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Manchmal findet man beim Suchen etwas, wonach man gar nicht gesucht hat - und ist glücklich. So wie ich mit meiner neuen Uhr.
Mein Plan war, das zwanzigste Jahrhundert mal links liegen zu lassen und mich bei Ebay unter den etwas älteren Jahrgängen umzusehen. Da bin ich über dieses Angebot in den USA gestolpert. Von aussen sah die gut fotografierte 'Rodana' schon nicht schlecht aus:
Ein sehr gut erhaltenes schwarzes Metallzifferblatt, ausnahmsweise einmal ohne die fast unvermeidliche Leuchtmasse, sondern silbern bedruckt: ein Design in reinstem Bauhaus-Stil mit schlichten arabischen Sans-Serif-Zahlen und schmalen silbernen Stabzeigern in einem glatten verchromten Gehäuse.
Elektrisiert war ich, als ich das Werk sah! Alle Platinen rechtwinklig gestaltet! Das kenn ich doch, dachte ich, von der skelettierten und mit Glasboden versehenen 'Shell' Advertising Pocket Watch, die von Girard-Perregaux in den 1940ern hergestellt worden war.
Ich habe die Uhr erst seit gestern, aber ich kann jetzt schon sagen: Ich bin begeistert: Sie ist sehr gut erhalten. Das Zifferblatt hat nur kleinste Korrosionsspuren, die man auf der schwarzen Fläche kaum sieht, die Zeiger würde ein Pedant wohl neu polieren- ich lasse es lieber.
Die Uhr war wohl kaum in Gebrauch. Das Nickel-Chrom- Gehäuse zeigt kaum Nutzungsspuren, aber dafür grobe Öffnungsspuren auf dem hinteren Deckel.
Von der Ganggenauigkeit bin ich begeistert. Sie läuft jetzt seit etwa 36 Stunden und hat nur etwa 3 Sekunden verloren. Auch sonst sind alle technischen Funktionen offenbar perfekt.
Die Uhr lässt sich nicht genau datieren, stammt aber aus den 1940ern. Sie hat eine elegante flache Form, bei 4,6 cm Durchmesser ist sie 9 mm dick.
Trotzdem würde ich sie nicht als 'Frackuhr' bezeichnen.
Falls man den Begriff nicht für jede flache Taschenuhr ab den 1930ern verwendet, könnte man eine Frackuhr m.E. so definieren:
Sie wurde in der Brusttasche des Jacketts getragen und war mit einer Knopflochkette am Kragen befestigt. Besser wäre der Name Jackettuhr.
Sie hat ein Armbanduhrkaliber mit Zentralsekunde oder ohne Sekunde.
Sie hat i.d.R. kein dreiteiliges Taschenuhr-Gehäuse, sondern ein zweiteiliges.
Sie hat meist ein gewölbtes Zifferblatt.
Solche Uhren kamen erst im Lauf der 50er Jahre auf, gleichzeitig mit dem Aufblühen der Zentralsekunde.
Ich finde, eine glatte Schlangenkette passt besonders gut zu der Uhr. Hier nun endlich die Fotos:
Das Werk, das bei der Rodana verbaut wurde, stammt von der Adolph Schild S.A., es ist das Kaliber AS 1052. Im Netz findet man mehrere Rodana-Taschenuhren mit diesem Kaliber, immer ist eine 15 Jewels-Version, wobei die Lagersteine direkt in die Platinen gepresst sind, mit einer monometallischen Schraubenunruh und Flachspirale.
Die genaue Bestimmung ist schwieriger als man denkt. Es hat mehrere AS-Kaliber mit diesem ausgefallenen Design gegeben, die sich z.T. nur von der Zifferblattseite her unterscheiden lassen.
Es gibt bei der geteilten Dreiviertelplatine und dem Unruhkloben nur gerade Kanten und rechte Winkel.
Zusätzlich hat mein Werk noch einen Karo-Zierschliff (Checkerboard), der die geometrische Gestaltung noch steigert.
Diesen Zierschliff habe ich sonst bei diesem Werk noch nie gesehen, er fehlt auch bei den beiden anderen 'Rodana'-Uhren, die ich kenne. Alle drei haben verschiedene Zifferblätter, bei meiner unterscheidet sich auch das Gehäuse von den anderen beiden.
