Die „Doctor’s Watches“ der 30iger Jahre oder: die Faszination des geteilten Zifferblattes

Diskutiere Die „Doctor’s Watches“ der 30iger Jahre oder: die Faszination des geteilten Zifferblattes im Vintage Uhren Forum im Bereich Uhrentypen; Als ich kürzlich eine sogenannte „Doctor’s Watch“ von ZentRa (!) sah, da war sie schlagartig wieder wach - die Liebe zu jenen nur für ganz kurze...
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DRGM

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Als ich kürzlich eine sogenannte „Doctor’s Watch“ von ZentRa (!) sah, da war sie schlagartig wieder wach - die Liebe zu jenen nur für ganz kurze Zeit sehr populären Uhren mit geteiltem Zifferblatt - unten für die große dezentrale Sekunde, oben für dezentrale Stunde und Minute. Da eine große Sekunde sonst nur im medizinischen Bereich zur Pulsmessung Verwendung fand, lag es nahe, derlei Uhren als „Doctor’s Watch“, also als Ärzte-Uhr zu bezeichnen. Wie es das Schicksal so will, passen diese Uhren ja in diese Zeit.

Doctors-Still_10_1600.jpg

Dieser Beitrag beschäftigt sich also mit solchen Uhren, welche meist als „Doctor’s Watch“, „Duo Dial“, „Dual Dial“ oder „Double Dial“ ab Ende der Zwanziger bis in die 40er Jahre vermarktet wurden, wobei der Höhepunkt in die Jahre 1934/35 fällt. Mit „Barney Green“ habe ich mich rege ausgetauscht und ich betrachte das Folgende als unseren gemeinsamen Artikel, denn Barney hat unglaublich viel Material beigesteuert; wenn es spezifisch um Produkte aus dem Hause Gruen geht, werde ich mich zurückhalten und auf das Nötigste beschränken - Barney weiß natürlich über Gruen sehr viel mehr als ich.

Mit jenem kurzlebigen Design ging es zwar erst Ende der 20er Jahre so richtig los, jedoch hatte schon viel früher jemand die Idee für eine solche Zifferblatt-Aufteilung einer Armbanduhr, nämlich im Jahre 1917 (bei Taschenuhren gab es sowas noch viel früher - hier soll es aber ausschließlich um Armbanduhren gehen). Denn am 24. Oktober 1917 meldete ein Louis E. F. Wachter aus New York beim US-Patentamt ein Patent an, das in den Ausführungen gemäß den Figuren 9 und 10 auch eine Armbanduhr mit doppeltem Zifferblatt betraf. Diese US-Anmeldung führte wohl nicht zu einer Patenterteilung, Wachter meldete aber ein auf der US-Anmeldung basierendes Schweizer Patent am 9. Januar 1918 an, welches am 16. Oktober 1919 unter der Nummer 82806 veröffentlicht wurde:

CH82806A_Wachter_1600.jpg

Fig. 9 zeigt diese wohl früheste „Duo Dial“-Armbanduhr, Fig. 10 das dazu konstruierte Formwerk. Damit war Wachter seiner Zeit weit voraus. Denn erst 1929 war die Zeit für diese Modeerscheinung gekommen - dann ging es aber Schlag auf Schlag.

Den Anfang machte dabei Frederick G. Gruen der Gruen Watch Company, welcher am 20. Mai 1929 zwei Zifferblatt-Designs bei US-Patentamt anmeldete, welche am 27. August 1929 unter den Nummern 79292 und 79293 erteilt wurden:

USD79292_USD79293_1600.jpg

Jene Zifferblatt-Gestaltung setzte gleich den Maßstab für alle weiteren Zifferblätter des Genres.

