
Boston72
Themenstarter
Es ist der 1. September 1987 und ich trete meine, mir aufgezwungene, Lehre als Kfz Elektriker an.
Um da hin zu kommen bin ich knapp zwei Stunden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs.
Erst mit dem Regionalzug nach Wien dann mit Schnellbahn, U-Bahn und BIM (Straßenbahn).
So beginnt eine 35 Jahre dauernde Reise zum Heiligen Gral.
In diesen Verkehrsmitteln liegt eine gratis Zeitschrift mit dem Namen Vor-Magazin auf. Darin findet sich damals in JEDER Ausgabe eine Doppelseitige Werbung von Breitling, genauer dem Navitimer.
Uhren haben mich ja schon immer interessiert, aber das war einfach das schönste das ich je gesehen hatte.
Ich verbrachte Stunden damit mir diese Uhr anzusehen.
In der U-Bahn Haltestelle prangten große Plakate mit der selben Werbung.
Ich stellte mich jedes Mal direkt gegenüber eines solchen Plakates hin.
Der Navitimer zog mich mehr und mehr in seinen Bann. Mir wurde bald klar das ich so eine Uhr haben muss.
Natürlich hatte ich keine Ahnung was die kostet. Darum fuhr ich bald ins Donauzentrum, ein großes Shoppingcenter, dort hoffte ich ein Geschäft zu finden das mir den Navitimer verkauft. Schnell wurde ich fündig. Ich hatte mein erstes Lehrlingsgehalt bekommen 1.360 Schilling, davon musste ich um 550 Schilling die Monatskarte kaufen, Zigaretten und natürlich wollte ich am Wochenende auch weggehen.
Ich stand also vor dem Laden, rechts vom Eingang war der Breitling Bereich, mittendrin war er, der Navitimer, ein Traum, schöner als auf den Plakaten. Wie er da stand und funkelte, ich war wie hypnotisiert. Dann sah ich das Preisschild, 46.000 Schilling, ich hatte keine Ahnung das eine Uhr so viel Geld kosten kann.
46.000 Schilling, also unerreichbar für mich mit meinen paar Schilling.
So stand ich fasziniert und deprimiert noch ewig vor dem Schaufenster, das dünne Glas war alles was mich davon trennte und doch war er unerreichbar.
Dieses grausame Spiel trieb ich in der nächsten Zeit immer wieder. Und mit jedem Monat wurde mir klarer das ich mir den Traum wohl nie erfüllen kann.
Eines Tages, ich stand wieder einmal vor dem Schaufenster und überlegte wie ich das anstellen könnte mir die Uhr leisten zu können, kam ein Verkäufer raus und sprach mich an. Ich konnte kaum reden so nervös war ich. Er fragte was mich so fasziniert, er sieht mich jede Woche hier stehen.
Ich habe ihm das ganze erklärt und ihm gestanden das es ein unerreichbarer Traum bleiben wird.
Er war wirklich nett und verständnisvoll, er meinte ich soll nicht aufgeben irgendwann wird es soweit sein.
Die Jahre vergingen, Führerschein, Auto und so weiter verschlangen mein Geld.
Trotzdem stand ich immer wieder vor dem Schaufenster, es waren natürlich immer andere Modelle, aber trotzdem war der Navitimer im Zentrum.
Als ich dann älter wurde und mehr Geld verdiente kam Wohnung und Familie dazu, aber ich konnte mir schon hin und wieder eine Uhr leisten oder Schmuck für meine Frau.
Egal was, ich kaufte immer alles in dem Laden.
Der Verkäufer war mittlerweile Geschäftsführer und wir hatten schon ein sehr vertrautes Verhältnis.
2002 war es dann soweit und ich kaufte meine erste Luxusuhr, eine Breitling (was sonst) Superocean II.
Mit dem Geschäftsführer plauderte ich wie immer bei Kaffee über Uhren.
Da meinte er, das er sich von seinem Navitimer trennt da er das neue Modell kauft. Ich wurde hellhörig.
Er bot mir seinen zu einem sehr guten Preis an.
Ich hatte aber gerade erst die Superocean gekauft.
Er meinte aber das es sowieso noch ein paar Monate dauert und er meldet sich.
Wirklich wahr, acht Monate später kam der Anruf.
Wir machten ein Treffen am kommenden Samstag im Laden aus.
Ich fieberte dem Tag entgegen und war bestimmt eine Stunde zu früh dort, egal.
Ich wartete und wartete aber er kam nicht.
Telefonisch war er nicht erreichbar, seltsam.
Nach einer Weile fragte ich im Geschäft nach, dort hieß es nur er ist krank.
