
bachmanns
Themenstarter
Werte Mitforenten,
heute folgt meine nächste Uhrenvorstellung und es geht wieder mal um ein Modell, das es eigentlich schon jahrelang gar nicht mehr zu kaufen gibt.
Als im Frühjahr 2020 die Hamilton PSR hier gezeigt und besprochen wurde, habe ich mich spontan in das Design verliebt und aufmerksam den Newsfaden verfolgt. Meine kreuzbrave, für Viele hier wahrscheinlich sogar langweilige, Sammlung sollte noch um etwas Ausgefallenes ergänzt werden. Da kam die PSR im Grunde gerade recht.
Aber: bei dieser Neuauflage der historischen Pulsar hat sich Hamilton etwas zu eng an das Original gehalten und der PSR nur eine 12h-Anzeige spendiert und auf eine Datumsanzeige verzichtet. Gerade bei einer Digitaluhr will ich aber das vertraute 24h-Format sehen und im Alltag das Datum von der Uhr abzulesen ist enorm praktisch. Da die PSR nicht anders zu haben war, fiel sie somit raus. Dann aber las ich im PSR-Faden den Beitrag des Kollegen @Törner , in welchem von einer mir bis dato völlig unbekannten "Pulsomatic" und einem automatischen Werk die Rede war.
Und los ging es mit der Recherche. Das erste Bild war schon mal sehr vielversprechend:
(Quelle: ablogtowatch.com)
Was aber hat es denn eigentlich mit der Pulsar, dem Urahn sowohl der Pulsomatic als auch der PSR auf sich? Machen wir dazu eine kleine Reise in die Vergangenheit, genauer: in die späten 1960er und frühen 1970er Jahre.
Die 1960er und 1970er Jahre waren eine Ära des rasanten technologischen Fortschritts. Das Aufkommen der Elektronik löste eine Revolution in der Uhrmacherei aus. Die erste elektrische Armbanduhr wurde 1957 von Hamilton vorgestellt, wobei die Serie 500 in mehreren Gehäusen erhältlich war, darunter auch die legendäre Ventura. War die Quarztechnik bereits mehrere Jahre für großformatige Präzisionsuhren im Einsatz, bestand die eigentliche Herausforderung darin, diese Technik zu miniaturisieren. In den 1960er Jahren hatten sich Schweizer, amerikanische und japanische Uhrmacher einen Wettlauf geliefert, um die ersten Anwendungen der Quarztechnologie für die Armbanduhr zu entwickeln.
Die Seiko Astron von 1969, die erste in Serie gefertigte Quarz-Armbanduhr.
Die Schweizer Uhrenindustrie, traditionell in kleine und kleinste Betriebe zersplittert, bündelte ab 1962 ihre Kräfte mit der Gründung des Centre Electronique Horloger in Neuenburg. 20 Uhrenhersteller taten sich hier unter der Führung der Ébauches SA und der Fédération Horlogère zusammen, um an der Elektrifizierung respektive der "Elektronisierung" der Armbanduhr zu forschen und zu arbeiten. Arbeitete man zunächst parallel an Stimmgabel- und Quarzuhren, wurde ab 1965 voll auf die Quarzuhr gesetzt. Schon 1967 konnte das CEH die ersten Prototypen einer Quarzarmbanduhr zeigen und mit diesen am Chronometriewettbewerb in Neuenburg teilnehmen. Allerdings waren die ersten Kaliber für eine Serienproduktion nicht geeignet. Ein serientaugliches Werk mußte noch entwickelt werden. So kam denn die erste Quarzarmbanduhr, die auf dem Markt erschien, aus Japan. Im Dezember 1969 kündigte Seiko die Markteinführung der Astron an. Nur wenige Wochen später wurden auf der Basler Messe 1970 mehrere Projekte vorgestellt: die Schweizer Beta 21 (CEH-Konsortium), die Longines Ultra-Quartz, die Girard-Perregaux Elcron u.a.
Die Pulsar P1 von 1970, die erste Digitaluhr.
Der 6. Mai 1970: eine Uhr, wie es sie vorher noch nie gab, wurde während einer Pressekonferenz in New York City präsentiert. Der Hamilton Pulsar wurde nicht nur von einem Quarzwerk angetrieben, sondern hatte auch keine beweglichen Teile und verursachte kein tickendes Geräusch. Dieser Armbandcomputer, nicht größer als eine Armbanduhr, hatte keine Zeiger und kein Zifferblatt und ersetzte beides durch eine digitale Anzeige. Die Pulsar war damals Science-Fiction: ein Design, wie aus einem SF-Weltraumfilm, mit einzigartiger Funktionalität. Durch Drücken einer Taste blinkte die Zeit in roten LED-Ziffern auf dem dunklen Bildschirm. Längeres Halten der Taste zeigte dann die verstreichenden Sekunden. Die LEDs verbrauchten derart viel Strom, dass die Uhrzeit nicht dauerhaft angezeigt werden konnte, ohne die Batterie im Zeitraffer zu entleeren.
