jo3861
Themenstarter
Liebe Uhrengemeinde,
normalerweise stellt man seine neue Uhr hier vor und verkauft sie vielleicht – je nach Gefallen, Laune und Charakter – Wochen, Monate oder Jahre später auf dem Marktplatz wieder. In meinem Fall verlief es umgekehrt.

Nachdem ich vergangenes Jahr eine Omega Speedmaster Professional (.005) gekauft hatte, sollte Anfang diesen Jahres etwas dressiges mit drei Zeigern hinzukommen, am besten mit Datum. Ich hatte ein paar Wochen lang überlegt, viel gelesen und geschaut und schwankte zwischen der Omega Aqua Terra, als „Bumblebee“ oder in blau, und der Omega Constellation Globemaster. Geworden ist es schließlich eine ganz andere Uhr, wie so oft bei diesen „Rennen“. Den Ausschlag für die Rolex Oyster Perpetual (OP) in 39 mm mit blauem Zifferblatt gab die elegante, flache, schlicht perfekte Gehäuseform und die Harmonie des Zifferblattes. Weil der Zyklop diese Harmonie nach meinem Empfinden (zer)stört, habe ich aufs Datum, also auf eine Datejust, verzichtet.

Ich ging kaufentschlossen zu meinem Uhrenhändler, dem ich früher einmal eine Nomos abgekauft hatte und wurde belehrt, dass selbst diese schlichte Oyster nicht in absehbarer Zeit lieferbar sein würde. So habe ich einen Ausflug ins schöne Maastricht unternommen und sie dort bei einem Juwelier, keinem Konzessionär, neu und ein wenig über dem Listenpreis ergattert. Es war seine letzte neue OP, bisher kam keine mehr nach …
Doch meine Liebe zu der eleganten Oyster kühlte rasch ab. Zunächst, weil sie einfach nicht gut am Handgelenk saß. Dabei ist sie doch als „Handgelenksschmeichler“ bekannt! Erst nach drei oder vier Anläufen – das ist mir bei keiner anderen Uhr passiert – saß sie dann aber doch perfekt. Aber: war sie nicht doch zu schlicht, nur ein „Einsteigermodell“? Fehlte nicht doch das Datum? Hätte ich besser die Aqua Terra gekauft? Ich war lange nicht ganz von der Oyster überzeugt. Als ich dann überraschend meine lang erträumte Rolex, eine blaue Milgauss, also eine „fettere Auster“, auf dem Marktplatz fand und kaufte (eigentlich tauschte, aber das ist eine andere Geschichte), war klar: Zwei Austern braucht der Mann nicht und die OP kann gehen. Sie stand ein paar Wochen lang auf unserem Marktplatz und wurde nur noch selten getragen.

Zum Glück läuft der Markt derzeit – wohl krisenbedingt – schleppend und niemand kaufte mir die Uhr ab. Denn während dieser Zeit entdeckte ich, dass meine beiden Oysters sich doch prima ergänzen. Die kleine ist maximal bequem zu tragen und in ihren Abmessungen und ihrem Gewicht höchst komfortabel, die größere Milgauss dagegen ist (m)ein Herz zerreisendes Schmuckstück, zwar nicht unbequem, aber doch viel präsenter. Sie ist auch für manche Gelegenheiten einfach „too much“. Zudem wurde die beste aller Freundinnen nicht müde, mir zu versichern, dass keine meiner Uhren in Abmessung und Farben besser zu mir passt, als die kleine Oyster. So schwand die Verkaufsabsicht (und mein Uhrenbudget) dahin, schließlich nahm ich die Uhr vom Marktplatz und trage sie seither oft.
Die moderne Perpetual Oyster ist, hier stimmen Werbung und Wirklichkeit völlig überein, die „Quintessenz der Oyster“. Ihre Vorfahren gibt es seit fast 95 Jahren, 1927 schwamm Mercedes Gleitzke zehn Stunden mit einer Oyster am Arm durch den Ärmelkanal, seit 1931 gibt es sie mit dem Zusatz „Perpetual“, also mit automatischem Aufzug und 1953 bezwangen Edmund Hillary und Tenzing Norgay mit ihr den Mount Everest. Die moderne Variante dieser geschichtsträchtigen Uhr ist heute die „Rolex Oyster Perpetual“ ohne weiteren Namenszusatz. Eben wegen dieser edlen Ahnenreihe finde ich das Wort „Einsteigermodell“ dafür unpassend, denn dieses Modell trägt alle wesentlichen Merkmale einer guten Rolex und es gibt durchaus Gründe, sich damit zu bescheiden: Die Eleganz durch die Reduktion aufs Wesentliche, die smarten Abmessungen, das geringe Gewicht. Sie stellt für mich die Goldene Mitte von sportlich und dressig dar: eine Punktlandung! „Reduced to the Max“, wie ein anderer Werbespruch (von Smart) lautet.

