Qualitativ überzeugt mich die 21 Jahre alte Sinn 157 am meisten. Sie stammt noch aus einer Zeit, in der anscheinend alle am Herstellungs- und Montageprozess Beteiligten ihre Aufgabe sehr ernst genommen und mit großer Sorgfalt ausgeführt haben. Ich kann an ihr, selbst bei akribischer Suche, keinen Makel erkennen.
Tragekomfort:
Die Fortis und die Sinn 757 UTC haben annähernd identische, üppige Abmessungen (Lünettendurchmesser Sinn 43,0 und Fortis 44,2 mm) und sind mit jeweils knapp über 200 Gramm Gewicht echte Klopper.
Die Sinn 157 ist mit einem Gehäusedurchmesser von nur 40 mm und einem Gewicht von 156 Gramm etwas kleiner und deutlich leichter. Diesen Größen- und Gewichtsvorteil kann sie aber nicht in höheren Tragekomfort umwandeln, denn durch ihre Bauhöhe in Relation zum Durchmesser und das tief angebrachte Armband fühlt sie sich am Arm immer etwas kopflastig an.
Von „Komfort“ beim Tragen zu sprechen ist aber auch bei der Sinn 757 UTC und der Fortis grundsätzlich fehl am Platz. Bei allen Uhren merkt man jederzeit deutlich, was man da am Arm hat. Ich weiß nicht warum, aber bei der Fortis habe ich den Eindruck, dass sie einen Hauch besser an meinem Arm liegt, als die beiden Sinn.
Mein persönliches Fazit:
Die Sinn 757 UTC, die mittlerweile nicht mehr produziert wird, ist quasi ein direkt aus dem Flugzeugcockpit ausgebautes und an das Handgelenk gekettetes Instrument. Die alleroberste Priorität ist die perfekte Ablesbarkeit der Zeit, mit einem flüchtigen Blick, so, wie es auch bei Flugzeuginstrumenten sein soll.
Sie ist ein wenig martialisch, sie ist absolut markant, sie ist sehr schwer und sie ist natürlich ein Technologieträger, mit Tegimenttechnologie, AR-Trockenhaltetechnik, Temperaturresistenztechnologie, Magnetfeldschutz und dem Uhrwerk in Top-Ausführung. Das alles sind nicht nur Marketinggags sondern für die Praxis wertvolle Innovationen und Ausstattungen. All dies ist klasse und sinnvoll und verdient meine Anerkennung. Nirgendwo sonst bekommt man Vergleichbares – für den Preis schon mal gar nicht.
Deshalb finde ich diese Uhr einfach klasse!
Die alte Sinn 157 St Ty ist auch ganz klar in erster Linie ein Instrument. Aber eines, was insbesondere im Zifferblattlayout und in seiner gesamten Dimensionierung und Machart filigraner daherkommt.
Sie benötigte vor einem viertel Jahrhundert all die besonderen Technologien der modernen 757 nicht, um von der Bundeswehr-Erprobungsstelle in Greding unter härtesten Bedingungen für militärische Eignung geprüft und freigegeben zu werden.
Und sie benötigt diese Technologien nicht, um mir auch nach 23 Jahren – wie Sinn es so treffend im historischen Werbetext formuliert – „genau das Quentchen Verläßlichkeit im Leben zu geben, das man manchmal einfach braucht“.
Und genau das, kombiniert mit einem sehr eigenständigen Gehäuse und der Tatsache, dass diese besondere Uhr längst ein gefragtes Vintage-Modell ist, das es jedes Mal, wenn ich es trage, schafft, mir, genauso wie ihre moderne Schwester, ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern, finde ich einfach klasse!
Die Fortis B-42 Official Cosmonatus Chronograph ist zwar technologisch auf dem Stand von vor einigen Jahrzehnten stehen geblieben und in dieser Hinsicht mit der Sinn 157 vergleichbar.
Aber sie ist eines der optisch stimmigsten und somit für mich persönlich begehrenswertesten echten Instrumente für’s Piloten-Handgelenk überhaupt. Und sie stammt noch aus der Ära der klassischen Fliegerchronographen. Wie schön, dass es das noch gibt.