Die Pulsar wurde von Hamilton im Rahmen einer Partnerschaft mit Electro/Data, Inc. entwickelt. Die Uhr wurde nach den pulsierenden Neutronensternen benannt, die Strahlen mit ultrapräzisen Frequenzen aussenden. Die erste Hamilton Pulsar, die P1, kam 1972 auf den Markt. Eine auf 400 Stück limitierte Auflage mit Gehäuse und Armband aus Gelbgold wurde zunächst für 2.100 USD verkauft, etwa das 10-fache des Preises einer Rolex Submariner bzw. der Gegenwert eines neuen Autos. Der Befehlsknopf befand sich bei 6 Uhr und die Anzeige bestand aus synthetischem Rubin. Im Inneren befand sich ein Quarzwerk mit 25 integrierten Chips, das mit 32.768 Hz und einer Genauigkeit von 60 Sekunden pro Jahr lief.
Die Pulsar P2 von 1972.
Ende 1972 wurde die Hamilton Pulsar P1 durch die P2 ersetzt, die über ein verbessertes elektronisches Modul und ein abgerundetes Gehäuse mit seitlichem Drücker verfügte. Es wurde in verschiedenen Gehäusematerialien und deutlich größeren Stückzahlen produziert und hatte großen kommerziellen Erfolg. Es war das Modell, das Roger Moore in der ersten Szene von "James Bond – Leben und sterben lassen" trug. Unter den Trägern waren Keith Richards, Joe Frazier, Elton John, Giovanni Agnelli und US-Präsident Gerald Ford.
(Quelle: watchlounge.com)
Wer mehr zur Pulsar erfahren möchte, dem sei an dieser Stelle der hervorragende Beitrag unseres Kollegen @music-power alias alias Frank empfohlen, der dort jede Menge Details zur Entwicklung, Technik, Geschichte und dem Ende der Pulsar zusammengetragen hat. Zur Entwicklung der Quarzuhr in der Schweiz hier ein sehr informativer Artikel der NZZ.
2010 lancierte Hamilton anlässlich des 40. Geburtstags der ersten Digitaluhr die Pulsomatic. Diese digitale Uhr verfügt über eine Flüssigkristallanzeige, die von einem automatischen Uhrwerk angetrieben wird.
Wie genau kann den nun ein automatisches Uhrwerk ein LCD-Display antreiben? Das Zauberwort heißt "Autoquarz" und dazu folgen später noch mehr Informationen.
Nachdem ich nun die Pulsomatic entdeckt hatte, deren schräges Äußeres perfekt zu den genauso schrägen Innereien (dem Autoquarzwerk) paßte und ich zu meiner großen Freude feststellte, daß die Uhr neben einer 24h-Anzeige auch das Datum anzeigen kann, war es um mich geschehen: ich mußte eine haben
Nun war das gute Stück aber von 2010 und damit schon 10 Jahre alt. Offiziell bei Hamilton war sie schon lange nicht mehr erhältlich, aber ich fand auf Chrono24 einen Juwelier, der eine Pulsomatic am Kautschukband als NOS-Ware verkaufte und dies sogar mit einer gültigen Garantiekarte und damit 2 Jahren Herstellergarantie. Also habe ich nicht lange gefackelt und zugeschlagen.
Die Uhr war tatsächlich ungetragen und kam voll foliert bei mir an. Ein geniales Stück Technik!
Nun bin ich eigentlich kein Freund von Kautschukbändern und so begab ich mich auf die Suche nach einem Stahlband. Tatsächlich fand ich auch noch ein nagelneues und foliertes Stahlband, habe dieses gekauft und dann montiert und gekürzt.
Dank 36 mm Bandanstoß ganz schön fett, paßt aber prima zum Charakter der Uhr. Die sieht nicht nur schwer aus, sondern ist es auch: knapp 200 Gramm bringt sie mit dem für meinen Arm angepaßten Armband auf die Waage.
Es gibt eine zweistufige Feinverstellung in der Schließe. Allerdings hat das Band keine halben Glieder, so daß ich es nur auf entweder "Leicht zu eng" oder "Deutlich zu weit" einstellen konnte. Die Uhr kommt somit nur in der kühleren Jahreszeit an den Arm, in der das Handgelenk etwas weniger Umfang hat
Das Glas spiegelt leider wie die Hölle...
