
AlexBlack
Themenstarter
Hallo liebe Freunde der russischen Uhren,
aus den Zeiten vor, während und nach dem eisernen Vorhang. Natürlich auch jeder andere Uhrenliebhaber, willkommen zu meinem persönlichen Höhepunkt des Uhrensammelns. Ich habe vor ein paar Tagen in der Bucht ein Uhrenkonvolut ersteigert, deklariert als Dachbodenfund. 6.50€ für vier Uhren. Eine Slava ( Kal. 2428) aus den Siebzigern, eine güldene Dugena Kal. 3602 wohl auch aus der Zeit, eine Quarzuhr von Raffael?? und eine als MOBEA A deklarierte Uhr. Alle wären Batteriebetrieben und defekt. Naja, die Bilder sagten was anderes, also geboten und bekommen. Erwartet hatte ich ein wenig Bastelspass am toten Material. Bekommen habe ich allerdings das, was ich Euch im folgenden nicht vorenthalten möchte.
Vorweg: die Slava war im Neuzustand und läuft spitze, die Dugena ist nach Reinigung ein schönes Stück Bling, Bling mit ganz viel Tick-Tack am laufenden Band.
Was mich aber überrascht hat war das hier:

Macht erst mal nicht viel her, oder? Aber dazu später. Eine Pobeda. Hatte mir mein Schulrussisch ja schon verraten, Mobea a lag leicht daneben! Das Ührlein (d=29mm) sah aus als hätte Sie schon zwei Leben gehabt. Aber beim genauerem Hinschauen habe ich die gebläuten Zeiger, das originale Plexi, die originalen festen Stege und ein zwar patiniertes, aber ansonsten völlig intaktes Zifferblatt entdeckt. Hmm, und als dann auch noch klar war das ich es hier mit einer Zwei-Deckel-Uhr zu tun habe war ich angefixt.
Also erst mal das Gehäuse, die Stege und das Plexi aufgearbeitet. Macht mir halt am meisten Spass, außerdem bin ich was mechanische Werke angeht ein absoluter Laie. Deshalb kommen die immer als letztes.
Aufgearbeitet:




Aufgearbeitet heisst bei mir übrigends Seifenwasser, Zahnbürste, Never Dull, Holzzahnstocher, Q-Tip, Poly-Watch und Balistol. Nicht mehr und nicht weniger.
So behandelt gefiel mir die alte Dame schon ganz gut. Ein wenig im Internet gestöbert, man will ja schließlich wissen was man da so hat. Klar, erste Moskauer Uhrenfabrik war bald sicher, nach dem Krieg produziert auch. Name -Sieg - schnell gefunden.
Dr. Ranfft hatte auch was zum Werk. Allerdings erst mal nur eines, und das hieß Pobjeda. Da fehlte mir bei meiner Uhr jedoch das J! Was hab ich dann also in meiner Zwiebel drin?
Dann eben doch den Gehäuseboden öffnen und sich der Mechanik nähern. Wohlgemerkt, bis zum jetzigen Zeitpunkt hatte ich die Uhr nicht aufgezogen!
Als der Deckel dann offen war lag dies vor mir:


Erst mal das Werk bewundert. Solche aufwändige Verziehrung hatte ich nicht erwartet, auch nicht den Sonnenschliff im Gehäusedeckel. Ganz ehrlich, das erwartet man, als Laie, nicht unbedingt von dieser russischen Uhr. Es lebe das Vorurteil!!! 15 Kamele hat ich auch nicht erwartet. Waren dann zum Glück doch nur Steine.
