
andi2
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- 13.02.2013
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Wenn man heute dem Designer den Auftrag gäbe „machen Sie mal was ultramodernes“, dann bekäme man wohl eine Uhr mit fünf Zentimeter Durchmesser und einem Totenkopf auf dem Zifferblatt. In der ersten Hälfte der 70‘er Jahre bekam man eine digitale Scheibenuhr. Das heisst, vorausgesetzt es sollte ein mechanisches Werk verwendet werden. Digitale Scheibenuhren waren wohl ein Versuch, den aufkommenden digitalen LED- und LCD-Quarzuhren Paroli zu bieten. Letztlich ohne Erfolg. Die kurze Blüte der Scheibenuhren endete im Lauf der zweiten Hälfte der 70‘er, und die Welt der mechanischen Uhren ging im Sog der Quarzkrise nahezu unter. Dabei war die Idee der rotierenden Scheiben und die Mechanik dahinter keineswegs neu, sondern es war ein Rückgriff auf die 30‘er Jahre, wo die digitalen Scheiben-Armbanduhren schon einmal für kurze Zeit in Mode gewesen waren.

Das Design der 70‘er-Scheibenuhren ist immer aussergewöhnlich und manchmal sogar bizarr. Bei meiner ‚Difor Automatique‘ ist das Thema eher klassisch und zurückhaltend umgesetzt. Man könnte sagen, hier wurde das Art-Deco-Design der Scheibenuhren der Vorkriegszeit neu interpretiert. Das tonneauförmige, vergoldete Gehäuse ist kaum länger als breit mit breit abgerundeten Ecken und hat ein schmales längliches Uhrglas, das nur etwa ein Drittel der Gesamtbreite (35,5 mm) einnimmt.
Das goldene Zifferblatt, das bei einer Scheibenuhr ja eigentlich diesen Namen nicht verdient, ist eine Abdeckplatte mit drei Fenstern, durch die man jeweils einen Ausschnitt der rotierenden Scheiben sehen kann. Die Minutenscheibe rotiert kontinuierlich, wie das auch ein Minutenzeiger tun würde und hat ein grösseres und bogenförmiges Fenster, um einen ausreichenden Sektor der Minutenscheibe sehen zu können zum sicheren Ablesen der Minute. Die Stundenscheibe links daneben wird nur einmal stündlich weitergeschaltet (springende Stunde, jump hour, heure sautante) und hat, wie die Datumsanzeige unten, ein kleines quadratisches Fenster, in dem die aktuelle Stunde zu sehen ist. Das Blatt hat einen konzentrischen Sonnenschliff, was unter dem dicken, schmalen und von hinten im Gehäuse eingelegten Uhrglas einen schönen Schillereffekt beim Kippen ergibt. Es ist weiss bedruckt und schlicht gehalten: Alle Fenster haben einen weissen Rahmen und es gibt ein Fadenkreuz. Im oberen linken Sektor steht nur ‚Difor Automatique‘. Der Rand ist bei allen Fenstern abgeschrägt. Weil die Datumsscheibe merklich tiefer liegt, als die Scheiben für Stunde und Minute, ist der Rand des Datumsfensters ein tiefer trichterförmiger Schacht.