Kommen wir zu den technischen Daten:
Gehäuse: Edelstahl, 38,5 mm x 48 mm, Höhe 14 mm, Frontseite: Saphirglas, Sichtboden ebenfalls mit Saphirglas
Display: schwarz, LCD, ohne Leuchtfunktion! Die Uhr kann somit nur bei ausreichend Umgebungslicht abgelesen werden
Armband: Edelstahl, Bandanstoß 36 mm, Faltschließe
Werk: Hamilton H1970, Autoquarz, 10 Steine, 82 Tage(!) (120 Tage?) Gangreserve, beidseitig aufziehend
Funktionen: Datum, EOL-Anzeige
Wasserdichte: 5 Bar
Listenpreis: EUR 995 (Kautschukband, Ref. H52515339), EUR 1.045 (Stahlband, Ref. H52515139), Stand: 2011
Was hat es nun mit dem Autoquarzwerk auf sich? Die Autoquarztechnik ist das Pendant der ETA zu Seikos Kinetic-Technologie. Während das System bei Seiko recht verbreitet ist, gibt es aus der Schweiz aktuell keine Autoquarzuhren mehr. Die ersten Modelle scheinen etwa Mitte der 90er Jahre auf den Markt gekommen zu sein und dann, in der zweiten Hälfte der Nullerjahre, verschwand das System wieder vom Markt. Die Pulsomatic und eine Uhr von Rado, die Ceramica Digital Automatik (ebenfalls 2010 vorgestellt), scheinen die letzten Vertreter ihrer Art gewesen zu sein.
Ein Autoquarz-Uhrwerk ist ein Quarzwerk, das seine Energie von einem mechanischen Aufzugsrotor statt einer Batterie bezieht.
Die grundsätzliche Funktionsweise ist wie folgt:
Die kinetische Energie, die die Bewegungen des Handgelenks der Uhr zuführen, versetzt den exzentrischen Aufzugsrotor in Bewegung, genau wie in einer mechanischen Automatikuhr. Diese Drehbewegung, durch ein Getriebe vielfach beschleunigt, treibt einen winzigen elektrischen Generator an, der seinerseits einen elektrischen Speicher auflädt – einen Akkumulator oder einen Kondensator. Aus diesem wiederum deckt das konventionelle Quarzwerk seinen Energiebedarf.
Wie eben erwähnt, gibt es zwei konkurrierende Konzepte: das japanische Seiko Kinetic und das Schweizer ETA-Autoquarz. Das jüngere und teurere ETA-Werk unterscheidet sich in einigen Details vom Kinetic-Werk: der Rotor treibt den Generator nicht direkt an, sondern zieht ein kleines Federhaus auf. Immer, wenn es vollständig aufgezogen ist, läuft es automatisch blitzschnell ab und treibt dabei den Generator. Der Vorteil dieser mechanischen Entkopplung von Rotor und Generator: der Generator läuft entweder gar nicht oder mit voller Drehzahl, d. h. er wird geschont und arbeitet dennoch effizienter. Außerdem läßt sich das Federhaus, wie bei einer konventionellen Automatikuhr, auch von Hand über die Krone aufziehen – im Gegensatz zum Kinetic-Werk. Auch der Einsatz eines herkömmlichen Uhrenbewegers wird dadurch möglich und es sind keine teuren Spezialladegeräte oder, als günstigere Lösung, Experimente mit Kerzenladegeräten nötig, wie bei Seiko.
Auf das Werk kann man nun entweder ein herkömmliches Zifferblatt mit Zeigern setzen oder aber, wie bei der Pulsomatic, eine LCD-Zeitanzeige.
Bezüglich der Gangreserve gibt es zwei unterschiedliche Aussagen: Watchtime.net gibt 82 Tage an,
Watchtime.com spricht von 120 Tagen. Welcher Wert nun stimmt, weiß ich leider nicht. Ich gehe auch davon aus, daß die 10 Jahre Liegezeit dem Akku meiner Uhr nicht unbedingt gutgetan haben. Nach einem Monat des täglichen Tragens im April habe ich sie abgelegt und es meldete sich die EOL-Anzeige dann am 12. Tag. Ich gehe davon aus, daß der Akku nicht mehr die volle Kapazität erreicht. Ein Austausch sollte aber möglich sein. Die EOL-Anzeige taucht als blinkender Punkt zwischen Stunden und Minuten im Display auf und meldet sich 12 Stunden, bevor der Akku leer ist.
Die Gangwerte sind ganz hervorragend: lediglich etwas mehr als eine Sekunde Vorlauf hat die Uhr in einem Monat gezeigt. Klasse!