Allerdings trägt Rolex an der Kategorisierung „Einsteiger“ selbst etwas Schuld. Das ist mein einziger Kritikpunkt an der Oyster: die Schließe des Oysterbandes ist für diese Preisklasse einfach zu „billig“. Die Fertigungstoleranz scheint zu groß zu sein, einige (oder gar alle?) klackern, wenn man mit der Schließe weich anstößt und die OP hat nicht einmal den simplen „Easylink“, mit dem man das Band um 5 mm schnellverstellen kann. Kennt man einen gutwilligen Rolexhändler, kann man eventuell den Easylink nachrüsten, aber offiziell ist das nicht möglich. Ich finde es schade, dass man die „Quintessenz der Oyster“ durch eine solche, wohl marketingbedingte, Sparmaßnahme etwas herabwürdigt. Zumal eine schnelle Feinverstellung auch wegen der großen Bandglieder angeraten wäre. Aber mit diesem Mangel steht Rolex nicht alleine da.
Die Verarbeitung des Gehäuses, des Bandes und des Zifferblatts dagegen sind untadelig. Das Uhrwerk, Kaliber 3132, steht sogar jenseits der Kritik: es ist ausdauernd, belastbar und hochpräzise. Uhrmacher singen Loblieder auf seine gute Wartbarkeit. Meine Oyster, wie auch die mit fast gleichem Werk, 3131, ausgestattete Milgauss, muss ich praktisch nie stellen, in meinem derzeitigen Tragemix (Handgelenk, Ruhe, Beweger) laufen beide stets ±2 sec.

Ich habe mir die OP mit dem blauen Zifferblatt und den grünen Akzenten ausgesucht. Das sind meine Farben! Durch den Kauf der Speedy Pro hatte ich gelernt, dass ich monochrom nicht mehr mag, diese Vorliebe liegt hinter mir und die Speedy hatte ich alsbald gegen eine buntere Racing-Variante ausgetauscht. Die Rolex OP39 gibt es seit 2015 live und in Farbe. Sie wird seither neben blau/grün auch mit einem anthrazitfarbenen Blatt („Dark Rhodium“) mit blauen sowie in „Red Grape“ (rötlich-pflaumenfarben) mit roten Akzenten angeboten. Letztgenannte Variante gefällt mir auch ungemein gut. Seit 2018 gibt es die OP39 auch mit weißem sowie schwarzem Zifferblatt. Diese beiden Ausführungen haben ausschließlich große, sämtlich mit Lumen belegte Indizes und verzichten auf die Farbtupfer. Das mag man, je nach Geschmack, als eleganter oder langweiliger empfinden.
Zum Schluss noch eine Hommage an das Schwestermodell der OP39, die Explorer (I). Sie hat das gleiche Werk, das gleiche Gehäuse (mit flacher Lünette) und das gleiche Band, allerdings mit einer besseren Schließe dank Easylink und zusätzlicher Sicherung. Der Unterschied, der ins Auge sticht, ist das völlig anders gestaltete Zifferblatt mit drei Ziffern und dem Mercedeszeiger. Ich finde auch diese Variante der OP wunderschön und dann empfehlenswert, wenn man den sportlichen Aspekt stärker betonen möchte.

Aussteigen aus meiner Vorstellung möchte ich mit dem akustischen Highlight der OP, das wohl auch für andere Rolex 31xx-Werke gilt: Das Ticken! Es tickt dezent und weich, ergänzt durch einen an- und abschwellenden „Glöckchenton“. Mir hilft es manchmal beim Einschlafen, denn ich „vergesse“ zuweilen, diese schöne und bequeme Uhr vor dem Zubettgehen abzulegen
Das wird mir beim nächsten Neuzugang, auf den ich derzeit warte, eher nicht passieren: Die Grand Seiko „Soko“ verfügt über das völlig lautlose Spring Drive-Werk – Vorstellung folgt!


Technische Daten:
Durchmesser Gehäuse: 39 mm, Horn-zu-Horn: 47,3 mm, Höhe: 11,4 mm, Gewicht mit komplettem Band: 132 g
Material des Gehäuses: Edelstahl, Saphirglas
Band: Oysterband, Oysterschließe ohne Easylink
Wasserdichtigkeit: 10 bar (100 m), verschraubte Krone
Kaliber des Werkes: 3132 (Chronometer mit Automatikaufzug, Handaufzug möglich), 48 Stunden Gangreserve
Breite der Bandanstöße: 20 mm
Leuchtmasse auf den Stunden- und Minutenzeiger sowie auf 3, 6 und 9 Uhr
Gangabweichung bei mir im Tragemix: praktisch keine

normalerweise stellt man seine neue Uhr hier vor und verkauft sie vielleicht – je nach Gefallen, Laune und Charakter – Wochen, Monate oder Jahre später auf dem Marktplatz wieder. In meinem Fall verlief es umgekehrt.