Das Gehäuse ist helmartig weit heruntergezogen und der Länge nach leicht gebogen wie eine Curvex. Das Acrylglas ist ebenso gebogen, wie das Gehäuse, überragt die Oberfläche aber um ein weniges, was ein Aufpolieren leicht ermöglicht. Die breite obere Gehäusefläche neben dem Glas hat einen groben queren Streifenschliff, die seitlichen, schrägen Flanken und der heruntergezogene umlaufende Gehäuserand sind glatt und hochglänzend, sie wurden von mir auch wieder etwas aufpoliert. Auf der Seite gegenüber der Krone gibt es eine sehr kleine Punze, die Aufschluss über die Vergoldung gibt (vergrössertes Einschubbild).
Bei den verdeckten Bandanstössen (20 mm breit) ist der Rand ausgefräst, es gibt also keine Hörner und die Löcher für die Federstege liegen sehr eng beim Schraubdeckel, was bei der Anbringung eines Metallbandes Schwierigkeiten machen kann.
Ein Metallband sollte es aber sein. Erst mal muss man etwas finden, was zu der Uhr passt. Zuerst hatte ich die Uhr an einem massiven, dreireihigen Band. Es gefiel mir nicht so recht. Vor wenigen Wochen fand ich dann genau das richtige: Ein ungetragenes Band, das wohl aus der Entstehungszeit der Uhr stammt. Die Elemente haben skelettartige Durchbrüche und werden von kleinen Ringen zusammengehalten. Das Design erinnert an das Art-Deco der 20’er und 30’er Jahre. Damit die Uhr an den variablen Teleskop-Anschlüssen nicht hin und her rutscht, sondern schön in der Mitte bleibt, habe ich diese mit Sekundenkleber fixiert.
Und so sieht die Uhr jetzt aus. Sie ist zur Zeit an meinem Arm und läuft ausgesprochen gut und genau. Etwa alle 4 Tage muss ich um eine Minute zurückstellen.




Wer bis hierher durchgehalten hat, ist nun sicher neugierig, einen Blick auf das Uhrwerk zu werfen. Der Schraubdeckel aus Edelstahl mit der Prägung ‚Automatic / Stainless Steel Back / Antimagnetic‘ hat Nutzungs- und leider auch Öffnungsspuren.

Also schnell weg damit. Das Automaticwerk ‚Tenor-Dorly 1393‘ ist silberfarben und kontrastiert mit dem goldenen Gehäuse.

Überraschenderweise hat es einen Produktionsstempel beim Kronrad, dort wo die Aufzugswelle in das Werk geht (im Bild oben und Vergrösserung links). Dort steht ‚9.73‘, das Werk stammt also aus dem September 1973. Ich habe schon einige TD 1393 gesehen, einen solchen Produktionsstempel, mit dem man das Werk datieren kann, hatte aber keines.


