Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage

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Uhrahn

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Ein Hallo insbesondere an die Wissenden hier im Forum.

Ich hab beim Gang messen von zwei baugleichen Sellita SW200/1 ein paar deutliche Unterschiede festgestellt.

Zunächst aber die Rahmenbedingungen:

  • Zeitwaage: die allbekannte Weishi 1000
  • Werke:
    • 1x Sellita 200/1 elabore aus 2022
    • 1x Sellita 200/1 elabore aus 2016, 2022 revidiert
  • Aufzugsstatus: beide mehrere Tage gleichzeitig getragen, also identisch
  • Beide Uhren sind entmagnetisiert und wiesen vorher wie nachher die gleichen Werte auf
  • Jede Uhr wurde zwei Minuten in der jeweiligen Lage beobachtet
  • Die üblichen Positionen wurden als Vergleichslage gewählt, also Zifferblatt oben und Krone links (Schreibtischtäter) Krone unten weicht jedoch nicht wesentlich von den Werten ab
  • Ich habe (noch) an keiner rumgefummelt, sondern lediglich gemessen 8-)
Während das Sellita aus 2022 zwischen Krone links und Zifferblatt oben eine maximale Gangdifferenz von 8 Sekunden aufweist, sind es bei dem frisch revidierten Werk aus 2016 21 Sekunden, dafür liegt die Amplitude des 2022er Werks in KL bei 245 und ZO bei 280, während die Amplitude des revidierten 2016er Werks in KL bei 301 und ZO bei 320 liegt.

Die Gangdifferenz des 2022er Werks ist also deutlich besser, während die Amplitude des 2016er Werks merklich stabiler ist.

Ich wünsche mir nun ein paar fundierte Anregungen, woran dies liegen könnte. Eine Ferndiagnose wird nicht möglich sein, das ist mir klar, aber sicher hatte einer unserer Schrauber schon mal sowas auf dem Tisch liegen oder ne Idee, wodurch dieser Unterschied kommen könnte.

Was ich mir nicht wünsche sind Spekulationen von Mitgliedern, die mal irgendwas gelesen aber keine eigenen handwerklichen Erfahrungen diesbezüglich haben. Spekulieren ohne Fachwissen kann ich nämlich selber :D


Im Voraus schon mal vielen Dank für den hoffentlich umfänglichen Input.
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #2
EdisonAlpha

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Ich habe selber diesen Typ Werk schon ein paar hundert Mal überholt und reguliert und kann Deine Erfahrungen bestätigen - jedes Uhrwerk läuft minimal anders als das andere. Die Ölmenge pro Senkung im Lagerstein, die Menge des Palettenfetts am Anker, die genaue Stärke der Zugfeder und deren Schmierung an der Federhauswand sowie am Kern und den Windungen - es sind viele einzelne Details, die einen Einfluss auf den Gang haben können. Selbst bei Werken von Rolex finden sich solche Eigenheiten in der Serie.
Für das 2022er Werk wäre mir die Amplitude zu gering - allerdings solltest Du sicherstellen, dass beide Werke wirklich gleich aufgezogen sind. Denn die Gangmessungen nimmt man zunächst nach händischem Vollaufzug vor. Gleich aufgezogen ist so gut wie unmöglich, oder arbeitest Du bei der Post auf der Stempelstelle mit einer Uhr links und einer rechts?

Dazu nur eine Anekdote: Bei einem Vortrag von mir, zu dem ich meine Zeitwaage mitgenommen hatte, kam ein Gast mit einer Sinn, Selitta mit Day-Date. Die lief erbärmlich auf der Zeitwaage - war aber den ganzen Tag am Arm gewesen, allerdings nur am Schreibtisch im Home Office. Das hatte nicht gereicht - die Amplitude war bei 170 Grad, die Abweichung nicht schön - und die Zugfeder war nur schwach gespannt. Kurz per Hand nachgeholfen - und schon standen da 310 Grad und plus eine Sekunde.

Bei Autos ist es nicht anders: Alle Motoren haben eine Serienstreuung. Der eine hat statt 100 PS, die in der ABE stehen, 102, ein anderer 99,5, wieder einer 104,8. Das ist bei mechanischen Produkten so.
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #3
Uhrahn

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bei der Post auf der Stempelstelle mit einer Uhr links und einer rechts?
Fast :D , aber beide waren an einem Arm, dann guckt nur eine unter dem Ärmel raus und es sieht nicht ganz so seltsam aus. Ich werde das Spiel aber mit händischem Vollaufzug erneut durchführen.

Für das 2022er Werk wäre mir die Amplitude zu gering
Was sagst Du zur Lagedifferenz bei dem 2016er? Ich war bisher der Meinung, dass eine stabile Amplitude einen stabilen Gang ergibt.
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #4
EdisonAlpha

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Die Lagedifferenz: Ich vermute hier etwas mehr Reibung an einem Lager - da reicht schon, wenn eine Ölsenkung zu wenig oder zu viel Öl hat, und die Reibung in einer anderen Lage minimal anders ist. Ich hatte das selber schon bei Werken - bei ZB oben Gang top, bei hängender Lage aber deutliches Plus. Ursache war da auch eine nicht ganz gleichmäßige Schmierung. Und das muss man nicht unbedingt direkt deutlich der Amplitude ansehen.