Und nicht zuletzt ist mir Fortis als Marke seit ihrer Neuorientierung mit ihren Machern und dem äußerst angenehmen Kontakt, den ich mit ihnen hatte, ausgesprochen sympathisch.
Deshalb finde ich diese Uhr einfach klasse!
Meine perfekte Traumuhr ist keine von den Dreien, denn diese wäre eine Mischung:
1. Alle Technologien von der Sinn 757 UTC, mit UTC-Zeiger und Werk in Top-Variante.
2. Das Zifferblatt-Layout von der Sinn 157, mit ihrer genialen Stoppminute aus der Mitte.
3. Das alles verpackt in der Gehäuseform und dem Design der Fortis B-42, mit deren Lünette (aber beidseitig drehbar) und Zeigerform sowie dem Sinn-Armbanddesign und in gehärtetem Titan.
Aber diese (meine) perfekte Traumuhr gibt es nicht.
Und deshalb denke ich, wer unter der Prämisse, sich ein richtiges mechanisches „Instrument“ ans Handgelenk zu ketten, das zum Fliegen taugt und auf das Kinder, die sich auf dem Flugplatz herumtreiben, einen Blick zu erhaschen versuchen, an die Auswahl eines Fliegerchronographen herangeht, der kommt an keinem dieser drei tollen Modelle vorbei.
Nun freue ich mich nun auf eine angeregte Diskussion darüber...
Gruß
mabel
schon als Kind trieb ich mich, wann immer sich die Gelegenheit bot, auf kleinen Flugplätzen herum und schielte dabei auf die Handgelenke der Piloten, in der Hoffnung, erkennen zu können, was für eine Uhr sie trugen.
Besonders auffallend und faszinierend fand ich schon damals die markanten Fliegerchronographen von Sinn und Fortis.
Nun, Jahrzehnte später, bin ich selbst aktiver Privatpilot und Besitzer zweier Sinn- und eines Fortis-Fliegerchronographen. Da drängt sich förmlich ein direkter Vergleich.
Konkret geht es um:
Fortis B-42 Official Cosmonauts Chronograph (zwei Jahre alt)
Sinn 757 UTC (vier Jahre alt)
Sinn 157 St Ty (23 Jahre alt)
Ich möchte euch heute gerne diese drei Modelle vorstellen – natürlich ganz subjektiv – mit viel Text und einigen selbstgemachten Fotos. Los geht’s...

Design:
Wenn ich einen möglichst perfekten Fliegerchronographen designen sollte, dann würde er so aussehen, wie die Fortis. Die Krönung wäre zwar ein Stoppminutenzeiger aus der Mitte, wie bei meiner alten Sinn 157, aber ansonsten finde ich die Fortis optisch unglaublich stimmig – ich kann gar nicht oft genug draufschauen.
Die alte Sinn 157 ist in der Machart des Zifferblatts der Fortis ähnlich, wenn auch ohne Zahlen, das Gehäuse sieht aber durch die fehlende Lünette und ohne Bandanstoßhörner sehr eigenständig aus.
Die Sinn 757 UTC ist in dieser Hinsicht grobschlächtiger und konsequent auf perfekte Ablesbarkeit der Uhrzeit ausgelegt. Alles andere ist dem untergeordnet.
Die markanten Bandanschlusshörner der Fortis, mit den Schlitzschrauben, gefallen mir gut.
Dass Sinn an der 757 die Hörner komplett durchbohrt finde ich optisch doof und technisch unsinnig (ist halt einfacher zu fertigen).
Die Form der Armbandglieder finde ich bei den beiden Sinn etwas schöner, als bei der Fortis.
Insgesamt ist aber beim Design die Fortis klar persönlicher Favorit.

Funktion:
Die UTC-Variante der Sinn 757 punktet natürlich mit genau diesem Plus, eben dass man die UTC-Zeit direkt ablesen kann. Für Piloten ganz klasse. Allein schon wegen dieses Zeigers nutze ich sie vorwiegend beim Fliegen.
Das bietet die alte Sinn 157 ebenso wenig wie die Fortis. Dafür haben beide den Sekundenzeiger, den ich bei der Sinn 757 UTC echt vermisse, den Wochentag (die Fortis leider nicht auf Deutsch) und eine Tachymeterskala. Prima.