Ich habe das ganze abgehakt, seltsam aber OK, was soll’s
Einige Wochen später kam dann doch noch der Anruf von seiner Seite.
Er bat mich um ein Treffen.
Bei dem Treffen erzählte er was passiert war. Er wurde in seiner Wohnung überfallen, seine Familie bedroht und er schwer verletzt. Die Verbrechen hatten es ausschließlich auf seine Uhrensammlung abgesehen, sie verlangten alle Uhren mit sämtlichen Papieren und Zubehör.
Er hatte alles in der Wohnung. Die Sammlung war zwar großteils im Safe, aber wenn Frau und Tochter bedroht werden ist das alles nebensächlich.
Ich war echt schockiert. Er hat die Wohnung und den Job gewechselt, Uhren waren kein Thema mehr für ihn.
Natürlich war da sogar der Navitimer nebensächlich.
Er bot mir aber an in der Filiale ein gutes Wort einzulegen. Ich hatte aber zwischenzeitlich eine Chronoswiss Timemaster gekauft.
Also blieb der Traum weiter nur ein Traum.
So vergingen dann die Jahre, Uhren kamen und gingen aber es war nie genug Geld in der Kasse für den Navitimer.
Durch geänderte Lebensumstände habe ich zeitweilig das Interesse an Uhren verloren.
Als es dann wieder aufflammte war sofort wieder der Wunsch nach dem Navitimer da.
Aber er blieb weiter nur ein Traum.
Er lag einfach preislich außer Reichweite.
Ich hatte auch die Befürchtung das ich ihn nicht tragen werde, daher war mir das einfach Zuviel Geld.
Ich dachte das er einfach nur ein Traum bleibt bis irgendwann das Geld dafür übrig ist.
Jetzt kommen wir in den Herbst 2022. Ein, mittlerweile, Freund aus dem Langträger Thread bot mir seinen Navitimer, in genau der Ausführung an die ich will, an.
Das Angebot konnte und wollte ich erst nicht annehmen, aber was soll ich noch viel erzählen, er ist bei mir.
Ich war beim auspacken richtig nervös, ihr könnt euch das wahrscheinlich vorstellen.
Dann hatte ich ihn zum ersten Mal am Arm.
Stellt euch vor ich habe 35 Jahre auf diesen Moment gewartet und dann, nichts. Eine Uhr eben, seltsam anzusehen und eigentlich auch gar nicht schön.
Nein, Blödsinn es war genau so wie erwartet, nein erträumt. Ich war gedanklich sofort wieder in den 80ern.
Und ich trage ihn, seit er hier ist 24/7, außer bei der Arbeit, da kommt weiterhin DIE CASIO, ans Handgelenk.
Natürlich passe ich weit mehr auf als sonst.
Natürlich sehe ich viel öfter auf die Uhr als sonst.
Jedesmal mache ich eine kleine Zeitreise und denke auch an meinen Freund.
Ich kann ihm gar nicht genug danken.
Er hat mir wirklich selbstlos MEINE Uhr überlassen.
Über den Navitimer selbst könnte man seitenweise erzählen. Die meisten hier kennen wahrscheinlich diese Uhr.
Meine ist aus 2021, 43mm Durchmesser, schwarzes Zifferblatt und weiße Totalisatoren.
Das Breitlingtypische unsichtbare Saphirglas und die frei drehbare Rechenschieberlünette.
Die ganzen Funktionen werde ich weder verstehen, noch brauchen oder je benutzen. Aber sie verleihen ihm das typische Aussehen.
Das Automatikwerk kann man durch den Glasboden betrachten, gut den brauche ich nicht, aber ok er ist eben da.
Ich trage ihn im Alltag wirklich ständig und verliere langsam die Angst, er könnte kaputtgehen. Er macht alles mit.
Natürlich ist er durch die vielen Zahlen, Zeiger und so weiter nicht so schnell ablesbar wie meine Marinemaster.
Aber das ist auch das schöne daran, der Blick verweilt länger als erwartet und dadurch gibt es eine kleine Auszeit beim ablesen.
Meistens ertappe ich mich dabei, länger draufzusehen als es sein müsste.
Momentan trage ich ihn am Canvas da ich kein Leder trage und mir das Stahlband zu teuer ist. Ich werde trotzdem nach einem Ausschau halten, vielleicht taucht ja irgendwann ein gebrauchtes auf.
Der Navitimer ist auf alle Fälle unverkäuflich, der bleibt bei mir und dann wird er vererbt.
So nun lasse ich es langsam gut sein.
Ein paar Daten müssen noch sein.
Edelstahl Gehäuse in 43mm.
Totalisatoren auf 3, 6 und 9.
Kaliber B01.
Anstoß 22mm.
Saphirglas oben wie unten.