Dann überschlugen sich förmlich die Ereignisse. Die A. Schild AG trug die extralange Duo Dial mit Schweizer Mustereintragung Nr. 44680 am 16. Juli 1929 bei:

CH44680_Schild-Doctors_1600.jpg

Eterna folgte am 24. September 1929 mit Schweizer Muster Nr. 44920

CH44920D_Eterna-Doctors_1600.jpg

Und auch Hans Wilsdorf (Rolex) war natürlich früh am Start - hier die Schweizer Muster Nr. 47741 vom 15. Mai 1931 und Nr. 47776 vom 23. Mai 1931:

CH47741_Rolex-Prince-01_1600.jpg

CH47776D_Rolex-Prince-02_1600.jpg

Zu Rolex später mehr.

Zwischen 1929 und 1933 scheinen Gruen und Rolex praktisch allein den Markt mit „Duo Dials“ beliefert zu haben. Dann ging es richtig los und 1933 machten sich mehrere Schweizer Firmen auf, am wohl nicht uninteressanten Kuchen zu partizipieren.

Longines meldete am 8. Februar 1933 ein Schweizer Patent an, das eine der schönsten Doctors betrifft:


CH165206_Longines_1600.jpg

Die Firmen A. Maeder-Leschot S.A. und Les Fils de de Robert-Gygax bewarben ihre „double cadrans“ in der Schweizer Fachzeitschrift „La Fédération Horlogère“:

FedHorl_30Aug1933_Maeder-Leschot_1600.jpg

FedHorl_27Sep1933_Gygax_1600.jpg

Interessant bei beiden Annoncen ist, dass jeweils auf ein 8 ¾ x 12“‘-Werk von FHF hingewiesen wird; es könnte sich dabei um ein 15-steiniges FHF 106 oder eines der vielen Abarten dieses Werkes handeln. Mir ist jedenfalls kein FHF-Kaliber bekannt, das speziell für die Duo Dials konstruiert worden wäre.

Wobei wir beim Thema der technischen Umsetzung wären. Einige Hersteller haben spezielle Werke für diesem Uhrentyp konstruiert. Beispielsweise Aegler/ /Rolex/Gruen:

CH168491_Aegler-Rolex-Gruen_1600.jpg

Andere, wie insbesondere die A. Schild S.A. packten in modularer Bauweise eine Adapterplatte auf ein bestehendes Werk (siehe Fig. 3):

CH172420_Schild_1600.jpg

Dies scheint die am häufigsten verwendete Lösung gewesen zu sein. Zifferblattseitig sieht das - bei einem ETA 735 - so aus:

TimeZone : Vintage Watches » ETA 735 Doctor's movement

Mimo ließ sich übrigens eine ähnliche Lösung mit modularem Aufsatz patentieren:

CH167847_Mimo_1600.jpg

Apropos Mimo. Die Firma war hier zwar eher ein Spätzünder, geizte aber nicht mit Absicherung ihrer „Innovationen“. Neben dem gezeigten Patent gab es eine Schweizer (aber keine amerikanische) Marke DUODIAL

CH80404_Mimo-Duodial_1600.jpg

Und ein im Juni 1933 angemeldetes und 1934 erteiltes US-Design Patent

USD93390_Graef-Duodial_1600.jpg

Und die Deutschen?


Wie eingangs erwähnt habe ich kürzlich eine ZentRa „Duo Dial“ gesehen. Die war mit einem Kaliber ZentRa 145 = Bifora 812 ausgestattet, wobei ich davon ausgehe, dass es ein entsprechend abgeändertes Werk mit Adapterplatte ist. Auch liegt die Annahme nahe, dass die komplette Uhr von Bidlingmaier (Bifora) stammt.

