
Der Stromer
Themenstarter
Da fragte ein Besitzer einer KUNDO Magnetpendeluhr an, ob ich ihm helfen könnte. Hm, na ja, ich bin ja fast immer bereit zu Helfen. Also warum nicht?
Meine Frage: Was für ein Problem hat denn Ihre Uhr? Antwort: Wenn ich das Pendel anstoße, dann läuft die Uhr kurze Zeit und bleibt dann stehen. Batterie habe ich schon ersetzt. Was kann ich noch machen?
Nach der 2. Mail war klar, die Spule will nicht so, wie die Uhr wohl will
.
Der Bekannte hat dann die Spule ausgebaut und mit zugeschickt. Hier nun das Ergebnis:
Wie man auf den Bildern sehen kann, sind einige Stellen vom Grünspan angegriffen.


Was ist nun eigentlich "Grünspan"? Es gibt 2 Arten von "Kupferrost", die sich kaum unterscheiden. Hier mal ein Zitat aus den Netz:
Echter Grünspan entsteht durch Korrosion auf Objekten aus Kupfer oder Messing, weshalb von Grünspan auch nur Kupfer- und Messinggegenstände betroffen sind. Die wissenschaftliche Bezeichnung Kupfer(III)-acetat bzw. Kupferacetat ist deshalb sehr zutreffend.
Zitat Ende.
Der "harmlose" Grünspan ist der, der sich unter dem Einfluss unserer Atmosphäre auf Kupferdächern und so bildet. Das ist "Edelrost" und hat eine andere Chemische Zusammensetzung.
Also Kupfer(III)-acetat ist der Übeltäter! denn die Spule ist ja mit Kupferlackdraht 0,07 mm gewickelt. Aber wie kommt der Grünspan da in die Spule rein? Nach meiner Erfahrung liegt das an der Herstellung der Lötstellen in der Spule. Wie Jedermann ja weiß, benötigt man beim Löten mit Lötzinn ein Flußmittel, dass eine metallische Verbindung zweier Werkstoffe ermöglicht - sonst "kalte Lötstelle" und Unterbrechung. Und eben ein Bestandteil dieser früher verwendeten Flußmittel ist am Grünspan schuld! Denn als Entfettungsmittel wurde Säure eingesetzt. Und das gerade an schon blanken Stellen am Kupferdraht! Diese Säure arbeitet nun wie ein Amtsschimmel: Langsam, aber ständig! Und so kommt es, wie es kommen muss: Nach Jahrzehnten - wirklich Jahrzehnten - ist dann der Draht (oder die Drähte) an der betroffenen Stelle zerfressen. Und nun das ganz Fiese: Dieser Kupferrost ist manchmal elektrisch leitend! Nähmlich bei hoher Luftfeuchtigkeit. Dann arbeitet die Spule zeitweis noch wie sie es soll. Wird die Luft trockner, wird auch der Widerstand der zerfressenen Stelle höher und höher, bis eben eine Unterbrechung den Stromfluss verhindert.
Da bleibt dann nur ein Weg: Spule neu wickeln. Denn diese Spulen gibt es natürlich nicht mehr. Aus diesem Grund habe ich mir vor einigen Jahren eine Trafowickelmaschine zugelegt und diese so modifiziert, dass sie dünne Drähte wickeln kann. Denn der CUL, der gewickelt werden muss, hat einen Durchmesser von 0,063 mm. Ein menschliches Haar ist in der Regel zwischen 0,05 und 0,08 mm im Durchmesser.
Zur Spule selbst:
Kieninger & Obergfell war die erste Firma in Deutschland, die einen Magnetpemdelantrieb mit einem Transistor als Schalter 1953 auf den Markt brachte.
Zur Erinnerung: Der Transistor wurde erst 1948 von den Bell-Laboratories in USA entwickelt und vorgestellt. 5 Jahre später schon eine kommerzielle Anwendung in der Uhrenindustrie im Nachkriegsdeutschland!
Das Werk bekam den Namen EM1000 - ElektroMagnetisch 1000 Tage - da eine Batterie LR14, 1,5 Volt eben dieses Werk mindestens 1000 Tage betreiben konnte.
Hier mal die Schaltung, die IN der Spule realisiert ist:

Im Spulengehäuse hat man schon damals alle Bauteile, die zur Funktion dieses Antriebes notwendig sind, untergebracht: 1 Widerstand, 1 Transistor und zwei Spulen.

