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Hallo zusammen,
nach den schönen Navitimer-Vorstellungen anderer Foristen diese Woche möchte auch ich meinen Navitimer vorstellen – gleichzeitig ist dies meine erste Uhrenvorstellung.
Für den einen ist der Navitimer eine überladen wirkende, schlecht ablesbare Armbanduhr, für den anderen eine Augenweide. Für wieder andere vielleicht etwas dazwischen. Ich gehöre klar zur zweiten Fraktion.
Als Breitling den neuen Navitimer 01 mit Manufaktur-Werk B01 zur Baselworld 2014 vorstellte, hatte ich meine (damalige und heutige) Traumuhr gefunden. Ich verbrachte ungefähr ein Jahr damit, hier und dort zu schauen, mehrmals die 43er und die 46er-Variante anzuprobieren und entschied mich dann schlussendlich für die 46er-Variante. Tragen konnte ich beide Varianten, aber der Glasboden mit Blick auf das Werk hatten es mir angetan. Also – die 46er-Variante war’s.
Hätte mir mal der Glasboden nicht so schöne Augen gemacht... Der eine oder andere kennt das vielleicht – hinterher ist man immer schlauer... Die 46er-Variante empfand ich nach ein paar Wochen als zu groß für mich. Ich beruhigte mich damit, dass Fliegeruhren größer sein dürfen als andere Arten von Uhren, dass das Werk so toll anzusehen ist und legte die Uhr erstmal in die Box zurück. Über die nächsten knapp 18 Monate nahm ich sie ab und zu mal wieder heraus, in der Hoffnung, dass ich die Größe jetzt prima finden würde. Leider Fehlanzeige... Ok, also eingestehen, dass es damals wohl nicht die richtige Entscheidung war und so musste ein neues Zuhause für meinen Navitimer gefunden werden.
Das Navitimer-Fieber war aber mit dem Verkauf nicht erloschen – die 43er Variante war das Mittel der Wahl, um das Fieber zu senken. Zunächst sicherheitshalber mehrfach über einige Zeit anprobiert und schließlich rezeptfrei erworben. Die Uhr dann ausgepackt, in den Händen gehalten, angelegt und das Gefühl gehabt, dass diese Größe stimmig für mich ist und bleiben wird. Eine Faltschließe habe ich mir aus Bequemlichkeitsgründen gegönnt, obwohl ja eine Dornschließe näher am ursprünglichen Modell liegt.
Was mir am Navitimer besonders gut gefällt, sind zwei Dinge – zunächst der Kontrast zwischen dem Weißton der Totalisatoren und des äußeren Drehrings sowie dem Schwarz des Ziffernblattes und des Lederbandes. Zusätzlich fasziniert mich die Rechenskala. Besonders gereizt hat mich, nicht nur zu verstehen, wie man damit rechnen kann (dazu gibt es ja eine Menge Anleitungen); ich wollte gerne auch verstehen, warum das Rechnen so funktioniert, wie es funktioniert und mehr darüber erfahren wo die historischen Wurzeln liegen. Vielleicht findet ja der eine oder andere das Thema spannend – wenn nicht, auch nicht tragisch
. Die Quellen, aus denen ich die Infos habe, sind am Ende angegeben. Hinter den Namen der „Protagonisten“ sind in Klammern Geburts- und Sterbejahr angegeben.
Die Ausgangsfrage ist also: Woher kommt die Rechenskala? Also dann mal los...
Schauen wir uns einmal die Tabelle unten mit den zwei Skalen G und A an. Diese Tabelle kann dazu verwendet werden, Produkte von Zahlen auf der G-Skala mit Hilfe von Addition der Zahlen auf der A-Skala zu berechnen. Und das ist genau das Prinzip, das auch beim Navitimer verwendet wird – Multiplikation auf Addition zurückzuführen. Das ist vielleicht an diesem Punkt noch nicht so klar, wird es aber hoffentlich später werden.
Soll beispielsweise das Produkt der Zahlen 8 und 32 berechnet werden, sucht man diese zunächst auf der G-Skala. Dann liest man die darunterliegenden Zahlen auf der A-Skala ab. Dies sind die Zahlen 3 und 5. Diese werden nun addiert; das Ergebnis ist 8. Zur 8 auf der A-Skala gehört die Zahl 256 auf der G-Skala.