Einen Drehring mit Minuterie haben die Fortis und die Sinn 757 UTC.
Die alte Sinn 157 hat keine Drehlünette. Die ist (nicht nur) in der Fliegerei aber recht hilfreich, um Zeitabschnitte zu ermitteln. Davon abgesehen bietet sie den gleichen Funktionsumfang wie die Fortis und zusätzlich die kleine 24-Stunden-Anzeige.
Sinn 157 und Fortis sind hier also gleichauf, während die Sinn 757 weniger Funktionen bietet, mit ihrem UTC-Zeiger aber ein – zumindest beim Fliegen und für mich - funktional wertvolles Alleinstellungsmerkmal in diesem Trio hat.

Ablesbarkeit:
Bei allen drei Uhren lässt sich die Uhrzeit sehr gut ablesen. Die Sinn 757 UTC ist, was die Uhrzeit betrifft, schon fast was für Blinde. Auch ihre Stoppzeit-Totalisatoren sind größer als bei der Fortis und der Sinn 157, bieten dadurch aber keinen Vorteil, denn die dicken weißen Zahlen „12“ und „6“ bilden, je nach Zeigerstellung, teilweise den Hintergrund für die ebenfalls weißen Zeiger. Nicht wirklich optimal.
Mit Chronographenzeigern in Orange hätte die Sinn 757 UTC diesen Stoppzeit-Ablesenachteil nicht. Aber dieser „Form follows funktion“-Philosophie wollte man bei Sinn wohl zugunsten einer homogeneren Gesamterscheinung nicht folgen.
Die orangen Stoppzeiger der Fortis und besonders der der Sinn 157 hingegen sind vor ihrem schwarzen Hintergrund in jeder Stellung gleichermaßen gut zu erkennen.
Was die Stoppfunktion betrifft, bietet in diesem Trio aber die alte Sinn 157 mit ihrem zentralen, großen Stoppminutenzeiger wiederum ein Alleinstellungsmerkmal, mit der am besten und schnellsten zweifelsfrei abzulesenden Stoppzeit.
Alle drei Uhren haben entspiegelte Saphirgläser, um eine möglichst reflexfreie Ablesbarkeit zu gewährleisten. Die alte Sinn 157 nur innen, die beiden anderen beidseitig.
Die Wirkung der jeweiligen Entspiegelung ist aber sichtbar unterschiedlich. Hier kann die Fortis, deren Glas, je nach Lichteinfallwinkel, am stärksten reflektiert, nicht mit der alten Sinn 157 mithalten.
Die Entspiegelung der Sinn 757 UTC ist in ihrer Wirkung geradezu grandios.

Qualitätseindruck:
Alle drei Uhren wirken auf den ersten Blick ordentlich verarbeitet. Wer etwas genauer hinschaut entdeckt aber bei der Sinn 757 UTC ebenso wie bei der Fortis „Luft nach oben“. Die klapprige Lünettenrastung und -zentrierung der Sinn 757 überzeugt mich nicht. Hier wirkt die Fortis hochwertiger.
Die Sinn-Lünette rastet je Minute in beide Richtungen. Das macht Sinn und ist praktisch.
Die Fortis-Lünette rastet je halbe Minute. Dass man sie nur in eine Richtung drehen kann, hat beim Tauchen seine Berechtigung und meinetwegen auch im Weltraum, wenn es darauf ankommt, dass man nicht zu lange draußen bleibt. Aber beim Fliegen ist dies ein Nachteil und nervt.
Meine Sinn 757 wurde mit einem inakzeptabel schlecht lackierten UTC-Zeiger und Staub unter dem Glas ausgeliefert.
Bei meiner Fortis befanden sich unzählige Flecken unter dem Glas in der inneren Entspiegelungsschicht.
Was das Nichtfunktionieren der Endkontrolle/Ignorieren von Mängeln vor der Auslieferung betrifft, können sich also beide Hersteller die Hand reichen.
Die Fertigungsqualität von Gehäuse, Drückern, Krone und Boden wirkt bei allen Uhren gleichermaßen überzeugend. Das ist wirklich alles sehr ordentlich gemacht.
