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16.12.2012, 21:29 #1
Chopard Lvna d`Oro, Kaliber CH 900 (Grundkaliber JLC 865), Vollkalender
Hallo Uhrenfreunde,
vor einigen Monden wurde mir eine schöne Chopard an den Tisch gebracht.
Das gute Stück hatte die üblichen Alterbeschwerden: Ungenügende Gangreserve,
Gangabweichungen und zusätzlich wurde der Zeiger für Datum willkürlich,
und unvermittelt vom Stundenrohr mitgeschliffen.
Aber jetzt erst mal ein paar Bilder....
Die Gute besitzt ein sehr interssantes, 2 teiliges Gehäuse. Die Krone wird
mittels 2 teiliger Reisswelle abgenommen. Das kostet immer etwas Überwindung
so kräftig an der Krone zu ziehen bis diese sich mitsamt dem Possitivteil mit
einem deutlich hörbaren "Klack" heraushehmen lässt. Aber so muss es halt sein.
Das Wannenförmig ausgeführte Gehäuseunterteil beherrbergt neben dem Tubus
für die Krone ebenfalls 3 Drücker, mit diesen lassen sich alle Kalenderfunktionen und
auch die Mondphase unabhängig voneinander einstellen.
Das Gehäuseoberteil besitzt die entsprechenden Aussparungen für die Drücker
und ebenfalls die Nut für die Dichtung die wenigstens eine ausreichend Wasser-
resistenz für Händewaschen und Angstschweiß gewährleisten soll.
Hier ist das schöne, veredelte JLC - Kaliber zu sehen.
Zuerst nehme ich den schönen, Kugelgelagerten Rotor ab damit das Kaliber
in die Montagevorrichtung aufgenommen werden kann.
Dann werden die Zeiger vorsichtig abgenommen und das Ziffernblatt entfernt.
Nun kommen die Datumsscheiben für Wochentag, Monat und die Mondphase
zum Vorschein
Unten das ZB
Hier sieht man einen Teil der Datumskomplikation mit der versprungenen
Datumsfeder
Geht gleich weiter.....
--- Nachträglich hinzugefügt ---
Hier kann man es noch genauer sehen: In der Mitte des Bildes befindet sich
die Datumsfeder ( Tag ) diese ist "oberhalb" in einer Nut des silbernen Pfeilers
geführt da aus Platzmangel eine nähere Befestigung der Feder nicht möglich war.
Allerdings benötigen diese Federn auch eine gewisse Länge damit sie zart und
weich betätigt werden können und vor allem mit wenig Kraftaufwand. Diese
Federn kennen wir alle von einigen Chronographenkalibern. Dort werden sie oft
bei Minuten und Stundenzählern eingesetzt.
Hier ist die Unterseite des Ziffernblattes zu sehen. Hier befinden sich 2 "Pfeiler"
Diese sollen verhindern das sich das Datumsrad auf dem Stundenrad nach
Oben bewegen kann. Der Übliche Flitter kann hier wegen der Datumsfenster
nicht zur Anwendung kommen.
Hier noch mal ein kleiner Überblick ohne Datums - und Stundenrad..
Nun habe ich das Ziffernblatt mit Datumsrad wieder montiert um das vorhandene
Spiel der Bauteile zu ermitteln. Hier vermute ich ein zu großes Axialspiel, welches
wohl verantwortlich für die Versprungene Feder ist.
Hier die Seiteneinsicht - Leider kann nur ich das durch die Lupe sehen...
Nun alles wieder herunter, auch die Platine für den Datumsaufbau.
Geändert von alte Uhr (17.12.2012 um 22:57 Uhr)
.....mechanische Uhren sind einfach was Ehrliches.....
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16.12.2012, 22:25 #2
Spannend! Eine wunderschöne Uhr bei der sich die Komplikationen auf der Zifferblattseite abspielen. Viel Erfolg bei der Revi und danke für's Zeigen!
Gruß
Norbert
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16.12.2012, 23:06 #3
Hier auf der ZB-Seite kann man die hochwertige Ausstattung des Kalibers mit einem
Blick schon erkennen. Der Federkern ist in einem eingepressten Bronzefutter gelagert.
