
improbable
Themenstarter
Die Erlebnisse eines unbekümmerten Laien auf dem Weg zum Altar der japanischen Uhrmacherkunst.
Eine triviale, bilderarme Geschichte.
1. Akt -Vorgeschichte
Beim Verweilen auf Seiten wie dem Uhrforum besteht die allergrößte Gefahr, Begehrlichkeiten zu wecken, die man nie zuvor für möglich hielt. Das ist nichts Neues und keiner weiteren Erwähnung wert.
Ein runder Geburtstag naht, etwas Besonderes darf her, das Budget kann auch mal an der 3-fachen Grenzen dessen kratzen, was bisher den Weg in meine Uhrenbox gefunden hat. Als damaliger non-member des UFO schaut man sich eben hier so um. Irgendwann die GS Snowflake entdeckt und gleich verliebt. Hier sei zu erwähnen, dass zu überlegen ist, ob die User, die so irre gute Fotos reinstellen nicht mit einem Bann belegt werden sollten…
Weiter recherchiert und so einiges gelesen, bis hin zu Glaubenskriegen. Nun ja, ich bin kein Freund von Dogmen, jeder wie er mag und kann ist meine Devise. Vermeintlich rationale Argumente verschwinden sowieso im emotionalen Nebel - müßig ist dann das Diskutieren.
Meine Schlussfolgerung: eine Grand Seiko ist etwas, dass man sich unvoreingenommen betrachten sollte. Glücklicherweise stand die Eröffnung der Seiko Boutique in Frankfurt unmittelbar bevor, quasi direkt bei mir um die Ecke. Bald sollte es soweit sein, dass ich diese besuchen konnte.
2. Akt – Die Seiko Boutique
Eines Tages, nach dem Pflichtprogramm Hund ausführen, Brötchen holen, beste Ehefrau wachküssen, duschen, Frühstück, ging es gleich zum lokalen Bahnhof und mit der Bimmelbahn nach Frankfurt. An der Hauptwache raus und gleich mal ein paar Alkis, Penner und Junkies begrüßt - auch schon wach oder doch nicht oder nicht mehr oder noch nicht - keine Ahnung. Das ist dort eben so. Aber gleich darauf befindet man sich umgeben von diversen Konsumtempeln - Kontrastprogramm pur. Bei Wempe vorbei, nur kurz einen Blick auf die A. Lange & Söhne Auslage. Geht ja schon bei 35.000 € los. Aber die Zeitwerk war nicht da. Dann eben ohne mich. Der Weg führte mich weiter am Rüschenbeck vorbei - auch mit einer Lange & Söhne Auslage, wird langsam langweilig.
Und dann wäre ich fast vorbei gelaufen. Da ist der Laden der Begierde, außen recht unscheinbar, keine auffallenden Schaufenster, kaum Auslage. Man muss schon wissen was man will und wo es zu finden ist. Nur hinter dieser Tür darf man schauen und staunen. Ich bin schon groß, da hatte ich keine Hemmungen mehr, diese auch aufzustoßen. Es war kurz nach Ladenöffnung, kein Kunde weit und breit. Das wollte ich auch genauso mit der frühestmöglichen Anreise erreichen. Zeit für mich, Zeit für die Uhren, Zeit für ein nettes Gespräch mit dem hoffentlich wohlgesonnen Personal.
Erster Eindruck, schöner Laden, gefällt mir. Die Auslagen in der Wand eingelassen, ein wenig wie Aquarien. Zu den Taucheruhren hinter dem ersten Glas passte das schonmal sehr gut. So strebte ich von Auslage zu Auslage den Objekten der Begierde näher. Da waren sie! Wohlgeordnet nach Antriebsart, unterteilt in Standard und Limited Editions, mit Preisschildern versehen, die nichts Gutes ahnen ließen. Nun denn, mutig mein Begehr erklärt. Der freundliche Kundenberater war in seinem Element. Doch es zeigte sich hier ein Kritikpunkt am Ladenkonzept, der leider in vielen geschlossenen Verkaufsräumen, egal für welche Ware anzufinden, ist - die Beleuchtung. Sie wird dem japanischen Streben nach Perfektion von Licht & Reflektion nicht gerecht, ist aber nun mal den Räumlichkeiten geschuldet. Die Fingerabdrücke der vor mir Dagewesenen sieht man trotzdem. Einen Kommentar diesbezüglich konnte ich mir nicht verkneifen.