Dank Sichtboden kann man das Werk auch in Augenschein nehmen.
Hamilton hat der Pulsomatic eine eigene Bedienungsanleitung spendiert. Die Einstellung ist aber recht einfach.
Gestellt wird die Uhrzeit über die Krone. Bei gezogener Krone werden bei einer schnellen halben Drehung der Krone die Minuten weitergestellt, bei einer längeren Drehung (3/4?) die Stunden. Das kann sich zu einer Nerven- und Geduldssache entwickeln. Mit der Zeit entwickelt man aber etwas Übung darin.
Vollführt man diese schnelle Halbdrehung bei gedrückter Krone, wird das Datum angezeigt. Das Tagesdatum, genauer gesagt. Zieht man während dieser Anzeige die Krone, kommt der Monat dazu und man kann das Datum bei Bedarf verstellen. Die Vorgehensweise gleicht der der Zeiteinstellung: kurze Drehung=Tage, lange Drehung=Monat.
Es folgen die restlichen Bilder:
Die Pulsomatic kam in der üblichen schwarzen Hamilton-Box.
Das Display hat den Touchscreen-Effekt: ständig ist es verschmiert und man wischt drüber
Das gestufte, keilförmige Gehäuse kaschiert die Höhe sehr gut. Die Pulsomatic ist zwar nicht klein, trägt sich aber überraschend bequem.
Der Katalog von 2011 nebst Preisliste gibt Auskunft zu den einzelnen Referenzen. Es gab sogar eine PVD-goldene Version.
Bewegte Bilder der Uhr:
Am Ende folgen, wie üblich, noch die Links zu meinen anderen Vorstellungen:
Der 40. Geburtstag oder Longines Conquest Classic Moonphase, Ref. L2.798.4.52.6
Die Jagd nach dem verlorenen Flieger oder Hamilton Khaki X-Patrol, Ref. H76556131
Die Weltzeituhr oder Hamilton Jazzmaster GMT Auto, Ref. H32695131
Die Genaue oder Tissot T-Classic T-Tempo COSC Chronometer, Ref. T060.407.11.051.00
Der Techno-Dresser oder Longines Master Collection Retrograde Moonphase,Ref.L2.738.4.51.7
Ein Uhrenmarathon oder Tissot Le Locle Réserve de Marche, Ref. T006.424.16.053.00
Variation in Tag und Datum oder Certina DS-1 Day-Date, Ref. C006.430.11.051.00
Einen Taucher braucht die Sammlung oder Mido Ocean Star Captain IV, Ref. M011.430.11.051.02
Die Deutsche oder Union Glashütte Belisar Großdatum, Ref. D002.426.16.087.00
Inspiration und Eleganz oder Hamilton intra-matic, Ref. H38455751
Die Rarität oder Longines Admiral Chronograph GMT, Ref. L3.670.4.56.6
Nicht Fisch, nicht Fleisch oder Certina DS-4 Small Second, Ref. C022.428.11.051.00
Außerplanmäßig, die Erste oder Longines Master Collection Annual Calendar, Ref. L2.910.4.78.3
Außerplanmäßig, die Zweite oder Longines 1832 Moonphase, Ref. L4.826.4.92.2
Mächtig gewaltig oder Hamilton Pan-Europ Auto Chrono, Ref. H35756735
Auf den Käpt´n kommt es an oder Rado Captain Cook 1962 Limited Edition (2017), Ref. R32500305
Klein und günstig oder Hamilton Khaki Field Officer Mechanical, Ref. H69419933
Großdatum? Großes Datum?? oder Certina DS Action Big Date Automatic, Ref. C032.426.11.051.00
Die Jubiläumsuhr, Teil 1 oder Tissot Heritage Navigator 160th Anniversary Chronometer, Ref. T078.641.16.057.00
Die Beinahe-Manufaktu(h)r oder Union Glashütte 1893 Johannes Dürrstein Edition Gangreserve, Ref. D007.456.16.017.00
Die Jubiläumsuhr, Teil 2 oder Tissot Heritage Porto 1925, Ref. T.66.1.628.32
Die "Krone" meiner Taucheruhren oder Omega Seamaster Professional Diver 300M, Ref. 212.30.41.20.01.003
Jetzt hat die liebe Seele Ruh´ oder Omega Speedmaster Professional, Ref. 311.30.42.30.01.005
Die Unerwartete oder Longines Heritage Column-Wheel Single Push-Piece Chronograph, Ref. L2.800.4.53.0
Viel Spaß beim Lesen und Euch allen ein schönes Restwochenende!
heute folgt meine nächste Uhrenvorstellung und es geht wieder mal um ein Modell, das es eigentlich schon jahrelang gar nicht mehr zu kaufen gibt.