Unverkennbare Optik.

















Um da hin zu kommen bin ich knapp zwei Stunden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs.
Erst mit dem Regionalzug nach Wien dann mit Schnellbahn, U-Bahn und BIM (Straßenbahn).
So beginnt eine 35 Jahre dauernde Reise zum Heiligen Gral.
In diesen Verkehrsmitteln liegt eine gratis Zeitschrift mit dem Namen Vor-Magazin auf. Darin findet sich damals in JEDER Ausgabe eine Doppelseitige Werbung von Breitling, genauer dem Navitimer.
Uhren haben mich ja schon immer interessiert, aber das war einfach das schönste das ich je gesehen hatte.
Ich verbrachte Stunden damit mir diese Uhr anzusehen.
In der U-Bahn Haltestelle prangten große Plakate mit der selben Werbung.
Ich stellte mich jedes Mal direkt gegenüber eines solchen Plakates hin.
Der Navitimer zog mich mehr und mehr in seinen Bann. Mir wurde bald klar das ich so eine Uhr haben muss.
Natürlich hatte ich keine Ahnung was die kostet. Darum fuhr ich bald ins Donauzentrum, ein großes Shoppingcenter, dort hoffte ich ein Geschäft zu finden das mir den Navitimer verkauft. Schnell wurde ich fündig. Ich hatte mein erstes Lehrlingsgehalt bekommen 1.360 Schilling, davon musste ich um 550 Schilling die Monatskarte kaufen, Zigaretten und natürlich wollte ich am Wochenende auch weggehen.
Ich stand also vor dem Laden, rechts vom Eingang war der Breitling Bereich, mittendrin war er, der Navitimer, ein Traum, schöner als auf den Plakaten. Wie er da stand und funkelte, ich war wie hypnotisiert. Dann sah ich das Preisschild, 46.000 Schilling, ich hatte keine Ahnung das eine Uhr so viel Geld kosten kann.
46.000 Schilling, also unerreichbar für mich mit meinen paar Schilling.
So stand ich fasziniert und deprimiert noch ewig vor dem Schaufenster, das dünne Glas war alles was mich davon trennte und doch war er unerreichbar.
Dieses grausame Spiel trieb ich in der nächsten Zeit immer wieder. Und mit jedem Monat wurde mir klarer das ich mir den Traum wohl nie erfüllen kann.
Eines Tages, ich stand wieder einmal vor dem Schaufenster und überlegte wie ich das anstellen könnte mir die Uhr leisten zu können, kam ein Verkäufer raus und sprach mich an. Ich konnte kaum reden so nervös war ich. Er fragte was mich so fasziniert, er sieht mich jede Woche hier stehen.
Ich habe ihm das ganze erklärt und ihm gestanden das es ein unerreichbarer Traum bleiben wird.
Er war wirklich nett und verständnisvoll, er meinte ich soll nicht aufgeben irgendwann wird es soweit sein.
Die Jahre vergingen, Führerschein, Auto und so weiter verschlangen mein Geld.
Trotzdem stand ich immer wieder vor dem Schaufenster, es waren natürlich immer andere Modelle, aber trotzdem war der Navitimer im Zentrum.
Als ich dann älter wurde und mehr Geld verdiente kam Wohnung und Familie dazu, aber ich konnte mir schon hin und wieder eine Uhr leisten oder Schmuck für meine Frau.
Egal was, ich kaufte immer alles in dem Laden.
Der Verkäufer war mittlerweile Geschäftsführer und wir hatten schon ein sehr vertrautes Verhältnis.
2002 war es dann soweit und ich kaufte meine erste Luxusuhr, eine Breitling (was sonst) Superocean II.
Mit dem Geschäftsführer plauderte ich wie immer bei Kaffee über Uhren.
Da meinte er, das er sich von seinem Navitimer trennt da er das neue Modell kauft. Ich wurde hellhörig.
Er bot mir seinen zu einem sehr guten Preis an.
Ich hatte aber gerade erst die Superocean gekauft.
Er meinte aber das es sowieso noch ein paar Monate dauert und er meldet sich.
Wirklich wahr, acht Monate später kam der Anruf.
Wir machten ein Treffen am kommenden Samstag im Laden aus.
Ich fieberte dem Tag entgegen und war bestimmt eine Stunde zu früh dort, egal.
Ich wartete und wartete aber er kam nicht.
Telefonisch war er nicht erreichbar, seltsam.
Nach einer Weile fragte ich im Geschäft nach, dort hieß es nur er ist krank.
Ich habe das ganze abgehakt, seltsam aber OK, was soll’s
Einige Wochen später kam dann doch noch der Anruf von seiner Seite.