Beim Armband hingegen sehe ich die Sinn 757 UTC vorne. Sogar die Taucherverlängerung ist bei ihr als massives, gefrästes Scharnier ausgeführt. Bei beiden Sinn-Armbändern sind die Scharniere inklusive der Rastnasen allseitig bearbeitet.
Bei der Fortis wurden die Innenflächen des Hauptscharniers tatsächlich so unbearbeitet belassen, wie sie aus der Stanze fallen. Das sieht aus, wie es ist: etwas grob abgehackt.
Auch die Rastnasen der Fortis-Schließe wurden hier einfach durch Stanzen gequetscht. Das funktioniert zwar, sieht aber billig aus – auch wenn man es nur bei geöffnetem Armband erkennt.
Dafür hat das Fortis-Armband die feiner abgestufte Schnellverstellung als die beiden Sinn-Armbänder.
Bei der Krone verzichtet Fortis sowohl auf den Flankenschutz wie auch auf die Verschraubung.
Da wirkt mir die Lösung der alten Sinn 157 und insbesondere der 757 UTC auf jeden Fall hochwertiger.
Sinn verwendet bei der 757 UTC das Kaliber ETA Valjoux 7754, als UTC-Ableger des 7750, in der höherwertigen Variante „Top“, gegenüber der Variante „Elbalorè“, die, nach meinen Recherchen, in der Fortis verbaut ist. Auch hier geht der imaginäre Punkt also an Sinn.
Die alte 157 hat ja das Lemania 5100 verbaut. Wahrlich keine Schönheit, aber ein robustes und absolut zuverlässiges „Arbeitstier“.
Was das Gangverhalten betrifft, liegt meine alte 157 bei sagenhaften +0,5 Sekunden am Tag. Ich musste sie ein paar Mal feinjustieren, um auf diesen Wert zu kommen, aber bei der 157 ist das ja kein Problem: Boden aufschrauben, etwas an der Stellschraube drehen, Boden wieder zudrehen, fertig.
Meine 757 hat sich ziemlich schnell nach dem Kauf auf +1,5 Sekunden am Tag eingependelt. Auch ein sehr guter Wert. Aber man kann ihn aufgrund des fehlenden Sekundenzeigers ja ohnehin nur „kontrollieren“, wenn man dauerhaft die Stoppzeit mitlaufen lässt – es sei denn, man hat eine Zeitwaage. Habe ich aber nicht, brauche ich auch nicht. Sollte sich der Gang im Laufe der Jahre verschlechtern, ist ein „do it yourself“-Eingriff natürlich mit dem Verlust der Argonfüllung verbunden.
Die Fortis konnte ich, ebenfalls durch mehrmalige Feinjustierung, so regulieren, dass sie je nach Kronenlage minimal im Plus oder im Minus läuft. So kann ich sie nach Belieben um die Null Sekunden halten. Prima.
Qualitativ überzeugt mich die 21 Jahre alte Sinn 157 am meisten. Sie stammt noch aus einer Zeit, in der anscheinend alle am Herstellungs- und Montageprozess Beteiligten ihre Aufgabe sehr ernst genommen und mit großer Sorgfalt ausgeführt haben. Ich kann an ihr, selbst bei akribischer Suche, keinen Makel erkennen.

Tragekomfort:
Die Fortis und die Sinn 757 UTC haben annähernd identische, üppige Abmessungen (Lünettendurchmesser Sinn 43,0 und Fortis 44,2 mm) und sind mit jeweils knapp über 200 Gramm Gewicht echte Klopper.
Die Sinn 157 ist mit einem Gehäusedurchmesser von nur 40 mm und einem Gewicht von 156 Gramm etwas kleiner und deutlich leichter. Diesen Größen- und Gewichtsvorteil kann sie aber nicht in höheren Tragekomfort umwandeln, denn durch ihre Bauhöhe in Relation zum Durchmesser und das tief angebrachte Armband fühlt sie sich am Arm immer etwas kopflastig an.
Von „Komfort“ beim Tragen zu sprechen ist aber auch bei der Sinn 757 UTC und der Fortis grundsätzlich fehl am Platz. Bei allen Uhren merkt man jederzeit deutlich, was man da am Arm hat. Ich weiß nicht warum, aber bei der Fortis habe ich den Eindruck, dass sie einen Hauch besser an meinem Arm liegt, als die beiden Sinn.