Um besser agieren zu können habe ich die Abreißwelle mit Krone wieder zusammen-
gefügt. Hier sieht man auch den Kugelgelagerten Aufzugstrieb mit den auf der
Umkehrwippe gelagerten wechselräder. Geichzeitig möchte ich auf die Sperrfeder
aufmerksam machen die als alleiniges Bauteil die Aufgabe des sonst üblichen
Gesperrs übernimmt, welches sonst meist aus bis zu 3 einzelteilen besteht.
Einfach ist manchmal eben einfacher. Aber funktioniert einwandfrei....
Hier habe ich die Räderwerkbrücke schon entfernt. Unter ihr befindet sich das
gesamte Räderwerk des Automatischen Aufzugs neben einem Teil des Gangwerks.
Der Winkelhebel ist ebenfalls unter der Räderwerksbrücke verbaut. Aus diesem
Grund benötigt dieses Kaliber eine Abreißwelle. Der Winkelhebel ist besonders
stabil ausgefürt. Also mal schnell die Stellwelle erneuern wie sonst gewohnt
durch lösen einer Schraube, oder "Drücken" des Winkelhebels gibt`s hier
nicht. Bei derartigen Eingriffen ist immer die Demontage der Räderwerkbrücke
erforderlich.
JLC war ja schon immer etwas anders als die Anderen...
Währed der gesamten Demontage des Kalibers konnte ich nirgendwo Ölreste entdecken.
Nicht ein mal unter den Decksteinen. Die Datumseinheit war hingegen komplett mit
einem schmierigen Film überzogen, sowie auch sämtliche Bauteile des Vollkalenders.
Na ja zum Ausgleich dieses Ungleichgewichts der Schmierung ist das Baby jetzt
bei mir auf dem Tisch.
Hier vermesse ich die Feder um festzustellen ob eine vergleichbare erhältlich ist.
Bei Revisionen ersetzte ich die Triebfeder immer, ohne das Alter der Uhr zu berücksichtigen. Denn wenn man schon ein mal gesehen hat was eine
zarte 1,23x10,8x0,132x400 in einem ETA 2824-2 anrichtet wenn diese im
Vollaufzug bricht........Zähne des Zahnkranzes am Federhaus krummgeschlagen,
Zahnausbrüche am Kleinbodenrad, Zähne des Zwischenrads verbogen.........
Solche Schäden rechtfertigen wortlos die Wartezeit auf die lange Lieferzeit
einer neuen Triebfeder. Die bei ordentlicher Behandlung und Sachgemäßen
Einbau ohne die kubisch zentrierten Molekühlstrukturen zu beschädigen
wieder Jahrzehntelang Ihren Dienst tun wird. Aber genug geschwafelt
mittlerweile ist die neue Feder angekommen.
Hier das Räderwerk schon entnommen...
--- Nachträglich hinzugefügt ---
Hier ist die Gute Neue...
Zunächt bereite ich die Hauptplatine auf die Reinigung vor.
Hierfür wird wie immer das Unruhlager entfernt.
Hier die Teile der Stoßsicherung...
Unten die Teile des Stelltriebs
Die gereinigte Platine schon auf der Montagevorrichtung
Anders als bei anderen Kalibern hat das JLC kein Minutenrad welches
in das Gangwerk integriert ist. Hier greift das Minutenrohr direkt in den
Zahnkranz des Federhauses ein. In dem Mnutenradstummel ist auch
die Zeigerreibung integriert - bin froh, das diese in Ordnung ist, denn
das Minutenrohr lässt sich wohl kaum zerstötungsfrei demontieren
um die Zeigerreibung nachzuarbeiten.
der Zusammenbau des Stelltriebs
Neue Feder in das Federhaus...
Federhaus wieder an seinem Einsatzort.....
Auf der Innenseite der Räderwerkbrücke befindet sich der Aufzugstrieb
-manueller Aufzug-
Das Sperrad schon montiert. Auf 3 Uhr ist der Winkelhebel mit Wippenfeder und
Wippe zu sehen
Geändert von alte Uhr (17.12.2012 um 07:20 Uhr) Grund: Druckfehler :-)
.....mechanische Uhren sind einfach was Ehrliches.....
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17.12.2012, 00:37 #4
Der Trieb für den Automatischen Aufzug ist hier schon aufgesetzt.
Oberhalb des Kupplungsrads befindet sich auch schon das Kleinbodenrad im
Eingriff. Etwa auf 7 Uhr befindet sich eine kleine Sperrklinke für den AT Aufzug
dieser verleiht dem Lagergeräusch des Rotors noch so ein leises rrrrrrrrr
was nochmals den Eindruck von Hochwertigkeit des schönen Kalibers
untersteicht - ich dachte erst das Kugellager sei total defekt, aber falsch
das Geräusch gehört hier zum guten Ton....ist ja auch nur ganz leise
und von normalsterblichen fast nicht zu Hören.
Danach montiere ich die Räderwekbrücke - schon beim zweiten Versuch sitzen
alle Zapfen an ihrem Platz.
Danach kommt das Sekundenrad und das Ankerrad wieder an den Vorgesehenen
Platz - auch hier lassen sich die Zapfen superleicht wieder in die Olivierten
Lagersteine einführen.
Der Kloben für das Räderwerk wieder aufgesetzt und auch den Umstelltrieb für
Automatik wieder montiert - leider habe ich hier zu wenig Bilder, selbst die
Wippe für den Umkehrtrieb ist mit zwei Steinlagern gelagert - ich bin begeistert -
Nachdem der Ablauf des Räderwerks geprüft worden ist werden alle Lager geölt
Hier wieder der Anker.....nur in Benzin reinigen sonst löst sich der Schellack auf
der die Hebestene festhält. Anschließend werden die Hebeflächen der Steine im Anker ganz leicht geölt.
Der Anker wieder beim Ankerrad.....
Die Ankerbrücke wieder montiert. Auch die Lagersteine für den Anker sind
oliviert. Diese beiden sind wie immer die einzigen die nicht geölt werden dürfen.
Unruhe auch wieder eingebaut, zuvor Unruhlager in gewohnter Weise gereinigt.
Deckstein auf Seidenpapier abgerieben und etwas geölt.
Hier sieht man auch den Triovis - Regler der eine besonders feinfühlige
Regulage möglich macht. Die Funktion des Reglers wurde bereits vor Kurzem
hier im UFo beschrieben.
--- Nachträglich hinzugefügt ---
Jetzt gehen wir wieder auf die Ziffernblattseite
Nach der Reinigung der Einzelteile des Datumsaufbaus habe ich ihn gleich wieder komplettiert um unnötige Verwechselungen zu vermeiden. Anschließend Montage
auf dem Grundwerk.
diverse Stellräder wieder montiert...
Eigentlich hätte ich die Datumsfeder mit dem Gasbrenner erhitzen, danach richten und
anschließend Härten und wieder anlassen müssen, um sie wieder in ihre richtige Form
zu bringen. Da diese Bearbeitung aber das Material stark belastet oder gar unwiederbringlich zerstört, habe ich mich dazu entschieden die Feder etwas vorsichtig in ihre neue Form zu massieren. Sodaß sie mit leichtem Federdruck an der Oberkante
ihrer Führung in dem kleinen Pfeiler anliegt und gleichmäßig an beiden Seiten des
Datumsrades übersteht.
Dann die Datumsscheiben wieder montiert....
Geändert von alte Uhr (17.12.2012 um 23:16 Uhr)
.....mechanische Uhren sind einfach was Ehrliches.....
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17.12.2012, 01:52 #5
Danach habe ich das Ziffernblatt mit beiden Zeigefingern und Daumen in der Mitte
ein bissl` einmassiert um das Spiel zum Datumsrad fast zu beseitigen. So kann das Rad nicht nach Oben wandern und die Feder erneut verspringen. Danach die Zeiger gesetzt.
Jetzt wird der Rotor wieder montiert und das Rotorlager nur ganz sparsam geölt.
Das Baby lebt schon wieder
Datumsschaltung arbeitet einwandfrei: 10min vor 24 Uhr springt der Wochentag,
genau um 24 Uhr der Tag, Monat und Mondphase arbeiten Optimal.