Ansonsten lässt sich nicht viel über deutsche Beiträge herausfinden - lediglich drei kurze Notizen in deutschen Uhrmacherzeitungen konnte ich entdecken, jeweils ohne Herstellerangabe. Die erste stammt aus der „Uhrmacher-Zeitung“ von 1933 und zeigt eine „Armbanduhr mit zwei Zifferblättern“:

Uhrmacherzeitung_1933_S444_Duo-Dial_1600.jpg

Die kann von vielen (Schweizer) Herstellern stammen, denn so sahen viele aus, beispielsweise von Bouvet Frères oder von Zodiac:

Bouvet-Freres_1600.jpg

Zodiac-Doctors_1600.jpg

Eine andere Notiz aus „Die Uhrmacherkunst“ aus dem Jahre 1936 besagt lediglich, dass die „Uhr mit dem großen Sekundenblatt (..) immer noch beliebt [ist]“. Was immerhin auf eine Abkühlung der Nachfrage nach derlei Uhren im Jahre 1936 andeutet.

Uhrmacherkunst_1936_S355-356_Duo-Dial_1600.jpg

Immerhin konnte ich eine Abbildung der Zifferblatt-Herstellers Weber & Baral aus dem Jahre 1934 entdecken, in welcher so ein Duo Dial-ZB gezeigt ist:

Uhrmacher-Zeitung_1934_S230_Zifferblätter_Weber-Baral_1600.jpg
 
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Und damit kommen wir zum Höhepunkt des Hypes um die Doctor’s Watch: das Jahr 1934, vornehmlich in den USA. Plötzlich waren sehr viele Duo Dials im Angebot. Praktisch alle namhaften US-Hersteller und Einschaler waren dabei: Elgin, Bulova, natürlich Gruen, Hamilton (allerdings erst 1935), Waltham, und, und, und…. Daneben weniger bekannte Firmen wie Gotham, Monarch, usw., selbstverständlich auch Schweizer Firmen wie Longines, Gallet, Mimo, Favre Leuba, etc. Und - wie kann es auch anders sein - auch dem schmaleren Geldbeutel wurde geholfen, nämlich mit markenlosen Uhren mit etwas weniger hochwertigen Werken.

Doch lassen wir einfach mal ein paar Bilder sprechen, welche vornehmlich aus amerikanischen Zeitungen aus dem Jahre 1934 stammen:

01_Sioux_City_Journal_Wed__Dec_5__1934_Noname_Duo-Dial_Newest-Thing.jpg

Man beachte: “the smartest and latest thing” - etwa: “das schickste und neueste Ding“.

Monarch:

02_Daily_News_Fri__Mar_16__1934_Monarch-Duo-Dial.jpg

Gallet (für mich einer der schönsten Duo Dials überhaupt):

03_Gallet.jpg

Helvetia/ Aster / Ena (man beachte bei der Aster die Sekunde oben):

04_Helvetia-Aster-Ena.jpg

Gotham:

05_The Pittsburgh Press29Apr1934_Gotham_Dual-Dial.jpg

06_The_Evening_Sun_Fri__Oct_12__1934_Gotham-Duo-Dial.jpg

Mimo Mimolux (aus einer indischen Zeitung):

07_The Indian Express 20Oct1934_Mimolux-Duo-Dial.jpg

Hausmarken von Juwelieren:

08_News_Journal_Fri__Aug_24__1934_Rogers-Duo-Dial.jpg

09_St__Louis_Post_Dispatch_Fri__Dec_21__1934_Robbins.jpg

Namenlose:

10_The_San_Francisco_Examiner_Sun__Dec_9__1934_Noname-Duo-Dial.jpg

11_The_Times_Tribune_Thu__Jun_28__1934_Duo-Dial.jpg

12_The_Miami_News_Tue__May_28__1935_Double-Dial.jpg

13_The_Dayton_Herald_Fri__Jan_24__1936_Noname-Duo-Dial.jpg

Für Bulova konnte ich überraschenderweise keine Annonce finden und für Elgin nur relativ späte von 1939 und 1942:

14_Elgin_1939_Model-3537.jpg

15_The Norwalk Hour15Apr1942_Elgin-Doctors-Detail.jpg
 
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Weckerfreund

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Hallo,

eine schöne und lehrreiche Darstellung dieser ungewöhnlichen Uhren. Danke dafür!