Als im Frühjahr 2020 die Hamilton PSR hier gezeigt und besprochen wurde, habe ich mich spontan in das Design verliebt und aufmerksam den Newsfaden verfolgt. Meine kreuzbrave, für Viele hier wahrscheinlich sogar langweilige, Sammlung sollte noch um etwas Ausgefallenes ergänzt werden. Da kam die PSR im Grunde gerade recht.
Aber: bei dieser Neuauflage der historischen Pulsar hat sich Hamilton etwas zu eng an das Original gehalten und der PSR nur eine 12h-Anzeige spendiert und auf eine Datumsanzeige verzichtet. Gerade bei einer Digitaluhr will ich aber das vertraute 24h-Format sehen und im Alltag das Datum von der Uhr abzulesen ist enorm praktisch. Da die PSR nicht anders zu haben war, fiel sie somit raus. Dann aber las ich im PSR-Faden den Beitrag des Kollegen @Törner , in welchem von einer mir bis dato völlig unbekannten "Pulsomatic" und einem automatischen Werk die Rede war.
Und los ging es mit der Recherche. Das erste Bild war schon mal sehr vielversprechend:
(Quelle: ablogtowatch.com)
Was aber hat es denn eigentlich mit der Pulsar, dem Urahn sowohl der Pulsomatic als auch der PSR auf sich? Machen wir dazu eine kleine Reise in die Vergangenheit, genauer: in die späten 1960er und frühen 1970er Jahre.
Die 1960er und 1970er Jahre waren eine Ära des rasanten technologischen Fortschritts. Das Aufkommen der Elektronik löste eine Revolution in der Uhrmacherei aus. Die erste elektrische Armbanduhr wurde 1957 von Hamilton vorgestellt, wobei die Serie 500 in mehreren Gehäusen erhältlich war, darunter auch die legendäre Ventura. War die Quarztechnik bereits mehrere Jahre für großformatige Präzisionsuhren im Einsatz, bestand die eigentliche Herausforderung darin, diese Technik zu miniaturisieren. In den 1960er Jahren hatten sich Schweizer, amerikanische und japanische Uhrmacher einen Wettlauf geliefert, um die ersten Anwendungen der Quarztechnologie für die Armbanduhr zu entwickeln.
Die Seiko Astron von 1969, die erste in Serie gefertigte Quarz-Armbanduhr.
Die Schweizer Uhrenindustrie, traditionell in kleine und kleinste Betriebe zersplittert, bündelte ab 1962 ihre Kräfte mit der Gründung des Centre Electronique Horloger in Neuenburg. 20 Uhrenhersteller taten sich hier unter der Führung der Ébauches SA und der Fédération Horlogère zusammen, um an der Elektrifizierung respektive der "Elektronisierung" der Armbanduhr zu forschen und zu arbeiten. Arbeitete man zunächst parallel an Stimmgabel- und Quarzuhren, wurde ab 1965 voll auf die Quarzuhr gesetzt. Schon 1967 konnte das CEH die ersten Prototypen einer Quarzarmbanduhr zeigen und mit diesen am Chronometriewettbewerb in Neuenburg teilnehmen. Allerdings waren die ersten Kaliber für eine Serienproduktion nicht geeignet. Ein serientaugliches Werk mußte noch entwickelt werden. So kam denn die erste Quarzarmbanduhr, die auf dem Markt erschien, aus Japan. Im Dezember 1969 kündigte Seiko die Markteinführung der Astron an. Nur wenige Wochen später wurden auf der Basler Messe 1970 mehrere Projekte vorgestellt: die Schweizer Beta 21 (CEH-Konsortium), die Longines Ultra-Quartz, die Girard-Perregaux Elcron u.a.
Die Pulsar P1 von 1970, die erste Digitaluhr.
Der 6. Mai 1970: eine Uhr, wie es sie vorher noch nie gab, wurde während einer Pressekonferenz in New York City präsentiert. Der Hamilton Pulsar wurde nicht nur von einem Quarzwerk angetrieben, sondern hatte auch keine beweglichen Teile und verursachte kein tickendes Geräusch. Dieser Armbandcomputer, nicht größer als eine Armbanduhr, hatte keine Zeiger und kein Zifferblatt und ersetzte beides durch eine digitale Anzeige. Die Pulsar war damals Science-Fiction: ein Design, wie aus einem SF-Weltraumfilm, mit einzigartiger Funktionalität. Durch Drücken einer Taste blinkte die Zeit in roten LED-Ziffern auf dem dunklen Bildschirm. Längeres Halten der Taste zeigte dann die verstreichenden Sekunden. Die LEDs verbrauchten derart viel Strom, dass die Uhrzeit nicht dauerhaft angezeigt werden konnte, ohne die Batterie im Zeitraffer zu entleeren.