Nachdem ich vergangenes Jahr eine Omega Speedmaster Professional (.005) gekauft hatte, sollte Anfang diesen Jahres etwas dressiges mit drei Zeigern hinzukommen, am besten mit Datum. Ich hatte ein paar Wochen lang überlegt, viel gelesen und geschaut und schwankte zwischen der Omega Aqua Terra, als „Bumblebee“ oder in blau, und der Omega Constellation Globemaster. Geworden ist es schließlich eine ganz andere Uhr, wie so oft bei diesen „Rennen“. Den Ausschlag für die Rolex Oyster Perpetual (OP) in 39 mm mit blauem Zifferblatt gab die elegante, flache, schlicht perfekte Gehäuseform und die Harmonie des Zifferblattes. Weil der Zyklop diese Harmonie nach meinem Empfinden (zer)stört, habe ich aufs Datum, also auf eine Datejust, verzichtet.

Ich ging kaufentschlossen zu meinem Uhrenhändler, dem ich früher einmal eine Nomos abgekauft hatte und wurde belehrt, dass selbst diese schlichte Oyster nicht in absehbarer Zeit lieferbar sein würde. So habe ich einen Ausflug ins schöne Maastricht unternommen und sie dort bei einem Juwelier, keinem Konzessionär, neu und ein wenig über dem Listenpreis ergattert. Es war seine letzte neue OP, bisher kam keine mehr nach …
Doch meine Liebe zu der eleganten Oyster kühlte rasch ab. Zunächst, weil sie einfach nicht gut am Handgelenk saß. Dabei ist sie doch als „Handgelenksschmeichler“ bekannt! Erst nach drei oder vier Anläufen – das ist mir bei keiner anderen Uhr passiert – saß sie dann aber doch perfekt. Aber: war sie nicht doch zu schlicht, nur ein „Einsteigermodell“? Fehlte nicht doch das Datum? Hätte ich besser die Aqua Terra gekauft? Ich war lange nicht ganz von der Oyster überzeugt. Als ich dann überraschend meine lang erträumte Rolex, eine blaue Milgauss, also eine „fettere Auster“, auf dem Marktplatz fand und kaufte (eigentlich tauschte, aber das ist eine andere Geschichte), war klar: Zwei Austern braucht der Mann nicht und die OP kann gehen. Sie stand ein paar Wochen lang auf unserem Marktplatz und wurde nur noch selten getragen.

Zum Glück läuft der Markt derzeit – wohl krisenbedingt – schleppend und niemand kaufte mir die Uhr ab. Denn während dieser Zeit entdeckte ich, dass meine beiden Oysters sich doch prima ergänzen. Die kleine ist maximal bequem zu tragen und in ihren Abmessungen und ihrem Gewicht höchst komfortabel, die größere Milgauss dagegen ist (m)ein Herz zerreisendes Schmuckstück, zwar nicht unbequem, aber doch viel präsenter. Sie ist auch für manche Gelegenheiten einfach „too much“. Zudem wurde die beste aller Freundinnen nicht müde, mir zu versichern, dass keine meiner Uhren in Abmessung und Farben besser zu mir passt, als die kleine Oyster. So schwand die Verkaufsabsicht (und mein Uhrenbudget) dahin, schließlich nahm ich die Uhr vom Marktplatz und trage sie seither oft.
Die moderne Perpetual Oyster ist, hier stimmen Werbung und Wirklichkeit völlig überein, die „Quintessenz der Oyster“. Ihre Vorfahren gibt es seit fast 95 Jahren, 1927 schwamm Mercedes Gleitzke zehn Stunden mit einer Oyster am Arm durch den Ärmelkanal, seit 1931 gibt es sie mit dem Zusatz „Perpetual“, also mit automatischem Aufzug und 1953 bezwangen Edmund Hillary und Tenzing Norgay mit ihr den Mount Everest. Die moderne Variante dieser geschichtsträchtigen Uhr ist heute die „Rolex Oyster Perpetual“ ohne weiteren Namenszusatz. Eben wegen dieser edlen Ahnenreihe finde ich das Wort „Einsteigermodell“ dafür unpassend, denn dieses Modell trägt alle wesentlichen Merkmale einer guten Rolex und es gibt durchaus Gründe, sich damit zu bescheiden: Die Eleganz durch die Reduktion aufs Wesentliche, die smarten Abmessungen, das geringe Gewicht. Sie stellt für mich die Goldene Mitte von sportlich und dressig dar: eine Punktlandung! „Reduced to the Max“, wie ein anderer Werbespruch (von Smart) lautet.