Hier noch einmal das Werk im Detail. Der Rotor mit dem attraktiven Wirbelschliff trägt die Gravur ‚Twentyone 21 Jewels / TD/ Unadjusted Swiss‘. Unter der Unruh, nah am Rand, ist die Kaliber-Signatur ‚TD 1393‘ in die Basisplatine gestempelt.
Das TD 1393 wird im Ranfft-Uhrwerkarchiv beschrieben:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?00&ranfft&0&2uswk&TD_1393
Tenor-Dorly, der Hersteller des Uhrwerkes
Dort erfährt man auch etwas über den Hersteller des Werkes Tenor-Dorly aus Tramelan in der Schweiz:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?00&ranfft&0&2uswk&TD_000
Die Firma bestand von 1955 bis 1975. Um 1970 begann man mit der Fertigung eigener, selbst entwickelter mechanischer Uhrwerke, genau zu Beginn der Quarzkrise, zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt also. Es entstand nur eine einzige Kaliberfamilie, alle Kaliber sind im Ranfft-Uhrwerkarchiv zu finden. Die Werke waren zum Entstehungszeitpunkt auf der Höhe der Zeit und von guter Qualität und gerade von den digitalen Versionen TD 1383 und 1385 (Handaufzug) und TD 1393 und 1395 (Automatic) wurde wohl eine recht grosse Stückzahl abgesetzt, denn man findet noch heute recht oft Uhren mit diesen Kalibern. Letztlich blieb der Erfolg aber aus und schon nach fünf Jahren war Schluss, nach 1975 sind keine Aktivitäten der Firma mehr nachzuweisen.
Die selteneren digitalen Kaliber TD 1385 und 1395 haben im Gegensatz zum 1383 und 1393 noch einen zentralen Sekundenzeiger. Auf Basis des TD 1395 entstand das einzige Chronographenwerk mit digitaler Scheibenanzeige der Uhrzeit. Das Werk TDBK 1376 wurde von Kelek entwickelt und erhielt einen Chronographen-Aufbau mit Schaltrad, der von Dubois-Dupraz für die analoge Version des TD-Automaticwerkes TD 1335 entwickelt worden war (TDB 1369).
In Post #5 dieses Threads von Forumskollege Uhr-Enkel kann man einen solchen digitalen Kelek-Chrono sehen, ansonsten geht es um die analoge Chrono-Version:
https://uhrforum.de/mikado-automatic-chronograph-cal-kelek-tdb-1369-a-t102796
Sarda-Difor, der Hersteller der Uhr
Die in Besançon (Frankreich) ansässige Firma wurde um 1893 von einem H. Sarda gegründet. Obwohl der Hersteller in Frankreich ziemlich bekannt und wohl auch erfolgreich war, ist nicht viel über die Firma bekannt. Wenn der Gründer Herr Sarda nicht ein Patent beantragt hätte, in dem sein vollständiger Name genannt wurde, wüsste man nicht einmal seinen Vornamen Hyacinthe.
Die Uhren wurden zunächst unter der Marke ‚Sarda‘ vertrieben, im Lauf der 60’er Jahre trat aber die hauseigene Marke ‚Difor‘ immer mehr in den Vordergrund, wie auch hier auf einem Foto des Sarda-Stammhauses gut zu sehen ist:
http://p6.storage.canalblog.com/64/79/803921/92251503_o.jpg
Im Jahr 1979 verschwand die Marke Difor, nachdem die Firma von Maty aufgekauft worden war.
Hier findet man kurze Abrisse der Firmengeschichte und bekommt einige interessante Abbildungen von Werbeanzeigen etc. zu sehen:
http://hans-weil.faszination-uhrwerk.de/sarda-besancon.pdf
http://vivreauxchaprais.canalblog.com/archives/2013/12/14/28650183.html
http://forum.horlogerie-suisse.com/viewtopic.php?t=12531&p=115963
Das war aber noch nicht alles. Weil ich noch ein zweites Exemplar des TD 1393 habe, möchte ich hier auch einmal die Scheibenmechanik des Werkes zeigen.
Die Scheibenmechanik des Tenor-Dorly 1393
Dies hier ist mein zweites TD 1393 aus einer ziemlich abgenutzten ‚Camy‘. Es gibt ein paar kleine Unterschiede zum Werk der ‚Difor‘.

Die Werksbrücken und –Kloben zeigen eine Hammerschlagoberfläche, während sie beim Werk der Difor einen einfachen Parallelschliff haben. Der Rotor ist auch etwas anders geformt. Dort steht in der Gravur TDB anstatt TD und das Werk hat nur 17 Jewels, während das der Difor 21 hat. Interessanterweise lautet auch die Kaliber-Signatur unter der Unruh TDB 1393 und nicht TD 1393 wie bei der Difor. Die Unruh des Werks der Difor hat einen Incabloc, das Werk aus der Camy hat eine andere, mir unbekannte Stosssicherung.

Um an die Zifferblattseite des Werks zu kommen, muss man die Abdeckplatte mit den Fenstern abnehmen, die ebenso wie ein normales Zifferblatt mit zwei Zifferblattfüssen befestigt ist, die sich leicht von der Mitte versetzt bei der Zwölf und der Sechs-Position befinden. Unter dem Blatt liegt ein abnehmbarer Abstandsrahmen aus Plastik, der sich ganz aussen am Rand des Werkes abstützt.