Die Pulsar wurde von Hamilton im Rahmen einer Partnerschaft mit Electro/Data, Inc. entwickelt. Die Uhr wurde nach den pulsierenden Neutronensternen benannt, die Strahlen mit ultrapräzisen Frequenzen aussenden. Die erste Hamilton Pulsar, die P1, kam 1972 auf den Markt. Eine auf 400 Stück limitierte Auflage mit Gehäuse und Armband aus Gelbgold wurde zunächst für 2.100 USD verkauft, etwa das 10-fache des Preises einer Rolex Submariner bzw. der Gegenwert eines neuen Autos. Der Befehlsknopf befand sich bei 6 Uhr und die Anzeige bestand aus synthetischem Rubin. Im Inneren befand sich ein Quarzwerk mit 25 integrierten Chips, das mit 32.768 Hz und einer Genauigkeit von 60 Sekunden pro Jahr lief.
Die Pulsar P2 von 1972.
Ende 1972 wurde die Hamilton Pulsar P1 durch die P2 ersetzt, die über ein verbessertes elektronisches Modul und ein abgerundetes Gehäuse mit seitlichem Drücker verfügte. Es wurde in verschiedenen Gehäusematerialien und deutlich größeren Stückzahlen produziert und hatte großen kommerziellen Erfolg. Es war das Modell, das Roger Moore in der ersten Szene von "James Bond – Leben und sterben lassen" trug. Unter den Trägern waren Keith Richards, Joe Frazier, Elton John, Giovanni Agnelli und US-Präsident Gerald Ford.
(Quelle: watchlounge.com)
Wer mehr zur Pulsar erfahren möchte, dem sei an dieser Stelle der hervorragende Beitrag unseres Kollegen @music-power alias alias Frank empfohlen, der dort jede Menge Details zur Entwicklung, Technik, Geschichte und dem Ende der Pulsar zusammengetragen hat. Zur Entwicklung der Quarzuhr in der Schweiz hier ein sehr informativer Artikel der NZZ.
2010 lancierte Hamilton anlässlich des 40. Geburtstags der ersten Digitaluhr die Pulsomatic. Diese digitale Uhr verfügt über eine Flüssigkristallanzeige, die von einem automatischen Uhrwerk angetrieben wird.
Wie genau kann den nun ein automatisches Uhrwerk ein LCD-Display antreiben? Das Zauberwort heißt "Autoquarz" und dazu folgen später noch mehr Informationen.
Nachdem ich nun die Pulsomatic entdeckt hatte, deren schräges Äußeres perfekt zu den genauso schrägen Innereien (dem Autoquarzwerk) paßte und ich zu meiner großen Freude feststellte, daß die Uhr neben einer 24h-Anzeige auch das Datum anzeigen kann, war es um mich geschehen: ich mußte eine haben

Nun war das gute Stück aber von 2010 und damit schon 10 Jahre alt. Offiziell bei Hamilton war sie schon lange nicht mehr erhältlich, aber ich fand auf Chrono24 einen Juwelier, der eine Pulsomatic am Kautschukband als NOS-Ware verkaufte und dies sogar mit einer gültigen Garantiekarte und damit 2 Jahren Herstellergarantie. Also habe ich nicht lange gefackelt und zugeschlagen.
Die Uhr war tatsächlich ungetragen und kam voll foliert bei mir an. Ein geniales Stück Technik!
Nun bin ich eigentlich kein Freund von Kautschukbändern und so begab ich mich auf die Suche nach einem Stahlband. Tatsächlich fand ich auch noch ein nagelneues und foliertes Stahlband, habe dieses gekauft und dann montiert und gekürzt.
Dank 36 mm Bandanstoß ganz schön fett, paßt aber prima zum Charakter der Uhr. Die sieht nicht nur schwer aus, sondern ist es auch: knapp 200 Gramm bringt sie mit dem für meinen Arm angepaßten Armband auf die Waage.
Es gibt eine zweistufige Feinverstellung in der Schließe. Allerdings hat das Band keine halben Glieder, so daß ich es nur auf entweder "Leicht zu eng" oder "Deutlich zu weit" einstellen konnte. Die Uhr kommt somit nur in der kühleren Jahreszeit an den Arm, in der das Handgelenk etwas weniger Umfang hat

Das Glas spiegelt leider wie die Hölle...
