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Manche Uhrenmarken werden gehyped. Üblicherweise hängt das damit zusammen, dass die Marketingabteilung ihre Uhren prominent in Film und Fernsehen platzieren oder Schauspieler oder Sportler als Markenbotschafter anwerben konnte. Nur selten (falls überhaupt) unterscheiden sie sich durch überwältigende Qualität oder herausragende Genauigkeit von anderen Marken.
Andererseits gibt es Marken, die man ohne weiteres als "völlig unterbewertet" bezeichnen könnte. Für wenige Marken gilt das in höherem Maße als für die wenig anerkannte Schweizer Marke Sandoz
Henri Frédéric Sandoz gründete seine Uhrenfabrik in den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts in Tavannes in der Schweiz. Er stellte Uhren unter dem Label 'Cyma' her und tat sich 1890 mit den Gebrüdern Schwob zusammen, Angehörigen eines alten Uhrmachergeschlechtes. Als er 1913 starb, hinterließ er eine moderne Uhrenfabrik mit eintausend Angestellten, die jeden Tag 2.500 Uhren herstellen konnten. Bis 1938 hatte sich die Tageskapazität der Fabrik durch stetige Modernisierungen auf 4.000 Stück fast verdoppelt, und sie produzierte hochwertige Uhren unter verschiedenen Marken wie Tavannes-Cyma, Tacy Watch Co. und Lisca. Und natürlich Sandoz, Henri Sandoz und Henri Sandoz et Fils.
1971 wurde die Firma in vier Einzelgesellschaften aufgegliedert, die den Haupt-Vertriebsgesellschaften entsprachen, und deren jede die Rechte am Namen Sandoz mitnehmen durfte. Die vier Gesellschaften waren Sandoz Hong Kong, Sandoz Singapore, Sandoz Swiss und Sandoz Spain. Weil Sandoz Hong Kong und Sandoz Singapore als 'billig' gelten (obwohl sie in ihre Uhren echte ETA 2836 and ETA 2824-Werke einbauen) und Sandoz Spain hauptsächlich Quarzuhren baut, konnte Sandoz Swiss niemals das volle Potential der Marke und ihres Versprechens von faszinierendem Design und herausragender Qualität realisieren. Stattdessen beschwört der Name 'Sandoz' den Gedanken an billige 'Submariner'-Hommagen aus Hong Kong und Singapur,...
Bilder: Google Image Search
... und, schlimmer noch, die farbenfrohen 'Interpretationen' der Marke durch indische Uhrmacher:
Bilder: Google Image Search
Die gute Nachricht ist daher, dass die Jagd nach den Uhren des Schweizer Sandoz-Ablegers eine der lohnendsten Freizeitbeschäftigungen in der elektronischen Bucht ist. Für sehr, s e h r wenig Geld kann man in den Besitz hübscher, robuster Uhren mit sehr ordentlich laufenden Werken gelangen - meist FHF, aber auch AS und ETA.
Diese beiden hier sind typisch für die Art Sandoz-Uhren, die man auf Ebay oder auf Flohmärkten finden kann. Überraschend wenige Leute ahnen, wie hochwertig diese Uhren wirklich sind. Das FHF 905 ist ein solides Mittelklassewerk, welches chronometergenau reguliert werden kann, und die Blaue läuft in der Tat mit weniger als einer Sekunde Abweichung pro Tag. (Die Graue habe ich erst seit Montag, sie läuft nicht ganz so genau, aber für eine Vintage allemal genau genug.)
Die Graue kam an einem neuwertigen Lederband, ...
... und ist frisch vom Uhrmacher gereinigt und geölt.
Bei genauem Hinsehen fällt auf, dass das Zifferblatt am Rand leicht beschädigt ist. Das Werk dagegen ist unbeschädigt und rostfrei ...
... wie sich das für eine 'tropentaugliche' Uhr auch gehört. So prahlt jedenfalls der Deckel auf der Rückseite der Uhr.
Diese Ausführung des Rückendeckels reizte mich, denn ich kannte sonst nur die sternförmige Inschrift auf den Rückendeckeln:
So, wie der Rücken an einer blauen Vertreterin der Referenz in meiner Sammlung:
Diese kam am überraschend feingliedrigen Werks-Stahlarmband ...
... welches sich sehr gut tragen lässt.
Vermutlich das überraschendste Detail an dieser Referenz ...
... ist der grazil geschwungene Sekundenzeiger, dessen Form ihm gestattet, über die massiven Stunden-Indizes hinwegzugleiten. Seine Spitze ist rot lackiert, passend zu den roten Spitzen der Stunden-Indizes der blauen Uhr, und ist aus poliertem Stahl bei der mit dem grauen Antlitz:
Die Graue kam aus Österreich. Ich hatte sie für den Preis eines durchschnittlichen Mittagessens aus der Bucht gefischt. Die Farbabplatzungen auf dem Zifferblatt waren auf den Bildern des Verkäufers nicht zu sehen, aber sie hätten mich auch nicht davon abgehalten, diese Schwester zu meiner Blauen zu kaufen.
Die Blaue habe ich meinem Freund Karsten ('psyche-delic') abgekauft. Vom ohnehin geringen Preis ließ er noch was nach, weil die Datumschnellverstellung nicht funktionierte. Das macht die Kleine Lady aber mit ihrer Ganggenauigkeit mehr als wett - ich habe sie das letzte Mal im September getragen und musste sie jetzt nur um eine Minute vorstellen - das sind weniger als eine Sekunde Minus pro Tag. Nicht schlecht für eine 'billige' Uhr, oder?
An alle, die glauben, dass nur eine große Marke anhaltende Zufriedenheit mit einer Vintage-Uhr garantiert: probiert es mal mit einer dankbaren Sandoz Swiss. (Und das ist nur ein Beispiel
)
Danke für Euer Interesse!
Viele Grüße
Tomcat
PS: ich weiß, dass es im Forum noch ein paar von diesen gibt (gell, herrschneider?) Ich würde mich über Bilder ihrer Schwestern daher ausdrücklich freuen!
Andererseits gibt es Marken, die man ohne weiteres als "völlig unterbewertet" bezeichnen könnte. Für wenige Marken gilt das in höherem Maße als für die wenig anerkannte Schweizer Marke Sandoz