Hab dann vorsichtig an der Unruh gezuppelt, diese schwang frei, hin und her, hin und her. Wie gesagt, ich Laie! Sollte das Werk etwa..... Vorsichtig die Zeigerverstellung ausprobiert, funktionierte tadellos. Noch vorsichtiger die Krone zum Aufzug gedreht, 3-4 Umdrehungen-was soll ich sagen, das Werk lief an, die kleine Sekunde machte tick, tick, tick. Ich war erst mal sprachlos. Immerhin, wer weiss wie lange das Werk nicht in Bewegung war. Eine kleine Gravur im Deckel behauptet das im Jahr 1965 ein russischer Uhrmachermeister, wahrscheinlich zum ersten und letzten Mal, die Uhr am Wickel hatte. Eine kleine Weile später, 30s ungefähr, steht die Uhr! Ah, zu wenig aufgezogen. Also, diesmal mit dem Mut des Undedarften, die Uhr bis Anschlag aufgezogen. Wär ja gelacht. Madam läuft los!!! Und bleibt stehen. Drecksdin........ Unruh angeschubst, läuft. Bleibt stehen. Schups, läuft, steht. Schups, läuft, steht. Halbe Stunde spielen wir das Spiel. Hab ich schon erwähnt das ich ganz schön hartnäckig sein kann? Dann, schups, läuft........läuft........läuft!!! Kennt Ihr das, wenn man einen Automotor nach dreissig Jahren zum Leben erweckt?
Na jedenfalls, seit vier Tagen läuft die Uhr durch, mit weniger als zwei Minuten Abweichung auf 24 Stunden.
Wurde also Zeit sich den verschiedenen Punzen und Markierungen des Werkes anzunehmen.
Was kommt raus? Hier noch mal einen Dank an Dr. Ranfft.
Gebaut in der ersten Moskauer Uhrenfabrik, okey soweit nix neues.
Baujahr 1. Quartal 1949, uiiii das ist schon besser, wenn man dem Internet glauben schenken darf wurde dieses Kaliber (von LIP entwickelt) erst um dieses Datum herum in Produktion genommen.
Seriennummer: 0237! 0237??? Ömmm, Nummer 237 von der Weltweit am häufigsten gebauten Kaliberfamilie? Kommt, Leute das macht schon ein bissel Gänsehaut. Vielleicht kennt ja jemand einen, der einen kennt der ein noch früheres Werk hat?
Spätestens jetzt ist diese Uhr für mich mein persönliches Jagdstück Nummer 1.
Nur was mache ich jetzt? Plexi erneuern, ist schließlich 3 mal gerissen? Gehäuse neu verchromen? Ziffernblatt aufarbeiten, Zeiger neu?
Neeeeee, die bleibt genau so wie sie ist.
Ich stell mir vor: 1949 in Moskau von einem hart arbeitenden, ich sag mal, Maurer gekauft. Über Jahrzehnte waren Uhr und Maurer treue Gefährten. Pünktlich auf dem Bau Pause machen ist auch in Russland wichtig! Rechtzeitig zur Geburt des Kindes im Krankenhaus sein? Pobeda hats hinbekommen. 1965 gabs dann sogar ne Revision, weggeworfen wurde damals nix. Was funktionierte wurde auch gepflegt. Dann, mein Maurer geht in Rente, bekommt sogar neu nagelneue Raketa als Geschenk zum Abschied vom Parteisekretär. Sogar schon Quarz!!! Meine kleine Pobeda kommt erst in die Schublade, dann,Opa ist leider gestorben, räumt der Enkel Sie auf den Dachboden, dreißig Jahre in einer Zigarrenkiste. Dann wird ausgemistet,ebay am Start.
Und so eine Dummer Uhrenfreak bietet auf die ollen vergammelten Uhren. Trottel.
Na Gott sei Dank bin ich ein dummer Uhrenfreak.
Ohne uns Uhrenfreaks würden solche Zeitzeugen, und das ist diese Uhr für mich, im Schrott landen.
Zum Abschluss hab ich nur ein Problem. Wo bekomm ich ein Uhrenarmband aus 1949 mit Anstossbreite 16mm her? Denn weniger hat die Kleine nicht verdient.
Ich hoffe das dass Lesen meiner kleinen Geschichte dem einen oder anderen die Zeit verkürzt hat.
Noch mehr hoffe ich, das ich dazu beitragen konnte die kleinen, abgerockten, keinen monitären Wert besitzenden Uhren in Ihrer eigentlichen Bedeutung wieder mal in Erinnerung gerufen zu haben.
Denn ohne diese Pobeda`s, Osco`s, oder Ruhla`s wären wir alle um vieles ärmer, denn diese Uhren sind die, die uns immer gezeigt haben welche Stunde grad geschlagen hat.