Viele Grüße
Andreas
 
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Badener

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Vielen Dank für diesen tollen Ausflug in die Uhrengeschichte!
 
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DRGM

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Und damit wird es endlich Zeit für was Konkretes.


Die Rolex Prince


Man kann von Rolex halten, was man will, aber das Modell Prince ist einfach schön. Und dazu gab es atemberaubend schöne Schachteln, die man fast als Schrein bezeichnen könnte:

Rolex-Prince_Box_01_1600.jpg

Die gezeigte Rolex ist nicht meine - ich durfte sie aber immerhin fotografieren.

Wie bereits erwähnt war Rolex mit der Prince sehr früh am Start - einige Quellen nennen 1928 als Startdatum, was mir aber ein wenig früh erscheint. Ich meine (ohne mich mit Rolex auszukennen), dass 1929 ein wahrscheinlicheres Startdatum sein müsste, zumal bekanntlich in der Gruen Techni-Quadron und in der Rolex Prince jeweils Werke von Aegler verbaut sind und Rolex und Gruen mehr oder weniger gleichzeitig gestartet sein dürften. Gruen konzentrierte sich dabei auf die USA; Rolex war in „the rest of the world“ aktiv, vornehmlich in Ländern des Commonwealth, dabei insbesondere in Großbritannien, Kanada und Australien.

Hier ein paar Annoncen aus den Jahren 1929 (Kanada), 1930 (England) und 1934 (Kanada):

The_Windsor_Star_Fri__Nov_29__1929_Rolxe-Prince.jpg

The_Guardian_Fri__Dec_19__1930_Rolex-Prince.jpg

The_Windsor_Star_Fri__Jun_15__1934_Rolex-Prince.jpg

Die Preise sind bei den kanadischen Annoncen natürlich in kanadischen Dollar angegeben, wobei der seinerzeitige Wechselkurs bei ziemlich genau 1:1 lag. Insofern interessant, als dass die Prince seinerzeit günstiger als eine Hamilton Seckron war, welche 55 US$ kostete.

Wie man insbesondere der englischen Annonce entnehmen kann, hat Rolex schon seinerzeit schon kräftig und mit grafisch bezaubernden Anzeigen die Werbetrommel gerührt. Eine schöne Übersicht über die teilweise exzellent gestalteten Annoncen (und einige Prince-Modelle) ist hier zu finden:

The Complete History of The Rolex Prince & Princess

Hier noch ein paar Aufnahmen der Prince

Rolex-Prince_01_1600.jpg

Rolex-Prince_02_1600.jpg

Rolex-Prince_03_1600.jpg



Die Hamilton Seckron

Der Slogan der Hamilton Watch Company aus Lancaster, Pennsylvania lautete seinerzeit “The Watch of Railroad Accuracy” (sinngemäß: Die Uhr der Eisenbahn-Pünktlichkeit), doch sprang Hamilton recht spät und auch eher halbherzig auf den Zug auf. Denn erst 1935, als die Karawane schon anfing, langsam in Richtung Zentralsekunde zu ziehen, lancierte Hamilton die Seckron.


Hamilton nahm nämlich 1935 eine „Doctor’s Watch“ ins Programm auf – das Modell Seckron. „Ideal Watch for doctors, nurses“ wie es in einer Anzeige von 1935 heißt:

1935-ad_Seckron_1024x483.jpg

Man beachte auch die ungewöhnliche Bezeichnung des Zifferblattes: „double-duty dial“.

Die Seckron war von 1935 – 1941 im Programm. Wobei es eigentlich zwei verschiedene Modelle (jeweils mit weißem oder schwarzem ZB) gab, die Hamilton aber nicht – wie sonst üblich – durch einen Zusatzbuchstaben „B“ voneinander unterschied.