So sieht die Zifferblattseite des Werks aus. Angezeigt wird 11:00 Uhr am 20. Tag des Monats. Am Rand sieht man die Löcher für die Zifferblattfüsse (Z) die von einer Sicherungsschraube (s) daneben fixiert werden. Die beiden Scheiben für Stunde (links) und Minute (rechts) sind von der Mitte versetzt und von vorn mit kurzen Schrauben auf niedrige Sockel auf der Datumsplatine geschraubt. Dort gibt es keinen Antrieb. Der Antrieb für die Scheiben kommt vom zentralen Minutenrohr. Es ist auf die zentrale Minutenradwelle aufgepresst, die Zeigerreibung liegt zwischen Minutenradwelle und Minutenrohr. Die Scheiben sind gleich gross und ziemlich klein. Aussen überragen sie den Werksdurchmesser nicht und innen, zwischen ihnen, bleibt Platz, wodurch es möglich wird, der Sekundenradwelle vorn einen Sekundenzeiger aufzusetzen. Die Sekundenradwelle bei den digitalen Werken mit Zentralsekunde (TD 1385, TD 1395, TDBK 1376) dürfte zu diesem Zweck vorn länger sein als hier beim TD 1393, wo sie das Niveau des Antriebsrades der Stunden- und Minutenscheibe nicht überragt.

Auf diesem Bild ist die Minutenscheibe (min) ganz vom Werk entfernt, und rechts daneben massstabsgetreu zum Werk von der Rückseite gezeigt. Man sieht, dass sie hinten ein Trieb besitzt (Zahnkranz mit 50 Zähnen). Die Antriebsscheibe (1), die sowohl die Stunden- als auch die Minutenscheibe antreibt, ist vorn auf das zentrale Minutenrohr aufgepresst. Auch sie ist ein zweites Mal massstabsgetreu links neben dem Werk dargestellt.
Das Trieb an der Rückseite der Minutenscheibe wird vom Zahnkranz am Aussenrand der Antriebsscheibe (1) angetrieben, der ebenso wie das Trieb an der Minutenscheibe 50 Zähne hat, dadurch ist die Rotationsgeschwindigkeit beider Scheiben 1:1 und beträgt jeweils eine Stunde. Vorn hat die Antriebsscheibe (1) in einigem Abstand vom Rand einen einzigen, nach vorn ragenden Zapfen, der die Stundenscheibe pro Umdrehung einmal weiterschaltet (in dem Bild oben an der Scheibe kurz nach der 12-Uhr-Position).
Die Stundenscheibe ist ebenfalls entfernt, aber der Schaltstern mit 12 Zähnen auf der Rückseite der Stundenscheibe (h) befindet sich noch festgeschraubt an seiner Position auf dem Werk. Das wäre eigentlich gar nicht möglich, denn der Schaltstern sollte fest auf die Scheibe gepresst sein, hat sich aber bei diesem Werk abgelöst und kann nun nicht mehr stabil damit verbunden werden, was der Hauptgrund dafür ist, dass ich die Camy nicht mehr funktionsfähig machen kann. In den Schaltstern greift oben eine hakenförmige Sperrklinke ein, die von einer darunter befindlichen Drahtfeder (im Bild nicht zu erkennen) unter Spannung gehalten wird.

Die zentrale Minutenwelle mit dem Minutenrohr und der Antriebsscheibe rotiert im Uhrzeigersinn, deshalb drehen sich die Stunden- und Minutenscheibe im Gegenuhrzeigersinn. Auf diesen beiden Bildern ist der Schaltvorgang der Stundenscheibe gezeigt.
Im linken Bild hat der Zapfen auf der Vorderseite der Antriebsscheibe den Schaltstern der Stundenscheibe erfasst und schon so weit gedreht, dass die hakenförmige Sperrklinke bis zur Spitze des nächstfolgenden Zackens am Schaltstern gerutscht ist. Im nächsten Moment wird der Haken über die Zackenspitze wegrutschen und in der nächsten Vertiefung einrasten, wie im rechten Bild zu sehen, womit der Schaltvorgang beendet ist. Er dauert etwa 2,5 min, zwischen Minute 57 und 00.
Bei der Zwölf-Uhr-Position ist in einem Ausschnitt der Datumsplatine ein tiefer liegendes Rad zu sehen, das fast so gross ist, wie die Antriebsscheibe der Stunden- und Minutenscheibe und von dieser teilweise verdeckt wird. Dieses Rad ist das Datumschaltrad, das die Datumscheibe antreibt.
Um die Datumsschaltung zeigen zu können, muss es entfernt werden, ebenso die darüberliegende Antriebsscheibe für Stunde und Minute und der Schaltstern der Stundenscheibe.
Sorry, gleich geht es weiter. Das ist noch nicht alles, ich will auch noch die Datumsschaltung zeigen. Ich kann aber leider keine weiteren Bilder einfügen. Vielleicht geht es, sobald eine Antwort gepostet wird (Limit der Bilderanzahl erreicht)...
Gruss, bis dann
Andi

Das Design der 70‘er-Scheibenuhren ist immer aussergewöhnlich und manchmal sogar bizarr. Bei meiner ‚Difor Automatique‘ ist das Thema eher klassisch und zurückhaltend umgesetzt. Man könnte sagen, hier wurde das Art-Deco-Design der Scheibenuhren der Vorkriegszeit neu interpretiert. Das tonneauförmige, vergoldete Gehäuse ist kaum länger als breit mit breit abgerundeten Ecken und hat ein schmales längliches Uhrglas, das nur etwa ein Drittel der Gesamtbreite (35,5 mm) einnimmt.
Das goldene Zifferblatt, das bei einer Scheibenuhr ja eigentlich diesen Namen nicht verdient, ist eine Abdeckplatte mit drei Fenstern, durch die man jeweils einen Ausschnitt der rotierenden Scheiben sehen kann. Die Minutenscheibe rotiert kontinuierlich, wie das auch ein Minutenzeiger tun würde und hat ein grösseres und bogenförmiges Fenster, um einen ausreichenden Sektor der Minutenscheibe sehen zu können zum sicheren Ablesen der Minute. Die Stundenscheibe links daneben wird nur einmal stündlich weitergeschaltet (springende Stunde, jump hour, heure sautante) und hat, wie die Datumsanzeige unten, ein kleines quadratisches Fenster, in dem die aktuelle Stunde zu sehen ist. Das Blatt hat einen konzentrischen Sonnenschliff, was unter dem dicken, schmalen und von hinten im Gehäuse eingelegten Uhrglas einen schönen Schillereffekt beim Kippen ergibt. Es ist weiss bedruckt und schlicht gehalten: Alle Fenster haben einen weissen Rahmen und es gibt ein Fadenkreuz. Im oberen linken Sektor steht nur ‚Difor Automatique‘. Der Rand ist bei allen Fenstern abgeschrägt. Weil die Datumsscheibe merklich tiefer liegt, als die Scheiben für Stunde und Minute, ist der Rand des Datumsfensters ein tiefer trichterförmiger Schacht.

Das Gehäuse ist helmartig weit heruntergezogen und der Länge nach leicht gebogen wie eine Curvex. Das Acrylglas ist ebenso gebogen, wie das Gehäuse, überragt die Oberfläche aber um ein weniges, was ein Aufpolieren leicht ermöglicht. Die breite obere Gehäusefläche neben dem Glas hat einen groben queren Streifenschliff, die seitlichen, schrägen Flanken und der heruntergezogene umlaufende Gehäuserand sind glatt und hochglänzend, sie wurden von mir auch wieder etwas aufpoliert. Auf der Seite gegenüber der Krone gibt es eine sehr kleine Punze, die Aufschluss über die Vergoldung gibt (vergrössertes Einschubbild).
Bei den verdeckten Bandanstössen (20 mm breit) ist der Rand ausgefräst, es gibt also keine Hörner und die Löcher für die Federstege liegen sehr eng beim Schraubdeckel, was bei der Anbringung eines Metallbandes Schwierigkeiten machen kann.
Ein Metallband sollte es aber sein. Erst mal muss man etwas finden, was zu der Uhr passt. Zuerst hatte ich die Uhr an einem massiven, dreireihigen Band. Es gefiel mir nicht so recht. Vor wenigen Wochen fand ich dann genau das richtige: Ein ungetragenes Band, das wohl aus der Entstehungszeit der Uhr stammt. Die Elemente haben skelettartige Durchbrüche und werden von kleinen Ringen zusammengehalten. Das Design erinnert an das Art-Deco der 20’er und 30’er Jahre. Damit die Uhr an den variablen Teleskop-Anschlüssen nicht hin und her rutscht, sondern schön in der Mitte bleibt, habe ich diese mit Sekundenkleber fixiert.
Und so sieht die Uhr jetzt aus. Sie ist zur Zeit an meinem Arm und läuft ausgesprochen gut und genau. Etwa alle 4 Tage muss ich um eine Minute zurückstellen.