'Rodana', das ist Rodania SA / Rodana SA / Rodania Watch Co. / Joba Watch Ltd. in Grenchen, Lengnau und Biel, Schweiz, siehe http://www.mikrolisk.de/
Hier ein Link zu einer 'Rodana' mit kupferfarbenem Blatt und dem AS 1052 ohne Karo-Zierschliff:
http://wansor.vs120138.hl-users.com/Uhrenseite/eig_Taschenuhren_Bilder/dritte_Seite_Rodana1.php
Girard-Perregaux hatte ein Kaliber, das wohl auf dem AS 1052 (oder einem sehr ähnlichen As Werk) als Rohwerk basiert, wenn ich mich nicht irre, heisst die Kalibernummer 23 4483. Es gab mindestens zwei Versionen davon: Eine 7-Jewels-Version in der skelettierten 'Shell'-Advertising-Pocket Watch, die auch hinten einen Glasboden hatte, und eine 17-Jewel-Version in einer vergoldeten Dresswatch in einem Keystone-Gehäuse, zu sehen in diesen Links. Es fällt auf, dass bei Girard-Perregaux die Lagersteine in gepressten Chatons sitzen:
http://home.watchprosite.com/show-forumpost/fi-6/pi-2281767/ti-277045/s--4/
Hier das gleiche Modell, man sieht auch die Form des Bügels:
http://www.xmarksthescot.com/forum/f243/need-info-pocket-watches-71956/index2.html
Hier sieht man die ungewöhnliche 'Shell' Oil Pocket Watch. Es gibt die Anekdote, dass es deshalb nur noch wenige funktionierende Exemplare der Massenuhr (Preis 5 $) gibt, weil die Uhren auf Geheiss von Shell aus Werbezwecken mit Motoröl geschmiert wurden:
http://jewelry.ha.com/c/item.zx?saleNo=5028&lotIdNo=14020
Neben Girard-Perregaux und Rodana kenne ich noch eine 'Ogival' mit dem AS-Werk.
Und hier für die Leseratten noch als Ergänzung etwas über andere Uhren im Bauhaus-Stil:
Seine erste Blüte hatte der so genannte Bauhaus-Stil bei den Taschenuhren in den 1930er und 40er-Jahren. Einige Jahre lang dominierte dieser reduzierte, strenge und geometrische Stil die Uhrenmode. Man könnte wohl auch späteres Art Deco im geometrischen Stil sagen. In der Architektur entspräche dem etwa das Empire State Building in New York. Ein deutlicher Bezug zum Bauhaus in Dessau oder seinen Nachfolgern lässt sich wohl gar nicht nachweisen. Es gibt heute noch viele dieser Taschenuhren, das meist zu moderaten Preisen. Hier ein paar Beispiele:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?11&ranfft&0&2ustu&1253718032
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?11&ranfft&0&2ustu&1190818827
Bekannt und beliebt ist das Design von Max Bill für Junghans, es wird heute noch mit mehreren Armbanduhren fortgeführt. Max Bill hatte wirklich am Bauhaus in Dessau studiert. Seine Entwürfe verdienen also die Bezeichnung 'Bauhaus' definitiv. Dass es auch eine Junghans Astra-Taschenuhr von Max Bill gab, hat sich mittlerweile schon etwas herumgesprochen. Es ist diese hier aus den 1960er Jahren:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?00&ranfft&&2ustu&1260979224
Hier handelt es sich eigentlich nicht um eine richtige Taschenuhr, sondern um eine Jackettuhr bzw. Frackuhr im engeren Sinn mit einem kleinen Armbanduhrwerk. Bei der im Link abgebildeten Uhr ist der Sekundenzeiger zu kurz, der Originalzeiger ist schmaler und erreicht die Minuterie.
Auch gegenwärtig ist das Bauhaus-Design wieder (oder noch immer) beliebt- bei Armbanduhren:
Die Glashütte Nomos (besonders das Modell Tangente, seit 1992) ist reinstes Bauhaus, man beruft sich in der Beschreibung beim Design der Nomos Tangente auf den 'Deutschen Werkbund', einen Vorläufer des Bauhauses. Dass mit der Tangente ein Entwurf einer alten 'Lange' aus den 1930ern mit kleinen Änderungen wiederbelebt wurde, wird gar nicht erwähnt:
http://www.nomos-glashuette.com/uhren/tangente/tangente/
Die Chinesen lassen sich nicht lange bitten und bieten ein 'entfernt ähnliches' Design an. Und weil es Bauhaus ist, darf diese Uhr 'Rodina' heissen (Wer hat's erfunden?):
https://uhrforum.de/bauhaus-hommage-t127631
Mein Plan war, das zwanzigste Jahrhundert mal links liegen zu lassen und mich bei Ebay unter den etwas älteren Jahrgängen umzusehen. Da bin ich über dieses Angebot in den USA gestolpert. Von aussen sah die gut fotografierte 'Rodana' schon nicht schlecht aus:
Ein sehr gut erhaltenes schwarzes Metallzifferblatt, ausnahmsweise einmal ohne die fast unvermeidliche Leuchtmasse, sondern silbern bedruckt: ein Design in reinstem Bauhaus-Stil mit schlichten arabischen Sans-Serif-Zahlen und schmalen silbernen Stabzeigern in einem glatten verchromten Gehäuse.
