
rudith
Themenstarter
Gelingt es, ein altes mechanisches Turmuhrwerk mit einer Funksteuerung zu ergänzen und dieses dabei in vollem Umfang zu erhalten?
Genau diese Frage stellten wir uns schon im Jahre 1981 und nach ausführlichen Überlegungen und Planungen wurde das Projekt in die Realität umgesetzt.

Begonnen hatte alles im Jahre 1924 als Philipp Hörz (Ulm), ein Turmuhrwerk vom Typ „E 500 d“ für die ehemalige Pfarrkirche in Feldkirch baute. Dieses ist auch heute noch, nach wie vor voll im Betrieb. Das Uhrwerk wird über 4 Gewichte welche über 3 Stockwerke laufen, angetrieben. 2x täglich werden die 4 Gewichte mit Hilfe eines Elektromotors aufgezogen, ein Planetenradgetriebe sorgt in dieser Zeit für einen unterbrechungsfreien Kraftfluss zum Uhrwerk. Das Schlussscheiben Schlagwerk ist mit einem Viertel- und 2 Stundenschlagwerken ausgeführt.

Der eigentliche Gangteil besteht aus einer Graham-Hemmung in Zusammenarbeit mit einem Kompensationspendel von „Riefler“. Obwohl diese Ausführung von sich aus schon sehr hochwertig ist, ergaben sich doch im Laufe des Jahres erhebliche Gangdifferenzen zwischen Sommer und Winter. Mit der Wiedereinführung der Sommerzeit 1981 kamen auch noch jedes Jahr zwei Zeitumstellungen hinzu. Niemand hätte natürlich verlangen können dass dies mitten in der Nacht vollzogen worden wäre, jedoch stellte sich die Frage, soll diese schon ein Tag davor oder erst danach gemacht werden?
Ein Weg hierfür "musste" gefunden werden. Verlangt war, dass am großen wertvollen Uhrwerk keine großen und arbeitsaufwändigen Umbauarbeiten vollzogen werden dürfen. Zudem sollte es in weiten Teilen in Funktion bleiben und jederzeit in den "Urzustand" zurückgestellt werden können.
Eine, von mehreren möglichen Lösungen, war gefunden worden. Der Gangteil mit Pendel wurde hierzu angehalten und die für den Antrieb derselben benötigten Endlos-Antriebskette wurde gelöst und auf eine Halterung gehängt. Wäre es doch einmal zu einer Störung der Funksteuerung gekommen, so wäre innerhalb weniger Minuten eine werkzeuglose Rückstellung in den "Urzustand" mit Pendelgang möglich gewesen.
Ab dem Zeitpunkt der Umstellung erfolgte die minütliche Auslösung des großen Turmuhrwerkes durch eine eigenen Einheit der Funksteuerung. Das Herz dieser Einheit ist ein Glockenanker-Motor mit angeflanschtem Untersetzungsgetriebe, einer Exzenterscheibe mit Auslösehebel und berührungsloser Positionsmeldung durch eine Gabellichtschranke. Um eine sehr gute Lebensdauer zu erhalten, wurden alle wichtigen Reibungspunkte mit Kugellager oder Lager aus Sintermaterial (Motor) bestückt.

In seinem Buch, "Die Ulmer Turmuhrenfabrik Philipp Hörz" ist überliefert worden, dass Hörz schon viel früher eine sehr ähnliche Idee hatte, welche jedoch von einer damals üblichen mechanischen Hauptuhr mit Strom-Wechselkontakten gesteuert wurde.