Vielen Dank an Euch, die dieses Hobby leben. Ohne Euch wär die Welt noch weniger bunt als sie es ohnehin schon ist.
aus den Zeiten vor, während und nach dem eisernen Vorhang. Natürlich auch jeder andere Uhrenliebhaber, willkommen zu meinem persönlichen Höhepunkt des Uhrensammelns. Ich habe vor ein paar Tagen in der Bucht ein Uhrenkonvolut ersteigert, deklariert als Dachbodenfund. 6.50€ für vier Uhren. Eine Slava ( Kal. 2428) aus den Siebzigern, eine güldene Dugena Kal. 3602 wohl auch aus der Zeit, eine Quarzuhr von Raffael?? und eine als MOBEA A deklarierte Uhr. Alle wären Batteriebetrieben und defekt. Naja, die Bilder sagten was anderes, also geboten und bekommen. Erwartet hatte ich ein wenig Bastelspass am toten Material. Bekommen habe ich allerdings das, was ich Euch im folgenden nicht vorenthalten möchte.
Vorweg: die Slava war im Neuzustand und läuft spitze, die Dugena ist nach Reinigung ein schönes Stück Bling, Bling mit ganz viel Tick-Tack am laufenden Band.
Was mich aber überrascht hat war das hier:

Macht erst mal nicht viel her, oder? Aber dazu später. Eine Pobeda. Hatte mir mein Schulrussisch ja schon verraten, Mobea a lag leicht daneben! Das Ührlein (d=29mm) sah aus als hätte Sie schon zwei Leben gehabt. Aber beim genauerem Hinschauen habe ich die gebläuten Zeiger, das originale Plexi, die originalen festen Stege und ein zwar patiniertes, aber ansonsten völlig intaktes Zifferblatt entdeckt. Hmm, und als dann auch noch klar war das ich es hier mit einer Zwei-Deckel-Uhr zu tun habe war ich angefixt.
Also erst mal das Gehäuse, die Stege und das Plexi aufgearbeitet. Macht mir halt am meisten Spass, außerdem bin ich was mechanische Werke angeht ein absoluter Laie. Deshalb kommen die immer als letztes.
Aufgearbeitet:




Aufgearbeitet heisst bei mir übrigends Seifenwasser, Zahnbürste, Never Dull, Holzzahnstocher, Q-Tip, Poly-Watch und Balistol. Nicht mehr und nicht weniger.
So behandelt gefiel mir die alte Dame schon ganz gut. Ein wenig im Internet gestöbert, man will ja schließlich wissen was man da so hat. Klar, erste Moskauer Uhrenfabrik war bald sicher, nach dem Krieg produziert auch. Name -Sieg - schnell gefunden.
Dr. Ranfft hatte auch was zum Werk. Allerdings erst mal nur eines, und das hieß Pobjeda. Da fehlte mir bei meiner Uhr jedoch das J! Was hab ich dann also in meiner Zwiebel drin?
Dann eben doch den Gehäuseboden öffnen und sich der Mechanik nähern. Wohlgemerkt, bis zum jetzigen Zeitpunkt hatte ich die Uhr nicht aufgezogen!
Als der Deckel dann offen war lag dies vor mir:


Erst mal das Werk bewundert. Solche aufwändige Verziehrung hatte ich nicht erwartet, auch nicht den Sonnenschliff im Gehäusedeckel. Ganz ehrlich, das erwartet man, als Laie, nicht unbedingt von dieser russischen Uhr. Es lebe das Vorurteil!!! 15 Kamele hat ich auch nicht erwartet. Waren dann zum Glück doch nur Steine.
