
apple1984
Themenstarter
... und mehr Lametta. Um mal mit geflügelten Worten aus der jüngeren deutschen Vergangenheit aufzuwarten. Diesmal keine Seiko, wie so oft, diesmal darf es auch eine Citizen sein. Erst war ich optisch sehr angetan, dann haben mich die technischen Finessen begeistert, die ich bis dato nicht kannte. Eigentlich wäre eine Vorstellung im Vintageforum berechtigt. Diese Uhr kann aber ohne weiteres mit aktuellen Kolleginnen mithalten.
Was war die Aufgabe: Dem Y-Register Choreographen Kaliber der 3530 Familie (in diesem Falle das Kaliber 3531A) eine passende Form zu geben. Nicht zu groß soll sie sein, nicht zu klein, da sind 40 mm genau richtig. Unscheinbar anthrazit, lichtschluckend, finderabdruckverhindernd mattes Silber, Hängebrückenarmband mit schmalen Tritten. Die Bedienelemente, sprich Drücker (derer drei) und Kronen (zwei) alle eine Nummer kleiner gewählt, um das Ambiente so zurückhaltend wie möglich zu gestalten. Den Nachteil, das nur 9 mm hohe Arbeitsgerät für bestimmte Einstellungen vom Arm nehmen zu müssen, sind in Kauf genommen worden. Sehr durchdacht: Die sich gern in den Handrücken bohrende große Hauptkrone wurde auf die 4 verbannt, dafür die Moduskrone für das Scharfstellen des Alarms auf die 3 Uhr Position. Die schließt meist bündig zum Gehäuse ab.
Zum Ein-/Ausschalten des Chronographen die typische Drückerposition auf 2 Uhr, der Rückholer auf 10 Uhr. So weit, so normal. Wirklich sensationell ist die Möglichkeit bei diesem Quartz Schrittmotor Kaliber, über den Drücker auf 8 Uhr zwischen der Hauptsekunde und der Chronosekunde hin- und herzuschalten. Nicht stoisch ruhend auf der 12 geparkt wie so oft, sondern umschaltbar zwischen beiden Disziplinen. Ist die Kurzzeitmessung beendet und auf die 12 zurückgestellt, einmal die 8 gedrückt: Der Zeiger wandert vorwärts zur aktuellen Sekundenanzeige, die während der ganzen Zeit im Hintergrund weitergezählt wurde. Quartz Schrittmotor bedeutet u.a.: Schleichend bewegt sich nur der Stundenzeiger. Der Minutenzeiger bewegt sich genau drei Mal während einer Minute: Nämlich nach 20, 40 und 60 Sekunden. Das ist schon ein sehr gewöhnungsbedürftiger Anblick.
Kommen wir zur Krönung: Dem Zifferblatt. Wir führen uns noch mal vor Augen: 12-Stunden-Chronograph, Alarm, Timer, Counter, Stunde, Minute, Sekunde, Tachymeter. Das muss man erst mal auf dem Blatt unterbringen. Die drei Hilfsanzeigen sind größtmöglich in der verbliebenen ZB-Fläche angelegt. Dafür wurde der Durchmesser vergrößert bis zum Minutenring; die 2er, 6er und 10er Indexe weggelassen. Eine Wohltat für das Layout: Kein Datum. Wie erholsam! Statt wie bei anderen Kolleginnen irgendwo dazwischengeklemmt in meist viel zu kleiner Größe vor sich hinzuvegetieren, einfach mal die beste Lösung gewählt: Weglassen. Dezent in den Freiräumen zwischen den Totis platziert: Die Angabe zur Wasserdichtigkeit (hier 10 bar) links, Kurzfassung der Komplikationen rechts, Hersteller und Antriebsart unter der 12. Ordnung muss sein...