Nach etwa 27 Jahren Betrieb und 14 Mio. Auslösungen wurde eine große Revision gemacht. Vorsichtshalber wurde der Motor erneuert. Auch die Elektronik war nach dieser Zeit "in die Jahre" gekommen und wurde an den heutigen Stand der Technik angepasst und kpl. neu ersetzt. Richard Härtel von nebenuhrsteuerung.de lieferte und programmierte mir nach meinen Wünschen den Modul für die DCF-Funkuhrsteuerung. Dies ist erforderlich um die relativ langsamen Bewegungsabläufe des großen Uhrwerkes an die Elektronik anzupassen. Ein passender Treiber stellt schließlich die Verbindung zur Auslöseeinheit des großen Turmuhrwerkes her.
Diese neue Steuerung funktioniert nun schon wieder einige Jahre störungsfrei. So stellt sich das Turmuhrwerk zur Zeitumstellung zuverlässig um, genauso wie zwei Stromausfälle (einmal hervorgerufen durch einen Blitzeinschlag), auch sie stellten kein Problem für die Steuerung dar.
Mittlerweile wurde das über 90-jährige Turmuhrwerk schon mehr als 1/3 seiner Laufzeit mithilfe der DCF-77 Funksteuerung betrieben.

Herbst 2018
Die Zeit bleibt ja bekannterweise nicht stehen – und dies gilt auch bei dieser, inzwischen bald 100Jahre alten Turmuhr.
Die Elektronikeinheit wurde für eine Erweiterung, welche auch wahlweise einen GPS-Empfänger anstatt des DCF-77 - Empfängers verwenden lässt, nochmals geringfügig überarbeitet.
Somit können Empfangsprobleme, wie sie gelegentlich bei einfacheren DCF-gesteuerten Uhren vorkommen könnten, dieser Uhr nichts anhaben. Gleichzeitig ergibt sich die Möglichkeit, die große alte Turmuhr in drei verschiedenen Modis laufen zu lassen.
Entweder ganz ohne „Strom“ im „Urzustand“, oder im lange bewährten DCF-77-Modus mit aut. Zeitumstellung, oder im GPS-Modus ebenfalls mit Sommer- Winterzeit-Umstellung.

Diese Umrüstung bzw. maßvolle Modernisierung ersparte dem kostbaren alten Uhrwerk bei hoher Genauigkeit und aut. Zeitumstellung, - bis heute den Weg ins Museum.


Rudi Thaler
Genau diese Frage stellten wir uns schon im Jahre 1981 und nach ausführlichen Überlegungen und Planungen wurde das Projekt in die Realität umgesetzt.

Begonnen hatte alles im Jahre 1924 als Philipp Hörz (Ulm), ein Turmuhrwerk vom Typ „E 500 d“ für die ehemalige Pfarrkirche in Feldkirch baute. Dieses ist auch heute noch, nach wie vor voll im Betrieb. Das Uhrwerk wird über 4 Gewichte welche über 3 Stockwerke laufen, angetrieben. 2x täglich werden die 4 Gewichte mit Hilfe eines Elektromotors aufgezogen, ein Planetenradgetriebe sorgt in dieser Zeit für einen unterbrechungsfreien Kraftfluss zum Uhrwerk. Das Schlussscheiben Schlagwerk ist mit einem Viertel- und 2 Stundenschlagwerken ausgeführt.

Der eigentliche Gangteil besteht aus einer Graham-Hemmung in Zusammenarbeit mit einem Kompensationspendel von „Riefler“. Obwohl diese Ausführung von sich aus schon sehr hochwertig ist, ergaben sich doch im Laufe des Jahres erhebliche Gangdifferenzen zwischen Sommer und Winter. Mit der Wiedereinführung der Sommerzeit 1981 kamen auch noch jedes Jahr zwei Zeitumstellungen hinzu. Niemand hätte natürlich verlangen können dass dies mitten in der Nacht vollzogen worden wäre, jedoch stellte sich die Frage, soll diese schon ein Tag davor oder erst danach gemacht werden?
Ein Weg hierfür "musste" gefunden werden. Verlangt war, dass am großen wertvollen Uhrwerk keine großen und arbeitsaufwändigen Umbauarbeiten vollzogen werden dürfen. Zudem sollte es in weiten Teilen in Funktion bleiben und jederzeit in den "Urzustand" zurückgestellt werden können.
Eine, von mehreren möglichen Lösungen, war gefunden worden. Der Gangteil mit Pendel wurde hierzu angehalten und die für den Antrieb derselben benötigten Endlos-Antriebskette wurde gelöst und auf eine Halterung gehängt. Wäre es doch einmal zu einer Störung der Funksteuerung gekommen, so wäre innerhalb weniger Minuten eine werkzeuglose Rückstellung in den "Urzustand" mit Pendelgang möglich gewesen.
Ab dem Zeitpunkt der Umstellung erfolgte die minütliche Auslösung des großen Turmuhrwerkes durch eine eigenen Einheit der Funksteuerung. Das Herz dieser Einheit ist ein Glockenanker-Motor mit angeflanschtem Untersetzungsgetriebe, einer Exzenterscheibe mit Auslösehebel und berührungsloser Positionsmeldung durch eine Gabellichtschranke. Um eine sehr gute Lebensdauer zu erhalten, wurden alle wichtigen Reibungspunkte mit Kugellager oder Lager aus Sintermaterial (Motor) bestückt.

In seinem Buch, "Die Ulmer Turmuhrenfabrik Philipp Hörz" ist überliefert worden, dass Hörz schon viel früher eine sehr ähnliche Idee hatte, welche jedoch von einer damals üblichen mechanischen Hauptuhr mit Strom-Wechselkontakten gesteuert wurde.


Nach etwa 27 Jahren Betrieb und 14 Mio. Auslösungen wurde eine große Revision gemacht. Vorsichtshalber wurde der Motor erneuert. Auch die Elektronik war nach dieser Zeit "in die Jahre" gekommen und wurde an den heutigen Stand der Technik angepasst und kpl. neu ersetzt. Richard Härtel von nebenuhrsteuerung.de lieferte und programmierte mir nach meinen Wünschen den Modul für die DCF-Funkuhrsteuerung. Dies ist erforderlich um die relativ langsamen Bewegungsabläufe des großen Uhrwerkes an die Elektronik anzupassen. Ein passender Treiber stellt schließlich die Verbindung zur Auslöseeinheit des großen Turmuhrwerkes her.
Diese neue Steuerung funktioniert nun schon wieder einige Jahre störungsfrei. So stellt sich das Turmuhrwerk zur Zeitumstellung zuverlässig um, genauso wie zwei Stromausfälle (einmal hervorgerufen durch einen Blitzeinschlag), auch sie stellten kein Problem für die Steuerung dar.
Mittlerweile wurde das über 90-jährige Turmuhrwerk schon mehr als 1/3 seiner Laufzeit mithilfe der DCF-77 Funksteuerung betrieben.

Herbst 2018
Die Zeit bleibt ja bekannterweise nicht stehen – und dies gilt auch bei dieser, inzwischen bald 100Jahre alten Turmuhr.
Die Elektronikeinheit wurde für eine Erweiterung, welche auch wahlweise einen GPS-Empfänger anstatt des DCF-77 - Empfängers verwenden lässt, nochmals geringfügig überarbeitet.
Somit können Empfangsprobleme, wie sie gelegentlich bei einfacheren DCF-gesteuerten Uhren vorkommen könnten, dieser Uhr nichts anhaben. Gleichzeitig ergibt sich die Möglichkeit, die große alte Turmuhr in drei verschiedenen Modis laufen zu lassen.
Entweder ganz ohne „Strom“ im „Urzustand“, oder im lange bewährten DCF-77-Modus mit aut. Zeitumstellung, oder im GPS-Modus ebenfalls mit Sommer- Winterzeit-Umstellung.

Diese Umrüstung bzw. maßvolle Modernisierung ersparte dem kostbaren alten Uhrwerk bei hoher Genauigkeit und aut. Zeitumstellung, - bis heute den Weg ins Museum.


Rudi Thaler