Die erste Variante wurde von 1935 bis 1939 gebaut – hier im 1938er Katalog dargestellt:

Hamilton_Catalog1938_p17_Seckron_Detail.jpg

Diese erste Variante ist seitlich und auf der Unterseite kantiger und hat im Vergleich zur Nachfolgeausführung kürzere Bandanstöße. Ausgestattet ist es mit einem Kaliber 980A oder 980B.

1940 kam dann das Nachfolge-Design: länger und stromlinienförmiger wirkend, ebenfalls mit einem Kaliber 980B ausgerüstet. Hier im Katalog von 1941 dargestellt:

Hamilton_Catalog1941_Seckron_321x768.jpg

Immerhin kann ich die zweite Variante zeigen – meine stammt von 1940:

Hamilton_Seckron_Feb2018_01a_1024x768.jpg

Hamilton_Seckron_Feb2018_03_1024x767.jpg

Hamilton_Seckron_Feb2018_04_1024x768.jpg

Die Kaliber 980A und 980B unterscheiden sich vom Kaliber 980 dadurch, dass der Antrieb von Minuten- und Stundenzeiger mittels Adapterplatte nach oben verlegt wurden – von hinten sieht es wie ein normales Kaliber 980 aus:

Hamilton_Seckron_Feb2018_05_1024x768.jpg

Eine Besonderheit der Seckron ist, dass Hamilton diese Marke als Marke eintragen ließ:

US-TM_438852_SECKRON.jpg

Das ist insofern ungewöhnlich, als dass Hamilton sonst nie Modell-Bezeichnungen zur Marke angemeldet hat – die Marke „SECKRON“ ist die einzige Ausnahme, wenn man von späteren Marken der Schweizer Tochterfirma in den 60ern einmal absieht. Ungewöhnlich ist ferner, dass die Marke erst im Juli 1947 angemeldet wurde, also lange nach Produktionseinstellung dieses Modells. Ob Hamilton eine Neuauflage plante? Ich weiß es leider nicht.

Für Hamilton-Verhältnisse war die Seckron kein sonderlicher Verkaufserfolg. Von den für die Seckron produzierten Kalibern 980A und 980B wurden insgesamt nur 63.900 Stück verbaut. Von dieser Zahl muss man noch 3.371 Stück abziehen, denn soviel dieses Kalibers gingen an die Fairchild Aerial Camera Corp., welche das Werk für ein Kamera-Maschinengewehr der US Navy nutzte - wofür genau, entzieht sich meiner Kenntnis. Hier eine 1936er Hamilton-Annonce, wo auf Fairchild hingewiesen und auch das Werk gezeigt wird:

HAmilton-Ad_Faichild-camera.jpg

Das ist für den Sammler insofern von Interesse, dass jene Werke gelegentlich und reichlich falsch als „Bomb timer“ angeboten werden. Wenn original, dann in einem vernickelten Gehäuse mit seitlichen Schraublöchern. Gelegentlich wird es aber auch als komplette Uhr angeboten - also Achtung! Man erkennt derlei „Franken watches“ am Hamilton-Schriftzug, welcher quer ausgerichtet ist bzw. an der „12“, welche sich in einem Uhrengehäuse erstaunlicherweise auf der Position der „3“ befindet.


Soweit erst einmal - ich bin schon auf Barney Ergänzung bzgl. Gruen gespannt - und natürlich auf andere „Doctor’s Watches“, die hier hoffentlich zahlreich gezeigt werden.
 
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Fish of Steel

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Ich danke dir!
Ein traumhafter Beitrag!
 
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Pirandello

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Perfekt. Grandios recherchiert, geschrieben und fotografiert. :klatsch:
 
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Tapestry

Tapestry

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@DRGM, vielen Dank für Deine obigen, ganz hervorragenden Beiträge! Ich finde die sehr informativ und sehr unterhaltsam gleichermaßen.