Elektrisiert war ich, als ich das Werk sah! Alle Platinen rechtwinklig gestaltet! Das kenn ich doch, dachte ich, von der skelettierten und mit Glasboden versehenen 'Shell' Advertising Pocket Watch, die von Girard-Perregaux in den 1940ern hergestellt worden war.
Ich habe die Uhr erst seit gestern, aber ich kann jetzt schon sagen: Ich bin begeistert: Sie ist sehr gut erhalten. Das Zifferblatt hat nur kleinste Korrosionsspuren, die man auf der schwarzen Fläche kaum sieht, die Zeiger würde ein Pedant wohl neu polieren- ich lasse es lieber.
Die Uhr war wohl kaum in Gebrauch. Das Nickel-Chrom- Gehäuse zeigt kaum Nutzungsspuren, aber dafür grobe Öffnungsspuren auf dem hinteren Deckel.
Von der Ganggenauigkeit bin ich begeistert. Sie läuft jetzt seit etwa 36 Stunden und hat nur etwa 3 Sekunden verloren. Auch sonst sind alle technischen Funktionen offenbar perfekt.
Die Uhr lässt sich nicht genau datieren, stammt aber aus den 1940ern. Sie hat eine elegante flache Form, bei 4,6 cm Durchmesser ist sie 9 mm dick.
Trotzdem würde ich sie nicht als 'Frackuhr' bezeichnen.
Falls man den Begriff nicht für jede flache Taschenuhr ab den 1930ern verwendet, könnte man eine Frackuhr m.E. so definieren:
Sie wurde in der Brusttasche des Jacketts getragen und war mit einer Knopflochkette am Kragen befestigt. Besser wäre der Name Jackettuhr.
Sie hat ein Armbanduhrkaliber mit Zentralsekunde oder ohne Sekunde.
Sie hat i.d.R. kein dreiteiliges Taschenuhr-Gehäuse, sondern ein zweiteiliges.
Sie hat meist ein gewölbtes Zifferblatt.
Solche Uhren kamen erst im Lauf der 50er Jahre auf, gleichzeitig mit dem Aufblühen der Zentralsekunde.
Ich finde, eine glatte Schlangenkette passt besonders gut zu der Uhr. Hier nun endlich die Fotos:






Das Werk, das bei der Rodana verbaut wurde, stammt von der Adolph Schild S.A., es ist das Kaliber AS 1052. Im Netz findet man mehrere Rodana-Taschenuhren mit diesem Kaliber, immer ist eine 15 Jewels-Version, wobei die Lagersteine direkt in die Platinen gepresst sind, mit einer monometallischen Schraubenunruh und Flachspirale.
Die genaue Bestimmung ist schwieriger als man denkt. Es hat mehrere AS-Kaliber mit diesem ausgefallenen Design gegeben, die sich z.T. nur von der Zifferblattseite her unterscheiden lassen.
Es gibt bei der geteilten Dreiviertelplatine und dem Unruhkloben nur gerade Kanten und rechte Winkel.
Zusätzlich hat mein Werk noch einen Karo-Zierschliff (Checkerboard), der die geometrische Gestaltung noch steigert.
Diesen Zierschliff habe ich sonst bei diesem Werk noch nie gesehen, er fehlt auch bei den beiden anderen 'Rodana'-Uhren, die ich kenne. Alle drei haben verschiedene Zifferblätter, bei meiner unterscheidet sich auch das Gehäuse von den anderen beiden.