Hab dann vorsichtig an der Unruh gezuppelt, diese schwang frei, hin und her, hin und her. Wie gesagt, ich Laie! Sollte das Werk etwa..... Vorsichtig die Zeigerverstellung ausprobiert, funktionierte tadellos. Noch vorsichtiger die Krone zum Aufzug gedreht, 3-4 Umdrehungen-was soll ich sagen, das Werk lief an, die kleine Sekunde machte tick, tick, tick. Ich war erst mal sprachlos. Immerhin, wer weiss wie lange das Werk nicht in Bewegung war. Eine kleine Gravur im Deckel behauptet das im Jahr 1965 ein russischer Uhrmachermeister, wahrscheinlich zum ersten und letzten Mal, die Uhr am Wickel hatte. Eine kleine Weile später, 30s ungefähr, steht die Uhr! Ah, zu wenig aufgezogen. Also, diesmal mit dem Mut des Undedarften, die Uhr bis Anschlag aufgezogen. Wär ja gelacht. Madam läuft los!!! Und bleibt stehen. Drecksdin........ Unruh angeschubst, läuft. Bleibt stehen. Schups, läuft, steht. Schups, läuft, steht. Halbe Stunde spielen wir das Spiel. Hab ich schon erwähnt das ich ganz schön hartnäckig sein kann? Dann, schups, läuft........läuft........läuft!!! Kennt Ihr das, wenn man einen Automotor nach dreissig Jahren zum Leben erweckt?
Na jedenfalls, seit vier Tagen läuft die Uhr durch, mit weniger als zwei Minuten Abweichung auf 24 Stunden.
Wurde also Zeit sich den verschiedenen Punzen und Markierungen des Werkes anzunehmen.
Was kommt raus? Hier noch mal einen Dank an Dr. Ranfft.
Gebaut in der ersten Moskauer Uhrenfabrik, okey soweit nix neues.
Baujahr 1. Quartal 1949, uiiii das ist schon besser, wenn man dem Internet glauben schenken darf wurde dieses Kaliber (von LIP entwickelt) erst um dieses Datum herum in Produktion genommen.
Seriennummer: 0237! 0237??? Ömmm, Nummer 237 von der Weltweit am häufigsten gebauten Kaliberfamilie? Kommt, Leute das macht schon ein bissel Gänsehaut. Vielleicht kennt ja jemand einen, der einen kennt der ein noch früheres Werk hat?
Spätestens jetzt ist diese Uhr für mich mein persönliches Jagdstück Nummer 1.
Nur was mache ich jetzt? Plexi erneuern, ist schließlich 3 mal gerissen? Gehäuse neu verchromen? Ziffernblatt aufarbeiten, Zeiger neu?
Neeeeee, die bleibt genau so wie sie ist.
Ich stell mir vor: 1949 in Moskau von einem hart arbeitenden, ich sag mal, Maurer gekauft. Über Jahrzehnte waren Uhr und Maurer treue Gefährten. Pünktlich auf dem Bau Pause machen ist auch in Russland wichtig! Rechtzeitig zur Geburt des Kindes im Krankenhaus sein? Pobeda hats hinbekommen. 1965 gabs dann sogar ne Revision, weggeworfen wurde damals nix. Was funktionierte wurde auch gepflegt. Dann, mein Maurer geht in Rente, bekommt sogar neu nagelneue Raketa als Geschenk zum Abschied vom Parteisekretär. Sogar schon Quarz!!! Meine kleine Pobeda kommt erst in die Schublade, dann,Opa ist leider gestorben, räumt der Enkel Sie auf den Dachboden, dreißig Jahre in einer Zigarrenkiste. Dann wird ausgemistet,ebay am Start.
Und so eine Dummer Uhrenfreak bietet auf die ollen vergammelten Uhren. Trottel.
Na Gott sei Dank bin ich ein dummer Uhrenfreak.
Ohne uns Uhrenfreaks würden solche Zeitzeugen, und das ist diese Uhr für mich, im Schrott landen.
Zum Abschluss hab ich nur ein Problem. Wo bekomm ich ein Uhrenarmband aus 1949 mit Anstossbreite 16mm her? Denn weniger hat die Kleine nicht verdient.
Ich hoffe das dass Lesen meiner kleinen Geschichte dem einen oder anderen die Zeit verkürzt hat.
Noch mehr hoffe ich, das ich dazu beitragen konnte die kleinen, abgerockten, keinen monitären Wert besitzenden Uhren in Ihrer eigentlichen Bedeutung wieder mal in Erinnerung gerufen zu haben.
Denn ohne diese Pobeda`s, Osco`s, oder Ruhla`s wären wir alle um vieles ärmer, denn diese Uhren sind die, die uns immer gezeigt haben welche Stunde grad geschlagen hat.
Vielen Dank an Euch, die dieses Hobby leben. Ohne Euch wär die Welt noch weniger bunt als sie es ohnehin schon ist.
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