Die Alarmzeit wird nicht über ein Hilfszifferblatt bewerkstelligt, sondern über die Hauptzeiger. Hauptkrone auf erste Position ausgezogen (auf die zweite übrigens, um die Zeit einzustellen), da signalisiert der Lautsprecher Bereitschaft. Jetzt wird es unheimlich: Durch kurzes drehen an der Krone wandern die Zeiger in Einer-Schritten vorwärts, kaum wagt man mehr Umdrehung, rast die Stunden-/Minuten Kombi im Eiltempo zur gewünschten Endposition. Meist darüber hinaus, bis man realisiert hat, das leichtes Zurückdrehen die Fuhre zum langsamer werden und schließlich um Stoppen bringt. Puuh. Das ist also der Quartz Schrittmotor. Nicht ellenlanges Gekurbel sondern filigranes vor- und zurückdrehen an der ziemlich griffigen und genügend großen Hauptkrone. Kaum ist diese wieder in die Standard Position zurückgeschoben, stellt sich Zeigerkombi wieder auf die aktuelle Uhrzeit zurück. Alles wie von Zauberhand. Das Herausziehen der Einschrittkrone auf der 3 stellt den Alarm scharf. Die Geräuschkulisse im übrigen nicht nervig, aber genügend laut und langanhaltend.
Für den vollen Funktionsumfang war ich zum ersten Mal in Ermangelung eines gedruckten auf ein elektronisches Handbuch angewiesen. Das beweist nicht meine im Alter zunehmende Beschränktheit, sondern die Komplexität dieses Technikwunders aus dem Jahre 1985. Noch zu erwähnen: Auf der ebenfalls zurückhaltenden, leicht angeschrägten Rehaut befindet sich die Tachymeteranzeige. Ganz auf der schmalen Außenbahn noch die den Bedienungselementen zugeordneten Bezeichnungen. Natürlich alles unter Glas und somit nicht zu beschädigen.
Die Zeigerwahl ist allererste Sahne: Top Längen und gut zu unterscheidende Stärken aller sechs Mitspieler. Weiß auf Schwarz nicht nur diese, sondern auch die Beschriftung und die Leuchtmasse auf den kurzen silbernen Indexen. Dazu noch die natürlich viel kleineren Beschriftungen in den Hilfsanzeigen, in der 2/100stel Anzeige sogar zweireihig, da der Quirl nach 50 Sekunden Schleudertrauma in den 1 Sekunden Modus wechselt. Sonnenschliff in den Totalisatoren in einer ansonsten mattschwarzen Umgebung verleihen diesem Musterexemplar an Raumnutzung sogar einen Hauch von Eleganz.
Meine Citizen - laut Werksbeschriftung 3531A - liegt in ziemlich gutem Zustand vor. Eingriffe meinerseits beschränkten sich auf die Grundreinigung, ein wenig mattieren sowie auf das Abschleifen einiger Kratzer aus dem Uhrglas. Die Leuchtmasse ist in ausgezeichnetem Zustand, haben allerdings nach 31 Jahren nur noch eingeschränktem Nutzen. Noch erwähnt werden sollte die Schiebeschließe des Armbandes mit zusätzlichem Sicherheitsverschluss. Was vordergründig als Lünette auf dem Gehäuse platziert wurde ist keine: Sie ist Teil des Gehäuses. Also mal eben das Glas wechseln ist nicht. Format: 40 x 40 mm, 9,24 mm Bauhöhe (!) - um ganz genau zu sein. Das ganze abschließend mit verschraubtem Boden, abgedeckt mit Mineralglas. Komplett Edelstahl in dieser Preisklasse selbstverständlich.
Angesichts des Gebotenen, von dem ich schwer begeistert bin, hänge ich mich mal ganz weit aus dem Fenster: Dieser Wecker ist eine der ganz großen Würfe auf dem Quartz Chronographen Sektor der 80er Jahre. Nicht nur technisch, sondern auch und vor allem optisch. Vermutlich gibt es deswegen kaum brauchbare Exemplare oder - es wurden einfach zu wenig hergestellt oder verkauft… Wieder so lang geworden der Aufsatz - aber es mußte mal gesagt werden
. Die Fotos dazu.