Henri Frédéric Sandoz gründete seine Uhrenfabrik in den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts in Tavannes in der Schweiz. Er stellte Uhren unter dem Label 'Cyma' her und tat sich 1890 mit den Gebrüdern Schwob zusammen, Angehörigen eines alten Uhrmachergeschlechtes. Als er 1913 starb, hinterließ er eine moderne Uhrenfabrik mit eintausend Angestellten, die jeden Tag 2.500 Uhren herstellen konnten. Bis 1938 hatte sich die Tageskapazität der Fabrik durch stetige Modernisierungen auf 4.000 Stück fast verdoppelt, und sie produzierte hochwertige Uhren unter verschiedenen Marken wie Tavannes-Cyma, Tacy Watch Co. und Lisca. Und natürlich Sandoz, Henri Sandoz und Henri Sandoz et Fils.
1971 wurde die Firma in vier Einzelgesellschaften aufgegliedert, die den Haupt-Vertriebsgesellschaften entsprachen, und deren jede die Rechte am Namen Sandoz mitnehmen durfte. Die vier Gesellschaften waren Sandoz Hong Kong, Sandoz Singapore, Sandoz Swiss und Sandoz Spain. Weil Sandoz Hong Kong und Sandoz Singapore als 'billig' gelten (obwohl sie in ihre Uhren echte ETA 2836 and ETA 2824-Werke einbauen) und Sandoz Spain hauptsächlich Quarzuhren baut, konnte Sandoz Swiss niemals das volle Potential der Marke und ihres Versprechens von faszinierendem Design und herausragender Qualität realisieren. Stattdessen beschwört der Name 'Sandoz' den Gedanken an billige 'Submariner'-Hommagen aus Hong Kong und Singapur,...