Wer bis hierher durchgehalten hat, ist nun sicher neugierig, einen Blick auf das Uhrwerk zu werfen. Der Schraubdeckel aus Edelstahl mit der Prägung ‚Automatic / Stainless Steel Back / Antimagnetic‘ hat Nutzungs- und leider auch Öffnungsspuren.

Also schnell weg damit. Das Automaticwerk ‚Tenor-Dorly 1393‘ ist silberfarben und kontrastiert mit dem goldenen Gehäuse.

Überraschenderweise hat es einen Produktionsstempel beim Kronrad, dort wo die Aufzugswelle in das Werk geht (im Bild oben und Vergrösserung links). Dort steht ‚9.73‘, das Werk stammt also aus dem September 1973. Ich habe schon einige TD 1393 gesehen, einen solchen Produktionsstempel, mit dem man das Werk datieren kann, hatte aber keines.


Hier noch einmal das Werk im Detail. Der Rotor mit dem attraktiven Wirbelschliff trägt die Gravur ‚Twentyone 21 Jewels / TD/ Unadjusted Swiss‘. Unter der Unruh, nah am Rand, ist die Kaliber-Signatur ‚TD 1393‘ in die Basisplatine gestempelt.
Das TD 1393 wird im Ranfft-Uhrwerkarchiv beschrieben:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?00&ranfft&0&2uswk&TD_1393
Tenor-Dorly, der Hersteller des Uhrwerkes
Dort erfährt man auch etwas über den Hersteller des Werkes Tenor-Dorly aus Tramelan in der Schweiz:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?00&ranfft&0&2uswk&TD_000
Die Firma bestand von 1955 bis 1975. Um 1970 begann man mit der Fertigung eigener, selbst entwickelter mechanischer Uhrwerke, genau zu Beginn der Quarzkrise, zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt also. Es entstand nur eine einzige Kaliberfamilie, alle Kaliber sind im Ranfft-Uhrwerkarchiv zu finden. Die Werke waren zum Entstehungszeitpunkt auf der Höhe der Zeit und von guter Qualität und gerade von den digitalen Versionen TD 1383 und 1385 (Handaufzug) und TD 1393 und 1395 (Automatic) wurde wohl eine recht grosse Stückzahl abgesetzt, denn man findet noch heute recht oft Uhren mit diesen Kalibern. Letztlich blieb der Erfolg aber aus und schon nach fünf Jahren war Schluss, nach 1975 sind keine Aktivitäten der Firma mehr nachzuweisen.
Die selteneren digitalen Kaliber TD 1385 und 1395 haben im Gegensatz zum 1383 und 1393 noch einen zentralen Sekundenzeiger. Auf Basis des TD 1395 entstand das einzige Chronographenwerk mit digitaler Scheibenanzeige der Uhrzeit. Das Werk TDBK 1376 wurde von Kelek entwickelt und erhielt einen Chronographen-Aufbau mit Schaltrad, der von Dubois-Dupraz für die analoge Version des TD-Automaticwerkes TD 1335 entwickelt worden war (TDB 1369).
In Post #5 dieses Threads von Forumskollege Uhr-Enkel kann man einen solchen digitalen Kelek-Chrono sehen, ansonsten geht es um die analoge Chrono-Version:
https://uhrforum.de/mikado-automatic-chronograph-cal-kelek-tdb-1369-a-t102796
Sarda-Difor, der Hersteller der Uhr
Die in Besançon (Frankreich) ansässige Firma wurde um 1893 von einem H. Sarda gegründet. Obwohl der Hersteller in Frankreich ziemlich bekannt und wohl auch erfolgreich war, ist nicht viel über die Firma bekannt. Wenn der Gründer Herr Sarda nicht ein Patent beantragt hätte, in dem sein vollständiger Name genannt wurde, wüsste man nicht einmal seinen Vornamen Hyacinthe.
Die Uhren wurden zunächst unter der Marke ‚Sarda‘ vertrieben, im Lauf der 60’er Jahre trat aber die hauseigene Marke ‚Difor‘ immer mehr in den Vordergrund, wie auch hier auf einem Foto des Sarda-Stammhauses gut zu sehen ist:
http://p6.storage.canalblog.com/64/79/803921/92251503_o.jpg
Im Jahr 1979 verschwand die Marke Difor, nachdem die Firma von Maty aufgekauft worden war.
Hier findet man kurze Abrisse der Firmengeschichte und bekommt einige interessante Abbildungen von Werbeanzeigen etc. zu sehen:
http://hans-weil.faszination-uhrwerk.de/sarda-besancon.pdf
http://vivreauxchaprais.canalblog.com/archives/2013/12/14/28650183.html
http://forum.horlogerie-suisse.com/viewtopic.php?t=12531&p=115963
Das war aber noch nicht alles. Weil ich noch ein zweites Exemplar des TD 1393 habe, möchte ich hier auch einmal die Scheibenmechanik des Werkes zeigen.
Die Scheibenmechanik des Tenor-Dorly 1393
Dies hier ist mein zweites TD 1393 aus einer ziemlich abgenutzten ‚Camy‘. Es gibt ein paar kleine Unterschiede zum Werk der ‚Difor‘.