Allerdings trägt Rolex an der Kategorisierung „Einsteiger“ selbst etwas Schuld. Das ist mein einziger Kritikpunkt an der Oyster: die Schließe des Oysterbandes ist für diese Preisklasse einfach zu „billig“. Die Fertigungstoleranz scheint zu groß zu sein, einige (oder gar alle?) klackern, wenn man mit der Schließe weich anstößt und die OP hat nicht einmal den simplen „Easylink“, mit dem man das Band um 5 mm schnellverstellen kann. Kennt man einen gutwilligen Rolexhändler, kann man eventuell den Easylink nachrüsten, aber offiziell ist das nicht möglich. Ich finde es schade, dass man die „Quintessenz der Oyster“ durch eine solche, wohl marketingbedingte, Sparmaßnahme etwas herabwürdigt. Zumal eine schnelle Feinverstellung auch wegen der großen Bandglieder angeraten wäre. Aber mit diesem Mangel steht Rolex nicht alleine da.
Die Verarbeitung des Gehäuses, des Bandes und des Zifferblatts dagegen sind untadelig. Das Uhrwerk, Kaliber 3132, steht sogar jenseits der Kritik: es ist ausdauernd, belastbar und hochpräzise. Uhrmacher singen Loblieder auf seine gute Wartbarkeit. Meine Oyster, wie auch die mit fast gleichem Werk, 3131, ausgestattete Milgauss, muss ich praktisch nie stellen, in meinem derzeitigen Tragemix (Handgelenk, Ruhe, Beweger) laufen beide stets ±2 sec.

Ich habe mir die OP mit dem blauen Zifferblatt und den grünen Akzenten ausgesucht. Das sind meine Farben! Durch den Kauf der Speedy Pro hatte ich gelernt, dass ich monochrom nicht mehr mag, diese Vorliebe liegt hinter mir und die Speedy hatte ich alsbald gegen eine buntere Racing-Variante ausgetauscht. Die Rolex OP39 gibt es seit 2015 live und in Farbe. Sie wird seither neben blau/grün auch mit einem anthrazitfarbenen Blatt („Dark Rhodium“) mit blauen sowie in „Red Grape“ (rötlich-pflaumenfarben) mit roten Akzenten angeboten. Letztgenannte Variante gefällt mir auch ungemein gut. Seit 2018 gibt es die OP39 auch mit weißem sowie schwarzem Zifferblatt. Diese beiden Ausführungen haben ausschließlich große, sämtlich mit Lumen belegte Indizes und verzichten auf die Farbtupfer. Das mag man, je nach Geschmack, als eleganter oder langweiliger empfinden.
Zum Schluss noch eine Hommage an das Schwestermodell der OP39, die Explorer (I). Sie hat das gleiche Werk, das gleiche Gehäuse (mit flacher Lünette) und das gleiche Band, allerdings mit einer besseren Schließe dank Easylink und zusätzlicher Sicherung. Der Unterschied, der ins Auge sticht, ist das völlig anders gestaltete Zifferblatt mit drei Ziffern und dem Mercedeszeiger. Ich finde auch diese Variante der OP wunderschön und dann empfehlenswert, wenn man den sportlichen Aspekt stärker betonen möchte.

Aussteigen aus meiner Vorstellung möchte ich mit dem akustischen Highlight der OP, das wohl auch für andere Rolex 31xx-Werke gilt: Das Ticken! Es tickt dezent und weich, ergänzt durch einen an- und abschwellenden „Glöckchenton“. Mir hilft es manchmal beim Einschlafen, denn ich „vergesse“ zuweilen, diese schöne und bequeme Uhr vor dem Zubettgehen abzulegen



Technische Daten:
Durchmesser Gehäuse: 39 mm, Horn-zu-Horn: 47,3 mm, Höhe: 11,4 mm, Gewicht mit komplettem Band: 132 g
Material des Gehäuses: Edelstahl, Saphirglas
Band: Oysterband, Oysterschließe ohne Easylink
Wasserdichtigkeit: 10 bar (100 m), verschraubte Krone
Kaliber des Werkes: 3132 (Chronometer mit Automatikaufzug, Handaufzug möglich), 48 Stunden Gangreserve
Breite der Bandanstöße: 20 mm
Leuchtmasse auf den Stunden- und Minutenzeiger sowie auf 3, 6 und 9 Uhr
Gangabweichung bei mir im Tragemix: praktisch keine

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