Also her mit der Snowflake. Huch ist die leicht, Titan für mich ungewohnt. Das Band wirkt deshalb so gar nicht solide, fast schon wie die Blechbänder der Seiko 5 Kategorie. Da war ich schon sehr überrascht und verwundert. Also zum Vergleich ein anderes Modell mit dem selben Gehäuse und selben Band aber aus Stahl. Oho, DAS fühlt sich nach etwas an, kein Vergleich. Aber das Ziffernblatt, es muss einfach das von der Snowflake sein. Ein Limited Modell hatte dagegen wieder ein unsagbar schön geschliffenes Gehäuse, mit mehr Kanten und Oberflächen als die Snowflake. Aber der Durchmesser auch etwas kleiner. Ach, und dann war ja noch die und die und jene. Ich war überfordert.
So, jetzt wird es ernst. Welches Angebot können sie mir machen? Eigentlich wollte ich die SF ja nur mal in Echt sehen, hatte aber den verwegenen Gedanken, bei einem bestimmten Preis sofort zuzuschlagen. Nach ein wenig hin-und-her verhandeln war klar, das wird wohl heute doch nichts, so weit waren Traum und Realität wohl selten auseinander.
Gut, wo habt Ihr den Rest des Seiko Sortiments versteckt? Oben gibt es auch noch etwas zu sehen. Ein paar Highlights der Seiko Geschichte ist museumshaft mit diversen Exponaten dokumentiert. Dann noch zwei Vitrinen, die Sondermodellen vorbehalten zu sein scheinen. Weiter hinten dann eine kleine Werkstatt, davor zwei Vitrinen mit den Einstiegsmodellen. Ein Schild mit 30% in der einen ließ fast wieder die Schnäppchen-Synapsen feuern. Ich konnte widerstehen. Das wird in eine andere Uhr gesteckt. Tja, das war's dann wohl heute mit mir und Seiko. Irgendwie wusste ich nicht so recht was ich denn nun mitnehme außer einem Katalog. Die Gedanken waren verunsichert. Hat mich die GS überzeug? Der unbedingt-haben-wollen-Funke sprang nicht spontan über. Hatte ich mehr erwartet? Irgendwie schon, musste ich mir eingestehen. Was tun? Mal eine Rolex, Omega oder vergleichbares befummeln wäre eine Option, um einen echten Vergleich zu haben. Dieser Gedanke kam mir aber erst, als ich wieder nach Hause fuhr, um meinen anderen Pflichten des Tages nachzukommen.
Ich bin also noch einmal davon gekommen, habe mich nicht von Medusa blenden lassen und konnte den Konsumtempel unbeschadet verlassen. War trotzdem interessant dort, nettes Personal vorgefunden, ein wenig Uhrengespräche geführt, insgesamt ein lohnenswerter Ausflug.
3. Akt – Konkurrenz belebt das Geschäft
Die verstrichene Gelegenheit andere Marken und Modelle in Augenschein zu nehmen habe ich damals ungenutzt verstreichen lassen, holte dies aber bei diversen Gelegenheiten und auf Reisen in den unterschiedlichsten Städten nach. Meistens hatte ich eine MM300 am Arm, ein klein wenig provokant vielleicht aber auch mal ein Test über die Voreingenommenheit, die so mancher Konzi haben mag. Mitunter habe ich auch ganz direkt gesagt, dass sie mir eine Alternative zu einer GS zeigen sollen. Da erlebt man also so einiges, was ein anderes Thema ist aber letztendlich könnte das ein schönes Hobby sein. Man geht irgendwo rein, trällert das Lied von besonderer Anlass, erklärt das Lastenheft, gibt das Budget kund und lässt sich mal alles zeigen, was die damit assoziieren. Man hat viele, meist schöne Uhren in der Hand und am Arm, kann kultivierte Gespräche führen und dann kann man wieder gehen und sagen, dass man sich das doch noch überlegen muss.
Fazit: Egal was ich anschaute, es war keine Uhr dabei, die von der Haptik, dem Aussehen, dem Finish, den kleinen Details etc. mir die GS aus dem Hirn vertreiben konnte. Im Gegenteil, ich war des Öfteren enttäuscht über das Verhältnis von Preis und Wertigkeit diverser Marken. Zugegeben, es gab da eine Glashütte Original, die hatte mich echt umgehauen, leider auch der Preis und damit war die aus dem Rennen.