Die Werksbrücken und –Kloben zeigen eine Hammerschlagoberfläche, während sie beim Werk der Difor einen einfachen Parallelschliff haben. Der Rotor ist auch etwas anders geformt. Dort steht in der Gravur TDB anstatt TD und das Werk hat nur 17 Jewels, während das der Difor 21 hat. Interessanterweise lautet auch die Kaliber-Signatur unter der Unruh TDB 1393 und nicht TD 1393 wie bei der Difor. Die Unruh des Werks der Difor hat einen Incabloc, das Werk aus der Camy hat eine andere, mir unbekannte Stosssicherung.

Um an die Zifferblattseite des Werks zu kommen, muss man die Abdeckplatte mit den Fenstern abnehmen, die ebenso wie ein normales Zifferblatt mit zwei Zifferblattfüssen befestigt ist, die sich leicht von der Mitte versetzt bei der Zwölf und der Sechs-Position befinden. Unter dem Blatt liegt ein abnehmbarer Abstandsrahmen aus Plastik, der sich ganz aussen am Rand des Werkes abstützt.

So sieht die Zifferblattseite des Werks aus. Angezeigt wird 11:00 Uhr am 20. Tag des Monats. Am Rand sieht man die Löcher für die Zifferblattfüsse (Z) die von einer Sicherungsschraube (s) daneben fixiert werden. Die beiden Scheiben für Stunde (links) und Minute (rechts) sind von der Mitte versetzt und von vorn mit kurzen Schrauben auf niedrige Sockel auf der Datumsplatine geschraubt. Dort gibt es keinen Antrieb. Der Antrieb für die Scheiben kommt vom zentralen Minutenrohr. Es ist auf die zentrale Minutenradwelle aufgepresst, die Zeigerreibung liegt zwischen Minutenradwelle und Minutenrohr. Die Scheiben sind gleich gross und ziemlich klein. Aussen überragen sie den Werksdurchmesser nicht und innen, zwischen ihnen, bleibt Platz, wodurch es möglich wird, der Sekundenradwelle vorn einen Sekundenzeiger aufzusetzen. Die Sekundenradwelle bei den digitalen Werken mit Zentralsekunde (TD 1385, TD 1395, TDBK 1376) dürfte zu diesem Zweck vorn länger sein als hier beim TD 1393, wo sie das Niveau des Antriebsrades der Stunden- und Minutenscheibe nicht überragt.