'Rodana', das ist Rodania SA / Rodana SA / Rodania Watch Co. / Joba Watch Ltd. in Grenchen, Lengnau und Biel, Schweiz, siehe http://www.mikrolisk.de/
Hier ein Link zu einer 'Rodana' mit kupferfarbenem Blatt und dem AS 1052 ohne Karo-Zierschliff:
http://wansor.vs120138.hl-users.com/Uhrenseite/eig_Taschenuhren_Bilder/dritte_Seite_Rodana1.php
Girard-Perregaux hatte ein Kaliber, das wohl auf dem AS 1052 (oder einem sehr ähnlichen As Werk) als Rohwerk basiert, wenn ich mich nicht irre, heisst die Kalibernummer 23 4483. Es gab mindestens zwei Versionen davon: Eine 7-Jewels-Version in der skelettierten 'Shell'-Advertising-Pocket Watch, die auch hinten einen Glasboden hatte, und eine 17-Jewel-Version in einer vergoldeten Dresswatch in einem Keystone-Gehäuse, zu sehen in diesen Links. Es fällt auf, dass bei Girard-Perregaux die Lagersteine in gepressten Chatons sitzen:
http://home.watchprosite.com/show-forumpost/fi-6/pi-2281767/ti-277045/s--4/
Hier das gleiche Modell, man sieht auch die Form des Bügels:
http://www.xmarksthescot.com/forum/f243/need-info-pocket-watches-71956/index2.html
Hier sieht man die ungewöhnliche 'Shell' Oil Pocket Watch. Es gibt die Anekdote, dass es deshalb nur noch wenige funktionierende Exemplare der Massenuhr (Preis 5 $) gibt, weil die Uhren auf Geheiss von Shell aus Werbezwecken mit Motoröl geschmiert wurden:
http://jewelry.ha.com/c/item.zx?saleNo=5028&lotIdNo=14020
Neben Girard-Perregaux und Rodana kenne ich noch eine 'Ogival' mit dem AS-Werk.
Und hier für die Leseratten noch als Ergänzung etwas über andere Uhren im Bauhaus-Stil:
Seine erste Blüte hatte der so genannte Bauhaus-Stil bei den Taschenuhren in den 1930er und 40er-Jahren. Einige Jahre lang dominierte dieser reduzierte, strenge und geometrische Stil die Uhrenmode. Man könnte wohl auch späteres Art Deco im geometrischen Stil sagen. In der Architektur entspräche dem etwa das Empire State Building in New York. Ein deutlicher Bezug zum Bauhaus in Dessau oder seinen Nachfolgern lässt sich wohl gar nicht nachweisen. Es gibt heute noch viele dieser Taschenuhren, das meist zu moderaten Preisen. Hier ein paar Beispiele:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?11&ranfft&0&2ustu&1253718032
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?11&ranfft&0&2ustu&1190818827
Bekannt und beliebt ist das Design von Max Bill für Junghans, es wird heute noch mit mehreren Armbanduhren fortgeführt. Max Bill hatte wirklich am Bauhaus in Dessau studiert. Seine Entwürfe verdienen also die Bezeichnung 'Bauhaus' definitiv. Dass es auch eine Junghans Astra-Taschenuhr von Max Bill gab, hat sich mittlerweile schon etwas herumgesprochen. Es ist diese hier aus den 1960er Jahren:
http://www.ranfft.de/cgi-bin/bidfun-db.cgi?00&ranfft&&2ustu&1260979224
Hier handelt es sich eigentlich nicht um eine richtige Taschenuhr, sondern um eine Jackettuhr bzw. Frackuhr im engeren Sinn mit einem kleinen Armbanduhrwerk. Bei der im Link abgebildeten Uhr ist der Sekundenzeiger zu kurz, der Originalzeiger ist schmaler und erreicht die Minuterie.
Auch gegenwärtig ist das Bauhaus-Design wieder (oder noch immer) beliebt- bei Armbanduhren:
Die Glashütte Nomos (besonders das Modell Tangente, seit 1992) ist reinstes Bauhaus, man beruft sich in der Beschreibung beim Design der Nomos Tangente auf den 'Deutschen Werkbund', einen Vorläufer des Bauhauses. Dass mit der Tangente ein Entwurf einer alten 'Lange' aus den 1930ern mit kleinen Änderungen wiederbelebt wurde, wird gar nicht erwähnt:
http://www.nomos-glashuette.com/uhren/tangente/tangente/
Die Chinesen lassen sich nicht lange bitten und bieten ein 'entfernt ähnliches' Design an. Und weil es Bauhaus ist, darf diese Uhr 'Rodina' heissen (Wer hat's erfunden?):
https://uhrforum.de/bauhaus-hommage-t127631
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