Die Prince und die Seckron sind echt sehr leckere Uhren.
 
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Barney Green

Barney Green

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Wow, Martin, da hast Du ja wieder die Latte sehr hoch gelegt. Und ich bin doch so unsportlich...
Gern komme ich der Bitte nach, und ergänze demnächst mal ein um einige Gruen-Modelle. Wobei das in Arbeit ausartet, denn Gruen hat sage und schreibe 34 Duo-Dial-Modelle auf den Markt gebracht. Ich konnte es selbst kaum glauben, hatte so mit 10 bis 12 Stück gerechnet, aber es sind tatsächlich 29 Herren- und 5 Damenmodelle verzeichnet. Das aufzuarbeiten und schön zu präsentieren, dauert natürlich ein wenig, ich selbst besitze leider keine, mir sind die zu gefragt und damit ganz einfach zu teuer.
Auf jeden Fall scheint Gruen hier führend in der Vermarktung gewesen zu sein, und ebenso wie bei Rolex heißt es, dass die Uhren 1928 auf den Markt kamen, aber das dürfte nicht stimmen. Die alleerrste mir bekannte Anzeige stammt aus dem August 1929. Wobei im Händlerkatalog der im Juli 1929 neu herauskam, die ersten Modelle schon verzeichnet sind, das ist für mich das offizielle Startdatum.
Sowohl die frühen Gruen Techni-Quadrons, das war der offizielle Marketing-Name bei Gruen, als auch die Rolex-Prince-Modelle stammten aus der gemeinsamen Produktion bei Aegler. Wilsdorf und Gruen hielten zu dieser Zeit Anteile an der Firma und saßen im Aufsichtsrat. Wie Martin schon schrieb, hatten sich Rolex und Gruen die Märkte aufgeteilt, einige pfiffige Händler untergruben dies aber von Zeit zu Zeit. Während die Prince für 50 Dollar angeboten wurde, kostete die Techni-Quadron in gleicher Ausstattung 60 Dollar, Gruens Marketing war teuer und wollte bezahlt werden. Zudem waren wohl die Importzölle in die USA damals höher.
Das kann auch ein Grund sein, warum das Werk nur 15-steinig angeboten wurde, die Anzahl der Steine bestimmte auch die Höhe des Zolls.

Hier die Seite aus dem Händlerkatalog mit den allerersten Techni-Quadrons:
2998941

2 verschiedene Gehäuse, 4 Modelle in 6 Varianten: Quadron 72 in grüngold, Quadron 73 in weißgold jeweils in einem vergoldeten Gehäuse, wobei es sich hier um "reinforced with extra gold" handelte, einem Laminat von relativ dicken Goldblechen auf einem Metallkern. In Vollgold war das dann die Quadron 75. Die Quadron 74 hatte ein etwas anders geformtes Gehäuse, auch in "reinforced". Standard das Lederband, als Varianten gab es dann die beiden unten abgebildeten mit Metallbändern und super früher Faltschließe.
Beide Gehäuse hatten die patentierte Crown-Guard Technik mit versenkter Krone, die nicht so leicht hängenblieb und womöglich abriß.

Das Werk war komplett identisch mit dem Rolex-Werk, es wird in den Zusatzblättern des Händlerkatalogs vom Februar 1930 gezeigt und beschrieben:

2998971

Bei Gruen nannte sich das Kaliber 877, bei Rolex war die Kaliberbezeichnung 300.

So, dies mal als Einstieg, bevor ich mit Annoncen die Evolution aufzeige.

Barney
 
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MaJoLa

MaJoLa

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Hallo Martin,

folgende Anzeige konnte ich noch finden, die Dir aber wahrscheinlich bekannt ist:

38290860ir.png


Ansonsten eine hervorragende und überaus interessante Vorstellung. Und wie von Dir gewohnt, äußerst informativ. Klasse.