Ist ja nichts wirklich besonderes werden einige jetzt vielleicht denken, denn es ist ja 8*32=2^3 * 2^5 = 2^(3+5) = 2^8 = 256 und die Skala G enthält gerade die Zweierpotenzen zu den Zahlen auf der A-Skala. Heute ist das auch sicherlich nichts Besonderes mehr; im fünfzehnten Jahrhundert, also „kurz“ vor Erfindung von Taschenrechnern und Smartphone, gab es die Mathematik, so wie wir sie heute kennen, jedoch noch nicht. Die Potenzrechnung war gerade im Entstehen und der obige Zusammenhang eine wichtige Entdeckung. Das Hauptwerk seines Entdeckers Nicolas Chuquet (1445-1488) wird jedoch erst ca. 400 Jahre später veröffentlicht. Somit stand die Entdeckung seinen Zeitgenossen noch nicht zur Verfügung. Gut 100 Jahre später dann entdeckt der evangelische Prister und Mathematiker Michael Stifel (1487-1567) den gleichen Zusammenhang (noch einmal) und veröffentlicht ihn 1544 in seinem Buch Arithmetica integra. Wer Latein kann - das Buch steht bei Google Books zur Verfügung.
Warum war der oben beschriebene Zusammenhang eine „wichtige“ Entdeckung? Er erlaubte es, die relativ aufwändige Rechenoperation Multiplikation auf die einfache Operation Addition zurückzuführen, wenn eine entsprechende Tabelle vorlag. Diese musste zwar mit einigem Aufwand erstellt werden, aber konnte dann wiederverwendet werden.
Wirklich nutzbar war der von Stifel gefundene Zusammenhang aber zum Zeitpunkt der Entdeckung noch nicht. Es gab zwei Probleme: Zum einen benötigt man lange Skalen, um große Multiplikationen durchzuführen. Zum anderen, und das ist viel problematischer, werden die Lücken zwischen zwei Zahlen auf der G-Skala immer größer, da ja der Nachfolger einer Zahl auf der G-Skala das Doppelte dieser Zahl ist. So lässt sich beispielsweise 63*547 mit Hilfe der Tabelle oben nicht berechnen. Für damalige praktische rechenintensive Anwendungen, z.B. in der Astronomie oder Nautik ist das Verfahren in dieser Form also nicht wirklich hilfreich.
Dies fiel auch dem schottischen Mathematiker John Napier (1550-1617) auf. Er entwickelte ein Verfahren, mit dem es möglich war, das Produkt zweier Zahlen a und b zu berechnen, wenn man ihre sog. Napier-Logarithmen kannte. Dazu ermittelte man zunächst mit Hilfe einer von Napier mühsam berechneten Tabelle die Napier-Logarithmen der beiden Zahlen, addierte diese, zog den Napier-Logarithmus der Zahl 1 ab und erhielt so zunächst den Napier-Logarithmus der Zahl a*b. Diesen konnte man dann wieder in der Tabelle nachschlagen und erhielt so a*b. Vergleichen mit dem bis dahin in der Rechenpraxis gängigen Verfahren zur Produktberechnung mit Hilfe spezieller mathematischer Sätze über den Kosinus („Additionstheoreme“) stellte Napiers Verfahren eine Vereinfachung dar.
Die Bezeichnung „Logarithmus“ (griechisch „Verhältniszahl“) geht dabei auf Napiers Beobachtung zurück, dass sich die Differenz zweier seiner Napier-Logarithmen als Quotient x/y zweier Zahlen x und y ausdrücken lässt.
Neben Napier entdeckte auch der Schweizer Mathematiker und Uhrmacher Jost Bürgi (1552-1632) die Logarithmen – das wohl schon vor Napier und unabhängig von ihm. Da er seine Arbeiten allerdings erst ein paar Jahr nach Napier veröffentlicht, gilt Napier als der Erfinder der Logarithmen.
Was bei der Berechnung des Produktes zweier Zahlen mit Hilfe der Napier-Logarithmen störend war, war die Notwendigkeit, immer den Napier-Logarithmus von 1 zur Summe der Napier-Logarithmen der beiden zu multiplizierenden Faktoren hinzuaddieren zu müssen. Da wäre es schön, wenn der Napier-Logarithmus von 1 gerade 0 wäre, dann könnte man ihn einfach vergessen... So, oder so ähnlich dachte es sich vielleicht auch der englische Mathematiker Henry Briggs (1556-1630). Er so begeistert von den Arbeiten Napiers, dass er ihn sogar besuchte. Beide wohnten (nach heutigen Maßstäben) nicht weit auseinander; Napier in Edinburgh und Briggs in London. Per Flugzeug ist die Strecke heute in unter 90 Minuten zu schaffen; damals war eine viertägige Reise mit der Kutsche notwendig. Briggs muss also sehr großes Interesse gehabt haben. Bei seinem Besuch schlug er Napier vor, seinen Logarithmus so zu konstruieren, dass der Logarithmus von 1 den Wert 0 ergäbe, der Logarithmus von 10 den Wert 1 ergäbe, der von 100 den Wert 2, usw.
In den Worten der heutigen Mathematik ausgedrückt, fand Briggs den „dekadischen Logarithmus“, also den Logarithmus zur Basis 10. Nach heutiger Lesart ist der dekadische Logarithmus einer positiven Zahl x gerade diejenige Zahl y , für die x = 10^y gilt. Anders formuliert: zu einer gegebenen positiven Zahl x gibt der dekadische Logarithmus an, wie häufig 10 mit sich selbst multipliziert werden muss, damit x herauskommt. Dabei muss diese „Häufigkeit“ keine ganze Zahl sein, sondern kann auch eine Dezimalzahl sein.
In mathematischer Kurzschreibweise wird der dekadische Logarithmus einer Zahl x auch oft als log(x) geschrieben.
Zwei Beispiele dazu:
100 = 10^2, somit ist log(100) = 2
10^(0,7) = 5,01187..., somit ist log(5,01187..) = 0,7
Wenn im Folgenden der Begriff Logarithmus verwendet wird, ist damit immer der dekadische Logarithmus gemeint.
Für den Logarithmus gelten nun unter anderem folgende Zusammenhänge, die Napier und Briggs erkannten:
log(x*y) = log(x) + log(y) und log(x/y) = log(x) - log(y)
Diese beiden „Gesetze“ erlauben es, die Multiplikation bzw. Division zweier Zahlen auf die Addition bzw. Subtraktion ihrer Logarithmen zurückzuführen.
Dazu ein konkretes Beispiel. Man benötigt dazu eine Logarithmen-Tabelle wie unten. Diese gibt in der oberen Zeile eine Zahl und in der unteren den zugehörigen (dekadischen) Logarithmus auf drei Stellen hinter dem Komma an. Berechnet werden soll nun 7*11. Dazu sucht man nun in der Tabelle zur Zahl 7 den Logarithmus: 0,845. Dazu addiert wird der Logarithmus der Zahl 11, also 1,041. Zur Logarithmen-Summe 1,041+0,845=1,886 findet man in der Tabelle nun die zugehörige Zahl 77.
Dividiert werden konnte auch mit Hilfe der Tabelle. Um beispielsweise 77 durch 11 zu teilen, ermittelte man die Logarithmen von 77 und 11: 1,886 und 1,041, zog sie voneinander ab: 1,886-1,041=0,845 und las zum zugehörigen Logarithmus die Zahl 7 als Ergebnis ab.