Ich messe immer so: Per Hand zum Vollaufzug (optimal bis man den Schleppzaum im Federhaus hört), dann 5 Minuten ruhen lassen, und dann auf die Zeitwaage. Dann kann man die Ergebnisse deutlich besser analysieren und vergleichen.
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #5
windjammer

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Danke. Immer wieder spannend, wenn sich Fachleute konstruktiv auf hohem Niveau unterhalten 👍
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #6
Uhrahn

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Bisher ist es aber nur einer und ich bin es nicht :lol:
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #7
Uhrahn

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Die Lagedifferenz: Ich vermute hier etwas mehr Reibung an einem Lager
Dann aber eher an einem Lager im Bereich Unruhe/Hemmung oder würde sich auch eine ungleichmäßige Schmierung im Räderwerk dahingehend bemerkbar machen?
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #8
EdisonAlpha

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Am ehesten tatsächlich am Ankerrad, und am Sekundenrad, weil dort das Drehmoment, was noch ankommt, am geringsten ist. Da fällt mir eine Uhr ein, die ich vor ein paar Wochen überholt habe - alles schien in Ordnung, aber die Amplitude wollte einfach nicht richtig sein, maximal 230 Grad und das wars. Am Ende, nach langer Suche, war es der Anker. Der hatte weder Schäden noch sonstwas, aber als ich den ersetzt habe, schoss die Amplitude auf 290 Grad und blieb stabil.
Bei Lagenproblemen hatte ich auch mal den Fall eines 2824, das in unterschiedlichen Lagen sehr unterschiedlich lief. Am Ende habe ich das Sekundenrad getauscht, und die Probleme waren wie weggeblasen. Manchmal steckt man nicht drin....
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #9
Uhrahn

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Vielen Dank nochmal für diese Aufhellung. Das grenzt es schon ganz gut ein. Mal schauen, wie ich da rangehe (n lasse).

Kann man zuviel/zuwenig geölte Lager eingrenzen, ich meine in der Form, dass man sagen kann "Zifferblatt oben läuft das Wert ins Plus, Zifferblatt unten ins Minus = zifferblattseitiges Lager problematisch"?

Ich meine, im Grunde müssen eh beide gereinigt und neu geölt werden, wobei man ja manchmal durch den Lagerstein "nachölen" kann.
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #10
EdisonAlpha

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Das mit der Eingrenzung ist schwer, zumindest hatte ich noch nie die Geduld, so lange die Lagen durchzumessen, bis ich das hätte enttarnen können. Ich bin da immer für die Tabula Rasa, alles frisch. Aber messe die beiden nochmal bei nachgewiesenem Vollaufzug, wie dann die Werte sind. Eventuell sieht das dann schon deutlich anders aus.
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #11
Uhrahn

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Ja, das probiere ich, wobei ich mir nur schwer vorstellen kann, dass eine Uhr am "Arbeitsarm" weniger Bewegung bekommt als die andere am selben Arm.
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #12
EdisonAlpha

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Ich sag es mal so: Jedes Werk ist anders, und auch da kommt es darauf an, in welchem Zustand ist das Kugellager, womit ist es geschmiert, welche Menge: Nimm aus Spaß mal zwei, drei ETA oder Selitta, die abgelaufen sind, und schüttel den Rotor in Rotation. Du wirst sehen, das alle sich irgendwie anders verhalten. Daher die Methode, die Uhren bis zum Rutschen des Gleitzaums aufziehen, dann ein paar Minuten ruhen lassen, dann messen.

Berichte mal, wie sich die beiden Probanden weiter zeigen.
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #13
EdisonAlpha

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Und nicht zu vergessen der Zustand der Klinkenräder, vor allem bei SW200 habe ich da gemischte Erfahrungen gemacht. Ich ziehe die ETA-Klinkenräder immer vor. Selbst bei neuen Selitta hatte ich schon mehr Widerstand als in 3 Jahren alten ETA-Klinkenrädern...
 
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Uhrahn

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So, ich habe das Spiel nun mit voll aufgezogenen Werken wiederholt und die Werte sind tendenziell identisch. Ich würde daher sagen, dass meine Armbewegung ausgereicht hat und die festgestellte Differenz zwischen beiden Werken tatsächlich vorhanden ist.
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #15
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Mal eine grundsätzliche Frage zu den Werken. Es sind ja wohl beides Sellita Elabore, die u.A. eine andere Unruh verbaut haben, als z.B. die TOP-Version. Würde man mit dem Austausch der Nickel-Unruh gegen eine Glycidur-Unruh eine Verbesserung bewirken, insbesondere, was die Lageabweichungen angeht?
 
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tobby_d

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Ich glaube, Glucydur ist als Material in erster Linie temperaturstabiler als Nickel, zudem wohl deutlich härter und somit robuster.

Die Lageabhängigkeit hängt dann eher damit zusammen, wie exakt die Unruhen ausgewuchtet sind, wie der Spiralschlüssel eingestellt ist und wie die Spirale im Spiralschlüssel sitzt. Das alles können dann auch Faktoren sein, warum sich Deine zwei augenscheinlich baugleichen Werke verschieden verhalten.
 
  • Fragen zu Abweichungen zweier baugleicher Sellita SW200/1 Werke auf Zeitwaage Beitrag #17
Uhrahn

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Die Lageabhängigkeit hängt mit dem Spiralschlüssel zusammen?

Edit: mit Rücker verwechselt.

Die "Schlüsselweite" ist vermutlich gemeint, oder? Also das Spiel, dass die Spiralfederklinge im Schlüssel hat?
 
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