Quellen: Dank an die Kollegen "Uhrzeittier" und "Gufi" für ihre Beiträge.
http://www.thewatchsite.com/files/Citizen Technical Manuals/3530.pdf
Citizen/Miyota Calibers Technical/Repair Manuals - Seiko & Citizen Watch Forum – Japanese Watch Reviews, Discussion & Trading
Topic: Do you have a Citizen 3530? Let me see then! - Seiko 7A38 - by the numbers
Was war die Aufgabe: Dem Y-Register Choreographen Kaliber der 3530 Familie (in diesem Falle das Kaliber 3531A) eine passende Form zu geben. Nicht zu groß soll sie sein, nicht zu klein, da sind 40 mm genau richtig. Unscheinbar anthrazit, lichtschluckend, finderabdruckverhindernd mattes Silber, Hängebrückenarmband mit schmalen Tritten. Die Bedienelemente, sprich Drücker (derer drei) und Kronen (zwei) alle eine Nummer kleiner gewählt, um das Ambiente so zurückhaltend wie möglich zu gestalten. Den Nachteil, das nur 9 mm hohe Arbeitsgerät für bestimmte Einstellungen vom Arm nehmen zu müssen, sind in Kauf genommen worden. Sehr durchdacht: Die sich gern in den Handrücken bohrende große Hauptkrone wurde auf die 4 verbannt, dafür die Moduskrone für das Scharfstellen des Alarms auf die 3 Uhr Position. Die schließt meist bündig zum Gehäuse ab.
Zum Ein-/Ausschalten des Chronographen die typische Drückerposition auf 2 Uhr, der Rückholer auf 10 Uhr. So weit, so normal. Wirklich sensationell ist die Möglichkeit bei diesem Quartz Schrittmotor Kaliber, über den Drücker auf 8 Uhr zwischen der Hauptsekunde und der Chronosekunde hin- und herzuschalten. Nicht stoisch ruhend auf der 12 geparkt wie so oft, sondern umschaltbar zwischen beiden Disziplinen. Ist die Kurzzeitmessung beendet und auf die 12 zurückgestellt, einmal die 8 gedrückt: Der Zeiger wandert vorwärts zur aktuellen Sekundenanzeige, die während der ganzen Zeit im Hintergrund weitergezählt wurde. Quartz Schrittmotor bedeutet u.a.: Schleichend bewegt sich nur der Stundenzeiger. Der Minutenzeiger bewegt sich genau drei Mal während einer Minute: Nämlich nach 20, 40 und 60 Sekunden. Das ist schon ein sehr gewöhnungsbedürftiger Anblick.
Kommen wir zur Krönung: Dem Zifferblatt. Wir führen uns noch mal vor Augen: 12-Stunden-Chronograph, Alarm, Timer, Counter, Stunde, Minute, Sekunde, Tachymeter. Das muss man erst mal auf dem Blatt unterbringen. Die drei Hilfsanzeigen sind größtmöglich in der verbliebenen ZB-Fläche angelegt. Dafür wurde der Durchmesser vergrößert bis zum Minutenring; die 2er, 6er und 10er Indexe weggelassen. Eine Wohltat für das Layout: Kein Datum. Wie erholsam! Statt wie bei anderen Kolleginnen irgendwo dazwischengeklemmt in meist viel zu kleiner Größe vor sich hinzuvegetieren, einfach mal die beste Lösung gewählt: Weglassen. Dezent in den Freiräumen zwischen den Totis platziert: Die Angabe zur Wasserdichtigkeit (hier 10 bar) links, Kurzfassung der Komplikationen rechts, Hersteller und Antriebsart unter der 12. Ordnung muss sein...