Bilder: Google Image Search
... und, schlimmer noch, die farbenfrohen 'Interpretationen' der Marke durch indische Uhrmacher:

Bilder: Google Image Search
Die gute Nachricht ist daher, dass die Jagd nach den Uhren des Schweizer Sandoz-Ablegers eine der lohnendsten Freizeitbeschäftigungen in der elektronischen Bucht ist. Für sehr, s e h r wenig Geld kann man in den Besitz hübscher, robuster Uhren mit sehr ordentlich laufenden Werken gelangen - meist FHF, aber auch AS und ETA.

Diese beiden hier sind typisch für die Art Sandoz-Uhren, die man auf Ebay oder auf Flohmärkten finden kann. Überraschend wenige Leute ahnen, wie hochwertig diese Uhren wirklich sind. Das FHF 905 ist ein solides Mittelklassewerk, welches chronometergenau reguliert werden kann, und die Blaue läuft in der Tat mit weniger als einer Sekunde Abweichung pro Tag. (Die Graue habe ich erst seit Montag, sie läuft nicht ganz so genau, aber für eine Vintage allemal genau genug.)


Die Graue kam an einem neuwertigen Lederband, ...

... und ist frisch vom Uhrmacher gereinigt und geölt.



Bei genauem Hinsehen fällt auf, dass das Zifferblatt am Rand leicht beschädigt ist. Das Werk dagegen ist unbeschädigt und rostfrei ...

... wie sich das für eine 'tropentaugliche' Uhr auch gehört. So prahlt jedenfalls der Deckel auf der Rückseite der Uhr.
Diese Ausführung des Rückendeckels reizte mich, denn ich kannte sonst nur die sternförmige Inschrift auf den Rückendeckeln:

So, wie der Rücken an einer blauen Vertreterin der Referenz in meiner Sammlung:


Diese kam am überraschend feingliedrigen Werks-Stahlarmband ...

... welches sich sehr gut tragen lässt.

Vermutlich das überraschendste Detail an dieser Referenz ...

... ist der grazil geschwungene Sekundenzeiger, dessen Form ihm gestattet, über die massiven Stunden-Indizes hinwegzugleiten. Seine Spitze ist rot lackiert, passend zu den roten Spitzen der Stunden-Indizes der blauen Uhr, und ist aus poliertem Stahl bei der mit dem grauen Antlitz:

Die Graue kam aus Österreich. Ich hatte sie für den Preis eines durchschnittlichen Mittagessens aus der Bucht gefischt. Die Farbabplatzungen auf dem Zifferblatt waren auf den Bildern des Verkäufers nicht zu sehen, aber sie hätten mich auch nicht davon abgehalten, diese Schwester zu meiner Blauen zu kaufen.


Die Blaue habe ich meinem Freund Karsten ('psyche-delic') abgekauft. Vom ohnehin geringen Preis ließ er noch was nach, weil die Datumschnellverstellung nicht funktionierte. Das macht die Kleine Lady aber mit ihrer Ganggenauigkeit mehr als wett - ich habe sie das letzte Mal im September getragen und musste sie jetzt nur um eine Minute vorstellen - das sind weniger als eine Sekunde Minus pro Tag. Nicht schlecht für eine 'billige' Uhr, oder?

An alle, die glauben, dass nur eine große Marke anhaltende Zufriedenheit mit einer Vintage-Uhr garantiert: probiert es mal mit einer dankbaren Sandoz Swiss. (Und das ist nur ein Beispiel

Danke für Euer Interesse!
Viele Grüße
Tomcat
PS: ich weiß, dass es im Forum noch ein paar von diesen gibt (gell, herrschneider?) Ich würde mich über Bilder ihrer Schwestern daher ausdrücklich freuen!