Kommen wir zu den technischen Daten:
Gehäuse: Edelstahl, 38,5 mm x 48 mm, Höhe 14 mm, Frontseite: Saphirglas, Sichtboden ebenfalls mit Saphirglas
Display: schwarz, LCD, ohne Leuchtfunktion! Die Uhr kann somit nur bei ausreichend Umgebungslicht abgelesen werden
Armband: Edelstahl, Bandanstoß 36 mm, Faltschließe
Werk: Hamilton H1970, Autoquarz, 10 Steine, 82 Tage(!) (120 Tage?) Gangreserve, beidseitig aufziehend
Funktionen: Datum, EOL-Anzeige
Wasserdichte: 5 Bar
Listenpreis: EUR 995 (Kautschukband, Ref. H52515339), EUR 1.045 (Stahlband, Ref. H52515139), Stand: 2011
Was hat es nun mit dem Autoquarzwerk auf sich? Die Autoquarztechnik ist das Pendant der ETA zu Seikos Kinetic-Technologie. Während das System bei Seiko recht verbreitet ist, gibt es aus der Schweiz aktuell keine Autoquarzuhren mehr. Die ersten Modelle scheinen etwa Mitte der 90er Jahre auf den Markt gekommen zu sein und dann, in der zweiten Hälfte der Nullerjahre, verschwand das System wieder vom Markt. Die Pulsomatic und eine Uhr von Rado, die Ceramica Digital Automatik (ebenfalls 2010 vorgestellt), scheinen die letzten Vertreter ihrer Art gewesen zu sein.
Ein Autoquarz-Uhrwerk ist ein Quarzwerk, das seine Energie von einem mechanischen Aufzugsrotor statt einer Batterie bezieht.
Die grundsätzliche Funktionsweise ist wie folgt:
Die kinetische Energie, die die Bewegungen des Handgelenks der Uhr zuführen, versetzt den exzentrischen Aufzugsrotor in Bewegung, genau wie in einer mechanischen Automatikuhr. Diese Drehbewegung, durch ein Getriebe vielfach beschleunigt, treibt einen winzigen elektrischen Generator an, der seinerseits einen elektrischen Speicher auflädt – einen Akkumulator oder einen Kondensator. Aus diesem wiederum deckt das konventionelle Quarzwerk seinen Energiebedarf.
Wie eben erwähnt, gibt es zwei konkurrierende Konzepte: das japanische Seiko Kinetic und das Schweizer ETA-Autoquarz. Das jüngere und teurere ETA-Werk unterscheidet sich in einigen Details vom Kinetic-Werk: der Rotor treibt den Generator nicht direkt an, sondern zieht ein kleines Federhaus auf. Immer, wenn es vollständig aufgezogen ist, läuft es automatisch blitzschnell ab und treibt dabei den Generator. Der Vorteil dieser mechanischen Entkopplung von Rotor und Generator: der Generator läuft entweder gar nicht oder mit voller Drehzahl, d. h. er wird geschont und arbeitet dennoch effizienter. Außerdem läßt sich das Federhaus, wie bei einer konventionellen Automatikuhr, auch von Hand über die Krone aufziehen – im Gegensatz zum Kinetic-Werk. Auch der Einsatz eines herkömmlichen Uhrenbewegers wird dadurch möglich und es sind keine teuren Spezialladegeräte oder, als günstigere Lösung, Experimente mit Kerzenladegeräten nötig, wie bei Seiko.
Auf das Werk kann man nun entweder ein herkömmliches Zifferblatt mit Zeigern setzen oder aber, wie bei der Pulsomatic, eine LCD-Zeitanzeige.
Bezüglich der Gangreserve gibt es zwei unterschiedliche Aussagen: Watchtime.net gibt 82 Tage an,
Watchtime.com spricht von 120 Tagen. Welcher Wert nun stimmt, weiß ich leider nicht. Ich gehe auch davon aus, daß die 10 Jahre Liegezeit dem Akku meiner Uhr nicht unbedingt gutgetan haben. Nach einem Monat des täglichen Tragens im April habe ich sie abgelegt und es meldete sich die EOL-Anzeige dann am 12. Tag. Ich gehe davon aus, daß der Akku nicht mehr die volle Kapazität erreicht. Ein Austausch sollte aber möglich sein. Die EOL-Anzeige taucht als blinkender Punkt zwischen Stunden und Minuten im Display auf und meldet sich 12 Stunden, bevor der Akku leer ist.
Die Gangwerte sind ganz hervorragend: lediglich etwas mehr als eine Sekunde Vorlauf hat die Uhr in einem Monat gezeigt. Klasse!