Er bat mich um ein Treffen.
Bei dem Treffen erzählte er was passiert war. Er wurde in seiner Wohnung überfallen, seine Familie bedroht und er schwer verletzt. Die Verbrechen hatten es ausschließlich auf seine Uhrensammlung abgesehen, sie verlangten alle Uhren mit sämtlichen Papieren und Zubehör.
Er hatte alles in der Wohnung. Die Sammlung war zwar großteils im Safe, aber wenn Frau und Tochter bedroht werden ist das alles nebensächlich.
Ich war echt schockiert. Er hat die Wohnung und den Job gewechselt, Uhren waren kein Thema mehr für ihn.
Natürlich war da sogar der Navitimer nebensächlich.
Er bot mir aber an in der Filiale ein gutes Wort einzulegen. Ich hatte aber zwischenzeitlich eine Chronoswiss Timemaster gekauft.
Also blieb der Traum weiter nur ein Traum.
So vergingen dann die Jahre, Uhren kamen und gingen aber es war nie genug Geld in der Kasse für den Navitimer.
Durch geänderte Lebensumstände habe ich zeitweilig das Interesse an Uhren verloren.
Als es dann wieder aufflammte war sofort wieder der Wunsch nach dem Navitimer da.
Aber er blieb weiter nur ein Traum.
Er lag einfach preislich außer Reichweite.
Ich hatte auch die Befürchtung das ich ihn nicht tragen werde, daher war mir das einfach Zuviel Geld.
Ich dachte das er einfach nur ein Traum bleibt bis irgendwann das Geld dafür übrig ist.
Jetzt kommen wir in den Herbst 2022. Ein, mittlerweile, Freund aus dem Langträger Thread bot mir seinen Navitimer, in genau der Ausführung an die ich will, an.
Das Angebot konnte und wollte ich erst nicht annehmen, aber was soll ich noch viel erzählen, er ist bei mir.
Ich war beim auspacken richtig nervös, ihr könnt euch das wahrscheinlich vorstellen.
Dann hatte ich ihn zum ersten Mal am Arm.
Stellt euch vor ich habe 35 Jahre auf diesen Moment gewartet und dann, nichts. Eine Uhr eben, seltsam anzusehen und eigentlich auch gar nicht schön.
Nein, Blödsinn es war genau so wie erwartet, nein erträumt. Ich war gedanklich sofort wieder in den 80ern.
Und ich trage ihn, seit er hier ist 24/7, außer bei der Arbeit, da kommt weiterhin DIE CASIO, ans Handgelenk.
Natürlich passe ich weit mehr auf als sonst.
Natürlich sehe ich viel öfter auf die Uhr als sonst.
Jedesmal mache ich eine kleine Zeitreise und denke auch an meinen Freund.
Ich kann ihm gar nicht genug danken.
Er hat mir wirklich selbstlos MEINE Uhr überlassen.
Über den Navitimer selbst könnte man seitenweise erzählen. Die meisten hier kennen wahrscheinlich diese Uhr.
Meine ist aus 2021, 43mm Durchmesser, schwarzes Zifferblatt und weiße Totalisatoren.
Das Breitlingtypische unsichtbare Saphirglas und die frei drehbare Rechenschieberlünette.
Die ganzen Funktionen werde ich weder verstehen, noch brauchen oder je benutzen. Aber sie verleihen ihm das typische Aussehen.
Das Automatikwerk kann man durch den Glasboden betrachten, gut den brauche ich nicht, aber ok er ist eben da.
Ich trage ihn im Alltag wirklich ständig und verliere langsam die Angst, er könnte kaputtgehen. Er macht alles mit.
Natürlich ist er durch die vielen Zahlen, Zeiger und so weiter nicht so schnell ablesbar wie meine Marinemaster.
Aber das ist auch das schöne daran, der Blick verweilt länger als erwartet und dadurch gibt es eine kleine Auszeit beim ablesen.
Meistens ertappe ich mich dabei, länger draufzusehen als es sein müsste.
Momentan trage ich ihn am Canvas da ich kein Leder trage und mir das Stahlband zu teuer ist. Ich werde trotzdem nach einem Ausschau halten, vielleicht taucht ja irgendwann ein gebrauchtes auf.
Der Navitimer ist auf alle Fälle unverkäuflich, der bleibt bei mir und dann wird er vererbt.
So nun lasse ich es langsam gut sein.
Ein paar Daten müssen noch sein.
Edelstahl Gehäuse in 43mm.
Totalisatoren auf 3, 6 und 9.
Kaliber B01.
Anstoß 22mm.
Saphirglas oben wie unten.
Unverkennbare Optik.
