Der Transistor MUSS ein Germanium PNP - Transistor sein. Der Widerstand hat um die 5 k Ohm, er ist parallel zur Arbeitsspule geschaltet und dient zur Dämpfung, da die Schaltung zum Schwingen neigt.
Die unterste Wicklung ist die Sensorspule. 5000 Windungen CUL 0,063mm, darüber die Arbeitsspule mit 3600 Windungen auch 0,063 CUL. Das ganze steckt in einem verbördelten Messinggehäuse (die alten Varianten haben noch verschraubte Gehäuse, so bis ca. 1956). Die Kunst ist jetzt, das Gehäuse so zu öffnen, dass es nicht unbrauchbar wir. Aber das habe ich schon gelernt, wie das geht
.
Als Erstes also das Gehäuse öffnen. Dann den alten Kupferdraht vom Kern runterschneiden (Abwickeln geht nicht). Den Kern auf die Wickelmaschine und los gehts. Erst die Sensorspule, die Anschlüsse herstellen, dann die Arbeitsspule, Anschlüsse Herstellen und die Bauteile wieder verdrahten. Dann Test der neuen Spule
Test der neuen Spulen. Pro Schaltzyklus ca. 180 µA, im Mittel also ca 50 - 80 µA - bringt eine Lebensdauer einer LR14 von über 4 Jahren.
und zum Abschluß das Gehäuse wieder anbringen.

Habe fertig!
Jetzt läuft die KUNDO wieder und sicherlich auch länger, denn ich verwende Lötzinn OHNE säurehaltige Flussmittel!
Meine Frage: Was für ein Problem hat denn Ihre Uhr? Antwort: Wenn ich das Pendel anstoße, dann läuft die Uhr kurze Zeit und bleibt dann stehen. Batterie habe ich schon ersetzt. Was kann ich noch machen?
Nach der 2. Mail war klar, die Spule will nicht so, wie die Uhr wohl will

Der Bekannte hat dann die Spule ausgebaut und mit zugeschickt. Hier nun das Ergebnis:
Wie man auf den Bildern sehen kann, sind einige Stellen vom Grünspan angegriffen.