Briggs/Napier stellten ähnliche Tabellen wie oben auf. Dabei musste jeder einzelne Logarithmus von Hand berechnet werden. Dies geschah mit Hilfe eines Verfahrens, das auf wiederholtem Wurzelziehen basiert. Also etwas mühsam... Aber sie konnten wenigstens die Menge der Zahlen, für die Logarithmen zu berechnen waren, reduzieren. Dazu verwendeten Sie die schon seit Euklid (3. Jh. v. Chr.) bekannte Tatsache, dass jede natürliche Zahl bis auf die Reihenfolge eindeutig als Produkt von Primzahlen darstellbar ist. So reichte es aus, die Logarithmen von Primzahlen zu berechnen; daraus konnten dann die Logarithmen der übrigen Zahlen abgeleitet werden.
Das Rechnen mit Hilfe von Logarithmen wurde 10 Jahre nach Napiers erster Veröffentlichung dann durch Edmund Gunter (1581-1626) wesentlich vereinfacht. Seine Idee war es, eine logarithmische Skala auf einen Stab aufzubringen („Gunterskala“). Dazu wurden die Logarithmen log (x) auf eine metrische Skala für die zugehörigen Argumente x aufgetragen:

Man sieht schön zwei Eigenschaften der Logarithmen. Der Logarithmus des Zehnfachen einer Zahl entsteht, indem man 1 zum Logarithmus der Ausgangszahl addiert. Beispielsweise ist log (20) = 1,301 = log (2) + 1. Weiterhin nimmt die Entfernung zwischen zwei Argumenten kontinuierlich ab. Somit kann auf einer relativ kurzen Skala ein großer Zahlenraum untergebracht werden.
Multiplikationen und Divisionen konnte man nun über die Gunterskala mit Hilfe eines Zirkels einfacher durchführen als mit Hilfe der Briggs/Napier-Tabellen. Das Ganze funktionierte wie folgt: Wollte man beispielsweise die Zahl 4 mit der Zahl 2 multiplizieren, griff man zunächst die Strecke zwischen 1 und 2 mit dem Zirkel ab und verschob ihn dann zur 4. Der zweite Zirkelschenkel zeigte dann auf die 8, dem Ergebnis der Multiplikation.

An diesem Beispiel wird eine Eigenschaft der logarithmischen Skala deutlich, die später zur Berechnung von Dreisätzen verwendet werden konnte: Die Zahl 1 verhält sich zur Zahl 2 (Strecke 1) wie die Zahl 4 zur Zahl 8 (Strecke 2). Noch ein Beispiel dazu:

Die Zahl 2 verhält sich zur Zahl 5 wie die Zahl 8 zur Zahl 20 (denn 5/2 = 20/8).
Eine weitere Vereinfachung des Rechnens mit Logarithmen gelang dem englischen Mathematiker William Oughtred (1574-1660). Vermutlich hatte er sich mit dem Zirkel bei der Durchführung von Rechnungen zu oft selbst verletzt... Er ersetzte im Jahr 1630 den Stechzirkel durch zwei ineinander liegende kreisförmig angeordnete Gunter-Skalen. Die Rechenscheibe, das Prinzip hinter der Rechenskala des Navitimers war erfunden. Zwei Jahre später, 1632, veröffentlichte er dann neben der Rechenscheibe noch eine weitere Idee, zwei Gunter-Skalen zum Rechnen zu verwenden. Dazu legte er zwei auf Stäben abgetragenen Gunter-Skalen übereinander. Somit hatte er eine Art Rechenschieber, die Basis für spätere, weit komplexere Rechenschieber, erfunden. Sein Schüler Richard Delamaine (1590-1645) veröffentlichte übrigens Oughtreds Idee ein Jahr vor Outghtred selbst. Damit war er wohl die längste Zeit sein Schüler gewesen...
Mit Hilfe der zwei Gunter-Skalen konnte nun verletzungsfrei und einfach gearbeitet werden. Wollte man beispielsweise die Zahlen 2 und 4 miteinander multiplizieren, so suchte man zunächst auf der unteren Skala die Zahl 2. Dann richtete man die obere Skala so aus, dass deren 1 genau oberhalb der 2 lag und ging 4 Einheiten auf der oberen Skala nach rechts. Auf der unteren Skala konnte man nun das Ergebnis als 8 ablesen.

Noch ein weiteres Beispiel dazu. Multipliziert werden hier die Zahlen 8 und 5.

In den Beispielen verwende ich der Einfachheit halber horizontal angeordnete Skalen mit den Werten 1 bis 100. Genau genommen reichen jedoch zwei Skalen mit den Zahlen von 1 bis 10 aus, denn die Verhältnisse von Zahlen auf der logarithmischen Skala bleiben ja bei der Multiplikation mit 10 erhalten. Entweder ordnet man dann diese Skalen kreisförmig (wie beim Navitimer) an oder verwendet eine Abwandlung des Konzepts oben. Würde man beispielsweise mit Hilfe von Skalen, die die Zahlen 1 bis 10 enthalten, das Produkt von 80 und 500 berechnen wollen, so geht man genau so vor, wie bei der Multiplikation von 8 mit 5, muss jedoch noch drei Nullen an das Ergebnis 40 anhängen. Die Größenordnung des Ergebnisses muss man also im Auge behalten.
Nun zur Division - diese erfolgt einfach „rückwärts“. Möchte man beispielsweise 60 durch 20 teilen, so richtet man die 20 auf der oberen Skala über der 60 auf der unteren Skala aus, läuft dann auf der oberen Skala nach links bis zur 1 und kann als Ergebnis 3 auf der unteren Skala ablesen.

Auch die Wurzel einer Zahl kann mit Hilfe der Skalen gezogen werden. Dies ist jedoch ein bisschen trickreicher... Angenommen, die Wurzel aus 49 soll gezogen werden. Dazu richtet man die obere Skala so über der unteren Skala aus, dass unter der 1 der oberen Skala die gleiche Zahl steht wie über der 49 auf der unteren Skala. Grafisch vielleicht etwas besser zu sehen, als verbal erklärt:

In den kommenden zwei Jahrhunderten nach der Erfindung Oughtreds erfuhr der Rechenschieber noch einige wesentliche Verbesserungen und Vereinfachungen durch verschiedene Personen. So ersetzte beispielsweise Robert Bissacker 1654 die obere Skala durch eine verschiebbare Zunge und fügte weitere Skalen für weitere Rechenoperationen hinzu. Über die Zeit hinweg entstanden sehr komplexe Rechenschieber für die verschiedensten Anwendungen. Wie das so ist mit sich diversifizierenden Produkten, irgendwann kommt jemand auf die Idee der Standardisierung. Diese wird Amedee Mannheim (1831-1906) zugeschrieben.
In der zweiten Hälft des 19. Jahrhunderts werden dann Rechenwalzen erfunden, die den Rechenschieber in einigen Anwendungsgebieten verdrängten, bis dann schließlich mit der Einführung der Taschenrechner im Jahr 1969 der Rechenschieber in der Breite seine Ablösung fand.
Wie kam die Rechenskala nun auf den Navitimer? Nach watchtime.net beauftragte Willy Breitling um das Jahr 1934 den Mathematiker Marcel Robert damit, eine Rechenscheibe für eine Piloten-Armbanduhr zu entwickeln. Diese sollte neben den mit Hilfe von Logarithmen durchführbaren Rechnungen auch einige weitere Möglichkeiten, wie die Umrechnung von Landmeilen in Seemeilen und Kilometern und eine Tachymeterfunktion bieten. Breitling meldet das Design der Rechenskala 1940 zum Patent and und veröffentlicht 1942 das Modell Chronomat mit der patentierten Rechenskala. Wie im Watchuseek-Forum angegeben, war Breitling wohl allerdings nicht das erste Unternehmen, das eine Uhr mit Rechenscheibe anbot – im Jahr 1941 kam eine andere Firma zuvor. Breitling hatte jedoch offenbar die bessere Reichweite und so wird der erste Einsatz der Rechenscheibe bei Pilotenuhren meist mit Breitling assoziiert.
Auf der Basis des Erfolges des Chronomats entwickelt Breitling dann eine zweite Uhr mit Rechenskalen – den Navitimer. Dieser wird 1952 von Breitling angekündigt und kommt 1954 auf den Markt.
Soweit die Geschichte zu den Wurzeln der Rechenskala auf dem Navitimer. Ich hoffe, ich konnte in mehr oder weniger verständlicher Form erklären, wie das Rechnen mit logarithmischen Skalen funktioniert und den Weg von der Entstehung der Logarithmen bis zum Navitimer einigermaßen gut zusammenfassen.
Mit einem einfachen Rechenschieber wie von Oughtred erfunden sind natürlich noch mehr Berechnungen möglich als ich oben gezeigt habe. Und natürlich könnte man noch viel detaillierter auf viele Aspekte eingehen. Aber diese Vorstellung soll ja kein Buch werden...
Für diejenigen, die statt der von Breitling beigelegten Papp-Rechenscheibe lieber eine „Online-Rechenscheibe“ zum Herumspielen und Ausprobieren verwenden möchten, kann ich die Seite von Dirk Aschoff empfehlen. Er hat unter http://www.dazine.de/Schieber.html eine Rechenscheibe zur Verfügung gestellt. Auch Sinn hat auf seiner Webseite zum Modell 903 eine kleine App, bei der man mit der Rechenskala herumspielen kann während Breitling auf seiner Webseite bislang einige Beispiele in animierter Form anbietet.
Hier die Quellen, die ich verwendet habe (ja, es ist auch Wikipedia dabei...).
Zu Nicolas Chuquet:
http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/history/Biographies/Chuquet.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Nicolas_Chuquet
Zu Michael Stifel:
http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/history/Biographies/Stifel.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Stifel
Zu John Napier:
http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/history/Biographies/Napier.html
https://de.wikipedia.org/wiki/John_Napier
Zu Jost Bürgi:
http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/history/Biographies/Oughtred.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Jost_B%C3%BCrgi
Zu William Oughtred:
http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/history/Biographies/Oughtred.html
https://de.wikipedia.org/wiki/William_Oughtred
Zu den Napier-Logarithmen:
Die Berechnung der Logarithmentafeln durch Napier und Briggs, Tomas Sonar, 2004, http://www.rechenschieber.org/sonar.pdf
Ich finde, ein sehr interessanter Artikel für diejenigen, die sich für die Mathematik hinter der Erfindung der Logarithmen interessieren.
Zu Rechenschiebern:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rechenschieber
Die Infos im Absatz „Wie kam die Rechenskala nun auf den Navitimer?“ sind folgenden Quellen entnommen:
Zur Historie des Chronomats: http://forums.watchuseek.com/f39/breitling-chronomat-short-history-part-1-slide-rule-chronomats-9103.html
Zur Geschichte des Navitimers:
http://forums.watchuseek.com/f39/br...-history-most-famous-breitling-all-25057.html
http://www.watchtime.net/nachrichten/breitling-navitimer/
Nun zur Uhr selbst – hier die technischen Daten
Breitling Navitimer 01
Referenz: AB012012
Werk: B01, 28800 Halbschwingungen
Durchmesser: 43 mm
Höhe: 14,25 mm
Gangreserve: ca 70 Stunden
Vielen Dank für's Reinschauen.
nach den schönen Navitimer-Vorstellungen anderer Foristen diese Woche möchte auch ich meinen Navitimer vorstellen – gleichzeitig ist dies meine erste Uhrenvorstellung.
Für den einen ist der Navitimer eine überladen wirkende, schlecht ablesbare Armbanduhr, für den anderen eine Augenweide. Für wieder andere vielleicht etwas dazwischen. Ich gehöre klar zur zweiten Fraktion.
Als Breitling den neuen Navitimer 01 mit Manufaktur-Werk B01 zur Baselworld 2014 vorstellte, hatte ich meine (damalige und heutige) Traumuhr gefunden. Ich verbrachte ungefähr ein Jahr damit, hier und dort zu schauen, mehrmals die 43er und die 46er-Variante anzuprobieren und entschied mich dann schlussendlich für die 46er-Variante. Tragen konnte ich beide Varianten, aber der Glasboden mit Blick auf das Werk hatten es mir angetan. Also – die 46er-Variante war’s.
Hätte mir mal der Glasboden nicht so schöne Augen gemacht... Der eine oder andere kennt das vielleicht – hinterher ist man immer schlauer... Die 46er-Variante empfand ich nach ein paar Wochen als zu groß für mich. Ich beruhigte mich damit, dass Fliegeruhren größer sein dürfen als andere Arten von Uhren, dass das Werk so toll anzusehen ist und legte die Uhr erstmal in die Box zurück. Über die nächsten knapp 18 Monate nahm ich sie ab und zu mal wieder heraus, in der Hoffnung, dass ich die Größe jetzt prima finden würde. Leider Fehlanzeige... Ok, also eingestehen, dass es damals wohl nicht die richtige Entscheidung war und so musste ein neues Zuhause für meinen Navitimer gefunden werden.
Das Navitimer-Fieber war aber mit dem Verkauf nicht erloschen – die 43er Variante war das Mittel der Wahl, um das Fieber zu senken. Zunächst sicherheitshalber mehrfach über einige Zeit anprobiert und schließlich rezeptfrei erworben. Die Uhr dann ausgepackt, in den Händen gehalten, angelegt und das Gefühl gehabt, dass diese Größe stimmig für mich ist und bleiben wird. Eine Faltschließe habe ich mir aus Bequemlichkeitsgründen gegönnt, obwohl ja eine Dornschließe näher am ursprünglichen Modell liegt.
Was mir am Navitimer besonders gut gefällt, sind zwei Dinge – zunächst der Kontrast zwischen dem Weißton der Totalisatoren und des äußeren Drehrings sowie dem Schwarz des Ziffernblattes und des Lederbandes. Zusätzlich fasziniert mich die Rechenskala. Besonders gereizt hat mich, nicht nur zu verstehen, wie man damit rechnen kann (dazu gibt es ja eine Menge Anleitungen); ich wollte gerne auch verstehen, warum das Rechnen so funktioniert, wie es funktioniert und mehr darüber erfahren wo die historischen Wurzeln liegen. Vielleicht findet ja der eine oder andere das Thema spannend – wenn nicht, auch nicht tragisch

Die Ausgangsfrage ist also: Woher kommt die Rechenskala? Also dann mal los...
Schauen wir uns einmal die Tabelle unten mit den zwei Skalen G und A an. Diese Tabelle kann dazu verwendet werden, Produkte von Zahlen auf der G-Skala mit Hilfe von Addition der Zahlen auf der A-Skala zu berechnen. Und das ist genau das Prinzip, das auch beim Navitimer verwendet wird – Multiplikation auf Addition zurückzuführen. Das ist vielleicht an diesem Punkt noch nicht so klar, wird es aber hoffentlich später werden.
Soll beispielsweise das Produkt der Zahlen 8 und 32 berechnet werden, sucht man diese zunächst auf der G-Skala. Dann liest man die darunterliegenden Zahlen auf der A-Skala ab. Dies sind die Zahlen 3 und 5. Diese werden nun addiert; das Ergebnis ist 8. Zur 8 auf der A-Skala gehört die Zahl 256 auf der G-Skala.

Ist ja nichts wirklich besonderes werden einige jetzt vielleicht denken, denn es ist ja 8*32=2^3 * 2^5 = 2^(3+5) = 2^8 = 256 und die Skala G enthält gerade die Zweierpotenzen zu den Zahlen auf der A-Skala. Heute ist das auch sicherlich nichts Besonderes mehr; im fünfzehnten Jahrhundert, also „kurz“ vor Erfindung von Taschenrechnern und Smartphone, gab es die Mathematik, so wie wir sie heute kennen, jedoch noch nicht. Die Potenzrechnung war gerade im Entstehen und der obige Zusammenhang eine wichtige Entdeckung. Das Hauptwerk seines Entdeckers Nicolas Chuquet (1445-1488) wird jedoch erst ca. 400 Jahre später veröffentlicht. Somit stand die Entdeckung seinen Zeitgenossen noch nicht zur Verfügung. Gut 100 Jahre später dann entdeckt der evangelische Prister und Mathematiker Michael Stifel (1487-1567) den gleichen Zusammenhang (noch einmal) und veröffentlicht ihn 1544 in seinem Buch Arithmetica integra. Wer Latein kann - das Buch steht bei Google Books zur Verfügung.
Warum war der oben beschriebene Zusammenhang eine „wichtige“ Entdeckung? Er erlaubte es, die relativ aufwändige Rechenoperation Multiplikation auf die einfache Operation Addition zurückzuführen, wenn eine entsprechende Tabelle vorlag. Diese musste zwar mit einigem Aufwand erstellt werden, aber konnte dann wiederverwendet werden.
Wirklich nutzbar war der von Stifel gefundene Zusammenhang aber zum Zeitpunkt der Entdeckung noch nicht. Es gab zwei Probleme: Zum einen benötigt man lange Skalen, um große Multiplikationen durchzuführen. Zum anderen, und das ist viel problematischer, werden die Lücken zwischen zwei Zahlen auf der G-Skala immer größer, da ja der Nachfolger einer Zahl auf der G-Skala das Doppelte dieser Zahl ist. So lässt sich beispielsweise 63*547 mit Hilfe der Tabelle oben nicht berechnen. Für damalige praktische rechenintensive Anwendungen, z.B. in der Astronomie oder Nautik ist das Verfahren in dieser Form also nicht wirklich hilfreich.
Dies fiel auch dem schottischen Mathematiker John Napier (1550-1617) auf. Er entwickelte ein Verfahren, mit dem es möglich war, das Produkt zweier Zahlen a und b zu berechnen, wenn man ihre sog. Napier-Logarithmen kannte. Dazu ermittelte man zunächst mit Hilfe einer von Napier mühsam berechneten Tabelle die Napier-Logarithmen der beiden Zahlen, addierte diese, zog den Napier-Logarithmus der Zahl 1 ab und erhielt so zunächst den Napier-Logarithmus der Zahl a*b. Diesen konnte man dann wieder in der Tabelle nachschlagen und erhielt so a*b. Vergleichen mit dem bis dahin in der Rechenpraxis gängigen Verfahren zur Produktberechnung mit Hilfe spezieller mathematischer Sätze über den Kosinus („Additionstheoreme“) stellte Napiers Verfahren eine Vereinfachung dar.
Die Bezeichnung „Logarithmus“ (griechisch „Verhältniszahl“) geht dabei auf Napiers Beobachtung zurück, dass sich die Differenz zweier seiner Napier-Logarithmen als Quotient x/y zweier Zahlen x und y ausdrücken lässt.
Neben Napier entdeckte auch der Schweizer Mathematiker und Uhrmacher Jost Bürgi (1552-1632) die Logarithmen – das wohl schon vor Napier und unabhängig von ihm. Da er seine Arbeiten allerdings erst ein paar Jahr nach Napier veröffentlicht, gilt Napier als der Erfinder der Logarithmen.
Was bei der Berechnung des Produktes zweier Zahlen mit Hilfe der Napier-Logarithmen störend war, war die Notwendigkeit, immer den Napier-Logarithmus von 1 zur Summe der Napier-Logarithmen der beiden zu multiplizierenden Faktoren hinzuaddieren zu müssen. Da wäre es schön, wenn der Napier-Logarithmus von 1 gerade 0 wäre, dann könnte man ihn einfach vergessen... So, oder so ähnlich dachte es sich vielleicht auch der englische Mathematiker Henry Briggs (1556-1630). Er so begeistert von den Arbeiten Napiers, dass er ihn sogar besuchte. Beide wohnten (nach heutigen Maßstäben) nicht weit auseinander; Napier in Edinburgh und Briggs in London. Per Flugzeug ist die Strecke heute in unter 90 Minuten zu schaffen; damals war eine viertägige Reise mit der Kutsche notwendig. Briggs muss also sehr großes Interesse gehabt haben. Bei seinem Besuch schlug er Napier vor, seinen Logarithmus so zu konstruieren, dass der Logarithmus von 1 den Wert 0 ergäbe, der Logarithmus von 10 den Wert 1 ergäbe, der von 100 den Wert 2, usw.
In den Worten der heutigen Mathematik ausgedrückt, fand Briggs den „dekadischen Logarithmus“, also den Logarithmus zur Basis 10. Nach heutiger Lesart ist der dekadische Logarithmus einer positiven Zahl x gerade diejenige Zahl y , für die x = 10^y gilt. Anders formuliert: zu einer gegebenen positiven Zahl x gibt der dekadische Logarithmus an, wie häufig 10 mit sich selbst multipliziert werden muss, damit x herauskommt. Dabei muss diese „Häufigkeit“ keine ganze Zahl sein, sondern kann auch eine Dezimalzahl sein.
In mathematischer Kurzschreibweise wird der dekadische Logarithmus einer Zahl x auch oft als log(x) geschrieben.
Zwei Beispiele dazu:
100 = 10^2, somit ist log(100) = 2
10^(0,7) = 5,01187..., somit ist log(5,01187..) = 0,7
Wenn im Folgenden der Begriff Logarithmus verwendet wird, ist damit immer der dekadische Logarithmus gemeint.
Für den Logarithmus gelten nun unter anderem folgende Zusammenhänge, die Napier und Briggs erkannten:
log(x*y) = log(x) + log(y) und log(x/y) = log(x) - log(y)
Diese beiden „Gesetze“ erlauben es, die Multiplikation bzw. Division zweier Zahlen auf die Addition bzw. Subtraktion ihrer Logarithmen zurückzuführen.
Dazu ein konkretes Beispiel. Man benötigt dazu eine Logarithmen-Tabelle wie unten. Diese gibt in der oberen Zeile eine Zahl und in der unteren den zugehörigen (dekadischen) Logarithmus auf drei Stellen hinter dem Komma an. Berechnet werden soll nun 7*11. Dazu sucht man nun in der Tabelle zur Zahl 7 den Logarithmus: 0,845. Dazu addiert wird der Logarithmus der Zahl 11, also 1,041. Zur Logarithmen-Summe 1,041+0,845=1,886 findet man in der Tabelle nun die zugehörige Zahl 77.
Dividiert werden konnte auch mit Hilfe der Tabelle. Um beispielsweise 77 durch 11 zu teilen, ermittelte man die Logarithmen von 77 und 11: 1,886 und 1,041, zog sie voneinander ab: 1,886-1,041=0,845 und las zum zugehörigen Logarithmus die Zahl 7 als Ergebnis ab.

Briggs/Napier stellten ähnliche Tabellen wie oben auf. Dabei musste jeder einzelne Logarithmus von Hand berechnet werden. Dies geschah mit Hilfe eines Verfahrens, das auf wiederholtem Wurzelziehen basiert. Also etwas mühsam... Aber sie konnten wenigstens die Menge der Zahlen, für die Logarithmen zu berechnen waren, reduzieren. Dazu verwendeten Sie die schon seit Euklid (3. Jh. v. Chr.) bekannte Tatsache, dass jede natürliche Zahl bis auf die Reihenfolge eindeutig als Produkt von Primzahlen darstellbar ist. So reichte es aus, die Logarithmen von Primzahlen zu berechnen; daraus konnten dann die Logarithmen der übrigen Zahlen abgeleitet werden.
Das Rechnen mit Hilfe von Logarithmen wurde 10 Jahre nach Napiers erster Veröffentlichung dann durch Edmund Gunter (1581-1626) wesentlich vereinfacht. Seine Idee war es, eine logarithmische Skala auf einen Stab aufzubringen („Gunterskala“). Dazu wurden die Logarithmen log (x) auf eine metrische Skala für die zugehörigen Argumente x aufgetragen:

Man sieht schön zwei Eigenschaften der Logarithmen. Der Logarithmus des Zehnfachen einer Zahl entsteht, indem man 1 zum Logarithmus der Ausgangszahl addiert. Beispielsweise ist log (20) = 1,301 = log (2) + 1. Weiterhin nimmt die Entfernung zwischen zwei Argumenten kontinuierlich ab. Somit kann auf einer relativ kurzen Skala ein großer Zahlenraum untergebracht werden.
Multiplikationen und Divisionen konnte man nun über die Gunterskala mit Hilfe eines Zirkels einfacher durchführen als mit Hilfe der Briggs/Napier-Tabellen. Das Ganze funktionierte wie folgt: Wollte man beispielsweise die Zahl 4 mit der Zahl 2 multiplizieren, griff man zunächst die Strecke zwischen 1 und 2 mit dem Zirkel ab und verschob ihn dann zur 4. Der zweite Zirkelschenkel zeigte dann auf die 8, dem Ergebnis der Multiplikation.

An diesem Beispiel wird eine Eigenschaft der logarithmischen Skala deutlich, die später zur Berechnung von Dreisätzen verwendet werden konnte: Die Zahl 1 verhält sich zur Zahl 2 (Strecke 1) wie die Zahl 4 zur Zahl 8 (Strecke 2). Noch ein Beispiel dazu:

Die Zahl 2 verhält sich zur Zahl 5 wie die Zahl 8 zur Zahl 20 (denn 5/2 = 20/8).
Eine weitere Vereinfachung des Rechnens mit Logarithmen gelang dem englischen Mathematiker William Oughtred (1574-1660). Vermutlich hatte er sich mit dem Zirkel bei der Durchführung von Rechnungen zu oft selbst verletzt... Er ersetzte im Jahr 1630 den Stechzirkel durch zwei ineinander liegende kreisförmig angeordnete Gunter-Skalen. Die Rechenscheibe, das Prinzip hinter der Rechenskala des Navitimers war erfunden. Zwei Jahre später, 1632, veröffentlichte er dann neben der Rechenscheibe noch eine weitere Idee, zwei Gunter-Skalen zum Rechnen zu verwenden. Dazu legte er zwei auf Stäben abgetragenen Gunter-Skalen übereinander. Somit hatte er eine Art Rechenschieber, die Basis für spätere, weit komplexere Rechenschieber, erfunden. Sein Schüler Richard Delamaine (1590-1645) veröffentlichte übrigens Oughtreds Idee ein Jahr vor Outghtred selbst. Damit war er wohl die längste Zeit sein Schüler gewesen...
Mit Hilfe der zwei Gunter-Skalen konnte nun verletzungsfrei und einfach gearbeitet werden. Wollte man beispielsweise die Zahlen 2 und 4 miteinander multiplizieren, so suchte man zunächst auf der unteren Skala die Zahl 2. Dann richtete man die obere Skala so aus, dass deren 1 genau oberhalb der 2 lag und ging 4 Einheiten auf der oberen Skala nach rechts. Auf der unteren Skala konnte man nun das Ergebnis als 8 ablesen.

Noch ein weiteres Beispiel dazu. Multipliziert werden hier die Zahlen 8 und 5.

In den Beispielen verwende ich der Einfachheit halber horizontal angeordnete Skalen mit den Werten 1 bis 100. Genau genommen reichen jedoch zwei Skalen mit den Zahlen von 1 bis 10 aus, denn die Verhältnisse von Zahlen auf der logarithmischen Skala bleiben ja bei der Multiplikation mit 10 erhalten. Entweder ordnet man dann diese Skalen kreisförmig (wie beim Navitimer) an oder verwendet eine Abwandlung des Konzepts oben. Würde man beispielsweise mit Hilfe von Skalen, die die Zahlen 1 bis 10 enthalten, das Produkt von 80 und 500 berechnen wollen, so geht man genau so vor, wie bei der Multiplikation von 8 mit 5, muss jedoch noch drei Nullen an das Ergebnis 40 anhängen. Die Größenordnung des Ergebnisses muss man also im Auge behalten.
Nun zur Division - diese erfolgt einfach „rückwärts“. Möchte man beispielsweise 60 durch 20 teilen, so richtet man die 20 auf der oberen Skala über der 60 auf der unteren Skala aus, läuft dann auf der oberen Skala nach links bis zur 1 und kann als Ergebnis 3 auf der unteren Skala ablesen.