Dank Sichtboden kann man das Werk auch in Augenschein nehmen.
Hamilton hat der Pulsomatic eine eigene Bedienungsanleitung spendiert. Die Einstellung ist aber recht einfach.
Gestellt wird die Uhrzeit über die Krone. Bei gezogener Krone werden bei einer schnellen halben Drehung der Krone die Minuten weitergestellt, bei einer längeren Drehung (3/4?) die Stunden. Das kann sich zu einer Nerven- und Geduldssache entwickeln. Mit der Zeit entwickelt man aber etwas Übung darin.
Vollführt man diese schnelle Halbdrehung bei gedrückter Krone, wird das Datum angezeigt. Das Tagesdatum, genauer gesagt. Zieht man während dieser Anzeige die Krone, kommt der Monat dazu und man kann das Datum bei Bedarf verstellen. Die Vorgehensweise gleicht der der Zeiteinstellung: kurze Drehung=Tage, lange Drehung=Monat.
Es folgen die restlichen Bilder:
Die Pulsomatic kam in der üblichen schwarzen Hamilton-Box.
Das Display hat den Touchscreen-Effekt: ständig ist es verschmiert und man wischt drüber

Das gestufte, keilförmige Gehäuse kaschiert die Höhe sehr gut. Die Pulsomatic ist zwar nicht klein, trägt sich aber überraschend bequem.
Der Katalog von 2011 nebst Preisliste gibt Auskunft zu den einzelnen Referenzen. Es gab sogar eine PVD-goldene Version.
Bewegte Bilder der Uhr:
Am Ende folgen, wie üblich, noch die Links zu meinen anderen Vorstellungen:
Der 40. Geburtstag oder Longines Conquest Classic Moonphase, Ref. L2.798.4.52.6
Die Jagd nach dem verlorenen Flieger oder Hamilton Khaki X-Patrol, Ref. H76556131
Die Weltzeituhr oder Hamilton Jazzmaster GMT Auto, Ref. H32695131
Die Genaue oder Tissot T-Classic T-Tempo COSC Chronometer, Ref. T060.407.11.051.00
Der Techno-Dresser oder Longines Master Collection Retrograde Moonphase,Ref.L2.738.4.51.7
Ein Uhrenmarathon oder Tissot Le Locle Réserve de Marche, Ref. T006.424.16.053.00
Variation in Tag und Datum oder Certina DS-1 Day-Date, Ref. C006.430.11.051.00
Einen Taucher braucht die Sammlung oder Mido Ocean Star Captain IV, Ref. M011.430.11.051.02
Die Deutsche oder Union Glashütte Belisar Großdatum, Ref. D002.426.16.087.00
Inspiration und Eleganz oder Hamilton intra-matic, Ref. H38455751
Die Rarität oder Longines Admiral Chronograph GMT, Ref. L3.670.4.56.6
Nicht Fisch, nicht Fleisch oder Certina DS-4 Small Second, Ref. C022.428.11.051.00
Außerplanmäßig, die Erste oder Longines Master Collection Annual Calendar, Ref. L2.910.4.78.3
Außerplanmäßig, die Zweite oder Longines 1832 Moonphase, Ref. L4.826.4.92.2
Mächtig gewaltig oder Hamilton Pan-Europ Auto Chrono, Ref. H35756735
Auf den Käpt´n kommt es an oder Rado Captain Cook 1962 Limited Edition (2017), Ref. R32500305
Klein und günstig oder Hamilton Khaki Field Officer Mechanical, Ref. H69419933
Großdatum? Großes Datum?? oder Certina DS Action Big Date Automatic, Ref. C032.426.11.051.00
Die Jubiläumsuhr, Teil 1 oder Tissot Heritage Navigator 160th Anniversary Chronometer, Ref. T078.641.16.057.00
Die Beinahe-Manufaktu(h)r oder Union Glashütte 1893 Johannes Dürrstein Edition Gangreserve, Ref. D007.456.16.017.00
Die Jubiläumsuhr, Teil 2 oder Tissot Heritage Porto 1925, Ref. T.66.1.628.32
Die "Krone" meiner Taucheruhren oder Omega Seamaster Professional Diver 300M, Ref. 212.30.41.20.01.003
Jetzt hat die liebe Seele Ruh´ oder Omega Speedmaster Professional, Ref. 311.30.42.30.01.005
Die Unerwartete oder Longines Heritage Column-Wheel Single Push-Piece Chronograph, Ref. L2.800.4.53.0
Viel Spaß beim Lesen und Euch allen ein schönes Restwochenende!
Zuletzt bearbeitet: