Familenerbstück: gold. Savonette

Diskutiere Familenerbstück: gold. Savonette im Taschenuhren Forum im Bereich Uhrentypen; Guten Abend allerseits, meinen ersten Beitrag in diesem Forum (auf das ich eher zufällig - auf der Suche nach "Input" zur Anschaffung einer neuen...
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Uhrp

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Guten Abend allerseits,
meinen ersten Beitrag in diesem Forum (auf das ich eher zufällig - auf der Suche nach "Input" zur Anschaffung einer neuen Armbanduhr - gestossen bin) möchte ich einer Taschenuhr widmen, die (unabhängig von evtl. materiellen Wert) für mich auf jeden Fall von hohem ideellen Wert ist und die Familie sicher nicht verlassen wird. Es handelt sich um eine goldene Savonette, die aus dem Besitz meines 1983 verstorbenen Großvaters stammt.

Zur Aufbewahrung dient ein ledernes Etui, das womöglich ebenso alt wie die Uhr ist. Ob es vormals direkt zur Uhr angeschafft wurde, ist unklar (die Kette scheint mir nicht "original" zu sein).

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Das Gehäuse präsentiert sich in Gold und wurde im Jahr 2000 im Auftrag meiner Eltern an vorgesehener Stelle mit der Gravur meiner Initialen versehen, als sie mir die Uhr anlässlich bestandener Promotion zum Geschenk machten (ob dort vorher schon eine andere Gravur angebracht war, entzieht sich leider meiner Erinnerung), zu diesem Zeitpunkt erhielt sie auch eine Revision (auch hier gilt: ob evtl. Teile erneuert/getauscht wurden, ist unklar).

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Das Zifferblatt trägt außer der Bezeichnung "RECTE" (hierzu gleich mehr) keinen Hinweis auf die Herkunft.

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Nachdem ich nun auf dieses schöne Forum gestossen war und darin etwas gestöbert hatte, wurde mir auch die Bedeutung mancher "Zeichen" (also Punzen, wie ich gelernt habe), die ich gefunden habe, klar.

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Reichsgoldstempel, das Schweizer Eichhörnchen sowie der Hinweis auf 14 Karat, 585er-Gold finden sich in allen drei Deckeln ebenso wie die (Gehäuse?)-Nummer 93146 und auch hier wieder die Marke "RECTE". Nicht identifizierbar ist für mich die kleine Punze rechts nebem dem 14K-0,585-Stempel.

Auf dem Uhrwerksdeckel findet sich eine französiche, mit zahlreichen Medaillen (tatsächlich Hinweis auf erhaltene Auszeichnungen oder - da ohne Jahreszahlen - wohl doch eher fantasievolle, werbliche Gestaltung?) illustrierte Bezeichnung als "Präzisionsuhr Recte" (lat. eigentlich "die Aufrechte" bedeutend, würde ich durchaus auch als "die richtig gehende" verstehen).

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Linse und Licht sind hier leider gnadenlos und zeigen kleinste Kratzer, die in natura überhaupt nicht auffallen.
Ohne Blick aufs Werk wäre ein solcher Beitrag nicht komplett (soviel habe ich hier schon gelernt), daher darf dieses Bild selbstverständlich nicht fehlen:

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Hier ist nun die deutschsprachige Bezeichnung "Präzisionsuhr Recte" zu finden sowie eine Schweizer Patent-Nr. 38064 (ich meine, hier mal den Link zu einer Seite mit entsprechender Suchmöglichkeit gesehen zu haben, finde diesen aber leider nicht mehr). Das Uhrwerk misst ca. 44 mm im Durchmesser (das Gehäuse 53 mm, Gewicht der Uhr 95 g). Für technische Details fehlt mir (noch?) das Verständnis.

Angeregt durch einige Beiträge hier habe ich mich dann auf die Suche nach weiteren Informationen gemacht, da sich die frühere Geschichte der Uhr im Dunkel der Familienerinnerung verliert (so ist z.B. unklar, ob mein 1913 geborener Großvater der Erstbesitzer war). Über diese für mich durchaus lehrreiche Recherche will ich gern noch ein paar Worte verlieren.

Erste Suchbegriff war logischerweise "Präzisionsuhr Recte", dieser scheint jedoch in die Irre zu führen. Zwar hat die "Deutsche Präzisions-Uhrenfabrik Glashütte" wohl eine Zeitlang Uhren mit der Bezeichnung "Recte" hergestellt (vgl. glashuetteuhren.de), jedoch entspricht das Uhrwerk nicht dem dort zu erwartenden Kaliber 43 und auch auf dem Zifferblatt sollte sich ja ein Hinweis auf Glashütte finden.

Also weitergesucht mit der hier oft lobend erwähnten Seite mikrolisk.de, und da erfahren wir tatsächlich folgendes zur Wortmarke "Recte":
Hersteller: Julius Busse
Firmensitz und Details: Handel von Großuhren, Uhrwerken, Uhrenteilen; Berlin, Deutschland; registriert am 12.7.1909


Das könnte eine Spur sein, also mal weiter gesucht. Und tatsächlich wird beim allseits bekannten Antiquariat eBay folgendes angeboten: "Julius Busse Berlin - Illustrierter Hauptkatalog Nr. 15 - 1913/14 - ORIGINAL". Weil man ja auch mal Glück haben kann, ist just auf einer der wenigen im Angebot gezeigten Seiten eine Zeichnung zu sehen mit der Beschriftung: Werk der halbflachen Präzisions-Uhren Marke "Recte"... (den Screenshot möchte ich aus urheberrechtlichen Gründen lieber nicht hier einstellen, stattdessen nur ein Link zum Bild - vermutlich bald nicht mehr erreichbar)

Bingo, Volltreffer, das ist ja genau "mein" Uhrwerk. Der Erwerb einer damals nicht billigen, immerhin goldenen, aber wohl auch nicht übermäßig prestigeträchtigen Handelsmarken-Uhr dürfte zur Familiengeschichte mit "kleinen" Handwerkern und Angestellten passen.

Offen bleibt für mich die Frage nach dem Alter der Uhr - ist sie so alt wie der Katalog (dann konnte mein Großvater kaum der Erstbesitzer gewesen sein), oder ist sie jünger? Dazu fehlt mir die Sachkenntnis.

Falls jemand zur Klärung beitragen kann, würde mich das natürlich sehr freuen. Jegliche Frage nach dem Wert verbietet sich: nicht nur, weil hier unerwünscht, sondern für mich auch völlig ohne Belang - diese Uhr werde ich selbstverändlich in Ehren halten, bei passenden Gelegenheiten tragen und zu gegebener Zeit in der Familie weitergeben.
 
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Ruebennase

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Moin UhrP,
vielen Dank für die schöne Vorstellung und Recherche zur Uhr. Kann es sein, dass Du dich bei der Patentnummer vertan hast und es heißt: 39064 ? Das wäre ganz prima, denn dann landen wir bei Judith&Cie/ Seeland : https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=CH000000039064A&xxxfull=1
Den einschnappenden Rücker mit Deckstein erkenne ich hier nicht aber der liegt vermutlich unter der Abdeckung. Hier bei Ranfft ist das Werk in etwas größerer aber einfacherer Ausführung der Bauart: bidfun-db Archiv: Uhrwerke: Seeland 19'''
Damit ist das Baujahr nach unten fest gelegt: 1907 denn das Patent war ja erteilt. Optisch mit den großen arabischen Ziffern, Medalliengewinnen auf dem Staubdeckel und des Gesamtbildes würden mir die 1910'er sehr passig für diese bildschöne Uhr erscheinen.

Grüße Rübe

Nachtrag: Die winzige Punze links neben der K Angabe ist das Eichhörnchen von rechts in winzig. Es wurde immer in zwei Größen gepunzt ..keine Ahnung warum.
Die Kette ist jünger aber so ist es eben bei dieser Familienuhr. Zeitlich passende Goldketten zu finden im selben Farbton ist nahezu unmöglich wegen der großen Schmelze und die wenigen die gehandelt werden haben sehr stolze Ausrufpreise.
 
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Uhrp

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Moin UhrP,
vielen Dank für die schöne Vorstellung und Recherche zur Uhr. Kann es sein, dass Du dich bei der Patentnummer vertan hast und es heißt: 39064 ? Das wäre ganz prima, denn dann landen wir bei Judith&Cie/ Seeland : https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=CH000000039064A&xxxfull=1
Hallo Rübe,
ja, auf dem Foto sieht es auch eher nach 39064 aus. Ich hatte mir beim direkten Betrachten der Uhr 38064 notiert, aber die Gleitsichtbrille braucht auch mal ein Update...
Werde nochmal bei gutem Licht und mit Lupe nachschauen. Danke auch für die weiteren Infos.
 
  • Familenerbstück: gold. Savonette Beitrag #5
Ruebennase

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Ich bin mir recht sicher das Du das update brauchst 😉. Das Werk entspricht dem Seelanduhrwerk das auch dort in der Fabrik gebaut wurde. Schau mal: uhrenpaul.de nach Seeland. Da findet sich auch wieder ein Bezug zu Glashütte allerdings erst ab 1923. Das dein Werk etwas anders aus schaut mit den Steinen für die Zapfen des Räderwerkes in diesen schön gemachten Goldhalterungen sogenannten Chatons die mittels der seitlichen Schrauben noch feinjustiert werden können, ist lediglich eine edlere Ausführung des Uhrwerkes. Das selbe gilt für den großen Zentrumsstein um das Viertelrohr . Ich weiss ja nicht wie alt dein Großvater 1983 war, aber vergesse nicht, dass seine Generation wesentlich früher 'Erwachsen' war. Eine Uhr zum Gesellenbrief wäre möglich wenn er aus der Meisterfamillie kam. Wahrscheinlicher ist vermutlich, dass es die Uhr von seinem Vater ist.
In jedem Fall war die Uhr ihrer Zeit hoch modern und in gehobener Werks Ausführung mit feiner Ankerhemmung und Kupplungsaufzug (Zeiteinstellung durch ziehen der Krone). Die Seelandwerke sind, soweit ich es von anderen Sammlern gehört habe, gut gemacht. Die Mehrzahl der Taschenuhren hatten auch keine goldenen Schalen mehr da sie auch inzwischen im gemeinen Volk Verbreitung fanden. Diese Uhr war schon ein Prestigeobjekt. Es kann auch gut sein, dass ursprünglich dazu eine vergoldete Kette erworben wurde die irgendwann mal odd aus schaute. Gold war immer und zu jeder Zeit teuer und im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen. Wiege mal aus Spass deine Kette und dann ahnst Du was eine breitere Kette, die eher zu dieser Uhr zeitlich passt, kosten würde. Da verschätzt man sich schnell. Im übrigen gab es keine 'Orginalketten' von den Herstellern wie es heute 'Original Armbänder' gibt. Natürlich boten die Juweliere eine passende Auswahl an in Vollgold und vergoldet.

Grüße Rübe..... die beim Eichhörnchen mal wieder rechts und links verbuchselt hat
 
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Dr. Wu

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So dicke Goldketten würden heute das doppelte einer guten normalen Goldtaschenuhr kosten.
 
  • Familenerbstück: gold. Savonette Beitrag #7
Uhrp

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Ich bin mir recht sicher das Du das update brauchst 😉.
Ja ja, das ist deutlich sichtbar...
Bei Tageslicht und vergrößert ist die Sache klar:

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Grüße Rübe..... die beim Eichhörnchen mal wieder rechts und links verbuchselt hat
Kommt ja immer drauf an, aus welcher Richtung man schaut ;-)

Mein Großvater war wie geschrieben Jg. 1913, kommt dann also als Ersbesitzer eher nicht in Frage (wäre ja frühestens Anfang-Mitte der 1930er möglich gewesen).
Mit der nicht originalen Kette meinte ich das Alter. Mag sein, dass die erst bei der Revision vor 20 Jahren mit der Uhr "verpaart" wurde.
Wie dem auch sei - mit den hier gewonnenen Infos werde ich auf jeden Fall noch mehr Freude an der Uhr haben.
 
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