Danach reguliere ich das Kaliber auf +5sec/24h - ich denke der Chronometer
wird am Arm tagsüber 2-3sec. verlieren und diese nachts wieder aufholen,
oder auch nicht. Anschließend Fertigstellung der Montage mit neuer Gehäusedichtung
mit Pollitur des Gehäuses
Probelauf über 7 Tage um das Datum und Gangenauigkeit zu beobachten......
Alles funktioniert einwandfrei. Das Gute Stück läuft wieder supergenau
Vielen Dank für`s Lesen
Regulierte Grüße
Helmuth.....mechanische Uhren sind einfach was Ehrliches.....
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17.12.2012, 07:23 #6
Danke Helmuth für die schöne, bebilderte Beschreibung der Revision eines schönen Kalibers.
Sowas zu lesen geniesse ich jedes Mal, ganz besonders in dem Wissen, das ich das nicht mehr lernen werde
Liebe Grüße
Manfred
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17.12.2012, 08:25 #7
Ganz besonders toller Bericht mit sehr vielen Bildern
und Deine Arbeitsschritte sehr detailliert beschrieben.
Und das alles bis in die tiefe Nacht.
Ganz besonderen Dank Helmuth für die Mühe.
Gruss
Karstenwww.uhren-haider.de
Freund komplexer Uhren
Immer an Angeboten defekter Uhren interessiert
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17.12.2012, 14:39 #8
Jlc865 / ch900
Vielen Dank für die detaillierten Einsichten in dieses komplexe Werk - wo hat man sonst die Chance eine JLC865/CH900 Revi mit zu verfolgen.
Was für ein Werkund toll das du dieses Wissen und die Erfahrung hast, so was zu überholen.
Ich habe am WE eine ETA2452 Revi gemacht (auch die Feder getauscht), sehe aber nach solchen Berichten ein, das ich in der "unteren Liga" spiele.
Edit @ SR--71
Helmuth spielt eher Champions LeagueGeändert von Philipp (17.12.2012 um 16:04 Uhr) Grund: Kommentar zur Bundesliga
Gruß aus Berlin
Philipp
"チトーニ / 梅花錶 / 티토니"
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17.12.2012, 15:35 #9
...starker Bericht.
Die A-Jugend grüßt die Bundesliga.
Aus Interesse, ....welche Amplitude in den Flachlagen wurde nach der Revi angezeigt?Gruß SR--71
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17.12.2012, 20:14 #10
Hallo Helmuth,
ich bin begeistert! Vielen Dank für die ausführliche Vorstellung, und Deine Tipps bei der Revision.
Viele Grüße!
Matthias
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21.12.2012, 14:11 #11
@Manfred: Gerne wieder - lernen kann doch Jeder, oder ?
@Karsten: Zeig´ich doch gerne - manche Dinger kann man halt nur nachts "machen"
@Phillipp: Vielen Dank für die Blumenund Champions League bei weitem nicht.
Ich denke jeder der sich intensiv mit Uhren beschäftigt kann das doch "lernen"
und je mehr Übung desto........besser. Ich freue mich, daß Dir mein Bericht gefällt.
allerdings merke ich immer erst beim Schreiben dass ich doch irgendwo versäumt
habe wichtige Bilder zu erstellen. Wenn man eben so im Gefecht ist
Regulierte Grüße
HelmuthGeändert von alte Uhr (21.12.2012 um 18:30 Uhr) Grund: Druckfehler :-)
.....mechanische Uhren sind einfach was Ehrliches.....
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21.12.2012, 14:30 #12
Hallo Helmuth,
vielen Dank für den schön bebilderten Bericht. Was für ein tolles Werk...
...und was für eine tolle Arbeit. Gut gemacht!
Gruß
Lutz
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21.12.2012, 15:00 #13
Hallo Lutz,
Danke für die Blumen, mach´ich gerne
Regulierte Grüße
Helmuth.....mechanische Uhren sind einfach was Ehrliches.....
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19.01.2013, 22:18 #14
Nun ist's schon einen Monat her - und erst jetzt entdecke ich diese wundervolle Arbeit!
Herzlichen Dank für's Teilhaben lassen!Liebe Grüße
Michael
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