Mein persönliches Fazit:
Die Sinn 757 UTC, die mittlerweile nicht mehr produziert wird, ist quasi ein direkt aus dem Flugzeugcockpit ausgebautes und an das Handgelenk gekettetes Instrument. Die alleroberste Priorität ist die perfekte Ablesbarkeit der Zeit, mit einem flüchtigen Blick, so, wie es auch bei Flugzeuginstrumenten sein soll.
Sie ist ein wenig martialisch, sie ist absolut markant, sie ist sehr schwer und sie ist natürlich ein Technologieträger, mit Tegimenttechnologie, AR-Trockenhaltetechnik, Temperaturresistenztechnologie, Magnetfeldschutz und dem Uhrwerk in Top-Ausführung. Das alles sind nicht nur Marketinggags sondern für die Praxis wertvolle Innovationen und Ausstattungen. All dies ist klasse und sinnvoll und verdient meine Anerkennung. Nirgendwo sonst bekommt man Vergleichbares – für den Preis schon mal gar nicht.
Deshalb finde ich diese Uhr einfach klasse!
Die alte Sinn 157 St Ty ist auch ganz klar in erster Linie ein Instrument. Aber eines, was insbesondere im Zifferblattlayout und in seiner gesamten Dimensionierung und Machart filigraner daherkommt.
Sie benötigte vor einem viertel Jahrhundert all die besonderen Technologien der modernen 757 nicht, um von der Bundeswehr-Erprobungsstelle in Greding unter härtesten Bedingungen für militärische Eignung geprüft und freigegeben zu werden.
Und sie benötigt diese Technologien nicht, um mir auch nach 23 Jahren – wie Sinn es so treffend im historischen Werbetext formuliert – „genau das Quentchen Verläßlichkeit im Leben zu geben, das man manchmal einfach braucht“.
Und genau das, kombiniert mit einem sehr eigenständigen Gehäuse und der Tatsache, dass diese besondere Uhr längst ein gefragtes Vintage-Modell ist, das es jedes Mal, wenn ich es trage, schafft, mir, genauso wie ihre moderne Schwester, ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern, finde ich einfach klasse!
Die Fortis B-42 Official Cosmonatus Chronograph ist zwar technologisch auf dem Stand von vor einigen Jahrzehnten stehen geblieben und in dieser Hinsicht mit der Sinn 157 vergleichbar.
Aber sie ist eines der optisch stimmigsten und somit für mich persönlich begehrenswertesten echten Instrumente für’s Piloten-Handgelenk überhaupt. Und sie stammt noch aus der Ära der klassischen Fliegerchronographen. Wie schön, dass es das noch gibt.
Und nicht zuletzt ist mir Fortis als Marke seit ihrer Neuorientierung mit ihren Machern und dem äußerst angenehmen Kontakt, den ich mit ihnen hatte, ausgesprochen sympathisch.
Deshalb finde ich diese Uhr einfach klasse!

Meine perfekte Traumuhr ist keine von den Dreien, denn diese wäre eine Mischung:
1. Alle Technologien von der Sinn 757 UTC, mit UTC-Zeiger und Werk in Top-Variante.
2. Das Zifferblatt-Layout von der Sinn 157, mit ihrer genialen Stoppminute aus der Mitte.
3. Das alles verpackt in der Gehäuseform und dem Design der Fortis B-42, mit deren Lünette (aber beidseitig drehbar) und Zeigerform sowie dem Sinn-Armbanddesign und in gehärtetem Titan.
Aber diese (meine) perfekte Traumuhr gibt es nicht.
Und deshalb denke ich, wer unter der Prämisse, sich ein richtiges mechanisches „Instrument“ ans Handgelenk zu ketten, das zum Fliegen taugt und auf das Kinder, die sich auf dem Flugplatz herumtreiben, einen Blick zu erhaschen versuchen, an die Auswahl eines Fliegerchronographen herangeht, der kommt an keinem dieser drei tollen Modelle vorbei.

Nun freue ich mich nun auf eine angeregte Diskussion darüber...
Gruß
mabel
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