Bifora hatte allerdings mit ziemlicher Sicherheit keine solche Uhr im Angebot.
Diese Uhren wurden lediglich in Gmünd mit dem Kal. 812 und den passenden Zeigern ausgestattet und im Auftrag der Zentra zusammemgebaut. Ein Vertrieb unter eigenem Namen - wie bei anderen Zentra Modellen - fand also nicht statt.

Bei aller Schönheit und Attraktivität dieser Uhren, erschließt sich mir der praktische Wert - nüchtern betrachtet - jedoch nicht wirklich. Hätte ich damals als Arzt meinen Beruf ausgeübt, ich hätte mit Sicherheit einer runden Uhr mit Zentralsekunde den Vorzug gegeben. Dürfte deren praktischer Wert doch um einiges größer gewesen sein, besonders dann, wenn die Sehschärfe nicht mehr optimal war.

Barney, das sind wirklich tolle Anzeigen!!
 
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Barney Green

Barney Green

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Hallo Markus,

das sind keine Anzeigen, die beiden Seiten stammen aus dem sogenannten "Stock Record Book" (bis 1928) oder "Guild Book" (ab 1929), das war der Händlerkatalog von Gruen. Dieser wurde für jeden offiziellen Gruen-Händler gedruckt und alle paar Jahre komplett ausgetauscht und mindestens einmal im Jahr gab es Ergänzungsseiten. Die Exemplare waren numeriert und bei Erscheinen eines neuen Kataloges waren die Händler aufgefordert, den alten Katalog zu vernichten. Dementsprechend selten gibt es diese Kataloge. So ein Katalog taucht in der Bucht ca. nur einmal im Jahr auf und erzielt Erlöse bis zu 500 Dollar.

Barney
 
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MRBIG

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Als Referat wäre das eine glatte 1 wert. :-)
 
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Faisaval

Faisaval

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Hallo Martin, wieder einmal von Dir eine hervorragenede und sehr lehrreiche und toll bebilderte Vorstellung zu einer ganz besonderen Uhrengattung. :klatsch:Danke Dir vielmals dafür. :-P
Barney und Markus, Euch beiden auch ein dickes Dankeschön für die weiteren Ergänzungen, Kataloge und Anzeigen. :-P
 
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CFG

CFG

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Toller Faden, sehr schönes Design war das.
 
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Unruhgeist

Unruhgeist

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Der Beitrag ist doch ein Hammer! Warum steht der denn nicht bei den redaktionellen Beiträgen? Da stecken so viel Arbeit und Details drin, das kann doch nicht einfach so untergehen im Laufe der Zeit!?
 
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G

Gast8794

Gast
Großes Kino! Das sind schon sehr hübsche Kleinode. Aber eben sooooo selten. Und dementsprechend sind die Preise. Wobei gefühlt die eigentlich "günstigeren" Gruens seltener auftauchen wie die teureren Rolex. Was den Verdacht aufkommen lässt... Wie auch immer und was auch immer sich findige Händler ausdenken, aus dieser Konstellation dürfte die Legende hervorgegangen sein, Gruen hätte etwas mit Rolex zu tun.

Die Sache mit dem geteilten Zifferblatt hat (wird ja weiter oben schon erwähnt) auch Mimo umgetrieben. Ein klein wenig anders und mit noch zusätzlichen Highlight weiteren wurde 1936 die "MIMOLYMPIC" auf den Markt gebracht. Warum denn nur zweigeteilt wenn es auch dreigeteilt geht?

MIMOLYMPIC_1936.jpg
 
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D

doo

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Hallo
bei uns in Angebot bei Aukro (CZ).

Gruen Dual 1.jpg
Gruen Dual 2.jpg
fotoaukro

doo
 
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DRGM

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Hallo Andreas (Weckerfreund), Badener, Fish of Steel, Timo (Pirandello), Tapestry, MRBIG, Valentin (Faisaval), CFG und Unruhgeist: Danke für Eure anerkennenden Worte! :-)

@Barney: Dank nicht nur für Dein mir zur Verfügung gestelltes Material, sondern auch und vor Allem für die Gruen-Ergänzung! 29 Herren- und fünf Damenmodelle - der Wahnsinn!

