Das schlechte Image von Maurice Lacroix ist eher so ein Uhrforum-Nerd-Ding. Bei Laien in meiner Altersklasse (+/- 50) hingegen hat die Marke zumindest in meinem Umfeld sogar immer noch einen sehr positiven Ruf.
In den 90gern war man einer der ersten Marken, die qualitativ hochwertige mechanische Uhren wieder zu halbwegs erschwinglichen Preisen angeboten haben. Saphirglas vorne und hinten, verzierte Werke und aufwändige Zifferblätter gab´s damals nur deutlich teurer von z.B. Chronoswiss. Marken wie Omega, Breitling und Tag Heuer verbauten hingegen in ihren Einsteigeruhren Mineralgläser und hatten Metalldeckel. Von den Einsteigermarken der Swatch Group ganz zu schweigen. Die setzten damals noch voll auf Quarz, während ML mechanische Chronographen im Angebot hatte, Uhren mit Vollkalender und Mondphasen und Uhren mit Weckern. So was war vor der Quarzkrise normal, aber Anfang der 90ger eine Besonderheit, mit der man überall aufgefallen ist. Mit ML kam die Renaissance der Mechanik bei der breiten Masse an. Und man wollte seitens ML noch mehr: noch höhere Fertigungstiefe, Manufakturwerke, ausgefallene Komplikationen, Vollgolduhren. Zeitweise bekam man von ML von der Quarzuhr für wenige hundert Mark bis zum mechanischen Chronograph in 750ger Gold für 15.000 DM alles.
Als allerdings die Swatch Group und andere auf den Zug Mechanik aufsprangen, geriet man als kleiner Hersteller ins Hintertreffen. Den Trend weg von der Komplikation hin zur Sportuhr hat man außerdem komplett verschlafen. Die eben noch bewunderten barocken Designs mit gebläuten Breguet-Zeigern und Guillochen in Bicolor galten schnell als "Opa-Uhren". Über den vorher noch nobel klingenden Markennamen wurden von Uhrenfans Witze gerissen a la Moritz Lakritz. Die ambitionierten Uhren im hohen vierstelligen Bereich floppten meist kolossal: in den Preisregionen kaufen die Konsumenten Prestige und nicht nur Qualität.
ML konterte mit Marketing. Sportgrößen wie Walter Röhrl, Mario Basler und Lodda Maddäus machten Werbung für die Marke und auch ein junger aufstrebender Tennisspieler namens Roger Federer. Schon die Aufzählung zeigt: Genie und Wahnsinn, ein Gespür für Trends und die völlige Blindheit für Marktentwicklungen lagen bei ML stets nah beieinander. Geholfen hat die Werbung nicht. Niemand denkt bei ML an Sport, Niemand an Luftfahrt, Niemand an Autorennen. Der Marktanteil sank, die Rabatte stiegen.
Zeitweise wusste man sich nur noch mit irrsinnigen Aktionen zu helfen. Höhepunkt waren Black Friday-Angebote mit gigantischen Preisnachlässen auf die UVP. Seit ein paar Jahren geht´s gefühlt wieder aufwärts mit ML.
Ich drücke der Marke jedenfalls die Daumen. Sie hat wirklich viel für die Wiederbelebung der Mechanik getan. Und eins können auch die größten Kritiker nicht leugnen: die Qualität der Uhren ist zu den Preisen, die man letztlich zahlen muss, schwer zu toppen.