Die Alarmzeit wird nicht über ein Hilfszifferblatt bewerkstelligt, sondern über die Hauptzeiger. Hauptkrone auf erste Position ausgezogen (auf die zweite übrigens, um die Zeit einzustellen), da signalisiert der Lautsprecher Bereitschaft. Jetzt wird es unheimlich: Durch kurzes drehen an der Krone wandern die Zeiger in Einer-Schritten vorwärts, kaum wagt man mehr Umdrehung, rast die Stunden-/Minuten Kombi im Eiltempo zur gewünschten Endposition. Meist darüber hinaus, bis man realisiert hat, das leichtes Zurückdrehen die Fuhre zum langsamer werden und schließlich um Stoppen bringt. Puuh. Das ist also der Quartz Schrittmotor. Nicht ellenlanges Gekurbel sondern filigranes vor- und zurückdrehen an der ziemlich griffigen und genügend großen Hauptkrone. Kaum ist diese wieder in die Standard Position zurückgeschoben, stellt sich Zeigerkombi wieder auf die aktuelle Uhrzeit zurück. Alles wie von Zauberhand. Das Herausziehen der Einschrittkrone auf der 3 stellt den Alarm scharf. Die Geräuschkulisse im übrigen nicht nervig, aber genügend laut und langanhaltend.
Für den vollen Funktionsumfang war ich zum ersten Mal in Ermangelung eines gedruckten auf ein elektronisches Handbuch angewiesen. Das beweist nicht meine im Alter zunehmende Beschränktheit, sondern die Komplexität dieses Technikwunders aus dem Jahre 1985. Noch zu erwähnen: Auf der ebenfalls zurückhaltenden, leicht angeschrägten Rehaut befindet sich die Tachymeteranzeige. Ganz auf der schmalen Außenbahn noch die den Bedienungselementen zugeordneten Bezeichnungen. Natürlich alles unter Glas und somit nicht zu beschädigen.
Die Zeigerwahl ist allererste Sahne: Top Längen und gut zu unterscheidende Stärken aller sechs Mitspieler. Weiß auf Schwarz nicht nur diese, sondern auch die Beschriftung und die Leuchtmasse auf den kurzen silbernen Indexen. Dazu noch die natürlich viel kleineren Beschriftungen in den Hilfsanzeigen, in der 2/100stel Anzeige sogar zweireihig, da der Quirl nach 50 Sekunden Schleudertrauma in den 1 Sekunden Modus wechselt. Sonnenschliff in den Totalisatoren in einer ansonsten mattschwarzen Umgebung verleihen diesem Musterexemplar an Raumnutzung sogar einen Hauch von Eleganz.
Meine Citizen - laut Werksbeschriftung 3531A - liegt in ziemlich gutem Zustand vor. Eingriffe meinerseits beschränkten sich auf die Grundreinigung, ein wenig mattieren sowie auf das Abschleifen einiger Kratzer aus dem Uhrglas. Die Leuchtmasse ist in ausgezeichnetem Zustand, haben allerdings nach 31 Jahren nur noch eingeschränktem Nutzen. Noch erwähnt werden sollte die Schiebeschließe des Armbandes mit zusätzlichem Sicherheitsverschluss. Was vordergründig als Lünette auf dem Gehäuse platziert wurde ist keine: Sie ist Teil des Gehäuses. Also mal eben das Glas wechseln ist nicht. Format: 40 x 40 mm, 9,24 mm Bauhöhe (!) - um ganz genau zu sein. Das ganze abschließend mit verschraubtem Boden, abgedeckt mit Mineralglas. Komplett Edelstahl in dieser Preisklasse selbstverständlich.
Angesichts des Gebotenen, von dem ich schwer begeistert bin, hänge ich mich mal ganz weit aus dem Fenster: Dieser Wecker ist eine der ganz großen Würfe auf dem Quartz Chronographen Sektor der 80er Jahre. Nicht nur technisch, sondern auch und vor allem optisch. Vermutlich gibt es deswegen kaum brauchbare Exemplare oder - es wurden einfach zu wenig hergestellt oder verkauft… Wieder so lang geworden der Aufsatz - aber es mußte mal gesagt werden

Quellen: Dank an die Kollegen "Uhrzeittier" und "Gufi" für ihre Beiträge.
http://www.thewatchsite.com/files/Citizen Technical Manuals/3530.pdf
Citizen/Miyota Calibers Technical/Repair Manuals - Seiko & Citizen Watch Forum – Japanese Watch Reviews, Discussion & Trading
Topic: Do you have a Citizen 3530? Let me see then! - Seiko 7A38 - by the numbers
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