4. Akt – Damenwahl
Die Wochen, ja Monate zogen ins Land. Ein Entschluss war noch in weiter Ferne. Da könnte es helfen, wenn man die beste Ehefrau von allen mitnimmt, um das Objekt der Begierde zu zeigen. Mittlerweile war sie schon fast mehr von meinem Uhrentick mitgenommen, als ich selbst. Vor lauter Uhrenbesichtigungen hatte sie komplett den Überblick verloren. Also ging es gemeinsam zur Boutique, um das Objekt der Begierde zu betrachten. Pustekuchen, die war gar nicht da und kommt erst in ein paar Wochen wieder rein. Sie melden sich dann…
Wenn man schon da ist, durfte meine Holde wenigstens die anderen GS begutachten. Ihre Meinung ist mir in vielen Dingen wichtig, gerade bei Sachen, von denen sie keine Ahnung hat. Selber hat man oftmals einen verklärten Blick und da hilft gelegentlich ein Augenöffner ungemein. Es kommt, wie es kommen musste, plötzlich taucht eine Konkurrentin auf. Eine andere GS gefällt, das Saatkorn des Zweifels ist gepflanzt. Jetzt nur nicht in eine andere Richtung reinsteigern, vieles redet man sich schön, das Bauchgefühl wird überstimmt und schon ist es passiert: Das wird ein Fall zum Flippern.
Werde ich widerstehen können?
5. Akt – Die Japan Connection
Ein Zufall ließ dann unerwartet Hektik aufkommen. Ein Verwandter sollte auf Dienstreise nach Tokyo. Davon erfuhr ich allerdings erst am Tag vor der Abreise. Jetzt musste es schnell gehen. Alle Infos zusammengetragen (danke an das UFO und die Erfahrungen und Quellen zum Kauf vor Ort!) und an ihn adressiert sowie Budgetgrenzen festgelegt. Jeden Tag auf Nachricht gehofft und dann die große Enttäuschung, er hat es nicht geschafft. Eine Dienstreise ist eben keine Vergnügungsfahrt, die Zeit rar und Gelegenheiten selten. Schade über die verpasste Chance. Verzweifelt musste ich nach weiteren Recherchen feststellen, dass es diese besondere Uhr auch gar nicht so einfach neu zu erwerben gibt. Er hätte es also gar nicht schaffen können eine Neue zu einem vernünftigen Preis aufzutreiben (Zoll etc. kommen ja noch dazu). Und eine Gebrauchte aus fernem Land bei dem Preis war mir zu unsicher. Was tun?
6. Akt – Das Finale
Nach weiteren Ablenkungsmanövern des netten Beraters in der Boutique, der mir Raritäten schmackhaft machen wollte und mich nach Frankfurt lockte - so eine Ananta hat ja auch etwas –, kam dann tatsächlich der Anruf, sie ist wieder da und wird auch für mich reserviert. Danke dafür, denn ich konnte erst eine Woche später hinfahren. Frau und Hund begleiteten mich diesmal. Eine gewisse Vorfreude war da, war ich doch quasi festgelegt - „heute muss die Glocke werden“ – nur der Preis konnte mich noch abhalten und die Zustimmung meiner besseren Hälfte stand noch aus. Gefällt sie oder doch die andere oder gar keine oder wie?
Es folgte wieder ein nettes Gespräch mit allen Beteiligten, dem mittlerweile persönlichen Kundenberater, dem Herrn von der Werkstatt und dann noch dem Filialleiter. Ich erhielt das ok und habe die schönere von zwei verfügbaren Snowflakes ausgesucht. Dann die Formalitäten erledigt und dann ging es mit einer schönen Tüte wieder von dannen. Ein Kunde, der schon vor mir anwesend war, saß dann immer noch da, verschiedenste GS vor sich. Konnte sich wohl nicht entscheiden... oder waren es etwa Zweifel, ob so viel Geld „nur“ für eine Seiko?
Zunächst stellten sich keine großen Emotionen ein. Dafür war alles zu geplant und vorhersehbar gewesen, zu lange habe ich mich schon damit beschäftigt. Der Deal war schon maximal ausgereizt, es blieb beim Preis wie beim ersten Besuch.
Aber schön war es dann, mit Frau und Hund durch die Stadt zu bummeln und anschließend mit Freunden am Weinstand an der Kleinmarkthalle gebührend auf das Leben, das Universum und den ganzen Rest anzustoßen.
Nach ein paar Stunden am Arm wusste ich, es ist gut so und eine tiefe Zufriedenheit stellt sich langsam aber mächtig ein. Nun ist sie bei mir, ein funkelndes Stück höchster japanischer Uhrmacherkunst. Ich war dann doch erstaunt, wie sehr ich verblüfft werden kann. Bisher konnte ich sie nur kurz ansehen und nur im Laden und nur unter Kunstlicht. Jetzt kann ich mich ausgiebig allen visuellen Genüssen hingeben, die ein jeglicher Lichteinfall hervorruft.
Wie spät ist es nochmal? Ach, erst eine Minute vergangen? Aber Du willst schon wieder wissen, wie spät es ist. Schauen, staunen, genießen....
Das Gefühl der Klapprigkeit bei Erstkontakt ist schnell gewichen einem legeren Nichts. Nicht nur kein Gewicht, sondern auch einfach kein Gefühl, dass etwas da ist. Nichts stört, nichts ruft ein negatives Tragegefühl hervor. Ich kann es nicht anders beschreiben, als ein fabelhaftes Nichts. Das fehlende Ticken ergänzt das Nichts des Tragens auf fast schon meditative Weise. Ist sie tatsächlich noch am Arm? Ein weiterer Grund nachzusehen.


Obwohl akribisch mit Brillentuch abgewischt, scheint es mir unmöglich, die Makellosigkeit fotografisch einzufangen. Ich habe es versucht aber andere hier im UFO können das um Welten besser und sollen deshalb nicht verbannt werden, wie eingangs gefordert.
Meine Kompaktknipse gibt leider nicht mehr her. Was ich dann zufällig realisiert habe ist, welche Reflexe die spiegelpolierten Zeiger, Indizes, Schriftzüge und andere Elemente hervorrufen. In Echt sehr beeindruckend, ich habe versucht das einzufangen und meines Wissens so noch nicht hier gesehen, insofern hat es sich vielleicht doch gelohnt hier reinzuschauen.

Vielen Dank fürs Lesen.
Durchgetickte Grüße
Stefan
Fazit: Der runde Geburtstag war noch gar nicht und Weihnachten kommt erst noch.
Andere Uhren reizen mich derzeit überhaupt nicht, die Messlatte liegt nun einfach höher.
Die Seiko Boutique ist definitv einen Besuch wert. Man sollte evtl. vorher anrufen, ob das gesuchte Modell vor Ort ist.
Man kann aber auch die eine oder andere schöne Überraschung vorfinden.
Eine triviale, bilderarme Geschichte.
1. Akt -Vorgeschichte
Beim Verweilen auf Seiten wie dem Uhrforum besteht die allergrößte Gefahr, Begehrlichkeiten zu wecken, die man nie zuvor für möglich hielt. Das ist nichts Neues und keiner weiteren Erwähnung wert.
Ein runder Geburtstag naht, etwas Besonderes darf her, das Budget kann auch mal an der 3-fachen Grenzen dessen kratzen, was bisher den Weg in meine Uhrenbox gefunden hat. Als damaliger non-member des UFO schaut man sich eben hier so um. Irgendwann die GS Snowflake entdeckt und gleich verliebt. Hier sei zu erwähnen, dass zu überlegen ist, ob die User, die so irre gute Fotos reinstellen nicht mit einem Bann belegt werden sollten…

Weiter recherchiert und so einiges gelesen, bis hin zu Glaubenskriegen. Nun ja, ich bin kein Freund von Dogmen, jeder wie er mag und kann ist meine Devise. Vermeintlich rationale Argumente verschwinden sowieso im emotionalen Nebel - müßig ist dann das Diskutieren.
Meine Schlussfolgerung: eine Grand Seiko ist etwas, dass man sich unvoreingenommen betrachten sollte. Glücklicherweise stand die Eröffnung der Seiko Boutique in Frankfurt unmittelbar bevor, quasi direkt bei mir um die Ecke. Bald sollte es soweit sein, dass ich diese besuchen konnte.
2. Akt – Die Seiko Boutique
Eines Tages, nach dem Pflichtprogramm Hund ausführen, Brötchen holen, beste Ehefrau wachküssen, duschen, Frühstück, ging es gleich zum lokalen Bahnhof und mit der Bimmelbahn nach Frankfurt. An der Hauptwache raus und gleich mal ein paar Alkis, Penner und Junkies begrüßt - auch schon wach oder doch nicht oder nicht mehr oder noch nicht - keine Ahnung. Das ist dort eben so. Aber gleich darauf befindet man sich umgeben von diversen Konsumtempeln - Kontrastprogramm pur. Bei Wempe vorbei, nur kurz einen Blick auf die A. Lange & Söhne Auslage. Geht ja schon bei 35.000 € los. Aber die Zeitwerk war nicht da. Dann eben ohne mich. Der Weg führte mich weiter am Rüschenbeck vorbei - auch mit einer Lange & Söhne Auslage, wird langsam langweilig.
Und dann wäre ich fast vorbei gelaufen. Da ist der Laden der Begierde, außen recht unscheinbar, keine auffallenden Schaufenster, kaum Auslage. Man muss schon wissen was man will und wo es zu finden ist. Nur hinter dieser Tür darf man schauen und staunen. Ich bin schon groß, da hatte ich keine Hemmungen mehr, diese auch aufzustoßen. Es war kurz nach Ladenöffnung, kein Kunde weit und breit. Das wollte ich auch genauso mit der frühestmöglichen Anreise erreichen. Zeit für mich, Zeit für die Uhren, Zeit für ein nettes Gespräch mit dem hoffentlich wohlgesonnen Personal.
Erster Eindruck, schöner Laden, gefällt mir. Die Auslagen in der Wand eingelassen, ein wenig wie Aquarien. Zu den Taucheruhren hinter dem ersten Glas passte das schonmal sehr gut. So strebte ich von Auslage zu Auslage den Objekten der Begierde näher. Da waren sie! Wohlgeordnet nach Antriebsart, unterteilt in Standard und Limited Editions, mit Preisschildern versehen, die nichts Gutes ahnen ließen. Nun denn, mutig mein Begehr erklärt. Der freundliche Kundenberater war in seinem Element. Doch es zeigte sich hier ein Kritikpunkt am Ladenkonzept, der leider in vielen geschlossenen Verkaufsräumen, egal für welche Ware anzufinden, ist - die Beleuchtung. Sie wird dem japanischen Streben nach Perfektion von Licht & Reflektion nicht gerecht, ist aber nun mal den Räumlichkeiten geschuldet. Die Fingerabdrücke der vor mir Dagewesenen sieht man trotzdem. Einen Kommentar diesbezüglich konnte ich mir nicht verkneifen.
Also her mit der Snowflake. Huch ist die leicht, Titan für mich ungewohnt. Das Band wirkt deshalb so gar nicht solide, fast schon wie die Blechbänder der Seiko 5 Kategorie. Da war ich schon sehr überrascht und verwundert. Also zum Vergleich ein anderes Modell mit dem selben Gehäuse und selben Band aber aus Stahl. Oho, DAS fühlt sich nach etwas an, kein Vergleich. Aber das Ziffernblatt, es muss einfach das von der Snowflake sein. Ein Limited Modell hatte dagegen wieder ein unsagbar schön geschliffenes Gehäuse, mit mehr Kanten und Oberflächen als die Snowflake. Aber der Durchmesser auch etwas kleiner. Ach, und dann war ja noch die und die und jene. Ich war überfordert.
So, jetzt wird es ernst. Welches Angebot können sie mir machen? Eigentlich wollte ich die SF ja nur mal in Echt sehen, hatte aber den verwegenen Gedanken, bei einem bestimmten Preis sofort zuzuschlagen. Nach ein wenig hin-und-her verhandeln war klar, das wird wohl heute doch nichts, so weit waren Traum und Realität wohl selten auseinander.
Gut, wo habt Ihr den Rest des Seiko Sortiments versteckt? Oben gibt es auch noch etwas zu sehen. Ein paar Highlights der Seiko Geschichte ist museumshaft mit diversen Exponaten dokumentiert. Dann noch zwei Vitrinen, die Sondermodellen vorbehalten zu sein scheinen. Weiter hinten dann eine kleine Werkstatt, davor zwei Vitrinen mit den Einstiegsmodellen. Ein Schild mit 30% in der einen ließ fast wieder die Schnäppchen-Synapsen feuern. Ich konnte widerstehen. Das wird in eine andere Uhr gesteckt. Tja, das war's dann wohl heute mit mir und Seiko. Irgendwie wusste ich nicht so recht was ich denn nun mitnehme außer einem Katalog. Die Gedanken waren verunsichert. Hat mich die GS überzeug? Der unbedingt-haben-wollen-Funke sprang nicht spontan über. Hatte ich mehr erwartet? Irgendwie schon, musste ich mir eingestehen. Was tun? Mal eine Rolex, Omega oder vergleichbares befummeln wäre eine Option, um einen echten Vergleich zu haben. Dieser Gedanke kam mir aber erst, als ich wieder nach Hause fuhr, um meinen anderen Pflichten des Tages nachzukommen.
Ich bin also noch einmal davon gekommen, habe mich nicht von Medusa blenden lassen und konnte den Konsumtempel unbeschadet verlassen. War trotzdem interessant dort, nettes Personal vorgefunden, ein wenig Uhrengespräche geführt, insgesamt ein lohnenswerter Ausflug.
3. Akt – Konkurrenz belebt das Geschäft
Die verstrichene Gelegenheit andere Marken und Modelle in Augenschein zu nehmen habe ich damals ungenutzt verstreichen lassen, holte dies aber bei diversen Gelegenheiten und auf Reisen in den unterschiedlichsten Städten nach. Meistens hatte ich eine MM300 am Arm, ein klein wenig provokant vielleicht aber auch mal ein Test über die Voreingenommenheit, die so mancher Konzi haben mag. Mitunter habe ich auch ganz direkt gesagt, dass sie mir eine Alternative zu einer GS zeigen sollen. Da erlebt man also so einiges, was ein anderes Thema ist aber letztendlich könnte das ein schönes Hobby sein. Man geht irgendwo rein, trällert das Lied von besonderer Anlass, erklärt das Lastenheft, gibt das Budget kund und lässt sich mal alles zeigen, was die damit assoziieren. Man hat viele, meist schöne Uhren in der Hand und am Arm, kann kultivierte Gespräche führen und dann kann man wieder gehen und sagen, dass man sich das doch noch überlegen muss.
Fazit: Egal was ich anschaute, es war keine Uhr dabei, die von der Haptik, dem Aussehen, dem Finish, den kleinen Details etc. mir die GS aus dem Hirn vertreiben konnte. Im Gegenteil, ich war des Öfteren enttäuscht über das Verhältnis von Preis und Wertigkeit diverser Marken. Zugegeben, es gab da eine Glashütte Original, die hatte mich echt umgehauen, leider auch der Preis und damit war die aus dem Rennen.
4. Akt – Damenwahl
Die Wochen, ja Monate zogen ins Land. Ein Entschluss war noch in weiter Ferne. Da könnte es helfen, wenn man die beste Ehefrau von allen mitnimmt, um das Objekt der Begierde zu zeigen. Mittlerweile war sie schon fast mehr von meinem Uhrentick mitgenommen, als ich selbst. Vor lauter Uhrenbesichtigungen hatte sie komplett den Überblick verloren. Also ging es gemeinsam zur Boutique, um das Objekt der Begierde zu betrachten. Pustekuchen, die war gar nicht da und kommt erst in ein paar Wochen wieder rein. Sie melden sich dann…

Wenn man schon da ist, durfte meine Holde wenigstens die anderen GS begutachten. Ihre Meinung ist mir in vielen Dingen wichtig, gerade bei Sachen, von denen sie keine Ahnung hat. Selber hat man oftmals einen verklärten Blick und da hilft gelegentlich ein Augenöffner ungemein. Es kommt, wie es kommen musste, plötzlich taucht eine Konkurrentin auf. Eine andere GS gefällt, das Saatkorn des Zweifels ist gepflanzt. Jetzt nur nicht in eine andere Richtung reinsteigern, vieles redet man sich schön, das Bauchgefühl wird überstimmt und schon ist es passiert: Das wird ein Fall zum Flippern.
Werde ich widerstehen können?
5. Akt – Die Japan Connection
Ein Zufall ließ dann unerwartet Hektik aufkommen. Ein Verwandter sollte auf Dienstreise nach Tokyo. Davon erfuhr ich allerdings erst am Tag vor der Abreise. Jetzt musste es schnell gehen. Alle Infos zusammengetragen (danke an das UFO und die Erfahrungen und Quellen zum Kauf vor Ort!) und an ihn adressiert sowie Budgetgrenzen festgelegt. Jeden Tag auf Nachricht gehofft und dann die große Enttäuschung, er hat es nicht geschafft. Eine Dienstreise ist eben keine Vergnügungsfahrt, die Zeit rar und Gelegenheiten selten. Schade über die verpasste Chance. Verzweifelt musste ich nach weiteren Recherchen feststellen, dass es diese besondere Uhr auch gar nicht so einfach neu zu erwerben gibt. Er hätte es also gar nicht schaffen können eine Neue zu einem vernünftigen Preis aufzutreiben (Zoll etc. kommen ja noch dazu). Und eine Gebrauchte aus fernem Land bei dem Preis war mir zu unsicher. Was tun?
6. Akt – Das Finale
Nach weiteren Ablenkungsmanövern des netten Beraters in der Boutique, der mir Raritäten schmackhaft machen wollte und mich nach Frankfurt lockte - so eine Ananta hat ja auch etwas –, kam dann tatsächlich der Anruf, sie ist wieder da und wird auch für mich reserviert. Danke dafür, denn ich konnte erst eine Woche später hinfahren. Frau und Hund begleiteten mich diesmal. Eine gewisse Vorfreude war da, war ich doch quasi festgelegt - „heute muss die Glocke werden“ – nur der Preis konnte mich noch abhalten und die Zustimmung meiner besseren Hälfte stand noch aus. Gefällt sie oder doch die andere oder gar keine oder wie?
Es folgte wieder ein nettes Gespräch mit allen Beteiligten, dem mittlerweile persönlichen Kundenberater, dem Herrn von der Werkstatt und dann noch dem Filialleiter. Ich erhielt das ok und habe die schönere von zwei verfügbaren Snowflakes ausgesucht. Dann die Formalitäten erledigt und dann ging es mit einer schönen Tüte wieder von dannen. Ein Kunde, der schon vor mir anwesend war, saß dann immer noch da, verschiedenste GS vor sich. Konnte sich wohl nicht entscheiden... oder waren es etwa Zweifel, ob so viel Geld „nur“ für eine Seiko?
Zunächst stellten sich keine großen Emotionen ein. Dafür war alles zu geplant und vorhersehbar gewesen, zu lange habe ich mich schon damit beschäftigt. Der Deal war schon maximal ausgereizt, es blieb beim Preis wie beim ersten Besuch.
Aber schön war es dann, mit Frau und Hund durch die Stadt zu bummeln und anschließend mit Freunden am Weinstand an der Kleinmarkthalle gebührend auf das Leben, das Universum und den ganzen Rest anzustoßen.
Nach ein paar Stunden am Arm wusste ich, es ist gut so und eine tiefe Zufriedenheit stellt sich langsam aber mächtig ein. Nun ist sie bei mir, ein funkelndes Stück höchster japanischer Uhrmacherkunst. Ich war dann doch erstaunt, wie sehr ich verblüfft werden kann. Bisher konnte ich sie nur kurz ansehen und nur im Laden und nur unter Kunstlicht. Jetzt kann ich mich ausgiebig allen visuellen Genüssen hingeben, die ein jeglicher Lichteinfall hervorruft.
Wie spät ist es nochmal? Ach, erst eine Minute vergangen? Aber Du willst schon wieder wissen, wie spät es ist. Schauen, staunen, genießen....
Das Gefühl der Klapprigkeit bei Erstkontakt ist schnell gewichen einem legeren Nichts. Nicht nur kein Gewicht, sondern auch einfach kein Gefühl, dass etwas da ist. Nichts stört, nichts ruft ein negatives Tragegefühl hervor. Ich kann es nicht anders beschreiben, als ein fabelhaftes Nichts. Das fehlende Ticken ergänzt das Nichts des Tragens auf fast schon meditative Weise. Ist sie tatsächlich noch am Arm? Ein weiterer Grund nachzusehen.


Obwohl akribisch mit Brillentuch abgewischt, scheint es mir unmöglich, die Makellosigkeit fotografisch einzufangen. Ich habe es versucht aber andere hier im UFO können das um Welten besser und sollen deshalb nicht verbannt werden, wie eingangs gefordert.


Vielen Dank fürs Lesen.
Durchgetickte Grüße
Stefan
Fazit: Der runde Geburtstag war noch gar nicht und Weihnachten kommt erst noch.
Andere Uhren reizen mich derzeit überhaupt nicht, die Messlatte liegt nun einfach höher.
Die Seiko Boutique ist definitv einen Besuch wert. Man sollte evtl. vorher anrufen, ob das gesuchte Modell vor Ort ist.
Man kann aber auch die eine oder andere schöne Überraschung vorfinden.