Auf diesem Bild ist die Minutenscheibe (min) ganz vom Werk entfernt, und rechts daneben massstabsgetreu zum Werk von der Rückseite gezeigt. Man sieht, dass sie hinten ein Trieb besitzt (Zahnkranz mit 50 Zähnen). Die Antriebsscheibe (1), die sowohl die Stunden- als auch die Minutenscheibe antreibt, ist vorn auf das zentrale Minutenrohr aufgepresst. Auch sie ist ein zweites Mal massstabsgetreu links neben dem Werk dargestellt.
Das Trieb an der Rückseite der Minutenscheibe wird vom Zahnkranz am Aussenrand der Antriebsscheibe (1) angetrieben, der ebenso wie das Trieb an der Minutenscheibe 50 Zähne hat, dadurch ist die Rotationsgeschwindigkeit beider Scheiben 1:1 und beträgt jeweils eine Stunde. Vorn hat die Antriebsscheibe (1) in einigem Abstand vom Rand einen einzigen, nach vorn ragenden Zapfen, der die Stundenscheibe pro Umdrehung einmal weiterschaltet (in dem Bild oben an der Scheibe kurz nach der 12-Uhr-Position).
Die Stundenscheibe ist ebenfalls entfernt, aber der Schaltstern mit 12 Zähnen auf der Rückseite der Stundenscheibe (h) befindet sich noch festgeschraubt an seiner Position auf dem Werk. Das wäre eigentlich gar nicht möglich, denn der Schaltstern sollte fest auf die Scheibe gepresst sein, hat sich aber bei diesem Werk abgelöst und kann nun nicht mehr stabil damit verbunden werden, was der Hauptgrund dafür ist, dass ich die Camy nicht mehr funktionsfähig machen kann. In den Schaltstern greift oben eine hakenförmige Sperrklinke ein, die von einer darunter befindlichen Drahtfeder (im Bild nicht zu erkennen) unter Spannung gehalten wird.

Die zentrale Minutenwelle mit dem Minutenrohr und der Antriebsscheibe rotiert im Uhrzeigersinn, deshalb drehen sich die Stunden- und Minutenscheibe im Gegenuhrzeigersinn. Auf diesen beiden Bildern ist der Schaltvorgang der Stundenscheibe gezeigt.
Im linken Bild hat der Zapfen auf der Vorderseite der Antriebsscheibe den Schaltstern der Stundenscheibe erfasst und schon so weit gedreht, dass die hakenförmige Sperrklinke bis zur Spitze des nächstfolgenden Zackens am Schaltstern gerutscht ist. Im nächsten Moment wird der Haken über die Zackenspitze wegrutschen und in der nächsten Vertiefung einrasten, wie im rechten Bild zu sehen, womit der Schaltvorgang beendet ist. Er dauert etwa 2,5 min, zwischen Minute 57 und 00.
Bei der Zwölf-Uhr-Position ist in einem Ausschnitt der Datumsplatine ein tiefer liegendes Rad zu sehen, das fast so gross ist, wie die Antriebsscheibe der Stunden- und Minutenscheibe und von dieser teilweise verdeckt wird. Dieses Rad ist das Datumschaltrad, das die Datumscheibe antreibt.
Um die Datumsschaltung zeigen zu können, muss es entfernt werden, ebenso die darüberliegende Antriebsscheibe für Stunde und Minute und der Schaltstern der Stundenscheibe.
Sorry, gleich geht es weiter. Das ist noch nicht alles, ich will auch noch die Datumsschaltung zeigen. Ich kann aber leider keine weiteren Bilder einfügen. Vielleicht geht es, sobald eine Antwort gepostet wird (Limit der Bilderanzahl erreicht)...
Gruss, bis dann
Andi
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