Auch die Wurzel einer Zahl kann mit Hilfe der Skalen gezogen werden. Dies ist jedoch ein bisschen trickreicher... Angenommen, die Wurzel aus 49 soll gezogen werden. Dazu richtet man die obere Skala so über der unteren Skala aus, dass unter der 1 der oberen Skala die gleiche Zahl steht wie über der 49 auf der unteren Skala. Grafisch vielleicht etwas besser zu sehen, als verbal erklärt:

In den kommenden zwei Jahrhunderten nach der Erfindung Oughtreds erfuhr der Rechenschieber noch einige wesentliche Verbesserungen und Vereinfachungen durch verschiedene Personen. So ersetzte beispielsweise Robert Bissacker 1654 die obere Skala durch eine verschiebbare Zunge und fügte weitere Skalen für weitere Rechenoperationen hinzu. Über die Zeit hinweg entstanden sehr komplexe Rechenschieber für die verschiedensten Anwendungen. Wie das so ist mit sich diversifizierenden Produkten, irgendwann kommt jemand auf die Idee der Standardisierung. Diese wird Amedee Mannheim (1831-1906) zugeschrieben.
In der zweiten Hälft des 19. Jahrhunderts werden dann Rechenwalzen erfunden, die den Rechenschieber in einigen Anwendungsgebieten verdrängten, bis dann schließlich mit der Einführung der Taschenrechner im Jahr 1969 der Rechenschieber in der Breite seine Ablösung fand.
Wie kam die Rechenskala nun auf den Navitimer? Nach watchtime.net beauftragte Willy Breitling um das Jahr 1934 den Mathematiker Marcel Robert damit, eine Rechenscheibe für eine Piloten-Armbanduhr zu entwickeln. Diese sollte neben den mit Hilfe von Logarithmen durchführbaren Rechnungen auch einige weitere Möglichkeiten, wie die Umrechnung von Landmeilen in Seemeilen und Kilometern und eine Tachymeterfunktion bieten. Breitling meldet das Design der Rechenskala 1940 zum Patent and und veröffentlicht 1942 das Modell Chronomat mit der patentierten Rechenskala. Wie im Watchuseek-Forum angegeben, war Breitling wohl allerdings nicht das erste Unternehmen, das eine Uhr mit Rechenscheibe anbot – im Jahr 1941 kam eine andere Firma zuvor. Breitling hatte jedoch offenbar die bessere Reichweite und so wird der erste Einsatz der Rechenscheibe bei Pilotenuhren meist mit Breitling assoziiert.
Auf der Basis des Erfolges des Chronomats entwickelt Breitling dann eine zweite Uhr mit Rechenskalen – den Navitimer. Dieser wird 1952 von Breitling angekündigt und kommt 1954 auf den Markt.
Soweit die Geschichte zu den Wurzeln der Rechenskala auf dem Navitimer. Ich hoffe, ich konnte in mehr oder weniger verständlicher Form erklären, wie das Rechnen mit logarithmischen Skalen funktioniert und den Weg von der Entstehung der Logarithmen bis zum Navitimer einigermaßen gut zusammenfassen.
Mit einem einfachen Rechenschieber wie von Oughtred erfunden sind natürlich noch mehr Berechnungen möglich als ich oben gezeigt habe. Und natürlich könnte man noch viel detaillierter auf viele Aspekte eingehen. Aber diese Vorstellung soll ja kein Buch werden...
Für diejenigen, die statt der von Breitling beigelegten Papp-Rechenscheibe lieber eine „Online-Rechenscheibe“ zum Herumspielen und Ausprobieren verwenden möchten, kann ich die Seite von Dirk Aschoff empfehlen. Er hat unter http://www.dazine.de/Schieber.html eine Rechenscheibe zur Verfügung gestellt. Auch Sinn hat auf seiner Webseite zum Modell 903 eine kleine App, bei der man mit der Rechenskala herumspielen kann während Breitling auf seiner Webseite bislang einige Beispiele in animierter Form anbietet.
Hier die Quellen, die ich verwendet habe (ja, es ist auch Wikipedia dabei...).
Zu Nicolas Chuquet:
http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/history/Biographies/Chuquet.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Nicolas_Chuquet
Zu Michael Stifel:
http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/history/Biographies/Stifel.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Stifel
Zu John Napier:
http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/history/Biographies/Napier.html
https://de.wikipedia.org/wiki/John_Napier
Zu Jost Bürgi:
http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/history/Biographies/Oughtred.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Jost_B%C3%BCrgi
Zu William Oughtred:
http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/history/Biographies/Oughtred.html
https://de.wikipedia.org/wiki/William_Oughtred
Zu den Napier-Logarithmen:
Die Berechnung der Logarithmentafeln durch Napier und Briggs, Tomas Sonar, 2004, http://www.rechenschieber.org/sonar.pdf
Ich finde, ein sehr interessanter Artikel für diejenigen, die sich für die Mathematik hinter der Erfindung der Logarithmen interessieren.
Zu Rechenschiebern:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rechenschieber
Die Infos im Absatz „Wie kam die Rechenskala nun auf den Navitimer?“ sind folgenden Quellen entnommen:
Zur Historie des Chronomats: http://forums.watchuseek.com/f39/breitling-chronomat-short-history-part-1-slide-rule-chronomats-9103.html
Zur Geschichte des Navitimers:
http://forums.watchuseek.com/f39/br...-history-most-famous-breitling-all-25057.html
http://www.watchtime.net/nachrichten/breitling-navitimer/
Nun zur Uhr selbst – hier die technischen Daten
Breitling Navitimer 01
Referenz: AB012012
Werk: B01, 28800 Halbschwingungen
Durchmesser: 43 mm
Höhe: 14,25 mm
Gangreserve: ca 70 Stunden
Vielen Dank für's Reinschauen.
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