Was ist nun eigentlich "Grünspan"? Es gibt 2 Arten von "Kupferrost", die sich kaum unterscheiden. Hier mal ein Zitat aus den Netz:
Echter Grünspan entsteht durch Korrosion auf Objekten aus Kupfer oder Messing, weshalb von Grünspan auch nur Kupfer- und Messinggegenstände betroffen sind. Die wissenschaftliche Bezeichnung Kupfer(III)-acetat bzw. Kupferacetat ist deshalb sehr zutreffend.
Zitat Ende.
Der "harmlose" Grünspan ist der, der sich unter dem Einfluss unserer Atmosphäre auf Kupferdächern und so bildet. Das ist "Edelrost" und hat eine andere Chemische Zusammensetzung.
Also Kupfer(III)-acetat ist der Übeltäter! denn die Spule ist ja mit Kupferlackdraht 0,07 mm gewickelt. Aber wie kommt der Grünspan da in die Spule rein? Nach meiner Erfahrung liegt das an der Herstellung der Lötstellen in der Spule. Wie Jedermann ja weiß, benötigt man beim Löten mit Lötzinn ein Flußmittel, dass eine metallische Verbindung zweier Werkstoffe ermöglicht - sonst "kalte Lötstelle" und Unterbrechung. Und eben ein Bestandteil dieser früher verwendeten Flußmittel ist am Grünspan schuld! Denn als Entfettungsmittel wurde Säure eingesetzt. Und das gerade an schon blanken Stellen am Kupferdraht! Diese Säure arbeitet nun wie ein Amtsschimmel: Langsam, aber ständig! Und so kommt es, wie es kommen muss: Nach Jahrzehnten - wirklich Jahrzehnten - ist dann der Draht (oder die Drähte) an der betroffenen Stelle zerfressen. Und nun das ganz Fiese: Dieser Kupferrost ist manchmal elektrisch leitend! Nähmlich bei hoher Luftfeuchtigkeit. Dann arbeitet die Spule zeitweis noch wie sie es soll. Wird die Luft trockner, wird auch der Widerstand der zerfressenen Stelle höher und höher, bis eben eine Unterbrechung den Stromfluss verhindert.
Da bleibt dann nur ein Weg: Spule neu wickeln. Denn diese Spulen gibt es natürlich nicht mehr. Aus diesem Grund habe ich mir vor einigen Jahren eine Trafowickelmaschine zugelegt und diese so modifiziert, dass sie dünne Drähte wickeln kann. Denn der CUL, der gewickelt werden muss, hat einen Durchmesser von 0,063 mm. Ein menschliches Haar ist in der Regel zwischen 0,05 und 0,08 mm im Durchmesser.
Zur Spule selbst:
Kieninger & Obergfell war die erste Firma in Deutschland, die einen Magnetpemdelantrieb mit einem Transistor als Schalter 1953 auf den Markt brachte.
Zur Erinnerung: Der Transistor wurde erst 1948 von den Bell-Laboratories in USA entwickelt und vorgestellt. 5 Jahre später schon eine kommerzielle Anwendung in der Uhrenindustrie im Nachkriegsdeutschland!
Das Werk bekam den Namen EM1000 - ElektroMagnetisch 1000 Tage - da eine Batterie LR14, 1,5 Volt eben dieses Werk mindestens 1000 Tage betreiben konnte.
Hier mal die Schaltung, die IN der Spule realisiert ist:

Im Spulengehäuse hat man schon damals alle Bauteile, die zur Funktion dieses Antriebes notwendig sind, untergebracht: 1 Widerstand, 1 Transistor und zwei Spulen.

Der Transistor MUSS ein Germanium PNP - Transistor sein. Der Widerstand hat um die 5 k Ohm, er ist parallel zur Arbeitsspule geschaltet und dient zur Dämpfung, da die Schaltung zum Schwingen neigt.
Die unterste Wicklung ist die Sensorspule. 5000 Windungen CUL 0,063mm, darüber die Arbeitsspule mit 3600 Windungen auch 0,063 CUL. Das ganze steckt in einem verbördelten Messinggehäuse (die alten Varianten haben noch verschraubte Gehäuse, so bis ca. 1956). Die Kunst ist jetzt, das Gehäuse so zu öffnen, dass es nicht unbrauchbar wir. Aber das habe ich schon gelernt, wie das geht

Als Erstes also das Gehäuse öffnen. Dann den alten Kupferdraht vom Kern runterschneiden (Abwickeln geht nicht). Den Kern auf die Wickelmaschine und los gehts. Erst die Sensorspule, die Anschlüsse herstellen, dann die Arbeitsspule, Anschlüsse Herstellen und die Bauteile wieder verdrahten. Dann Test der neuen Spule
Test der neuen Spulen. Pro Schaltzyklus ca. 180 µA, im Mittel also ca 50 - 80 µA - bringt eine Lebensdauer einer LR14 von über 4 Jahren.
und zum Abschluß das Gehäuse wieder anbringen.

Habe fertig!

Jetzt läuft die KUNDO wieder und sicherlich auch länger, denn ich verwende Lötzinn OHNE säurehaltige Flussmittel!

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