@Markus: Danke für die Bouvier-Annonce! Nein, die kannte ich noch nicht. Interessant hier, dass bei der 10 ½“‘-Variante darauf hingewiesen wird, dass das Werk von A.S. stammt.

Danke auch für Deine Einschätzung, dass die erwähnte ZentRa nicht von Bidlingmaier stammen kann. Leider werden wir das wohl nie erfahren, wer die Uhr gebaut hat…

Mit dem praktischen Wert einer solchen Uhr ist’s allerdings nicht weit her. Naja, aber das dürfte für viele Uhren gelten - rein aus praktischen Erwägungen würde ich ganz allgemein von rechteckigen Uhren mit Formwerken abraten… :D


@Oliver (Monk): Danke für’s Zeigen der Mimolympic-Annonce. Das ist in der Tat ein heißer Vogel! Wenn ich das richtig sehe (und die auf die Schnelle gesuchten Bilder von Realstücken der Mimolympic scheinen das zu bestätigen) ist die untere Sekunde „normal“, läuft also in 60 Sekunden eine Runde, während die obere Sekunde die Tour in 30 Sekunden absolviert, richtig? Warum? Den Sinn erkenne ich nicht - oder hat die Uhr eine Stoppfunktion?

Gut, bei manchen Uhren fragt man besser nicht nach dem Sinn und „Duo Dials“ gehören ganz bestimmt dazu. Erfreuen wir uns einfach an dem schönen Anblick….
 
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MaJoLa

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Das Blatt stammt möglicherweise von Bethke ( Schreibweise ??)

Wir wissen ja beide, daß man sich über den praktischen Nutzen von Zifferblätter schon damals "das Maul zerrissen" hat. Da sind ja so einige Gestaltungsformen nicht gut weggekommen .
 
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Uhrenfreak

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Eine deutsche Uhr aus dieser Zeit ist meine Arctos-Ankra:

DSC03701.JPG

DSC03707.JPG

DSC03705.JPG

DSC03696.JPG

Das Werk müsste ein Eta 717 sein.

Arctos nach Mikrolisk:
Weber & Aeschbach / Phillip Weber KG
Uhren, Uhrenteile; Pforzheim, Deutschland; registriert am 8.12.1934


Gruß Willy
 
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Die „Doctor’s Watches“ der 30iger Jahre oder: die Faszination des geteilten Zifferblattes

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You’re Driving Me Crazy - die “Drivers Watch” der 30er Jahre: In den 30er Jahren gab es die eine oder andere kurzlebige Erscheinung auf dem Uhrensektor - sie kam jeweils schnell und mit viel Getöse...
Die Perpetuum von ZentRa - Deutschlands erste Armbanduhr mit Automatic-Werk: Zugegeben, die Überschrift ist ein wenig provokativ, denn bei der ZentRa Perpetuum handelt es sich komplett um ein Schweizer Erzeugnis. Allerdings...
Eine PIERPONT aus Biel/Bienne: Liebe Freunde alter Uhren, vor kurzem hatte ich das Glück diese Armbanduhr der Marke PIERPONT für einen überschaubaren Betrag zu erstehen. Ihr...
Die Scheibenuhren der 1930er: Kürzlich habe ich mich ja mit einem kurzlebigen Modetrend der 30er beschäftigt, nämlich den „Duo Dials“ oder „Doctor’s Watches“: Die „Doctor’s...
Croton Acurator - oder: nicht hinter jedem Münzschlitzdeckelchen steckt eine Batterie: Ich habe einen weichen Zahn für ungewöhnliche technische Lösungen. Von außen regulierbare Uhren zum Beispiel, wie die...
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